TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/4 W281 2218448-1

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Veröffentlicht am 04.12.2020
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Entscheidungsdatum

04.12.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch


W281 2218448-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Albanien, unvertreten, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich vom 05.04.2019, Zl. XXXX , betreffend Einreiseverbot, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbots gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG auf dreieinhalb Jahre herabgesetzt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom 05.04.2019 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden Bundesamt) wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung wegen unrechtmäßigem Aufenthalt erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung nach Albanien zulässig ist, keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannt sowie ein Einreiseverbot in der Dauer von 5 Jahren erlassen.

Am 06.04.2020 wurde der BF nach Albanien abgeschoben.

Gegen Erlassung des Einreiseverbotes erhob der BF am 02.05.2020 Beschwerde, welche am 07.05.2019 beim Bundesverwaltungsgericht einlangte. Darin wird vorgebracht, dass der BF seine Tat zutiefst bereue und es sich um die erste Verurteilung handle. Es wurde beantragt, dass Einreiseverbot auf ein Mindestmaß herabzusetzen.

Der Akt wurde am 25.06.2020 einer neuen Gerichtabteilung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen ist in Rechtskraft erwachsen. Sache des vorliegen Verfahrens ist ausschließlich die Entscheidung über die Erlassung des Einreiseverbotes (Spruchpunkt IV.).

1. Feststellungen:

1.1. zur Person des BF

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Albanien und wurde am XXXX geboren. Seine Identität steht fest. Er ist ledig und hat keine Kinder.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er ist am 15.10.2017 zu Erwerbszwecken ins österreichische Bundesgebiet eingereist.

Der BF wurde am 04.02.2019 festgenommen.

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 04.04.2019 wurde der BF wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon Freiheitsstrafe sieben Monate, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Dem Urteil liegt zugrunde, dass der BF im Zeitraum von Mai 2018 bis Dezember 2018 namentlich genannten Personen vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Kokain, gewerbsmäßig überlassen hat und zwar in einem Fall 0,7 g zum Preis von € 70, in wiederholten Angriffen insgesamt mindestens 8 g zum Preis von € 65 pro Gramm, in wiederholten Angriffen insgesamt 30 g zum Preis von € 60 pro Gramm, in wiederholten Angriffen insgesamt 10 g zum Preis von € 55 pro Gramm und in einem weiteren Fall 1 g zum Preis von € 60.

Der Verurteilung lag auch zugrunde, dass der BF zum ausschließlich persönlichen Gebrauch Anfang Februar 2019 2,5g Cannabiskraut erworben und besessen hat.

Mildernd wertete das Gericht den bisherigen ordnungsgemäßen Lebenswandel, das reumütige Geständnis sowie die teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes. Erschwerend wertete das Gericht die mehrfache Tatbegehung im Rahmen der Gewerbsmäßigkeit und das Zusammentreffen von zwei Vergehen.

Der BF wurde am 04.04.2019 aus der Strafhaft entlassen.

Der BF hat im Herkunftsstaat eine zweijährige technische Mittelschule besucht. Der BF hat einen bis 09.06.2021 gültigen Aufenthaltstitel für Griechenland. Die Eltern und die beiden Schwestern des BF sind in Griechenland wohnhaft.

In Österreich hat der BF keine familiären Anknüpfungspunkte.

Es sind im Verfahren keine Anhaltspunkte für eine berücksichtigungswürdige Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht hervorgekommen.

1.2. zum Aufenthalt des BF in Österreich

Der BF reiste zuletzt am 15.10.2017 in das Bundesgebiet ein. Er war an einer Adresse gemeldet und hatte dort seinen Wohnsitz.

Der BF war nicht im Besitz eines zur Vornahme von Erwerbstätigkeiten in Österreich berechtigenden Rechtstitels und weder sozial- noch krankenversichert. Der BF war im Bundesgebiet in der Baubranche tätig.

Der BF wurde am 06.04.2019 nach Albanien abgeschoben.

1.3. zur finanziellen Situation des BF

Der BF ist mittellos und verfügt über keine eigenen, regelmäßigen, legalen Einkünfte in Österreich.

Der BF hat keine Barmittel. Es sind im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass der BF in Österreich, in Griechenland oder in Albanien Besitztümer hat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. zur Person des BF

Die Identität des BF geht aus einem sichergestellten, bis 27.12.2025 gültigen, albanischen Reisepass hervor (AS 40).

Dies Feststellung, dass der BF zu Erwerbszwecken eingereist ist ergibt sich aus seinen Angaben vor dem Bundesamt (AS 47).

Die strafgerichtliche Verurteilung des BF beruht auf einem Auszug des Strafregisters der Republik Österreich vom 29.06.2020 in Verbindung mit einem im Akt aufliegenden Urteil vom 04.04.2019 (AS 102). Die Festnahme und die Anhaltung in Strafhaft ergibt sich aus dem Bescheid (AS 54).

Die Angaben zu den abgeschlossenen Bildungsschritten des BF in Albanien sowie seine familiären Anknüpfungspunkte in Griechenland, ergeben sich aus seinen Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 04.04.2019 (AS 47, 48). Der Umstand, dass der BF in Griechenland einen Aufenthaltstitel hat, geht ebenfalls aus seinen Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 04.04.2019 in Verbindung mit einem im Akt aufliegenden griechischen Aufenthaltstitel hervor (AS 41).

Der Umstand, dass die Eltern sowie die beiden Schwestern des BF in Griechenland wohnhaft sind und er zu in Österreich wohnhaften Personen kein intensives Naheverhältnis hat, gehen aus seinen Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 04.04.2019 hervor (AS 47).

Die fehlenden familiären Anknüpfungspunkte sowie das Fehlen integrativer Schritte des BF in Österreich gehen aus seinen Angaben im Verfahren hervor (AS 46 bis 50).

2.2 zum Aufenthalt des BF in Österreich

Dass der BF am 15.10.2017 ins österreichische Bundesgebiet einreiste, geht aus dem sichergestellten albanischen Reisepass des BF (AS 42) hervor.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu fehlendem Besitz arbeitsmarktrechtlicher Berechtigungen für Österreich sowie zu fehlender Sozial-und Krankenversicherung und sonstigen Integrationssachverhalten getroffen wurden, beruhen diese auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde (AS 59).

Die Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet stützt sich ferner auf die nicht bestrittene, sich auf einen unrechtmäßigen Aufenthalt des BF stützende, Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, AS 52). Zudem thematisierte der BF seinen Aufenthaltsstatus in der gegenständlichen Beschwerde nicht und trat den diesbezüglichen Feststellungen und rechtlichen Beurteilungen der belangten Behörde nicht entgegen (AS 111).

Die Abschiebung des BF nach Albanien am 06.04.2019 geht aus einem Auszug des IZR vom 30.11.2020 hervor.

2.3. zur finanziellen Situation des BF

Die Feststellungen zur finanziellen Situation des BF ergeben sich allesamt aus den Angaben vor dem Bundesamt (446 bis 49). Gegenteiliges wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet oder vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Aufgrund der Beschränkung der Beschwerde auf den Spruchpunkt IV. des Bescheides der belangten Behörde, ist verfahrensgegenständlich einzig über die Rechtmäßigkeit des Einreiseverbotes samt dessen Befristung abzusprechen.

3.1.2. Das Bundesamt stützte das gegenständliche Einreiseverbot aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung des BF im konkreten Fall auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG. Unstrittig steht fest, dass der BF die im genannten Urteil eines Landesgerichts zugrundeliegenden Taten zu verantworten hat. Darin wurde er zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von neun Monaten, davon sieben bedingt, rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF im Zeitraum von Mai 2018 bis Dezember 2018 namentlich genannten Personen vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Kokain, gewerbsmäßig überlassen und zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben und besessen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0359). Ferner entspricht es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass es grundsätzlich im Fall von strafbaren Handlungen infolge Gewöhnung an Suchtmittel neben dem Abschluss einer Therapie noch eines maßgeblichen Zeitraums des Wohlverhaltens bedarf, um einen Wegfall der Gefährdung annehmen zu können (VwGH 29.5.2018, Ra 2018/20/0259).

Auch wenn die Verwirklichung des genannten Tatbestandes das Vorliegen der angesprochenen schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit indiziert, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei einer solchen Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. auch dazu VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rn. 10, mwN; siehe aus der letzten Zeit etwa noch VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0060, Rn. 9, und allgemein VwGH 16.5.2019, Ra 2019/21/0104, Rn. 19, jeweils mwN).

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

Wie sich aus § 53 Abs. 3 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit schwerwiegend gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 04.04.2019 wurde der BF wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften § 27 Abs. 3 sowie § 27 Abs. 1 Z 1 1.Fall und 2.Fall, Abs. 2 SMG und § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon Freiheitsstrafe sieben Monate, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Der BF wollte sich durch den gewerbsmäßigen Verkauf von Kokain eine Einnahmequelle verschaffen. Der BF beging seine Taten in einem Zeitraum von Mai 2019 bis Dezember 2018 und ist daher von einem längeren, nicht nur kurzfristigen, Zeitraum mit mehreren wiederholten Angriffen auszugehen. Zudem wurde der BF auch bald nach seiner Einreise nach Österreich straffällig. Durch den gewerbsmäßigen Verkauf von Kokain gelang es ihm etwa € 3.000 einzunehmen und ist bei einer solchen Summe auch nicht mehr von einer geringen Tat auszugehen. Zudem war der Aufenthalt des BF von Oktober 2017 bis April 2019 über ein Jahr unrechtmäßig. Zusätzlich gab der BF selber an ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung zu Erwerbszwecken nach Österreich eingereist zu sein und er gab auch selber an gelegentlich illegal am Bau gearbeitet zu haben und dadurch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet finanziert zu haben. Diese illegale Beschäftigung nahm, er auch bald nach seiner Einreise auf. Dies wurde auch in der Beschwerde nicht bestritten.

Vor dem Hintergrund all dieser Verstöße stellt der Aufenthalt des BF daher eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, die ein Einreiseverbot erforderlich mach, obwohl er erstmals strafgerichtlich verurteilt wurde. Aufgrund der der mehrfachen Tatbegehung im Rahmen der Gerwerbsmäßigkeit ist in Verbindung mit dem eigenen Suchtgiftkonsum des BF, dem Fehlen eines legalen Einkommens und der zugestandenen Finanzierung des Aufenthalts durch Schwarzarbeit eine beträchtliche Wiederholungsgefahr anzunehmen.

In Anbetracht der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität und des großen öffentlichen Interesses an deren Bekämpfung sowie zum Schutz der Gesundheit, als auch des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Schwarzarbeit und dem wirtschaftliche Wohl des Landes, begegnet daher die Auffassung des Bundesamtes, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG gegeben sind, keinen Bedenken.

Es sprechen daher bedeutende öffentliche Interessen gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK und auch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für die Erlassung eines Einreiseverbotes.

Es können keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration in Österreich festgestellt werden. Letztlich hat der BF die Möglichkeit, etwaige Kontakte im Bundesgebiet vor Ort zu pflegen, durch sein Verhalten wissentlich auf Spiel gesetzt, womit diese eine Relativierung hinzunehmen haben. Es ist unter Berücksichtigung seines Vorverhaltens davon auszugehen, dass er bei einem Verbleib im Bundesgebiet auch weiterhin Drogengeschäfte vornehmen würde und illegal in der Baubranche tätig wäre, um sich eine fortlaufende Einnahmequelle zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes zu verschaffen, weshalb die Gefährdungsprognose im gegenständlichen Fall zu Ungunsten des BF ausschlägt.

Der BF hat in Griechenland einen Aufenthaltstitel und familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Eltern und seiner beiden Schwestern, woraus sich ein privates Interesse des BF an der Einreise in den Schengenraum ergibt. Da wegen der hohen Sozialschädlichkeit der Suchtmittelkriminalität und ein beträchtliches öffentliches Interesse an der Verhinderung weiterer derartiger Delikte und wegen der wirtschaftlichen Schädigung auch ein großes Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit gegen ist, und demzufolge ein großes Interesse an der Erlassung eines Einreiseverbotes besteht, ist die Verhängung eines Einreiseverbotes dennoch nicht zu beanstanden. Die vom BF dargestellten persönlichen Interessen haben daher kein solches Gewicht, das dem genannten öffentlichen Interesse auch nur gleichgehalten werden könnte (VwGH 24.06.2010, 2007/21/0200, 24.02.2011, 2009/21/0387).

Es kann daher dem Bundesamt nicht vorgeworfen werden, wenn es im vorliegenden Fall von einer maßgeblichen Gefahr für öffentliche Interessen, insbesondere der öffentlichen Ordnung, sowie wirtschaftlicher Belange Österreichs und zum Schutz der Gesundheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machte, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Verstöße gegen österreichische und unionsrechtliche Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele geboten erscheint.

Auch die im Lichte des Art 8 EMRK gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte im gegenständlichen Einzelfall eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen.

Bei Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen kommt das erkennende Gericht zur Auffassung, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes zur Verhinderung weiterer Rechtsverstöße, somit zur Erreichung von im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten ist und somit die öffentlichen Interessen schwerer wiegen als jene des BF.

3.1.7. Im gegenständlichen Fall erweist sich jedoch die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbots mit fünf Jahren als nicht angemessen:

Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen. (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).

Ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 FPG kann für die Dauer von höchstens 10 Jahren erlassen werden.

Betrachtet man nun das vom BF gesetzte Verhalten legt dieses zwar eine beachtliche Beeinträchtigung gültiger Normen und öffentlicher Interessen offen. Jedoch ist verfahrensgegenständlich auch in Anschlag zu bringen, dass der BF lediglich einmal strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, geständig war und er im Schengenraum (Griechenland) familiäre Anknüpfungspunkte aufweist. Es muss berücksichtigt werden, dass der BF nie einer legalen Beschäftigung nachging.

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende besonders berücksichtigungswürdige Integration des BF in Österreich in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht erkennbar, zumal der BF auch keinerlei Bestätigungen oder diesbezügliche Nachweise vorgelegt hat.

Die vom Bundesamt gewählte Dauer des Einreiseverbotes schöpft die Hälfte der Dauer des höchstmöglichen Rahmens aus und erweist sich selbst unter Berücksichtigung der Rechtsverstöße als nicht angemessen. Das Bundesamt hat bei der Abwägung die familiären Beziehungen des BF in Griechenland, von denen es ausgegangen ist, nicht ausreichend gewürdigt und sich ausschließlich auf die soziale Bindung zu Österreich bezogen. Eine Reduktion der Dauer des Einreiseverbotes auf dreieinhalb Jahre erweist sich aufgrund des vom BF gezeigten Gesamtverhaltens, der erstmaligen Verurteilung und der damit verwirklichten Beeinträchtigung öffentlicher Interessen und angestrengten Zukunftsprognose unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bescheides hinsichtlich der Gefährlichkeit des BF und der Gewährung der Möglichkeit einer Wiedereinreise in den Schengenraum aufgrund familiärer Anknüpfungspunkte als verhältnismäßig.

Der BF hat das strafrechtlich relevante Verhalten vor zwei Jahren gesetzt und wurde er erst im Jahr 2019 verurteilt, weshalb eine Wohlverhaltensprognose nicht zu Gunsten des BF ausschlägt. Dies, der über ein Jahr andauernde unrechtmäßige Aufenthalt und die Finanzierung seines Unterhaltes auch durch Schwarzarbeit machen ein dreieinhalb jähriges Einreiseverbot jedenfalls erforderlich. Eine weitere Reduzierung des Einreiseverbotes konnte somit nicht vorgenommen werden.

Das Einreiseverbot war somit spruchgemäß zu reduzieren.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss.

Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet. Lediglich die familiären Interessen in Griechenland hat das Bundesamt nicht ausreichend gewürdigt. Selbst bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die in der Beschwerde auch nicht beantragt war, hätte der BF aufgrund seines Gesamtverhaltens kein besseres Ergebnis erzielen können.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe die zu Spruchpunkt A) zitierte Judikatur), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284). Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Dauer Einreiseverbot Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Herabsetzung strafrechtliche Verurteilung Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Teilstattgebung Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W281.2218448.1.00

Im RIS seit

12.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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