TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/4 I419 2237413-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.12.2020
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Entscheidungsdatum

04.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z4
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I419 2237413-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. MAROKKO, vertreten durch VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 02.11.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal ein und stellte am 29.10.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, im Herkunftsstaat sei die Wirtschaftslage sehr schlecht. Er habe lange nach Arbeit gesucht, habe aber keine Arbeit und keinen Platz zum Wohnen.

Sein Geld habe nicht ausgereicht, um sein Studium fortzusetzen, und seine Mutter habe ihn aus der Wohnung geworfen. Ansonsten habe er keine Probleme gehabt, auch nicht mit der Polizei oder anderen staatlichen Einrichtungen.

2. Mit dem bekämpften Bescheid wies das BFA den Antrag betreffend die Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Marokko (Spruchpunkt II) als unbegründet ab, erteilte dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz (Spruchpunkt III), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt V).

Zugleich wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI), festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VII) und wider den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot für ein Jahr verhängt (Spruchpunkt VIII).

3. Beschwerdehalber wird vorgebracht, da der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat weder Arbeit noch Unterkunft habe, sei ihm dort die Lebensgrundlage gänzlich entzogen. Weil er für Studium und Flucht Schulden gemacht habe, die er nicht tilgen könne, müsse er dort um sein Leben fürchten. Beantragt wurde unter anderem die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer, dessen Identität nicht feststeht, ist gesund und arbeitsfähig. Er ist Mitte 20, ledig, Moslem und Angehöriger der arabischen Volksgruppe. Er reiste am Tag der Antragstellung illegal aus Ungarn kommend ein, hatte € 10,-- bei sich und ist nicht in ärztlicher Behandlung.

Außer der Muttersprache Arabisch spricht er nach eigener Angabe etwas Englisch. Deutsch spricht er nicht. Im Herkunftsstaat, wo er bis 2019 sein Leben verbrachte, hat er 12 Jahre die Schule besucht und vier Jahre Rechtswissenschaften studiert, aber nicht abgeschlossen. Dort leben seine Mutter, Ende 50, und seine drei verheirateten Brüder, Anfang bis Mitte 30, sowie verheiratete Schwestern des Beschwerdeführers.

Er hat keine Unterhaltspflichten, verfügt über kein Vermögen und wohnte bis zu seiner Ausreise Ende 2019 bei seiner Mutter in einer Mietwohnung mit ca. 80 m². Seine Angehörigen leben vom Verkauf von Gemüse und anderen Lebensmitteln. Der Beschwerdeführer hat mehrere Jahre Berufserfahrung, als Bauarbeiter, überwiegend aber als Lebensmittelhändler.

Der Beschwerdeführer wurde am 24.11.2020 von der Erstaufnahmestelle in ein anderes Quartier des Bundes überstellt. Er hat keine Verwandten in Europa und im Inland außer den Behörden- und Verfahrenskontakten sowie den täglichen Verrichtungen keinerlei privaten sowie keine familiären Anknüpfungspunkte. Er lebt von der Grundversorgung, auf die er mangels eigener Mittel angewiesen ist, und geht keinem legalen Erwerb nach.

1.2 Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Marokko ist nach § 1 Z. 9 HStV ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG. Im angefochtenen Bescheid wurde darauf und auf das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko verwiesen, aus dem unten unter 1.3 zitiert wird. Im Lauf des Beschwerdeverfahrens ist keine Änderung eingetreten, sodass das Gericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und sie zu den seinen erhebt.

Der Beschwerdeführer erstattete kein substantiiertes Vorbringen über eine ihm drohende Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr. Auch sonst ergaben sich im Verfahren keine diesbezüglichen Hinweise.

Er hat den Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, da es ihm an Geld für die Fortsetzung seines Studiums fehlte, und ist nach Österreich gekommen, um hier weiter zu studieren. Es ist kein Grund ersichtlich, warum seine Mutter ihn nicht zumindest für kurze Zeit wieder bei sich aufnehmen sollte.

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Dem Beschwerdeführer drohen nach seiner Rückkehr keine Verletzung der EMRK, keine ausweglose Lage und keine willkürliche oder strukturelle Gewalt. Entgegen seinem Fluchtvorbringen droht ihm keine solche ausweglose Situation, die Asylrelevanz erreicht.

1.3 Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid wurden die aktuellen Länderinformationen zu Marokko mit Stand 09.07.2020 zitiert.

Betreffend die aktuelle Lage sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

Aus Berichten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) ergibt sich betreffend die Pandemie in Marokko:

Seit dem 01.10.20 ist für die Einreise nach Marokko ein negativer PCR-Test (PCR: Polymerase-Ketten-Reaktion) ausreichend, der nicht älter als 72 Stunden ist. Der vorher geforderte, aufwändigere Antikörpertest ist nicht mehr notwendig. Die anderen Einreiseregelungen zur Eindämmung der Pandemie bleiben aufrechterhalten. (05.10.2020, www.ecoi.net/en/file/local/2039325/briefingnotes-kw41-2020.pdf)

In Marokko ist die Zahl der Neuinfektionen und die Zahl der an COVID-19-Erkrankten auf höchstem Niveau seit Anfang der Pandemie. Der Verkehr in und aus den großen Städten ist untersagt und wird von Sicherheitskräften kontrolliert. 2.265 Schulen sind drei Wochen nach Schulbeginn geschlossen worden, nachdem über 800 Lehrkräfte mit SARS-COV-2 infiziert wurden. (28.09.2020, www.ecoi.net/en/file/local/2038554/briefingnotes-kw40-2020.pdf)

Andererseits zeigt das Verhältnis der Zahl Infizierter (ohne Verstorbene und Geheilte), 43.574 per 04.12.2020 (Johns-Hopkins-Universität, coronavirus.jhu.edu/map.html), zur Bevölkerungszahl (ca. 36 Mio.), einen Anteil von ca. 1.210 pro Million, was verglichen mit Österreich und dem Anteil hier von ca. 5.816 pro Million (51.765von ca. 8,9 Mio.) lediglich rund ein Fünftel der hier festgestellten Quote ist.

Selbst bei einer Berücksichtigung der geringeren Testquote von rund 104 aus 1.000 Einwohnern gegenüber Österreich mit etwa 350 (de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie/Statistik) ergibt eine „Aufwertung“ des Anteils der Infizierten im Herkunftsstaat als Ergebnis nur ca. 70 % des Anteiles, der in Österreich vorhanden ist (4.703 zu 5.816).

Daraus folgt nicht, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr zwangsläufig in eine ausweglose Situation geriete.

Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Sicherheitslage

Marokko kann grundsätzlich als stabiles Land betrachtet werden (EDA 9.7.2020). Das französische Außenministerium rät bis auf einige Regionen zu normaler Aufmerksamkeit im Land, dem einzigen in Nordafrika, das auf diese Weise bewertet wird (FD 9.7.2020). In den Grenzregionen zu Algerien wird zu erhöhter Aufmerksamkeit geraten (FD 9.7.2020), bzw. wird von Reisen abgeraten (AA 9.7.2020). […]

Im Jahr 2019 konnte Marokko sein Terrorismusrisiko weitgehend eindämmen und die Zahl der Verhaftungen im Vergleich zu 2018 verdoppelt. Das Land sah sich jedoch weiterhin sporadischen Bedrohungen ausgesetzt, die hauptsächlich von kleinen, unabhängigen Terrorzellen ausgingen, von denen die meisten angeben, sie seien vom Islamischen Staat (IS) inspiriert oder mit ihm verbunden. Im März 2019 repatriierte Marokko acht Kämpfer aus Syrien. Im Jahr 2019 wurden in Marokko keine terroristischen Vorfälle gemeldet (USDOS 25.6.2020).

Demonstrationen und Protestaktionen sind jederzeit im ganzen Land möglich (EDA 9.7.2020; vgl. IT-MAE 9.7.2020). Auch nicht genehmigte Demonstrationen verlaufen meist friedlich, es kommt jedoch vereinzelt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Die Proteste entzünden sich meist an wirtschaftlichen und sozialen Missständen (IT-MAE 9.7.2020; vgl. AA 9.7.2020, BMEIA 9.7.2020, EDA 9.7.2020). In der Region Rif kann es zu Übergriffen durch Kriminelle kommen, die in Drogenproduktion und -handel involviert sind (FD 9.7.2020; vgl. EDA 9.7.2020).

In großen Teilen der Sahara sind bewaffnete Banden und islamistische Terroristen aktiv, die vom Schmuggel und von Entführungen leben. Das Entführungsrisiko ist in einigen Gebieten der Sahara und der Sahelzone hoch und nimmt noch zu. Die Grenze zu Algerien ist geschlossen (AA 9.7.2020; vgl. EDA 9.7.2020, BMEIA 9.7.2020). […]

1.2.2 Grundversorgung

Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet, Brot, Zucker und Gas werden subventioniert. Staatliche soziale Unterstützung ist kaum vorhanden, vielfach sind religiös-karitative Organisationen tätig. Die entscheidende Rolle bei der Betreuung Bedürftiger spielt nach wie vor die Familie. Staatliche und sonstige Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer gibt es nicht (AA 14.2.2018).

König Mohammed VI. und die bisherige Regierung streben eine durchgreifende Modernisierung und Diversifizierung des Landes an, das seine Chancen neben dem Hauptpartner EU verstärkt in Afrika sucht. Gebergemeinschaft, OECD und IWF unterstützen diesen Modernisierungskurs (AA 6.5.2019c). Formal ist Marokko eine freie Marktwirtschaft. Bedingt durch die starke Stellung der Königsfamilie und alteingesessener Eliten ist der Wettbewerb jedoch verzerrt. Seit dem Machtantritt von König Mohammed VI. hat die Vormachtstellung der Königsfamilie in Schlüsselsektoren wie Landwirtschaft, Bergbau, Einzelhandel, Transport, Telekommunikation und erneuerbaren Energien weiter zugenommen. Gleichzeitig sind immer mehr Marokkaner auf Überweisungen aus dem Ausland angewiesen, um zu überleben (GIZ 5.2020c).

Ein gravierendes Problem bildet nach wie vor die Arbeitslosigkeit 2018 (laut IMF bei 9,8%, Dunkelziffer liegt wesentlich höher), vor allem unter der Jugend (ÖB 5.2019). Der Bevölkerungszuwachs in den aktiven Altersgruppen liegt deutlich höher als die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die reale Arbeitslosenquote, insbesondere bei Jugendlichen, liegt deutlich über den offiziell angegebenen ca. 10% (AA 6.5.2019c).

Laut Informationen der Weltbank steht Marokko in der MENA-Region bei der Höhe der Auslandsüberweisungen von Migranten (Remittances) an zweiter Stelle. Zur Sicherung des sozialen und politischen Friedens verteilt der Staat Subventionen: Diese wurden in den letzten Jahren allerdings gekürzt, von 5 Mrd. Euro auf voraussichtlich umgerechnet 1,2 Mrd. Euro in 2018. Für das Jahr 2019 wurde eine Erhöhung um 30% auf 1,6 Mrd. Euro angekündigt. Trotz Subventionskürzungen und Privatisierungen hat die Staatsverschuldung in den vergangenen Jahren zugenommen (GIZ 5.2020c).

Der informelle Bereich der Wirtschaft wird statistisch nicht erfasst, entfaltet aber erhebliche Absorptionskraft für den Arbeitsmarkt. Fremdsprachenkenntnisse - wie sie z.B. Heimkehrer aufweisen - sind insbesondere in der Tourismusbranche und deren Umfeld nützlich. Arbeitssuchenden steht die Internet-Plattform des nationalen Arbeitsmarktservices ANAPEC zur Verfügung (www.anapec.org), die neben aktueller Beschäftigungssuche auch Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten vermittelt. Unter 30-Jährige, die bestimmte Bildungsebenen erreicht haben, können mit Hilfe des OFPPT (www.ofppt.ma/) eine weiterführende Berufsausbildung einschlagen. Die marokkanische Regierung führt Programme der Armutsbekämpfung (INDH) und des sozialen Wohnbaus. Eine staatlich garantierte Grundversorgung/arbeitsloses Basiseinkommen existiert allerdings nicht. Der Mindestlohn (SMIG) liegt bei 2.570 Dirham (ca. EUR 234). Ein Monatslohn von etwa dem Doppelten dieses Betrags gilt als durchaus bürgerliches Einkommen. Statistisch beträgt der durchschnittliche Monatslohn eines Gehaltsempfängers 4.711 Dirham, wobei allerdings die Hälfte der - zur Sozialversicherung angemeldeten - Lohnempfänger nur den Mindestlohn empfängt. Ein ungelernter Hilfsarbeiter erhält für einen Arbeitstag (10 Std.) ca. 100 Dirham, Illegale aus der Subsahara erhalten weniger (ÖB 5.2019).

1.2.3 Rückkehr

Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet. Aus den letzten Jahren sind keine Fälle bekannt, in denen es zu einem Gerichtsurteil wegen der Stellung eines Asylantrags oder wegen des in einem Asylantrag enthaltenen Vorbringens gekommen wäre (AA 14.2.2018).

Auf institutioneller Basis wird Rückkehrhilfe von IOM organisiert, sofern der abschiebende Staat mit IOM eine diesbezügliche Vereinbarung (mit Kostenkomponente) eingeht; Österreich hat keine solche Abmachung getroffen. Rückkehrer ohne eigene finanzielle Mittel dürften primär den Beistand ihrer Familie ansprechen; gelegentlich bieten auch NGOs Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen. Der Wohnungsmarkt ist über lokale Printmedien und das Internet in mit Europa vergleichbarer Weise zugänglich, jedenfalls für den städtischen Bereich (ÖB 5.2019).

2. Beweiswürdigung:

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen zusammengefasst (S. 27 ff des Bescheids, AS 133 ff). Der Beschwerde ist nichts zu entnehmen, was diese infrage stellen würde.

2.1 Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA und des Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.

Betreffend die Berufstätigkeit zieht das Gericht die späteren Angaben heran, da die Einvernahme beim BFA die ausführlichere war und mit Blick auf das Alter des Beschwerdeführers eine gänzliche Erwerbslosigkeit – speziell nach dem Tod des Vaters – unwahrscheinlich wäre.

2.3 Zum Fluchtvorbringen:

Der Beschwerdeführer gab erstbefragt an, er habe noch nie gearbeitet, und nach dem Tod seines Vaters habe die Mutter ihn hinausgeworfen (AS 35, 43). Er habe keinen anderen Ausweg gesehen als die Flucht nach Europa und sei mit einem im Heimatort ausgestellten Reisepass, den er in der Türkei gelassen habe, im November 2019 ausgereist.

Beim BFA gab er am selben Tag an, der Vater sei 1997 verstorben (AS 69), und im Herkunftsstaat sei die Familie für seinen Lebensunterhalt aufgekommen (AS 58), sowie am 02.11., dass er beim Tod des Vaters drei Jahre alt gewesen sei (AS 103). Die Schwestern und Brüder könnten ihm nicht helfen, so habe er sich Geld geliehen und auf den Weg nach Europa gemacht. Er habe 12 Jahre gearbeitet, aber das Geld habe nicht gereicht, um weiter zu studieren. (AS 103 f)

Angesichts der Widersprüche bleibt als Kern, dass der Beschwerdeführer sich eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse erwartete, wenn er den Herkunftsstaat verließe, und auch das weitere Vorbringen, sein Studium fortsetzen zu wollen, ist glaubhaft. Wenig nachvollziehbar allerdings ist nach vier Jahren Jus-Studium die Meinung, dabei würde es sich um Asylgründe handeln. Die Erzählung, nach des Vaters Tod zuhause hinausgeworfen zu sein, wird durch die doppelte Angabe, dass er damals Kleinkind gewesen sei (1997 bzw. drei Jahre alt) stark unglaubwürdig. Nichts davon ist indes, wie das BFA bereits erkannte, fallbezogen von Relevanz. Der Beschwerdeführer hat keine beim BFA keine existentielle Bedrohung geschildert, also nicht etwa behauptet es fehle ihm nicht nur das Geld zum Studium, sondern auch für Nahrung, und in der „auf ausdrücklichen Wunsch“ verfassten Beschwerde auch nicht nachvollziehbar dargetan. Selbst wenn es zuträfe, dass er im Herkunftsstaat aktuell keine Unterkunft hat, ergibt sich nach den Feststellungen nicht, dass er das nicht ändern könnte, indem er seine Arbeitskraft nutzt. Er hat auch keine nachvollziehbaren Gründe vorgebracht, warum ihn nicht seine Mutter (wieder) oder jemand von seinen Geschwistern vorübergehend aufnehmen würde, da dies nicht einmal in dieser Eindeutigkeit behauptet.

Ob der Beschwerdeführer nun in einem bisherigen Beruf Arbeit findet (was nicht ausgeschlossen erscheint, hat er doch selbst angegeben, 12 Jahre berufstätig gewesen zu sein, also bereits während des Schulbesuchs gearbeitet zu haben), oder mit Hilfstätigkeiten sein Auskommen finden muss, hat keinen entscheidenden Einfluss.

Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegentrat und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, eine existenzielle Notlage geltend zu machen, ohne andere Gründe dafür darzulegen als beim BFA, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der Feststellungen des BFA und an dessen Beweiswürdigung.

Damit sind die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Gericht der Beweiswürdigung anschließt.

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, es drohe dem Beschwerdeführer private Verfolgung, weil der das von Freunden geliehene Geld nicht zurückzahlen könne, ist dem – abgesehen vom Neuerungsverbot – entgegenzuhalten, dass es keine Hinweise darauf gibt, dass eine solche Rache zu erwarten wäre (welche die behaupteten Forderungen gänzlich uneinbringlich machen würde), und darüber hinaus auf Basis der Feststellungen nicht davon ausgegangen werden kann, dass Marokko nicht schutzwillig oder –fähig wäre. Letzteres wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

2.4 Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko (in der vom BFA verwendeten Version Stand 07.04.2020) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie z. B. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Beim BFA hart der Beschwerdeführer auf die Einsicht in die Länderfeststellungen und eine Stellungnahme dazu verzichtet (AS 61). In der Beschwerde bringt er zusammengefasst neuerlich vor, die wirtschaftliche Situation im Herkunftsstaat sei schlecht und er habe dort keine Zukunft. Damit ist er den Länderfeststellungen nicht qualifiziert entgegengetreten.

Die weiteren Feststellungen entstammen den auch vom BFA verwendeten Angaben des CoV-Dashboards der Johns Hopkins Universität (coronavirus.jhu.edu/map.html), die inländischen Zahlen sind die des BMSGPK (www.derstandard.at/story/2000120049733/aktuelle-zahlen-coronavirus-oesterreich-corona-ampel-in-ihrem-bezirk) vom 03.12.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

3.1.1 Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass dem Wunsch nach einer Studienfortsetzung und besseren wirtschaftlichen Verhältnissen in Europa fallbezogen keine Asylrelevanz zuzumessen ist. Die wirtschaftliche Benachteiligung einer bestimmten, beispielsweise ethnischen Gruppe (fallbezogen z. B. Araber), die den Angehörigen dieser Gruppe jegliche Existenzgrundlage entzieht, kann zwar grundsätzlich als „reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse“ (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174) asylrelevant sein, wurde aber in dieser Intensität weder behauptet noch von Amts wegen festgestellt.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

3.2.1 Nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn der Antrag in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Um von der realen Gefahr einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nicht, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (26.04.2017, Ra 2017/19/0016 mwH).

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage wie allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse liegen nicht vor, wie auch die Feststellungen betreffend die Pandemie ergeben, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Verdacht auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Das gilt auch dann, wenn eine Unterstützung durch Angehörige des Beschwerdeführers auf die Ankunftszeit begrenzt bleibt, weil er arbeitsfähig ist, auch bereits im Herkunftsland berufstätig war, und seine Familie in der Lebensmittel-Branche, wo auch der Beschwerdeführer beruflich soziale Kontakte schloss, ebenfalls vernetzt ist oder war, weshalb der Beschwerdeführer diese Kontakte erneuern kann.

3.2.3 Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte III bis V):

3.3.1 Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

Nach § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz in drei Fallkonstellationen zu erteilen, nämlich (jeweils unter weiteren Voraussetzungen) nach mindestens einem Jahr der Duldung (Z. 1), zur Sicherung der Strafverfolgung gerichtlich strafbarer Handlungen und zur Geltendmachung oder Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen Handlungen (Z. 2) sowie bei Gewaltopfern, die glaubhaft machen, dass die Erteilung dieser Aufenthaltsberechtigung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z. 3).

Von den alternativen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 liegt hier keine vor und wurde vom Beschwerdeführer auch keine behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

3.3.2 Rückkehrentscheidung

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend den Status des Asyl-, als auch jenen des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, wie im bekämpften Bescheid geschehen, ist nach § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG vorgesehen, dass das BFA eine Rückkehrentscheidung erlässt.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer hat kein Familienleben und von seinem Asylverfahren samt der dafür nötigen Unterbringung etc. abgesehen kein Privatleben im Bundesgebiet. Er hält sich hier rund fünf Wochen auf und hatte nie einen gemeldeten Wohnsitz.

Nach der genannten Anwesenheitsdauer kann nicht von einer Aufenthaltsverfestigung ausgegangen werden. Zudem beruhte der Aufenthalt auf einem Asylantrag, der unbegründet war, weshalb sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste.

Es liegen keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde.

Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat (zweieinhalb Jahrzehnte), familiäre, sprachliche, und kulturelle Verbindungen, speziell seine Mutter und die Geschwister samt deren Ehegattinnen und -gatten.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Es würde eine Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seine faktische Einreise und einen unbegründeten Asylantrag erzwungen hat. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Marokko einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Auch fehlt es an jedem Indiz, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde, in seinem Leben bedroht, in seiner Unversehrtheit beeinträchtigt oder gar getötet zu werden.

Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Selbst die Beschwerde belässt es beim Vorbringen, ohne dazu konkret den Feststellungen des bekämpften Bescheids mit abweichenden Tatsachen-behauptungen entgegenzutreten.

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Marokko zumindest notdürftig leben zu können. Er spricht Arabisch, hat Matura oder die Universitätszulassung bestanden und im Herkunftsstaat auch schon Arbeitserfahrung in mehreren Branchen gesammelt. So kann er vorhandene Sozialkontakte nutzen und neue knüpfen, selbst wenn wider Erwarten familiäre Unterstützung durch Eltern und Geschwister ausbleibt.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als im Herkunftsstaat, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Marokko keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass dort das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Eine der Abschiebung nach Marokko entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.

Die Beschwerde war daher auch betreffend die Spruchpunkte III bis V abzuweisen.

3.4 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI):

Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das BFA die aufschiebende Wirkung unter anderem dann aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (§ 18 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG). Das ist der Fall.

Ferner kann das BFA gemäß § 18 Abs. 1 Z. 4 BFA-VG einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat.

Da der Beschwerdeführer beim BFA keine Fluchtgründe vorgebracht hat, sondern erklärte, seinen Herkunftsstaat zur Erzielung von Arbeitseinkommen verlassen zu haben, ist die Aberkennung auch nach dieser Bestimmung grundsätzlich vorgesehen, zumal die angeblich bevorstehende private Verfolgung erst als Neuerung in der Beschwerde vorgebracht und selbst dort nicht bestritten wurde, dass der Staat schutzwillig und –fähig sei.

Die Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und jenen Österreichs ergibt schon wegen dessen kurzen, auf den unbegründeten Asylantrag zurückzuführenden Aufenthalts, aber auch wegen seiner fehlenden sonstigen Integrationsmerkmale einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheids, sodass das BFA der Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte, zumal auch kein Grund vorlag, im Rahmen der Ermessensübung davon abzusehen.

Die Beschwerde erweist sich daher auch insoweit als unbegründet, sodass sie auch zum Spruchpunkt VI abzuweisen war.

Nach § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht einer Beschwerde, der das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat, von Amts wegen binnen einer Woche ab Vorlage die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ein Antragsrecht, das auf diese Entscheidung gerichtet wäre, ist nicht vorgesehen. Der in der Beschwerde gestellte Antrag erweist sich damit als unzulässig, weshalb er zurückzuweisen wäre, würde er nicht mit der Erlassung der vorliegenden inhaltlichen Entscheidung ohnehin gegenstandslos (vgl. VwGH 30.01.2015, Ra 2014/02/0174, mwN).

3.5 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII):

Das BFA hat die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt und dies mit der soeben erörterten Voraussetzung des § 18 Abs. 1 BFA-VG begründet. Wie gezeigt wurde, hat es diese Bestimmung zu Recht angewendet.

Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 1a FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens nach § 18 BFA-VG durchführbar wird, was hier - nach dem Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides - zutrifft.

Für die freiwillige Ausreise steht daher – nach Wiederherstellung der Reisemöglichkeit in den Herkunftsstaat (vgl. zum Ausreisehindernis der Strafhaft VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237) – keine Frist offen.

Demnach war die Beschwerde auch zum Spruchpunkt VII abzuweisen.

3.6 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII):

Nach § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für bis zu fünf Jahre zu erlassen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Abs. 2). Das ist insbesondere dann anzunehmen (Z. 6), wenn der Fremde die Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag. Dies ist wie dargetan beim Beschwerdeführer der Fall, der im Besitz von € 10,-- seinen Antrag stellte, von der Grundversorgung lebt und keine Arbeit oder andere legale Optionen zur Deckung seiner Grundbedürfnisse hat.

Die Beschwerde wendet ein, der Beschwerdeführer könne zwar „wie fast alle Asylwerber“ nicht die Mittel zu seinem Unterhalt nachweisen, indes sei „bei den anderen Asylwerbern kein Einreiseverbot verhängt“ worden. Abgesehen von der rechtlichen Unerheblichkeit dieses Arguments (weil der bekämpfte Bescheid im Beschwerdeverfahren auf seine Rechtskonformität geprüft wird, nicht aber an früher ergangenen Bescheiden gemessen) ist es auch sachlich unrichtig, wie ein Blick in die Rechtsprechung zeigt.

Der VwGH geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Umstand, dass einem Fremden Grundversorgung gewährt wird, Mittellosigkeit geradezu bestätigt, und zwar auch im Fall von Asylwerbern, die aus diesem Grund mit einem Einreiseverbot belegt werden. (07.10.2020, Ra 2020/14/0348 mwN) Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist. (VwGH 25.09.2020, Ra 2020/19/0132 mwN)

Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert im Sinn der Rechtsprechung, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Wenn keine Umstände hervorgekommen sind, die im jeweiligen Fall gegen diese Annahme sprechen könnten, ist die ersatzlose Behebung eines Einreiseverbotes rechtswidrig. (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311) Das trifft fallbezogen zu, zumal kein Hinweis auf solche besonderen Umstände vorliegt.

Der VwGH hat ferner ausgesprochen, dass die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) regelmäßig nur dann stattzufinden hat, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht. Das werde verschiedentlich dann der Fall sein, wenn der Drittstaatsangehörige „bloß“ einen der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z. 1 bis 9 FPG erfülle. (04.08.2016, Ra 2016/21/0207) Die Festlegung der Dauer des Einreiseverbotes ist dabei stets von den sonstigen Umständen des Einzelfalles abhängig, womit nicht ausgeschlossen ist, dass sogar solchen in Fällen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit angenommen wird, wo neben der Mittellosigkeit auch beharrlicher Verbleib im Bundesgebiet trotz aufrechter Rückkehrentscheidung vorliegt. (VwGH 05.05.2020, Ra 2019/19/0528 mwN)

Die Dauer des konkreten Verbots – ein Jahr – ist in Anbetracht der geschilderten Umstände nicht unangemessen, weil die Wiedereinreise ohne Gefahr, anderen zur Last zu fallen, erst gewährleistet erscheint, wenn der Beschwerdeführer sich nach seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat materiell hinreichend stabilisiert hat, um sich auch bei Aufenthalten in anderen Staaten selbst erhalten zu können. Für eine solche Stabilisierung eines Erwachsenen in der Situation des Beschwerdeführers (arbeitsfähig aber arbeitslos) ist der genannte Zeitraum nach der Lebenserfahrung nötig, aber fallbezogen mit Blick auf die bestehenden beruflichen Kontakte der Vergangenheit und die Reifeprüfung auch lang genug.

Sonstige Gesichtspunkte, die eine andere Bemessung nahegelegt hätten, waren weder ersichtlich noch wurden sie geltend gemacht. Nach all dem war die Beschwerde auch betreffend diesen Spruchpunkt VIII abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht rund ein Monat liegt - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Relevanz des Privat- und Familienlebens bei Rückkehrentscheidungen, zu den Voraussetzungen der Aberkennung der Aufschiebenden Wirkung oder zur ganzheitlichen Verhaltensbeurteilung bei der Verhängung und Bemessung von Einreiseverboten.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

Schlagworte

Abschiebung Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall begründete Furcht vor Verfolgung berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig Fluchtgründe freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat subsidiärer Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I419.2237413.1.00

Im RIS seit

12.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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