Entscheidungsdatum
01.12.2020Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W240 2237258-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Algerien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2020, Zl. 1270224807-201043452, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch BF), ein Staatsangehöriger Algeriens, wurde am 22.10.2020 anlässlich des Versuchs, illegal über Österreich nach Deutschland einzureisen, von Organen der deutschen Bundespolizei betreten. Aufgrund einer Einreiseverweigerung Deutschlands und der über Österreich erfolgten Einreise des BF stellte der Beschwerdeführer am 22.10.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Der BF hatte am 19.10.2020 in Rumänien um Asyl angesucht (EURODAC-Treffermeldung der Kategorie „1“).
Im Rahmen seiner polizeilichen Erstbefragung am 23.10.2020 der BF zu Protokoll, er habe keine Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich oder einem EU-Staat. Er habe keine Beschwerden oder Krankheiten, die ihm an der Einvernahme hindern oder das Verfahren in der Folge beeinträchtigen könnten. Zu seinem Reiseweg befragt gab er an, dass er seinen Herkunftsstaat im Herbst 2019 legal mit seinem Reisepass verlassen habe. Er sei mit dem Flugzeug in die Türkei gereist und habe sich in der Türkei dann sechs Monate aufgehalten, danach sei er nach Griechenland, wo er rund zwei Wochen gewesen sei, weiter durchgereist durch Albanien, Montenegro und Serbien. Weiter sei er nach Rumänien gereist, wo er einige Stunden gewesen sei. Von Rumänien sei er durch Ungarn weiter nach Österreich und habe versucht nach Deutschland zu gelangen. Er habe in Griechenland, Rumänien und Ungarn Behördenkontakt gehabt und wäre auch erkennungsdienstlich behandelt worden. Er sei in Rumänien durch die Polizei erkennungsdienstlich behandelt worden, eine Asylantrag habe er in keinen der durchreisten Länder gestellt. Er sei in Rumänien geschlagen worden und es habe in Rumänien keine Arbeit gegeben. In Rumänien habe er nicht freiwillig einen Asylantrag gestellt, sondern er sei dazu gezwungen worden.
Mit per E-Mail übermittelten Schreiben vom 27.10.2020 richtete das BFA ein auf
Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Rumänien.
Mit Schreiben an das BFA vom 10.11.2020 stimmte Rumänien unter Anführung einer Alias-Identität des BF dem Wiederaufnahmegesuch auf der Grundlage des Art. 18 Abs. lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu. Unter einem teilte Rumänien mit, dass der BF am 19.10.2020 in Rumänien um internationalen Schutz angesucht habe und der Antrag noch in Prüfung stehe. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Überstellung nur unter Berücksichtigung der von den rumänischen Behörden auferlegten Maßnahmen bezüglich der Covid-19-Pandemie erfolgen.
In seiner Einvernahme vor dem BFA am 18.11.2020 tätigte der BF insbesondere Folgende Angaben:
„(…)
LA: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?
VP: Ja.
Anmerkung: Ein Rechtsberatungsgespräch fand am 18.11.2020 statt (Anm. von 08:40 Uhr bis 08:50 Uhr).
[…]
LA: Werden Sie in diesem Verfahren vertreten?
VP: Nein.
LA: Besitzen Sie Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?
VP: Nein.
LA: Haben Sie jemals einen Reisepass besessen oder beantragt?
VP: Mein Reisepass wurde von der griechischen Polizei zerrissen.
LA: Verfügen Sie noch über andere Dokumente oder Bescheinigungsmittel?
VP: Nein, ich könnte aber welche besorgen. Nachgefragt gebe ich an, dass einen ID-Card besorgen könnte.
LA: Haben Sie jemals für ein Land der Europäischen Union ein Visum erhalten oder beantragt?
VP: Nein.
LA: Haben Sie bereits jemals irgendwo einen Antrag auf int. Schutz gestellt?
VP: Nein, hier ist das erste Land wo ich um Asyl ansuche.
LA: Haben Sie in einem Land der EU einen Aufenthaltstitel?
VP: Nein.
LA: Leiden Sie an irgendwelchen schwerwiegenden Krankheiten oder benötigen Sie Medikamente?
VP: Nein.
LA: Sind Sie damit einverstanden, dass ho. Behörde Einsicht in bereits vorliegende und künftig erhobene ärztliche Befunde nehmen kann, sowie dass die Sie behandelnden Ärzte, als auch behördlich bestellte ärztliche Gutachter wechselseitig Informationen zu den Ihre Person betreffenden erhobenen ärztlichen Befunde austauschen können? Sind Sie weiters mit der Weitergabe Ihrer medizinischen Daten an die Sicherheitsbehörde, den Mitgliedstaat und die für die Grundversorgung zuständigen Stellen einverstanden? Sie werden darauf hingewiesen, dass ein Widerruf Ihrer Zustimmung jederzeit möglich ist.
VP: Ja.
Aufforderung: Sie werden aufgefordert, sämtliche sich in Ihrem Besitz befindlichen bzw. die sich in Zukunft in Ihrem Besitz befindlichen med. Unterlagen selbstständig und ohne weitere Aufforderung der ho. Behörde in Vorlage zu bringen.
LA: Haben Sie dies verstanden?
VP: Ja.
LA: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits am 23.10.2020 auf der PI Wels FP erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?
VP: Es waren zwei Sachen, erstens, als ich den Antrag gestellt habe waren sehr viele Leute anwesend und ich konnte nicht alles erzählen, aus Angst um meine Familie konnte ich nicht alles erzählen. Zweitens, der damalige Dolmetscher hat nicht alles übersetzt, er hat immer sehr schnell geredet und ich hatte keine Zeit ihm zu folgen. Als ich hier die Niederschrift gelesen habe, fand ich viele Fehler, deshalb war ich dann drei Tage auf Hungerstreik. Nachgefragt gebe ich an, dass ein tschetschenischer Mithäftling für mich die Niederschrift übersetzt hat.
Frage 9.1 stimmt nicht, ganz im Gegenteil. Ich war Ingenieur, meinen Entschluss habe ich im Juni oder Juli 2019 gefasst.
LA: Haben Sie in der Erstbefragung alle Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates vorgebracht?
VP: Nein, ich habe nicht alle Gründe genannt. Ich habe mich bei der Erstbefragung nicht sicher gefühlt, deshalb habe ich nicht alle Gründe genannt. Nachgefragt gebe ich an, dass ich in Algerien bedroht wurde, ich wurde auch eingesperrt und ich wurde gefoltert von Gruppierungen die Beziehungen zu den Machthabern in Algerien haben. Aus politischen Gründen. Meine ganze Familie wird auch von dieser Mafia bedroht.
LA: Erhalten Sie hier in Österreich von jemandem Unterstützung?
VP: Nein.
LA: Verfügen Sie selbst über Mittel zur Bestreitung Ihres Lebensunterhaltes?
VP: Nein.
LA: Haben Sie Angehörige oder sonstige Verwandte in Österreich?
VP: Nein.
LA: Haben Sie im Bereich der Europäischen Union, in Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz, Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?
VP: Nein.
LA: Gibt es noch andere Personen hier in Österreich, von denen Sie abhängig wären oder zu denen ein besonders enges Verhältnis besteht?
VP: Nein. Ich bin sofort nach meiner Einreise verhaftet worden.
Feststellung: Sie wurden bereits im Zuge der Erstbefragung zu Ihrem Reiseweg befragt. Entsprechen diese Angaben den Tatsachen oder haben Sie etwas zu berichtigen?
VP: Das ist alles richtig.
LA: Haben Sie zum Reiseweg noch etwas zu sagen oder wollen Sie etwas ergänzen?
VP: In Rumänien wurde ich von der rumänischen Polizei misshandelt, sie haben mich ausgezogen und geschlagen und ich habe 24 Stunden nichts zu essen bekommen. Sie haben mein Geld weggenommen.
LA: Ich habe gefragt ob Sie zum Reiseweg noch etwas ergänzen wollen?
VP: Nein, ich habe zur Reiseroute die Wahrheit gesagt.
LA: Wann sind Sie nach Rumänien eingereist?
VP: Das war Anfang Oktober.
LA: Wie lange waren Sie in Rumänien?
VP: Ca. drei Stunden, ich bin nur durchgereist.
LA: Wie sind Sie nach Österreich gekommen?
VP: Ich habe mich in Rumänien unter einem LKW versteckt und bin mit diesem bis Linz durchgereist.
Anmerkung: Eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 AsylG 2005 wurde Ihnen am 11.11.2020 nachweislich ausgefolgt. Es wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass im gegenständlichen Fall Konsultationen mit Rumänien geführt werden.
Rumänien hat mit Schreiben vom 10.11.2020 gem. Art. 18 (1) b der Dublin-Verordnung der Übernahme Ihres Asylverfahrens ausdrücklich zugestimmt.
Seitens des BFA ist nunmehr geplant, gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gem. § 5 AsylG 2005 idgF zurückzuweisen und eine Anordnung zur Außerlandesbringung gem. § 61 FPG 2005 idgF nach Rumänien zu treffen.
LA: Möchten Sie dazu etwas vorbringen?
VP: Keinesfalls werde ich nach Rumänien nicht zurückgehen, und zwar aus mehreren Gründen, ich wurde in Rumänien von der Polizei misshandelt. Ich wurde nackt ausgezogen und geschlagen, ich habe nichts zu essen bekommen, mein Geld wurde auch von der Polizei weggenommen. Auch in XXXX wurde ich von Privatpersonen mit Messern attackiert und beraubt. Auch im Camp wurde ich schon an der Rezeption schlecht behandelt und diskriminiert. Als ich gesagt habe, dass ich um Asyl ansuchen möchte, wurde ich geschlagen und musste auch unfreiwillig meine Fingerabdrücke abgeben. Nein, ich habe gesagt, ich will nicht um Asyl ansuchen, aber ich wurde trotzdem geschlagen und gezwungen meine Fingerabdrücke abzugeben. Um 23:00 Uhr wurde ich gezwungen meine Fingerabdrücke abzugeben. Dann musste ich auch im Freien übernachten, alle Leute in diesem Camp haben gestritten und waren alle betrunken. Die ganze Nacht habe ich weder geschlafen noch gegessen. Um 06:00 Uhr Früh ist es mir dann gelungen über diesen Maschendrahtzaun zu fliehen und ich begab mich zur Grenze. Dann bin ich 30km zu Fuß gegangen. An einem Parkplatz versteckte ich mich dann unter einem LKW, der mich bis Linz gebracht hat. Im Lager habe ich immer nach Essen gefragt, und die sagten nur geh weg, verschwinde. Wenn ich noch mehr gefragt habe, dann bekam ich einen Schlag mit dem Stock.
LA: Schildern Sie ganz genau wann sind Sie über die Grenze nach Rumänien eingereist.
VP: Das war Mitte Oktober um 5 Uhr in der Früh, über die Grenze von Serbien nach Rumänien, bei XXXX bin ich um 21 Uhr zu Fuß weggegangen. Ich bin dann zu Fuß durch den Wald gegangen. Mein Ziel war XXXX . Ich bin immer zu nachts zu Fuß gegangen und tagsüber habe ich im Wald geschlafen. Ich bin dann zu Fuß in XXXX angekommen. Ich bin dann mit einem Bus nach XXXX gefahren, das ist eine Stadt vor der ungarischen Grenze. Dann ging ich drei Tage lang zu Fuß bis kurz vor der ungarischen Grenze. Dann ging ich noch 4 km zu Fuß und dann bin ich eingeschlafen. Dann ging ich noch zwei Tage zu Fuß und wurde dann von der ungarischen Polizei festgenommen. Die haben mich sehr respektvoll behandelt und haben mich aber an die rumänische Polizei übergeben. Sofort haben diese mich mit Handschellen gefesselt, haben mich beschimpft, haben mich nackt ausgezogen. Als ich gesagt habe, ich möchte meine Kleider zurück, wurde ich geohrfeigt. Dann wurde ich in ein Zimmer eingesperrt mit einer kurzen Hose. Das Zimmer war sehr kalt es hat nach Urin gestunken. Ich habe keine Essen bekommen und nichts zu trinken. Ich hatte dann noch 60 Euro, mit 10 Euro hat mir die Polizei ein Busticket nach XXXX gekauft, den Rest haben sie behalten. Ich fuhr dann nach XXXX mit dem Bus. Ich wusste nicht wo das Lager ist, deshalb bin ich zu Fuß gegangen. Um 22 Uhr bin ich in XXXX gewesen und um 24 Uhr bin ich dann im Lager angekommen. Das erste was sie zu mir gesagt haben, war, ich soll meine Fingerabdrücke abgeben. Ich sagte wozu, sie haben mich festgehalten und ich musste gezwungenermaßen meine Fingerabdrücke abgeben. Nachher sagte ich, ich möchte schlafen. Bis halb zwei in der Früh bin ich im Freien gesessen, es war kalt. Als ich gefragt habe wo ich schlafen könne, hat man mir gesagt, ich könnte mir ein Zimmer aussuchen. Es waren aber alle Zimmer belegt. Endlich fand ich ein Zimmer in dem nur 4 Personen waren, es waren zwei Albaner und zwei Marokkaner, die haben Alkohol getrunken und Drogen genommen. Es war laut und alles durcheinander. Ich konnte nicht schlafen, um 5 Uhr früh nahm ich zwei Betten und habe diese aufeinandergestellt und bin darauf geklettert. So ist mir dann die Flucht über den Maschendrahtzaun gelungen.
LA: Haben Sie sich in Rumänien irgendwo beschwert oder eine Anzeige bei der Polizei gemacht?
VP: Nein, wie hätte ich das gemacht. Ich habe schon an der Grenze die Gewalt von der Polizei gesehen. Wie hätte ich dann zur Polizei gehen und eine Anzeige machen können. Ein Polizist, dem ich meinen Namen genannt habe, hat angefangen sich über meine Religion lustig zu machen.
LA: Möchten Sie zu den Ihnen am 11.11.2020 ausgefolgten aktuellen Feststellungen zur Lage der Asylwerber in Rumänien eine Stellungnahme abgeben?
VP: Ich weiß nicht worum es in diesem Bericht geht. Aber was auf dem Papier steht hat mit der Realität nichts zu tun. Ich habe dort keine medizinische Versorgung, kein Essen bekommen. Die Lage dort ist sehr miserabel. Das wissen alle Asylwerber, deshalb wollte ich dort nicht um Asyl ansuchen.
Frage an die Rechtsberater: Haben Sie Fragen oder Vorbringen?
Die Rechtberater hat keine Fragen oder Vorbringen.
LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?
VP: Also das einzige was ich sagen ist, ich gehe auf keinen Fall nach Rumänien zurück. Wenn Rumänien ein gutes Land wäre und Menschenrechte hätte, dann wäre ich nicht aus Rumänien geflüchtet. Ich habe nach einem Land gesucht, welches meine Rechte sichert.
LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?
VP: Bis jetzt habe ich nicht schildern können, dass mein Leben in Gefahr ist.
Anm.: Die VP wird nochmals darüber aufgeklärt, dass der Antrag nicht inhaltlich geprüft wird, da eine Zustimmung Rumäniens vorliegt.
Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:
LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?
VP: Ja.
LA: Hat Ihnen der Dolmetscher alles rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?
VP: Nein, keine Einwände.
(…)“
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Rumänien für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Rumänien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Rumänien wurden im angefochtenen Bescheid, wie folgt, wiedergegeben (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren (USDOS 13.3.2019; vgl. IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d) mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d, für weitere Informationen siehe dieselben Quellen). Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Organisationen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen u.a. Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (USDOS 13.3.2019).
Quellen:
? AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019
? IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. a): Asylum procedures, http://igi.mai.gov.ro/en/content/asylum-procedures-0, Zugriff 27.5.2019
? IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. b): Dublin procedure, http://igi.mai.gov.ro/en/content/dublin-procedure, Zugriff 27.5.2019
? IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. c): General description, http://igi.mai.gov.ro/en/content/general-description, Zugriff 27.5.2019
? IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. d): The submission of the asylum application, http://igi.mai.gov.ro/en/content/submitting-application-asylum, Zugriff 27.5.2019
? USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019
Dublin-Rückkehrer
Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Rumänien ab. Sämtliche Rückkehrer werden am Flughafen empfangen und in die regionalen Zentren begleitet, wo sie dann noch am selben Tag einen Asylantrag stellen können.
• Wurde in Rumänien zuvor ein Asylverfahren eröffnet, das noch läuft, wird dieses fortgesetzt. Der Rückkehrer wird am Flughafen über den aktuellen Stand des Verfahrens informiert und darauf hingewiesen, sich im Hinblick auf die Fortsetzung des Verfahrens ins regionale Zentrum zu begeben. Die Unterbringung kann entweder im Zentrum oder privat erfolgen.
• Wurde ein Asylverfahren eröffnet und in der Folge beendet, weil sich der AW abgesetzt hat, wird der Rückkehrer als illegaler Fremder für längstens 18 Monate in Gewahrsam genommen. Er kann einen Folgeantrag stellen. Dieser hat aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung, ebenso wie eine Beschwerde gegen Nichtzulassung des Folgeantrags. Für die Zulassung des Folgeantrags müssen aber neue Beweise vorgelegt werden.
• Wenn Asylwerber das Land vor dem Asylinterview verlassen haben und binnen neun Monaten zurückkehren, wird ihr Antrag als Erstantrag behandelt (VB 4.6.2019).
Bei Rückkehrern gemäß Art. 18 (1) (a) und (b) der Dublin-III-VO wird das Verfahren von den rumänischen Behörden geführt bzw. abgeschlossen. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (c) haben die Möglichkeit, einen neuen Antrag einzubringen, der nicht als Folgeantrag gilt. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (d) können einen Folgeantrag einbringen (EASO 24.10.2017).
Für vulnerable Fälle gibt es eine limitierte Anzahl separater Hafträume. Einige Vulnerable profitieren von einer Änderung im Fremdengesetz, gemäß derer auf Haft verzichtet wird, sofern sie eine alternative Unterbringung nachweisen können. Hierbei werden sie von NGOs unterstützt. UMA werden bei Rückkehr nicht in Haft genommen, sondern in einem Zentrum der Kinderschutzbehörde untergebracht (VB 4.6.2019).
Es gibt keine wesentlichen Unterschiede beim Zugang zur Unterbringung und medizinischen Versorgung von Dublin-Rückkehrern und regulären Asylwerbern (EASO 24.10.2017).
Quellen:
? EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query zu Dublin-Rückkehrer, per E-Mail ? VB des BM.I in Rumänien (4.6.2019): Auskunft IGI, per E-Mail
Non-Refoulement
Gesetzlich ist ein Schutzmechanismus gegen Refoulement vorgesehen. Abschiebungen können nur durchgeführt werden, wenn die Rückkehrentscheidung nicht im Widerspruch zum Non-Refoulement-Prinzip steht. In diesen Fällen wird sobald wie möglich eine Entscheidung gefällt, in der begründet wird, warum der Aufenthalt auf rumänischem Territorium verweigert wird. Die Entscheidung wird dem Asylwerber direkt zugestellt, entweder persönlich bei der IGI-DAI oder per Post. Beschwerde kann binnen zwei Tagen nach Zustellung eingelegt werden (AIDA 27.3.2019).
Vom Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr sind jene Fremden ausgeschlossen, die in Zusammenhang mit Terrorismus stehen. UNHCR berichtete im Jahr 2018 von mehreren Vorfällen von Zugangsverweigerung zum Land, Zurückweisungen und Abweichungen vom Asylverfahren in Grenzregionen (USDOS 13.3.2019).
Quellen:
? AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019
? USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019
Versorgung
Asylwerber, die selbst über keine Mittel verfügen, haben bis zum Ende des Asylverfahrens in Rumänien das Recht auf Unterbringung in einem der sechs Unterbringungszentren des Generalinspektorats für Immigration (IGI o.D.g) in Timi?oara, ?omcuta Mare, R?d?u?i, Gala?i, Bucharest and Giurgiu (AIDA 27.3.2019). Die sechs Aufnahme- und Unterbringungszentren bieten 900 Unterkunftsplätze (JRS 12.3.2018; vgl. AIDA 27.3.2019), wobei die Kapazität auf 1.090 Plätze erhöht werden kann. Per 31.12.2018 waren 350 Plätze belegt (AIDA 27.3.2019).
Die Unterbringungszentren können nur nach Genehmigung durch die IGI-DAI verlassen werden. Sollte die Unterkunft länger als 72 Stunden ohne Genehmigung verlassen werden, so können Unterstützungsleistungen gekürzt oder ausgesetzt werden. Asylwerber können aus Kapazitätsgründen auch aus einem Unterbringungszentrum in ein anderes verlegt werden. Gegen die Verlegung ist keine Beschwerde zulässig. Staatliche Unterstützungsleistungen beinhalten: Unterkunft in einer der Aufnahmezentren; finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld (AIDA 27.3.2019).
Mittellose Asylwerber können einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für Lebensmittel, Kleidung und sonstige Ausgaben stellen (IGI o.D.g). Asylwerbern, die außerhalb eines Zentrums wohnen, steht eine Unterstützung für die Unterkunft zu (VB 4.6.2019). Ein Asylwerber, der im Zentrum untergebracht ist, erhält einen Betrag von 16,- Lei/Tag (ca. 110,- EUR im Monat). Die Unterbringungszentren erfüllen generell die Standards von EU und UNHCR.
Sie sind für die Nahrungszubereitung entsprechend ausgestattet. Es gibt Beihilfen (Tagsätze) für Neugeborene, Wöchnerinnen, usw. Es gibt außerdem Beihilfen (saisonbedingt: 67,- Lei im Sommer und 100,- Lei im Winter) für Bekleidung (VB 4.6.2019; vgl. AIDA 27.3.2019, IGI o.D.g).
Asylwerber dürfen arbeiten, wenn ihr Erstantrag länger als drei Monate anhängig ist (IGI o.D.g; vgl. USDOS 13.3.2019). Trotzdem haben viele arbeitsberechtigte Asylwerber Probleme, legale Arbeit zu finden (USDOS
13.3.2019).
Die Regierung gewährt Asylwerbern eine finanzielle Zuwendung von 16 Lei/Tag; für Vulnerable ist dieser Satz etwas erhöht. Im Hinblick auf die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten ist dieser Betrag eher gering angesetzt und trifft insbesondere Personen mit besonderen Bedürfnissen oder Vulnerable (USDOS 13.3.2019).
Laut der NGO Civic Resource Centre ist der Staat alleine nicht in der Lage, die Versorgung der Asylwerber zu garantieren. Er ist auf die Unterstützung von NGOs angewiesen, die Nahrung, Unterkunft und sonstige Notfalldienste für Schutzsuchende zur Verfügung stellen. Weiters berichten Asylwerber über schlechte Unterbringungsbedingungen, wie Überbelegung oder hygienische Mängel in den staatlichen
Unterbringungszentren (IRIN News 16.10.2017, vgl. AIDA 27.3.2019).
Im Jahr 2018 gab es 2.118 Asylanträge. In rumänischen Unterbringungseinrichtungen stehen 900 Plätze zur Verfügung, von diesen sind aktuell 294 belegt. Für den Fall, dass die Zentren irgendwann einmal überfüllt wären und Personen daher Privatunterkünfte nehmen müssten, würden diese mit 450,- Lei (ca. 95,- € ) für die Miete sowie mit 120,- Lei (ca. 25,- €) im Sommer bzw. 155,- Lei (ca. 33,- €) im Winter für Betriebskosten unterstützt werden. Das Relocation-Programm wurde mit Ende 2017/Anfang 2018 eingestellt (VB 4.6.2019).
Die Insassen der Schubhaftzentren haben das Recht auf rechtliche, medizinische und soziale Hilfe, sowie auf Information über Haftgründe, Rechte und Pflichten (VB 4.6.2019).
Quellen:
? AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff
21.6.2019
? IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.g): Assistance to asylum seekers, http://igi.mai.gov.ro/en/content/assistance-asylum-seekers, Zugriff 13.6.2019
? IRIN News (16.10.2017): Old route, new dangers: Migrant smugglers revive Black Sea route to Europe, http://www.irinnews.org/feature/2017/10/16/old-route-new-dangers-migrant-smugglers-revive-black-
sea-route-europe, Zugriff 19.12.2017
- JRS - Jesuit Refugee Service (12.3.2018): Policy Blog: quantifying the Romanian asylum system, https://jrseurope.org/news_detail?TN=NEWS-20180312050052&L=EN, Zugriff 5.6.2019
? USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019
? VB des BM.I in Rumänien (4.6.2019): Auskunft IGI, per E-Mail
Medizinische Versorgung
Asylwerber haben das Recht auf kostenlose medizinische Erstversorgung und Behandlung, klinische Behandlung bei lebensbedrohlichen akuten oder chronischen Krankheiten. Im Falle besonderer Bedürfnisse haben Asylwerber Zugang zu sonstiger adäquater medizinischer Behandlung. Asylwerber unterliegen der Verpflichtung, sich medizinischen Untersuchungen zu unterziehen, um die öffentliche Gesundheit zu schützen (IGI o.D.f). Die Gesundheitsversorgung von Asylwerbern wird durch medizinisches Personal in den Aufnahmezentren sichergestellt, das im Krankheitsfall primäre Gesundheitsversorgung leistet und kostenfreie Behandlungen durchführt (IGI o.D.h).
Mit Stand 2018 haben Asylbewerber in allen Regionalzentren Zugang zu einem Allgemeinmediziner. In Giurgiu ist der Arzt jedoch seit November 2018 krank. Nach Angaben des Rechtsberaters in Giurgiu hat diesen der Arzt der ICAR-Stiftung ersetzt, zumal es auch keine Krankenschwester gab. Dennoch ist Giurgiu das einzige Zentrum, in dem seit August 2018 ein Psychologe im Auftrag von IGI-DAI arbeitet. In R?d?u?i wurde im Sommer 2018 ein Arzt eingestellt. In Timi?oara wurden ab Frühjahr 2018 ein Arzt und zwei Krankenschwestern von IGI-DAI eingestellt. In Bukarest wird die ärztliche Untersuchung von einem Arzt und der Krankenschwester durchgeführt. Die Asylbewerber werden auf Anzeichen von Ekzemen, Tollwut, Läusen überprüft und eine Krankenakte erstellt. Bei medizinischen Problemen werden die Asylwerber an das Krankenhaus des Innenministeriums verwiesen (AIDA 27.3.2019).
Laut USDOS bleibt die staatliche soziale, psychologische und medizinische Unterstützung ungenügend, speziell für Traumatisierte und Folteropfer. Viele Asylwerber sind auf die Unterstützung von durch NGOs durchgeführte Projekte angewiesen (USDOS 13.6.2019).
Quellen:
? AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff
21.6.2019
? IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.f): Rights and obligations, http://igi.mai.gov.ro/en/content/rights-and-obligations, Zugriff 4.6.2019
? IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.h): Access to health care, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-health-care, Zugriff 13.6.2019
? USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019
Im Bescheid wurde insbesondere ausgeführt, dass der BF an keinen einer Überstellung nach Rumänien im Wege stehenden Erkrankungen leiden würde. Der BF habe angegeben, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er keine Medikamente benötige und auch nicht in ärztlicher Behandlung stehe. Familiäre oder andere Anknüpfungspunkte zu in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen hätten seinen Angaben nicht entnommen werden können bzw. seien im Verfahren diesbezüglich auch keine Hinweise hervorgekommen. Es seien keinerlei stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass der BF in Rumänien Gefahr liefe, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung ausgesetzt zu sein oder ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Die erkennende Behörde verfüge aktuell auch über kein Amtswissen hinsichtlich offenkundiger, besonderer Gründe, die die Annahme rechtfertigen könnte, dass der BF in Rumänien einer realen Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung ausgesetzt wäre. Es seien weder schützenswerte familiäre noch besonders ausgeprägte private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Hinsichtlich der Covid19-Pandemie wurde ausgeführt, dass das allgemeine Lebensrisiko, am Erreger SARS-CoV 2 zu erkranken, weltweit, das heißt, sowohl im Herkunftsstaat wie auch im für das Verfahren des BF zuständigen Mitgliedstaat, wie auch in Österreich, erhöht sei. Hinzu komme, dass das individuelle Risiko des BF, an SARS-CoV 2 schwer oder gar tödlich zu erkranken, sehr niedrig sei. Ein „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK drohe aufgrund der Covid-19-Pandemie daher ebenso nicht.
3. Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht, in der im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass der BF in Rumänien von der Polizei misshandelt worden sei und willkürlich geschlagen worden sei sowie sein Geld von der Polizei gestohlen worden sei. Er befürchte in Rumänien willkürlich in Haft genommen zu werden. Auch die Unterbringung in Rumänien sei katastrophal, er sei in ein überfülltes Camp gebracht worden und habe unregelmäßig Essen erhalten. Rumänien habe keinerlei Interesse am Verbleib von Flüchtlingen. Das BFA hätte zu dem Schluss kommen müssen, dass Österreich die Zuständigkeit für das gegenständliche Asylverfahren betreffend den BF übernehmen hätte müssen. Beantragt wurde auch, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der unter Pkt. I. dargelegte Verfahrensgang.
Zur Person des BF liegt eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie „1“ vom 19.10.2020 zu Rumänien vor.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur allgemeinen Situation im Mitgliedstaat Rumänien an.
Konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen würden, liegen nicht vor.
Der BF hat nicht dargetan, dass er im Falle einer Überstellung nach Rumänien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Schwere oder lebensbedrohende Erkrankungen des BF liegen nicht vor. Der BF gab an, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er an keinen Krankheiten leide, keine Medikamente benötige und nicht in ärztlicher Behandlung stehe.
Die aktuelle Situation hinsichtlich der Covid-19-Pandemie begründet keine Unmöglichkeit einer Rückkehr des BF nach Rumänien.
Bei Covid-19 handelt es sich um eine durch das Corona-Virus SARS-COV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15 % der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung so schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.
Mit Stichtag 27.11.2020 hat es in Rumänien insgesamt 449.349 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen, 323.514 genesene Fälle und 10.712 Todesfälle gegeben (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, Zugriff 27.11.2020).
In Österreich bestehen keinerlei verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte des BF.
Sonstige private oder berufliche Bindungen des BF in Österreich sind nicht vorhanden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Reiseweg des BF inklusive der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung der Kategorie „1“ zu Rumänien ergibt sich aus der Aktenlage und den Angaben des BF zu seiner Reiseroute.
Die Feststellung hinsichtlich des Wiederaufnahmegesuches seitens der österreichischen Dublin-Behörde an Rumänien und der ausdrücklichen Zustimmungserklärung Rumäniens hiezu beruht auf dem - im Verwaltungsakt dokumentierten - durchgeführten Konsultationsverfahren.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen.
Eine den BF konkret betreffende Bedrohungssituation in Rumänien wurde nicht substantiiert vorgebracht.
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des BF ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen im Zusammenhalt mit der vorliegenden Aktenlage.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF stützen sich auf dessen Angaben. Befunde wurden nicht vorgelegt.
Die getroffenen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von Covid-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den Anwendungsbereich der Dublin III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben, respektive keine Dublin-Rückkehrer übernehmen bzw. zwischenzeitig allenfalls wieder aufgenommene Überstellungen aufgrund der Pandemiesituation zum Teil nach wie vor Einschränkungen unterworfen sind. Die Mitgliedstaaten stehen diesbezüglich aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander, ebenso mit der Europäischen Kommission. Es ist davon auszugehen, dass Überstellungen nur dann durchgeführt werden, wenn sich die einzelnen Mitgliedstaaten dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen Dublin-Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen, sodass insofern insgesamt eine Situation gegeben ist, die jener vor Ausbruch der Pandemie nahekommt.
Die skizzierten derzeit bestehenden Überstellungshindernisse bzw -einschränkungen sind aus heutiger Sicht - aller Wahrscheinlichkeit nach - zeitlich begrenzt. Es ist davon auszugehen, dass Reisebewegungen jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung (vgl. die in
Art. 29 Dublin III-VO geregelte grundsätzliche sechsmonatige Überstellungsfrist) erfolgen können.
Seitens des BF wurde keinerlei Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.
Die festgestellten persönlichen Verhältnisse des BF ergeben sich aus den eigenen Angaben und der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs 18 AsylG 2005 idF BGBl I 2013/144).
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der DublinVerordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird, 2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine
Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
Im vorliegenden Fall ist gemäß ihres Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) anzuwenden:
Art. 49 Inkrafttreten und Anwendbarkeit
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.
Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013, Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000, Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG.
Da die Dublin III-VO am 29.06.2013 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde, trat sie am
19.07.2013 in Kraft und gilt jedenfalls für Anträge wie die vorliegenden, die nach dem 01.01.2014 (nach dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der VO) gestellt wurden.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:
Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Art. 7 Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: Gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Art. 16 Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Art. 17 Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Bezie