Entscheidungsdatum
30.11.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W114 2234860-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , vom 14.02.2020 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 10.01.2020, AZ II/4-DZ/16-14181194010, betreffend Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016:
A)
Der angefochtene Bescheid wird behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die AMA zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit Bescheid der AMA vom 10.01.2020, AZ II/4-DZ/16-14181194010, wurden XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführerin oder BF) für das Antragsjahr 2016 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt. Dabei ging die AMA damals von einer bei einer Vor-Ort-Kontrolle (VOK) am 22.08.2019 festgestellten sanktionsrelevanten Flächenabweichung mit einem Umfang von -8,9344 ha und einer festgestellten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 13,3427 ha aus.
Die Ergebnisse dieser VOK berücksichtigend, standen der BF für das Antragsjahr 2016 statt ursprünglich 10,5561 Zahlungsansprüchen (ZA) nur mehr 6,8847 ZA zur Verfügung. Diese VOK wirkte sich auch auf das Antragsjahr 2015 aus. Der BF wurden für dieses Antragsjahr statt ursprünglich 10,5561 ZA nur mehr 6,8847 ZA zugewiesen. Da im Antragsjahr 2016 – abgesehen von allenfalls zusätzlichen erworbenen ZA – maximal nur die im Antragsjahr 2015 zugewiesenen ZA zur Verfügung stehen, standen der BF im Antragsjahr 2016 nur jene 6,8847 ZA zur Verfügung. Das führte dazu, dass sich nicht nur die ZA in allen Antragsjahren ab 2015, sondern dadurch auch die zu gewährenden Direktzahlungen in den jeweiligen Antragsjahren wesentlich reduzierten.
In der angefochtenen Entscheidung wurde unter Bezugnahme auf das Ergebnis der VOK vom 22.08.2019 hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin in ihrem Mehrfachantrag-Flächen (MFA) für das Antragsjahr 2016 vom 17.05.2016 beantragten Feldstückes Nr. 15 ausgeführt, dass ein Schlag 1 mit einer Fläche mit einem Ausmaß von 0,2454 ha und ein Schlag 2 mit einer Fläche mit einem Ausmaß von 0,0944 ha beantragt worden wären, bei der VOK jedoch keine beihilfefähige Fläche auf diesen Schlägen vorgefunden worden wäre. Damit wurde in der angefochtenen Entscheidung für das Antragsjahr 2016 hinsichtlich des Feldstückes 15 eine Minderfläche mit einem Ausmaß von 0,3398 ha festgestellt.
Diese Entscheidung wurde der Beschwerdeführerin am 20.01.2020 zugestellt.
2. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid der AMA am 14.02.2020 Beschwerde. Begründend führte sie aus, dass sie für das gesamte Feldstück Nr. 15 diese VOK vom 22.08.2019 nicht akzeptieren könne. Die Futterflächenfeststellung durch die AMA bei der VOK am 22.08.2019 auf diesem Feldstück entspreche nicht der Realität im gegenständlichen Antragsjahr 2016.
3. Grundlage dieser Reduktion sowohl der festgestellten beihilfefähigen Fläche als auch der damit direkt in Verbindung stehenden ZA der für das Antragsjahr 2016 gewährten Direktzahlungen war – wie bereits oben ausgeführt - die VOK vom 22.08.2019, deren Ergebnisse jedoch von der AMA selbst angezweifelt wurden, sodass sie für die Antragsjahre 2016 bis 2019 eine Nachkontrolle auf der Heimbetriebsfläche der BF durchführte und die Nachkontrolle auch für das Antragsjahr 2015 ankündigte.
3. Am 08.09.2020 legte die AMA die Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens dem BVwG zur Entscheidung vor.
Offensichtlich das Ergebnis der VOK vom 22.08.2019 selbst anzweifelnd führte die AMA in einem Begleitschreiben an das Bundesverwaltungsgericht u.a. Folgendes aus:
„Aufgrund der Beschwerde wurde seitens der AMA am 26.05.2020 eine Nachkontrolle durchgeführt. Die ermittelte Flächenabweichung reduziert sich zwar von 8,9344 ha auf 6,3798 ha, da sich jedoch weder die ZA noch der Auszahlungsbetrag abändern (Auszahlung weiterhin auf Basis der 6,8847 ZA zu 100%) wurde kein weiterer Bescheid erstellt.“
4. Von der Beschwerdeführerin wurden auch Entscheidungen der AMA betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für die Antragsjahre 2015, 2017 und 2019 mit einer textlich identen Beschwerde bekämpft.
5. Mit Beschluss des BVwG vom 30.11.2020, GZ W114 2234861-1/2E, wurde auch der Bescheid der AMA vom 10.01.2020, AZ II/4-DZ/15-14117471010, zur Gänze behoben und die Angelegenheit hinsichtlich der Gewährung von Direktzahlungen (und auch insbesondere hinsichtlich der Zuweisung von ZA für das Antragsjahr 2015) zur Erlassung eines neuen Bescheides an die AMA zurückverwiesen.
Begründend wurde dazu ausgeführt, dass das Ergebnis der VOK vom 22.08.2019 offensichtlich falsche Ergebnisse ausweist und daher darauf aufbauend eine Zuweisung von ZA für das Antragsjahr 2015 und in weiterer Folge eine Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 nicht erfolgen kann.
6. Bei der Vorlage der Beschwerden betreffend die Antragsjahre 2016, 2017 und 2019 durch die AMA wurde auf eine Nachkontrolle am Heimbetrieb der BF hingewiesen, die am 26.05.2020 durchgeführt worden wäre; dabei wären von der VOK vom 22.08.2019 abweichende Ergebnisse festgestellt worden, die zu einer Neubeurteilung durch die AMA führen würde, weswegen von der AMA hinsichtlich der Antragsjahre 2017 und 2019 ersucht wurde, die entsprechenden angefochtenen Bescheide der AMA zu beheben und die Angelegenheiten zu einer Neubeurteilung an die AMA zurückzuverweisen.
7. Das Studium des Kontrollberichtes der am 26.05.2020 durchgeführten VOK ergab hinsichtlich des von der BF beanstandeten Feldstückes 15, dass im Antragsjahr 2016 von der BF eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 0,3398 ha beantragt wurde und von der AMA für dieses Antragsjahr eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 0,3538 ha vorgefunden wurde. Das bedeutet im Ergebnis, dass der Argumentation der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Ausführungen zu Feldstück 15 jedenfalls zur Gänze gefolgt werden kann und dass sich diese Ausführungen als richtig erwiesen haben.
Daraus ist zwangsweise zu folgern, dass die Grundlage für die Erlassung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016, nämlich die VOK vom 22.08.2019 – jedenfalls hinsichtlich des von der BF beanstandeten Feldstückes 15 - eine falsche Entscheidungsgrundlage darstellt.
Es kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass das Ergebnis der VOK vom 22.08.2019 auch hinsichtlich der getroffenen Feststellungen für das Antragsjahr 2015 falsch ist und daher nicht als Entscheidungsgrundlage für das Antragsjahr 2015 herangezogen werden kann.
Da sich die der Beschwerdeführerin im Antragsjahr 2016 zur Verfügung stehenden ZA an den im Antragsjahr 2015 orientieren und die im Antragsjahr 2015 der Beschwerdeführerin zugewiesenen ZA nicht nachvollziehbar auf einer ordnungsgemäßen VOK zugewiesen wurden, erweist sich im Ergebnis auch die Verfügbarkeit der von der AMA in den nachfolgenden Antragsjahren festgestellten ZA als falsch. Die rechtskonforme „Basis von 6,8847 ZA“ erweist sich als falsch und ist im Wege der Nachkontrolle auch für das Antragsjahr 2015 und darauf aufbauend für die weiteren Antragsjahre richtig zu stellen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
2.1. zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idgF, iVm
§ 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgF, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen des Verwaltungsgerichts durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
2.2. zu den Rechtsgrundlagen:
§ 28 Abs. 2 und 3 VwGVG lauten wie folgt:
„(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.“
2.3. zur Zurückverweisung:
Die AMA weist in der Beschwerdevorlage selbst daraufhin, dass die Aktenlage sich dahingehend geändert habe, dass für die Entscheidung in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit eine Nachkontrolle der von der AMA am 22.08.2019 vorgenommenen VOK erforderlich war.
Das Ergebnis dieser Nachkontrolle liegt für die Antragsjahre 2016, 2017, 2018 und 2019 bereits vor und bestätigt, dass die VOK der AMA vom 22.08.2019 für diese Antragsjahre keine taugliche Entscheidungsgrundlage darstellt. Damit ist aber für das BVwG auch klargestellt, dass diese VOK auch keine taugliche Entscheidungsgrundlage für eine Beurteilung der beihilfefähigen Flächen auf dem Heimbetrieb der BF für das Antragsjahr 2015 bildet. Insofern ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt für das Antragsjahr 2015 und darauf aufbauend auch für das Antragsjahr 2016 nicht bzw. noch nicht hinreichend ermittelt. Eine Ermittlung dieses Sachverhaltes und eine Entscheidung durch die AMA selbst führt zu einer wesentlichen Beschleunigung des Verfahrens.
In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus den zu ermittelnden Sachverhaltselementen erfließenden Berechnungen liegt eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch der Kostenersparnis. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Berücksichtigung des von der AMA zu ergänzenden Ermittlungsverfahrens.
Im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens wird die AMA die durchgeführte Nachkontrolle, und insbesondere die Einwände der BF hinsichtlich des Feldstückes 15 positiv für die BF zu berücksichtigen haben.
2.4. zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar existiert nach Auffassung des erkennenden Gerichtes für vergleichbare Beschwerdeverfahren noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es liegt aber auch dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/07/0053).
Schlagworte
Behebung der Entscheidung beihilfefähige Fläche Beihilfefähigkeit Berechnung Direktzahlung Ermittlungspflicht Flächenabweichung Kassation Kontrolle mangelhaftes Ermittlungsverfahren mangelnde Sachverhaltsfeststellung Marktordnung Prämienfähigkeit Prämiengewährung Rückforderung Zahlungsansprüche Zurückverweisung Zuteilung ZuweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W114.2234860.1.00Im RIS seit
12.02.2021Zuletzt aktualisiert am
12.02.2021