Entscheidungsdatum
30.11.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W114 2234861-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , vom 14.02.2020 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 10.01.2020, AZ II/4-DZ/15-14117471010, betreffend Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015:
A)
Der angefochtene Bescheid wird behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die AMA zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit Bescheid der AMA vom 10.01.2020, AZ II/4-DZ/15-14117471010, wurden XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführerin oder BF) für das Antragsjahr 2015 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt. Dabei ging die AMA damals von einer bei einer Vor-Ort-Kontrolle (VOK) am 22.08.2019 festgestellten sanktionsrelevanten Flächenabweichung mit einem Umfang von -8,9344 ha und einer festgestellten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 13,1841 ha aus. Die Ergebnisse der VOK vom 22.08.2019 berücksichtigend wären die der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2015 ursprünglich zugewiesenen Zahlungsansprüche (ZA) von 10,5561 ZA mit einem Wert von EUR 209,54 je ZA auf 6,8847 ZA mit einem Wert von EUR 255,59 je ZA zu reduzieren gewesen. Dabei sei eine Differenzfläche mit einem Ausmaß von -8,9805 ha festgestellt worden. Unter Berücksichtigung einer ermittelten Fläche für die Basisprämie mit einem Ausmaß von 13,1841 ha, ergäbe sich daraus eine Flächenabweichung von 68,1169 %. Da das 1,5fache dieser Flächenabweichung gemäß Art. 19a VO (EU) 640/2014 als Flächensanktion vorzuschreiben sei, betrage diese 100 %, was dazu führe, dass für das Antragsjahr 2015 keine Basisprämie zuerkannt werden könnte. Da sich die Reduktion der zugewiesenen ZA auch auf die für das Antragsjahr 2015 zu gewährende Greeningprämie auswirke, sei auch diese um EUR -191,02 zu reduzieren. Der BF sei für das Antragsjahr 2015 auf der Grundlage von nur mehr 6,8847 zugewiesenen ZA für eine festgestellte beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von nur mehr 13,1841 ha Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX zu gewähren und von der BF für das Antragsjahr 2015 EUR XXXX an bereits ausbezahlten Direktzahlungen zurückzufordern.
In der angefochtenen Entscheidung wurde unter Bezugnahme auf das Ergebnis der VOK vom 22.08.2019 hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin in ihrem Mehrfachantrag-Flächen (MFA) vom 28.05.2015 beantragten Feldstückes Nr. 15 ausgeführt, dass ein Schlag 1 mit einer Fläche mit einem Ausmaß von 0,2454 ha und ein Schlag 2 mit einer Fläche mit einem Ausmaß von 0,0944 ha beantragt worden wären, bei der VOK jedoch keine beihilfefähige Fläche auf diesen Schlägen vorgefunden worden wäre. Damit wurde hinsichtlich des Feldstückes 15 eine Minderfläche mit einem Ausmaß von 0,3398 ha festgestellt.
Diese Entscheidung wurde der Beschwerdeführerin am 20.01.2020 zugestellt.
2. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid der AMA am 14.02.2020 Beschwerde. Begründend führte sie aus, dass sie für das gesamte Feldstück Nr. 15 diese VOK vom 22.08.2019 nicht akzeptieren könne. Die Futterflächenfeststellung durch die AMA bei der VOK am 22.08.2019 auf diesem Feldstück entspreche nicht der Realität im gegenständlichen Antragsjahr 2015.
3. Am 08.09.2020 legte die AMA die Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens dem BVwG zur Entscheidung vor.
In einem Begleitschreiben an das Bundesverwaltungsgericht führte die AMA u.a. Folgendes aus:
„Aufgrund der Tatsache, dass keine Fotodokumentationen der Abweichungen vorliegen und der Prüfer bereits abgemeldet worden ist, wird eine Nachkontrolle durchgeführt werden. Das Ergebnis dieser Nachkotrolle liegt der AMA derzeit noch nicht vor, könnte aber zu einem neuen Berechnungsergebnis führen.“
4. Von der Beschwerdeführerin wurden auch Entscheidungen der AMA betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für die Antragsjahre 2016, 2017 und 2019 mit einer textlich identen Beschwerde bekämpft.
5. Bei der Vorlage der Beschwerden betreffend die Antragsjahre 2016, 2017 und 2019 durch die AMA wurde auf eine Nachkontrolle am Heimbetrieb der BF hingewiesen, die am 26.05.2020 durchgeführt worden wäre; dabei wären von der VOK vom 22.08.2019 abweichende Ergebnisse festgestellt worden, die zu einer Neubeurteilung durch die AMA führen würde, weswegen von der AMA hinsichtlich der Antragsjahre 2017 und 2019 ersucht wurde, die entsprechenden angefochtenen Bescheide der AMA zu beheben und die Angelegenheiten zu einer Neubeurteilung an die AMA zurückzuverweisen.
6. Das Studium des Kontrollberichtes der am 26.05.2020 durchgeführten VOK ergab hinsichtlich des von der BF beanstandeten Feldstückes 15, dass im Antragsjahr 2016 von der BF eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 0,3398 ha beantragt wurde und von der AMA für dieses Antragsjahr eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 0,3538 ha vorgefunden wurde. Für das Antragsjahr 2015 wurde hingegen kein Nachkontrollergebnis vorgelegt. Unter Berücksichtigung der Nachkontrolle für die Antragsjahre 2016, 2017, 2018 und 2019 auf dem Heimbetrieb der Beschwerdeführerin ist jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Nachkontrolle zu einem von der VOK vom 22.08.2019 abweichenden Ergebnis führt.
Daraus ist zwangsweise zu folgern, dass die Grundlage für die Erlassung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015, nämlich die VOK vom 22.08.2019 – jedenfalls hinsichtlich des von der BF beanstandeten Feldstückes 15 - eine falsche Entscheidungsgrundlage darstellt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
2.1. zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idgF, iVm
§ 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgF, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen des Verwaltungsgerichts durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
2.2. zu den Rechtsgrundlagen:
§ 28 Abs. 2 und 3 VwGVG lauten wie folgt:
„(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.“
2.3. zur Zurückverweisung:
Die AMA weist in der Beschwerdevorlage selbst daraufhin, dass die Aktenlage sich dahingehend geändert habe, dass für die Entscheidung in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit eine Nachkontrolle der von der AMA am 22.08.2019 vorgenommenen VOK erforderlich ist.
Das Ergebnis dieser Nachkontrolle liegt für die Antragsjahre 2016, 2017, 2018 und 2019 bereits vor und bestätigt, dass die VOK der AMA vom 22.08.2019 für diese Antragsjahre keine taugliche Entscheidungsgrundlage darstellt. Damit ist aber für das BVwG auch klargestellt, dass diese VOK auch keine taugliche Entscheidungsgrundlage für eine Beurteilung der beihilfefähigen Flächen auf dem Heimbetrieb der BF für das Antragsjahr 2015 bildet. Insofern ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt für das Antragsjahr 2015 nicht bzw. noch nicht hinreichend ermittelt. Eine Ermittlung dieses Sachverhaltes und eine Entscheidung durch die AMA selbst führt zu einer wesentlichen Beschleunigung des Verfahrens.
In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus den zu ermittelnden Sachverhaltselementen erfließenden Berechnungen liegt eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch der Kostenersparnis. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Berücksichtigung des von der AMA zu ergänzenden Ermittlungsverfahrens.
Im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens wird die AMA die durchgeführte Nachkontrolle, und insbesondere die Einwände der BF hinsichtlich des Feldstückes 15 zu berücksichtigen haben.
2.4. zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung beihilfefähige Fläche Beihilfefähigkeit Berechnung Direktzahlung Ermittlungspflicht Flächenabweichung Kassation Kontrolle mangelhaftes Ermittlungsverfahren mangelnde Sachverhaltsfeststellung Marktordnung Prämienfähigkeit Prämiengewährung Rückforderung Zahlungsansprüche Zurückverweisung Zuteilung ZuweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W114.2234861.1.00Im RIS seit
12.02.2021Zuletzt aktualisiert am
12.02.2021