Entscheidungsdatum
03.12.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
L518 2230199-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Vorsitzenden und den Richter Mag. LEITNER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Verein ChronischKrank Österreich, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom XXXX , XXXX in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1 und 2, § 45 Abs 1 bis 3 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF stattgegeben und aufgrund des ermittelten Sachverhaltes festgestellt, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass iSd zitierten Bestimmungen des BBG vorliegen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
05.07.2019—Antrag der beschwerdeführenden Partei (in Folge „bP“ genannt) auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass beim Sozialministeriumsservice XXXX - SMS, Landesstelle XXXX (in Folge belangte Behörde bzw. „bB“ genannt)
05.01.2020—Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens; Dauerzustand; Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
20.01.2020—Parteiengehör
12.02.2020—Stellungnahme der bP; Vorlage eines Ordinationsbefundes und eines internistischen Gutachtens
17.02.2020—Bescheid der bB; Abweisung des Antrags vom 05.07.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass
31.03.2020—Beschwerde der bP vertreten durch den Verein XXXX
07.04.2020—Beschwerdevorlage am BVwG
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Die bP ist österreichische Staatsbürgerin und an der im Akt ersichtlichen XXXX Andresse wohnhaft. Sie ist seit 21.12.2016 im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH.
Am 05.07.2019 stellte die bP den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass bei der bB.
In der Folge wurde am 05.01.2020 (Untersuchung am 29.10.2019) ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten erstellt und die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt. Dieses Gutachten weist folgenden relevanten Inhalt auf:
„Anamnese
Antrag auf Vornahme einer Zusatzeintragung, Letztuntersuchung XXXX vom 15.3.2017-GdB 50%
Es besteht eine Herzmuskelvergrößerung, Hörminderung, hyperaktive Blase mit Urgeinkontinenz. V.a.Morbus Crohn, Coxarthrose geringgradig, Abnützungen der Hals- und Lendenwirbelsäule, chronische Erschöpfung, Bluthochdruck.
Derzeitige Beschwerden:
Sie gibt an, einen imperativen Harndrang zu haben, sie verwendet eine Inkontinenzversorgung, ist auch immer wieder inkontinent. Sie hat immer wieder Durchfälle 1-3x täglich bei V.a. Morbus Crohn. Weiters gibt sie an erschöpft zu sein. Beschwerden der Hals-und Lendenwirbelsäule, leichte Beschwerden im Bereich der Hüftgelenke. Bei Anstrengung wie Bergaufgehen gibt sie an Atemnot zu haben.
Behandlung (en)/Medikamente/ Hilfsmittel
Santizor 4 mg, Aglandin 0,4, Thrombo ASS 50 mg, Exforge 5/160/12,5, Amlodipin 5, Pentasa 1 in der Früh 2g, Venodril Tropfen, Magnosolv, Neurontin 600
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl.Datumsangabe):
XXXX Urologie vom 9.1.2018: Kleinkapazitäre hyperaktive Harnblase mit Urgeinkontinenz ohne Hinweis auf Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie bei Z.n. rezidivierend erosiver Zystitis seit den 1970er Jahren. Z.n, fieberhaftem Harnwegsinfekt 09/2017. Laufende Santizor retard Therapie. Hypertonie.
XXXX , Internist vom 20.11.2018: Zur weiteren Abklärung der abdominellen Beschwerden (Nausea, wechselhaftes Stuhlverhalten, fragliche Colitis ulcerosa) wurde die Durchführung einer Gastroskopie und Coloskopie in der Ordination XXXX vereinbart.
Histologiebefund vom 28.11.2018: Basale Fibrose, fokale foveoläre Hyperplasie, diskrete uncharakteristische chronische Entzündung, keine Helicobacter.
XXXX , Internist vom 28.1.2019: Chronisch entzündliche Darmerkrankung (Lokalisation im Coecum und obersten Ascendens, ein Morbus Crohn ist sehr wahrscheinlich)
XXXX , Radiologie vom 4.3.2019: DR der HWS aps mit neuroforaminären Schrägaufnahmen-ausgeprägte Facettarthrosen L3-S1 in CC –Richtung zunehmend und Baastrup-Phänomen. Ausgeprägte Osteochondrose L5/S1: Geringer ausgeprägte Osteochondrosen L2-L4. Geringe Retrolisthese L1 gegenüber L2 und L2 gegenüber L3. S-förmige Skoliose.
XXXX , Urologe vom 13.5.2019: Kleinkapazitäre hyperaktive Harnblase mit Urgeinkontinenz ohne Hinweis auf Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie. Ausgeprägte Mischinkontinenz. Z.n. fieberhaftem Harnwegsinfekt 9/17.Z.n.Uro-Tb ED 1971, Z.n.rez.ulceröser Cystitis 70er Jahre
aktueller Rö-Befund: Arthrosen der Fingergelenke
Untersuchungsbefund
Allgemeinzustand
Gut
Ernährungszustand
Gut
Größe:160,00cm Gewicht:57,00 kg Blutdruck: 160/100
Klinischer Status-Fachstatus
KOPF: HNA und NNH frei, keine Facialisparese
GEHÖR: altersgemäß
HAUT: im Gesichtsbereich normal, keine Ekzeme.
HALS: Schilddrüse palpatorisch nicht vergrößert.
THORAX: symmetrisch belüftet.
HERZ: Herztöne normal, rhythmisch, normfrequent, keine vitiumtypischen Geräusche, im Normbereich.
LUNGE: normales Atemgeräusch, Vesiculäratmen, sonorer Klopfschall, Lungenbasen gut verschieblich, keine Ruhe- und keine Belastungsdyspnoe.
ABDOMEN: Bauchdecken im Thoraxniveau, keine pathologische Resistenz. Leber unter dem Rippenbogen nicht tastbar, Milz nicht tastbar, leicht druckschmerzhaft, keine pathologischen Resistenzen, Nierenlager bds. frei, keine Klopfschmerzhaftigkeit, keine inquinalen Bruchpforten tastbar, Lymphknoten inquinal nicht vergrößert
GLIEDMASSEN:
OE: Einschränkung beim Hochheben der Arme bds. aufgrund der Abnützung der Schultergelenke, Schmerzen auch des kleinen Fingers links.
UE: altersgemäß von normaler Form und Farbe bei guter Durchblutung, gut tastbaren Fußsohlenbenützungszeichen, keine Varizen, keine Ödeme, Lasegue bds. endlagig positiv, Reflexe PSR und ASR sind seitengleich prompt auslösbar. Beweglichkeit, Sprunggelenke seitengleich frei beweglich, Kniebeweglich normal. Die Gelenke der UE frei, keine Achsenabweichung. Hüftbeweglichkeit in allen Ebenen frei. Kein Rotationsschmerz, kein Stauchungsschmerz.
WIRBELSÄULE:
HWS: Verspannungen der HWS, Blick zur Seite etwa 1/3 eingeschränkt, Kinn-Brust-Abstand 2cm.
BWS: normale Achsenkrümmung, keine paravertebralen Muskelverspannungen, keine nennenswerte Bewegungseinschränkung.
LWS: Klopfschmerz der LWS, Vorwärtsneigen bis zu einem Fingerbodenabstand von etwa 20 cm, Seitwärtsneigen bis zum Fibulaköpfchen möglich.
Gesamtmobilität-Gangbild:
Zehen-und Fersengang bds. gut möglich, Sensibilität und Motorik seitengleich unauffällig. Der Gang sicher, keine Seitenabweichung.
Status Psychicus:
Kognitiv, intellektuell zeigt sich eine gut durchschnittliche Leistungsfähigkeit, das abstrakt-logische Denken im Normbereich, die Patientin ist zeitlich-örtlich, zur Person und situativ gut orientiert, im Duktus geordnet, kein Hinweis auf formale und inhaltliche Denkstörungen, keine produktiven Symptome, keine Ängste und Zwänge.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1.Herzmuskelvergrößerung, Koronarsklerose, Schwindel
2.Hörminderung
3.Harninkontinenz, hyperaktive Blase, Urgeinkontinenz
4.suspektes Erschöpfungssyndrom
5.Bluthochdruck
6.Morbus Crohn
7.Abnützungserscheinungen der Hals- und Lendenwirbelsäule
8. beginnende Abnützung der Hüftgelenke
9. Abnützungen der Schultergelenke
10. Abnützungen der Fingergelenke
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Leiden in Pkt.1 bis 4 unverändert gegenüber der Letztuntersuchung. Leiden in Pkt.5 bis 10 wurden neu aufgenommen.
[X] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel- Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein-und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Die Antragstellerin ist in ihrer Gehleistung nicht höhergradig eingeschränkt. Es ist ihr möglich eine Wegstrecke über 400m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurückzulegen. Sie benötigt keinen Gehbehelf und ist auch nicht sturzgefährdet. Es ist ihr möglich auch höhere Niveauunterschiede (bis 30 cm) zum Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel zu überwinden. Es konnte auch keine Einschränkung der Standhaftigkeit erhoben werden. Diese insbesondere in Bezug auf das sichere Stehen, die Sitzplatzsuche oder bei einer notwendig werdenden Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt. Weiters ist die Benützung von Haltegriffen und –stangen möglich. Es konnten überdies keine weiteren erheblichen Einschränkungen festgestellt werden, die die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel rechtfertigen würden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel-Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Es liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.
Gutachterliche Stellungnahme:
Wegstrecken von über 500m aus eigener Kraft und ohne Fremdhilfe können gut zurückgelegt werden. Gefährdungsfreies Ein- und Aussteigen, Benützung, Überwindung von Niveauunterschieden nicht eingeschränkt. Haltegriffe und –stangen können benützt werden. Bzgl. der Blaseninkontinenz und der 2-3x täglich auftretenden Durchfälle-hier kann eine Inkontinenzversorgung verwendet werden. Die Patientin bezieht auch kein Pflegegeld.“
Am 20.01.2020 wurde Parteiengehör gewährt und der bP die Möglichkeit gegeben zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.
Am 12.02.2020 gab die bP eine Stellungnahme ab. Sie legte einen Ordinationsbefund und ein internistisches Gutachten vor, welches eine Stellungnahme zum allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 05.01.2020 enthält. Diese lautet auszugsweise: Die bP klage über multiple Beschwerden. Es würden massive Probleme in der rechten Schulter (Arthroseprobleme) sowie im Bereich der Nackenmuskulatur bestehen, weiters bei Abnützungen im Bereich der LWS beträchtlicher Lumbago, regelmäßige Physiotherapie bezüglich der HWS LWS und der Schultern werde durchgeführt.
Die Inkontinenzproblematik (Incontinentia urinae), die bereits in einem Arztbrief von Herrn XXXX 2017 als ausgeprägte Mischinkontinenz beschrieben wurde, habe sich nochmals deutlich verschlechtert. Bereits 2017 habe die bP Bedarf an 6-8 Einlagen pro Tag gehabt, die Zahl habe sich in den letzten Monaten nochmals deutlich erhöht auf mindestens 10 pro Tag. Es komme immer wieder zu spritzerweisem Harnverslust beim Husten und Niesen. Es bestehe ein Zustand nach Uro-Tbc 1971 sowie nach rezidivierender ulceröser Cystitis in den 70er Jahren. An subjektiven Beschwerden werde weiters angegeben, dass sich die Schmerzen in beiden Beinen bei längerem Stehen zuletzt deutlich verschlechtert hätten. Es würden bekanntermaßen ausgeprägte Varizen an beiden unteren Extremitäten bestehen. An beiden Beinen seien beim Stehen die fingerdicken Varizen prall gefüllt. Die Beschwerden würden sofort abklingen, wenn sich die bP hinsetzen könne. Eine stehende Position von mehreren Minuten Dauer sei für die bP schlecht zu ertragen, nach ca. 10 Minuten Stehen müsse sie sich unbedingt hinsetzen.
Anamnestisch werde weiters angegeben, dass sie in den letzten Monaten nur mehr in Begleitung ihrer Tochter Fahrten von XXXX nach XXXX durchführen konnte, solche Fahrten seien allerdings relativ häufig notwendig, da sie aufgrund ihrer Krankheiten oft gezwungen sei Ärzte in XXXX aufzusuchen. Aufgrund ihrer Inkontinenz und des hohen Bedarfes an Einlagen könne sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln schon längere Zeit nicht mehr fahren. Sie sei an Transporte mit dem Privat-Pkw gebunden, sie getraue sich nur mehr in Begleitung ihrer Tochter Fahrten von XXXX nach XXXX durchzuführen.
Status praesens:
Blutdruck 165/100
Insgesamt guter Allgemeinzustand und guter Ernährungszustand.
Caput: Hirnnervenaustrittspunkte frei, kein Hinweis auf Facialisparese, Schilddrüse unauffällig palpabel und gut schluckverschieblich, keine Halsvenenstauung.
Cervicale Lymphknoten unauffällig.
Thorax: symmetrisch, seitengleich beatmet.
Cor: Herztöne rein, Herzaktion rhythmisch, normofrequent, keine pathologischen RG’s.
Pulmo: VA, keine pathologischen Rasselgräusche.
Abdomen: Bauchdecken im Thoraxniveau, keine pathologische Resistenz, Leber am Rippenbogen, Nierenlager bds. frei.
Druckdolente Stellen über der rechten Hüfte sowie rechts cervical bei bekannten degenerativen Veränderungen der rechten Hüfte und der HWS.
Extremitäten: deutliche Bewegungseinschränkung des rechten Armes und auch des linken (rechts mehr als links) bei degenerativen Veränderungen der Schultergelenke (rechts mehr als links), Polyarthrosen der kleinen Fingergelenke, vor allem des Kleinfingers links.
Untere Extremitäten: massive Varicositas an beiden unteren Extremitäten sowohl im Oberschenkel als auch Unterschenkelbereich mit diskreten Knöchelödemen, im Stehen die Varicen prall gefüllt und fingerdick im Sinne einer massiven Stammvaricositas. Ansonsten am rechten Oberschenkel an der Ventralseite mäßige Protuberanz und Lividverfärbung der Haut, ein Areal von ca.15-10 cm Ausdehnung ist etwas geschwollen und kosistenzerhöht, bei der Palpation auch für die Patientin schmerzhaft (Ordination am 04.23.2019, am 05-02.2020 etwas rückläufig unter antibiotischer Therapie) Diskrete Knöchelödeme beidseitig.
Wirbelsäule: Im Bereichd er HWS Hartspann der Muskulatur (Nackenmuskulatur) Blick zur Seite beidseits etwa 1/3 eingeschränkt. Klopfdolenz über der LWS, Vorwärtsneigung mäßig eingeschränkt.
Diagnosen:
Arterielle Hypertonie unter Therapie mit Exforge HTC 5mg/160 mg/12,5 mg 2x ½ Tablette täglich. Die Hypertonie ist derzeit nicht ausreichend eingestellt-empfehle zusätzlich Concor 1,25 mg 1 Tablette täglich morgens
Morbus Crohn-die Diagnose ist endoskopisch ziemlich eindeutig (die Histologie spricht nicht dagegen)-unter Therapie mit Pentasa ret.3 g Granulat 1-0-0, 2-3x Diarrhoe pro Tag.
Ausgeprägte Incontinentia urinae (Mischinkontinenz) mit hyperaktiver Blase bei Zustand nach Uro-Tbc Erstdiagnose 1971 sowie ulceröser Cystitis in den 70er Jahren- laufende Therapie mit Santizor 4 mg 1-0-0
Einlagenbedarf: derzeit 8-10 Einlagen pro Tag, Nykturie: 6-10x
Spondylarthrose von HWS und LWS sowie beginnende Coxarthrose beidseitig
Degenerative Veränderungen an den Schultergelenken beidseits (rechts mehr als links)
Polyarthrosen der Fingergelenke
Unklarer Befund an der Cutis des rechten Oberschenkels ventral-Histologie noch nicht vorliegend
Therapieempfehlung:
Exforte HTC 5mg/160 mg/ 12,5 mg ½-0-½
Concor 1,25 mg 1-0-0 (neu)
Agladin 0,4 mg 0-0-1
Santizor 4 mg 1-0-0
Thrombo ASS 50 mg 0-1-0
Venodril 3x 20 Tropfen täglich
Pentasa ret. 3 g Granulat 1-0-0
Magnosolv Granulat bei Bedarf
Neurontin 600 mg bei Bedarf
Gutachten sowie Entgegnung zum vorliegenden Sachverständigengutachten von Herrn XXXX (Gutachten vom 29.10.2019)
In seinem Gutachten vom 29.10.2019 komme Herr Dr. XXXX zum Schluss, dass eine Wegstrecke von über 500 m aus eigener Kraft und ohne Fremdhilfe gut zurückgelegt werden könne. Gefährdungsfreies Ein. Und Aussteigen sowie Benützung und Überwindung von Niveauunterschieden seien nicht eingeschränkt. Haltegriffe und Haltestangen könnten benützt werden. Bezüglich der Blaseninkontinenz und der 2-3 x täglich auftretenden Durchfälle könne eine Inkontinenzversorgung verwendet werden.
Dazu sei folgendes festzuhalten: Im Sachverständigengutachten von Herrn Dr. XXXX werde beschrieben, dass an den unteren Extremitäten keine Varizen vorliegen würden. Dies entspreche nicht der Realität. Vielmehr würden an beiden Beinen massive nahezu fingerdicke Varizen vorliegen, diese würden auch zu einem entsprechenden Schweregefühl und Schmerzen im Stehen führen, die bP müsse sich spätestens nach 10 Minuten wegen ausgeprägter Beinschmerzen unbedingt hinsetzen. Dies wäre in einem öffentlichen Verkehrsmittel nur möglich, wenn mit Sicherheit ständig ein freier Sitzplatz vorliegen würde.
Die Inkontinenzproblematik habe sich zuletzt derart verschlechtert, dass die bP zwischen 8 und 10 Einlagen pro Tag benötige und tatsächlich beim Husten bzw. Niesen spritzerweise Harn verliere. Eine entsprechende Inkontinenzversorgung bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels mit entsprechendem Einlagenwechsel sei unzumutbar, es sei auch nicht zu garantieren, dass ständig in einem öffentlichen Verkehrsmittel eine Toilette frei sei. Weiters werde im Gutachten festgehalten, dass die bP aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe Wegstrecken von über 500 m zurücklegen könne. Tatsache sei, dass die bP in den letzten Monaten nur mehr in Begleitung ihrer Tochter längere Fahrten- z.B. die Strecke XXXX zum Aufsuchen von Ärzten –zurücklegen habe können. Ohne fremde Hilfe sei dies nur mehr in der unmittelbaren Umgebung ihrer Wohnung möglich. Die bP sei daher auf die Benützung eines PKW’s für die Zurücklegung von solchen Strecken angewiesen, dies in Begleitung ihrer Tochter. Die aktuelle Problematik bezüglich des rechten Oberschenkels (Haut bzw. Weichteile des rechten Oberschenkels) könne derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass angesichts der multiplen Krankheiten, vor allem wegen der massiven Mischinkontinenz, der Diarrhoeneigung, der Beinschmerzen beim Stehen und der Notwendigkeit einer Begleitperson , auch beim Weg zu den Haltestellen von öffentlichen Verkehrsmitteln, der bP die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht mehr zugemutet werden kann.
Am 17.02.2020 erging der Bescheid der bB. Es wurde der Antrag vom 05.07.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen. Rechtsgrundlage waren §§42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG). Begründend wurde ausgeführt: Im Ermittlungsverfahren sei ein Gutachten eingeholt worden. Nach diesem Gutachten würden die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einem Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Gemäß § 45 Abs.3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetztes 1991 (AVG) sei der bP mit Schreiben vom 20.01.2020 Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden.
Am 31.03.2020 erhob die bP vertreten durch den Verein Chronisch Krank Beschwerde: Das BVwG möge den Bescheid der bB vom 17.02.2020 aufheben und dem Antrag der bP vom 05.07.2019 auf Vornehme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkungen aufgrund einer Behinderung“ stattgeben, in eventu diesen an die Behörde erster Instanz zurückverweisen, in eventu Beweis durch eine/n Sachverständigen aus dem Fachgebiet der inneren Medizin aufnehmen lassen.
Am 07.04.2020 erfolgte die Beschwerdevorlage am BVwG.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (vgl auch VwGH vom 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030; VwGH vom 17. Juni 2013, 2010/11/0021 mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, 2007/11/0142 und vom 23. Mai 2012, 2008/11/0128; vgl auch VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321).
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das eingeholte Sachverständigengutachten vom 05.01.2020 (Allgemeinmediziner) nicht schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei.
Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch nicht die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.
Die vorgelegten Beweismittel stehen im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.
Dem VwGH zufolge kommt es für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).
Bei Beurteilung der Frage, ob eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist, wäre vor allem auch zu prüfen gewesen, wie sich die bei der bP gegebene dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0242).
Wie der VwGH in seinem am 19.12.2017, Ra 2017/11/0288-3 ergangenen Erkenntnis bestätigte, kann der tatsächlich gegebenen Infrastruktur in diesem Sinne, bei der Beurteilung der Zumutbarkeit, aber nur im Hinblick auf die entscheidende Beurteilung der Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigungen, und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Bedeutung zukommen, weil der VwGH im gegenständlich zitierten Erkenntnis - der hg. Judikatur folgend - wiederholend zum Ausdruck gebracht hat, dass es bei der Beurteilung der Zumutbarkeit, „nicht aber auf andere Umstände wie die Entfernung zwischen Wohnung und der nächsten Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel“ ankommt (vgl. VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013, mwN).
Laut diesem Gutachten bestehen bei der bP folgende Leiden: Herzmuskelvergrößerung, Koronarsklerose, Schwindel, Hörminderung, Harninkontinenz, hyperaktive Blase, Urgeinkontinenz, suspektes Erschöpfungssyndrom, Bluthochdruck, Morbus Crohn, Abnützungserscheinungen der Hals- und Lendenwirbelsäule, beginnende Abnützung der Hüftgelenke, Abnützungen der Schultergelenke und Abnützungen der Fingergelenke. Die festgestellten Leiden stimmen auch mit den Leiden und Erkrankungen überein, die in den im Akt aufliegenden Befunden und medizinischen Unterlagen diagnostiziert wurden. Dieser Teil des Sachverständigengutachtens ist somit schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei.
Die Begründung, warum der bP die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei erfüllt die Kriterien der Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit hingegen nicht. Im Gutachten wird dazu folgendes ausgeführt: „1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel- Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein-und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Die Antragstellerin ist in ihrer Gehleistung nicht höhergradig eingeschränkt. Es ist ihr möglich eine Wegstrecke über 400m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurückzulegen. Sie benötigt keinen Gehbehelf und ist auch nicht sturzgefährdet. Es ist ihr möglich auch höhere Niveauunterschiede (bis 30 cm) zum Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel zu überwinden. Es konnte auch keine Einschränkung der Standhaftigkeit erhoben werden. Diese insbesondere in Bezug auf das sichere Stehen, die Sitzplatzsuche oder bei einer notwendig werdenden Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt. Weiters ist die Benützung von Haltegriffen und –stangen möglich. Es konnten überdies keine weiteren erheblichen Einschränkungen festgestellt werden, die die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel rechtfertigen würden.2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel-Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Es liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.
Gutachterliche Stellungnahme: Wegstrecken von über 500m aus eigener Kraft und ohne Fremdhilfe können gut zurückgelegt werden. Gefährdungsfreies Ein- und Aussteigen, Benützung, Überwindung von Niveauunterschieden nicht eingeschränkt. Haltegriffe und –stangen können benützt werden. Bzgl. der Blaseninkontinenz und der 2-3x täglich auftretenden Durchfälle-hier kann eine Inkontinenzversorgung verwendet werden. Die Patientin bezieht auch kein Pflegegeld.“
Die bP gab am 12.02.2020 im Rahmen des Parteiengehörs eine Stellungnahme ab. Sie legte ein internistisches Gutachten vom 07.02.2020 vor, welches eine Stellungnahme zum allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 05.01.2020 enthält: Im Sachverständigengutachten von Herrn Dr. XXXX werde beschrieben, dass an den unteren Extremitäten keine Varizen vorliegen würden. Dies entspreche nicht der Realität. Vielmehr würden an beiden Beinen massive nahezu fingerdicke Varizen vorliegen, diese würden auch zu einem entsprechenden Schweregefühl und Schmerzen im Stehen führen, die bP müsse sich spätestens nach 10 Minuten wegen ausgeprägter Beinschmerzen unbedingt hinsetzen. Dies wäre in einem öffentlichen Verkehrsmittel nur möglich, wenn mit Sicherheit ständig ein freier Sitzplatz vorliegen würde.
Im Sachverständigengutachten vom 05.01.2020 wird betreffend der unteren Extremitäten ausgeführt: keine Varizen.
Es besteht daher ein fundamentaler Widerspruch zwischen dem Sachverständigengutachten vom 05.01.2020 und dem von der bP vorgelegten internistischem Sachverständigengutachten vom 07.02.2020. Nach Ansicht des ho. Gerichts sind die Angaben über das Vorliegen von massiven nahezu fingerdicken Varizen an beiden Beinen der bP, die zu Schweregefühl und Schmerzen im Stehen führen im internistischen Gutachten glaubwürdig und berücksichtigungswürdig. Dieses Leiden erschwert der bP die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich und ein längeres Stehen unter Schmerzen ist ihr nicht zumutbar.
Im internistischen Gutachten wird weiters ausgeführt: Die Inkontinenzproblematik habe sich zuletzt derart verschlechtert, dass die bP zwischen 8 und 10 Einlagen pro Tag benötige und tatsächlich beim Husten bzw. Niesen spritzerweise Harn verliere. Eine entsprechende Inkontinenzversorgung bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels mit entsprechendem Einlagenwechsel sei unzumutbar, es sei auch nicht zu garantieren, dass ständig in einem öffentlichen Verkehrsmittel eine Toilette frei sei.
Im Gutachten vom 05.01.2020 stellte der Sachverständige fest, dass die bP an Harninkontinenz, hyperaktiver Blase, Urgeinkontinenz, und Morbus Crohn leidet. In der gutachterlichen Stellungnahme wies der Sachverständige darauf hin, dass bezüglich der Blaseninkontinenz und der 2-3x täglich auftretenden Durchfälle eine Inkontinenzversorgung verwendet werden könne. Dies ist zwar grundsätzlich richtig, jedoch hat die Inkontinenz bei der bP offensichtlich schon ein sehr ausgeprägtes Niveau erreicht und führt in Verbindung mit der Morbus-Crohn Erkrankung und den multiplen weiteren Erkrankungen der bP zu einer erheblichen Erschwerung bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Im Gutachten vom 05.01.2020 wurde festgestellt, dass die bP an einer Herzmuskelvergrößerung und Koronarsklerose leidet, die mit Schwindel einhergehen. Zusätzlich zu den bereits angeführten Erkrankungen führt ein auftretender Schwindel während der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dazu, dass bei einem Transport im Stehen die Gefahr besteht, dass die bP das Gleichgewicht verlieren und stürzen könnte.
Die bP leidet weiters an Abnützungserscheinungen der Hals- und Lendenwirbelsäule, beginnender Abnützung der Hüftgelenke, Abnützungen der Schultergelenke und Abnützungen der Fingergelenke. Diese Leiden betreffen alle den Bewegungsapparat und stehen in negativer Wechselwirkung zueinander. Insbesondere bei der Benützung von Haltegriffen und Stangen könnten durch die Abnützungen der Schultergelenke und der Fingergelenke Probleme beim sicheren Anhalten entstehen.
Das erkennende Gericht gelangt im Zuge einer Gesamtbetrachtung und bei Berücksichtigung aller vorliegenden Erkrankungen zu der Ansicht, dass bei der bP eine Multimorbidität vorliegt durch die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar wird. Die multiplen Erkrankungen führen in ihrer Gesamtheit und mit ihren negativen Wechselwirkungen zueinander zur gerechtfertigten Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung.“ in den Behindertenpass.
Die im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwände waren geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, zu entkräften.
Es lagen daher berechtigte Gründe vor, von den Ausführungen des Sachverständigen abzugehen.
Die Sachverständigengutachten und die Stellungnahme wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Die von der bP eingebrachte Beschwerde erscheint fristgerecht im Sinne der Rechtsmittelfrist des BBG eingebracht. Dem Akt kann nicht entnommen werden, zu welchem Datum der Bescheid der bB an die bP zugestellt wurde. Dies gründet sich auf die von der bB geübte Praxis, ohne Zustellnachweis zuzustellen, weshalb den Ausführungen der bP hinsichtlich Rechtzeitigkeit der Rechtsmittelerhebung zu folgen war.
Die sonstigen Voraussetzungen, welche § 9 VwGVG seinem Inhalt nach festlegt, liegen vor.
Die bP brachte sinngemäß in ihrer Beschwerde vor: Das BVwG möge den Bescheid der bB vom 17.02.2020 aufheben und dem Antrag der bP vom 05.07.2019 auf Vornehme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkungen aufgrund einer Behinderung“ stattgeben, in eventu diesen an die Behörde erster Instanz zurückverweisen, in eventu Beweis durch eine/n Sachverständigen aus dem Fachgebiet der inneren Medizin aufnehmen lassen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen
Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.
Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.
Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.
Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt und hat nach Form und Inhalt dem Muster der Anlage A zu entsprechen. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß Abs 2 leg cit hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:
1. die Bezeichnung „Behindertenpass“ in deutscher, englischer und französischer Sprache;
2. den Familien- oder Nachnamen, Vorname(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;
3. das Geburtsdatum;
4. den Verfahrensordnungsbegriff;
5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
6. das Antragsdatum;
7. das Ausstellungsdatum;
8. die ausstellende Behörde;
9. eine allfällige Befristung;
10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck „Behindertenpass“;
11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug „Sozialministeriumservice“ im Hintergrund;
12. das Logo des Sozialministeriumservice;
13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie
14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.
Gemäß Abs 3 leg cit haben die äußeren Merkmale des Trägermaterials des Behindertenpasses der ISO/IEC-Norm 7810 zu entsprechen. Das Trägermaterial hat folgende Fälschungssicherheitsmerkmale zu enthalten:
1. Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug „Sozialministeriumservice“ im Hintergrund;
2. UV-Lack;
3. Brailleschrift;
4. Guillochenraster und
5. Mikroschrift auf der Rückseite.
Der Behindertenpass darf nur von einem vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumenten-schutz bestimmten Dienstleister hergestellt werden.
Gemäß Abs 4 leg cit ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a) überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 1 bis 3 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, vorliegen. Bei Kindern und Jugendlichen gelten jedoch dieselben Voraussetzungen ab dem vollendeten 36. Lebensmonat.
b) blind oder hochgradig sehbehindert ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 4 oder 5 BPGG vorliegen.
c) gehörlos oder schwer hörbehindert ist;
die Eintragung gehörlos ist bei einem Grad der Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, bzw. einem Grad der Behinderung von 70% aufgrund der Position 643 nach der Richtsatzverordnung BGBl. Nr. 150/1965, vorzunehmen.
Die Eintragung schwer hörbehindert ist ab einem Grad der Behinderung von 50% auf der Grundlage der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, bzw. der Position 643 nach der Richtsatzverordnung, vorzuneh