Entscheidungsdatum
09.12.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
L518 2232025-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Vorsitzenden und den Richter XXXX und den fachkundigen Laienrichter XXXX XXXX als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Salzburg, vom 3.6.2020, Zl. OB: XXXX in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1, § 42 Abs 1 und 2, § 43 Abs 1, § 45 Abs 1 und 2, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF iVm § 1 Abs 2 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, als unbegründet abgewiesen und aufgrund des ermittelten Sachverhaltes festgestellt, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass iSd zitierten Bestimmungen des BBG nicht vorliegen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (im Folgenden „BF“ bzw. „bP“ genannt) beantragte mit Schreiben vom 19.12.2019, am 23.12.2019 bei der belangten Behörde (folglich „bB“ bezeichnet) die Neufestsetzung des Grades der Behinderung, sowie die Vornahme der Zusatzeintragung „„Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass und brachte zur Untermauerung seines Vorbringens ein Konvolut von ärztlichen Schreiben in Vorlage.
Ein am 16.1.2020 durch Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, erstelltes Aktengutachten erbrachte wegen nicht insulinpflichtigen DM II, mit beginnender Polyneuropathie (die Wahl des oberen Rahmensatzes berücksichtigt bereits die diabetische Polyneuropathie (Gesundheitsstörung 2), Pos.Nr. 09.02.01, 30% und Sensibler Polyneuropathie an den Fußsohlen und im Vorfußbereich bds bei bekanntem DM II, keine motorischen Ausfälle, eine Stufe über dem unteren Rahmensatz bei leichten Einschränkungen ohne motorischen Ausfällen, Pos.Nr. 04.06.01, 20% einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. Zudem liegen diesbezüglich keine Einschränkungen vor, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar machen würde.
Eine am 27.2.2020 durch Mag. jur Dr.in med. XXXX , FÄ für Chirurgie, erbrachte im Wesentlichen nachstehendes, am 10.3.2020 vidiertes Gutachten:
Anamnese:
Femoropatellararthrose und Meniskusriss li Knie, Zn Patellaresektion und KnieTEP rechts, chronischer Erguss re Knie, rez. Divertikulitis(4 Schübe), inzip. Coxarthrose bds, Zn Acetabulumfraktur re Hüfte 1979, St.p. 3x iger Leistenhernienop links, St.p. Hernienop rechts, DM II, PNP diabet, degen. Veränderungen der HWS und LWS
Derzeitige Beschwerden:
Im Vordergrund stehen die Beschwerden in beiden Knien, vor allem im rechten Knie. Die Beschwerden würden auch in Ruhe bestehen, seien aber besonders im Gehen und bei Belastung vorhanden. Er habe beim Gehen eigentlich immer Schmerzen, gelegentlich komme es auch zur Schwellung des rechten Knies. Schmerzen bestehen auch im Bereich der Halswirbelsäule, hier sei die Drehung des Kopfes eingeschränkt. Physiotherapie sein nächster Zeit wieder geplant. In den beiden Vorüßen habe er Schmerzen und Kribbelparästhesien von Seiten der Polyneuropathie, vor allem rechts. Außerdem habe er häufig Leistenschmerzen links, ein Grund dafür sei bis jetzt aber noch nicht gefunden worden. Fallweise nehme er Schmerzmittel. Wegen Senk- und Plattfüßen trage er Einlagen.
Eine Gehhilfe benötige er nicht, es sei auch nicht zu Stürzen gekommen. Er habe ein Automatik-Auto, weil er die Kupplung mit dem linken Bein nicht treten könne. Beim Essen müsse er aufpassen wegen der Divertikulitis, er habe jetzt insgesamt schon 4 Schübe gehabt.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
fallweise Mexalen als Schmerzmittel
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
MRT Befund li Knie 16.12.2019: Mäßige Femoropatellararthrose mit Knorpeldegeneration Grad II bis III retropatellar. Mittelgradiger degenerativer Riss am medialen Meniskushinterhorn sowie geringer flächiger Riss am lateralen Meniskuscorpus. Geringer Gelenkserguss.
Hüfte MRT bds.6.9.2018:Z. n. Osteosynthese am rechten Acetabulum mit konsekutiven Metallartefakten. Inzipiente Zeichen der Hüftgelenks Degeneration in den superolateralen Hüftgelenks Abschnitten beidseits
Orthopäd. Befund Dr. XXXX 21.11.2019: Kein Hinweis auf Lockerung der Knie TEP recht in der Szinti, Spondylarthrose der HWS
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
normal
Ernährungszustand:
adipös
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput: Visus Lesebrille, Gehör normal, Zahnstatus saniert.
Cor: rein, rhythmisch, normocard
Pulmo: Vesikuläratmen bds, keine RGs
Wirbelsäule: HWS Reklination und Inklination normal, eingeschränkte Rotation und Neigung nach rechts, links unauffällig. Beckentiefstand links, normale Beweglichkeit der Brust- und Lendenwirbelsäule.
Obere Extremitäten: unauffällige Durchblutung, Motorik und Sensibilität beider oberer Extremitäten, keine Einschränkung.
Abdomen: weich, adipös, Druckschmerz im linken Unterbauch ohne palpable Resistenz. Bruchpforten geschlossen, insbesondere links keine Herniationen tastbar.
Untere Extremitäten: Endlagig geringer Beugungsschmerz der rechten Hüfte, linke Hüfte unauff. Beweglichkeit.
rechtes Knie: St.p.Patellaresektion und Knietotalendoprothese, lt. Sono geringer Erguss.
Im Bereich des rechten Knies eine ovale, 14 cm lange Narbe, sowie eine 18 cm lange Narbe. Etwas verplumptes Gelenk, jedoch klinisch kein Erguss, kein Varus- oder Valgusstress,
unauffällige Flexion und Extension. Hypästhesie im Bereich des rechten Vorfußes und der Fußsohle wird angegeben, Pulse beidseits jedoch gut tastbar.
Linke untere Extremität: linkes Knie: unauffällige Beugung und Extension, Lachmann negativ, Schublade negativ, kein Varus oder Valgusstress, kein Erguss. Druckschmerz am medialen Gelenksspalt. Fußpulse links ebenfalls gut tastbar. Keine Beinödeme.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Gangbild: leicht hinkend rechts, trägt normales Schuhwerk mit Einlagen.
Status Psychicus:
In allen Qualitäten orientiert, Antrieb normal, kein Hinweis auf kognitives Defizit oder psychische Erkrankung, keine produktive Symptomatik
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Kniegelenk - Funktionseinschränkung mittleren Grades einseitig
Zustand nach Knieprothesenimplantation rechts ohne Lockerung und Zustand nach posttraumatischer Kniescheibenentfernung mit wiederkehrender Reizsymptomatik der Quadrizepssehne und geringem Erguss.
02.05.20
30
2
Hüftgelenke - Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig
Zustand nach Bruch der Hüftgelenkspfanne rechts 1979 mit Osteosynthese versorgt. Im MRT 2018 beg. Arthrose bds, bei der Untersuchung kein relevanter Schmerz und auch keine wesentliche Einschränkung der Beweglichleit bds.
02.05.08
20
3
Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen geringen Grades
Abnützungen der Hals-und Lendenwirbelsäule ohne neurolog. Defizit, oberer Rahmensatz bei Einschränkung der Beweglichkeit in der Halswirbelsäule
02.01.01
20
4
Kniegelenk - Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig
Kniegelenk links: Wahl des oberen Satzes bei Einriss des inneren Meniskus mit geringer klinischer Symptomatik und beginnender Abnützung des Gelenks_________________
02.05.18
20
5
Chronische Darmstörungen leichten Grades ohne chronischen Schleimhautveränderungen
Zustand nach mehrmaliger Entzündung des Dickdarms, im Intervall kaum klinische Beschwerden, daher Wahl des unteren Rahmensatzes
07.04.04
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Die führende Einschränkung wird durch die folgenden um insgesamt eine Stufe erhöht
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zu den Vorgutachten vom 12.3. bzw 20.3.2018 ergibt sich keine wesentliche Änderung im Hinblick auf den Bewegungsapparat. Die Einschränkungen an den Knien, Hüften und der Wirbelsäule sind im Wesentlichen unverändert
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
keine
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Es ist eine kurze Gehstrecke zu Fuß und ohne Gehhilfe bewältigbar. Das sichere Ein- oder Aussteigen, sicheres Sitzen und Stehen mit Anhalten in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist möglich.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? nein
Eine am 12.3.2020 durchgeführte Gesamtbeurteilung erbrachte nachstehendes Ergebnis:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus II, beginnende Polyneuropathie
Die Wahl des oberen Rahmensatzes berücksichtigt bereits die diabetische Polyneuropathie (Gesundheitsstörung 2)
09.02.01
30
2
Sensible Polyneuropathie an den Fußsohlen und im Vorfußbereich beidseits bei bekanntem Diabetes mellitus Typ II. Keine motorischen Ausfälle.
Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz. Leichte Einschränkungen ohne motorische Ausfälle (Übernahme aus Vorgutachten 2018)
04.06.01
20
3
Kniegelenk - Funktionseinschränkung mittleren Grades einseitig
Zustand nach Knieprothesenimplantation rechts ohne Lockerung und
02.05.20
30
Zustand nach posttraumatischer Kniescheibenentfernung mit wiederkehrender Reizsymptomatik der Quadrizepssehne und geringem Erguss.
4
Kniegelenk - Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig
Kniegelenk links: Wahl des oberen Satzes bei Einriss des inneren Meniskus mit geringer klinischer Symptomatik und beginnender Abnützung des Gelenks
02.05.18
20
5
Hüftgelenke - Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig
Zustand nach Bruch der Hüftgelenkspfanne rechts 1979 mit Osteosynthese versorgt. Im MRT 2018 beg. Arthrose bds, bei der Untersuchung kein relevanter Schmerz und auch keine wesentliche Einschränkung der Beweglichleit bds.
02.05.08
20
6
Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen geringen Grades
Abnützungen der Hals-und Lendenwirbelsäule ohne neurolog. Defizit, oberer Rahmensatz bei Einschränkung der Beweglichkeit in der Halswirbelsäule
02.01.01
20
7
Chronische Darmstörungen leichten Grades ohne chronischen Schleimhautveränderungen
Zustand nach mehrmaliger Entzündung des Dickdarms, im Intervall kaum klinische Beschwerden, daher Wahl des unteren Rahmensatzes
07.04.04
10
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Die Wahl des oberen Rahmensatzes bei Gesundheitsstörung 1 berücksichtigt bereits die diabetische Polyneuropathie (Gesundheitsstörung 2), die demzufolge als Gesundheitsstörung 2 nicht mehr weiter steigert. Die Gesundheitsstörungen 3 und 4 steigern gemeinsam um eine Stufe, ebenso führen die Gesundheitsstörungen 5 und 6 gemeinsam zu einer weiteren Anhebung des GdB um eine Stufe, so dass insgesamt ein GdB von 50% resultiert. Gesundheitsstörung 7 steigert nicht weiter wegen relativer Geringfügigkeit.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zu den Vorgutachten vom 12.3. bzw 20.3.2018 ergibt sich keine wesentliche Änderung im Hinblick auf den Bewegungsapparat. Die Einschränkungen an den Knien, Hüften und der Wirbelsäule sind im Wesentlichen unverändert
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Keine Änderung des Grades der Behinderung im Vergleich zum Vorgutachten 2018.
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Eine erforderliche kurze Gehstrecke ist zu Fuß und ohne Gehhilfe bewältigbar. Sicheres Ein- und Aussteigen, sicheres Sitzen und Stehen mit Anhalten in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind möglich.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? nein
Eine am 17.3.2020 neuerlich erfolgte Gesamtbeurteilung erbrachte ein gleichlautendes Ergebnis.
Mit Schreiben vom 24.3.2020 wurde dem BF das Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Möglichkeit zur Stellungnahme gem. § 45 Abs. 3 AVG übermittelt.
Mit Email vom 14.4.2020 legte der BF dar, dass er beim Gehen immer sehr starke Schmerzen im re. Knie habe (trotz Knieprothese), er kaum arbeiten könne und im Jänner 2020 um Invalidenpension angesucht habe. Zwei Sachverständige der PV kamen zu dem Schluss, dass der BF in Invalidenpension gehen kann. Da er jedoch seine Dienstwohnung aufgeben musste, zieht er am 1.7.2020 auf einen Berg in Oberösterreich und es gebe dort keine öffentlichen Verkehrsmittel, und sei auf sein Auto angewiesen.
Folglich erstattete der Sachverständige Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, eine ergänzende Gesamtbeurteilung und legte dieser im Wesentlichen folgendes dar:
Gegen die Ablehnung der Gewährung der Unzumutbarkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, wurde am 10.04.2020 Einspruch erhoben. Dabei wurden folgende Gründe für eine Revidierung der Entscheidung vorgebracht: "Bezüglich der Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Behinderung" hat sich nun folgendes geändert und ich möchte Sie deshalb bitten, mir die Eintragung im Behindertenpass zu genehmigen. Da ich beim Gehen immer sehr starke Schmerzen im rechten Knie habe (trotz Knieprothese) und kaum noch arbeiten konnte, habe ich um Invaliditätspension im Jänner 2020 angesucht. Ich wurde von 2 Sachverständigen der PV untersucht und habe nun am 9. April 2020 den Bescheid bekommen, dass ich wegen meiner Schmerzen und Behinderungen nicht mehr arbeiten muss und in Invaliditätspension gehen kann. (Bescheid habe ich im Anhang mitgesandt). Der zweite Punkt ist ein Wohnungswechsel, ich muss meine Dienstwohnung in Salzburg mit der Pensionierung aufgeben und ziehe mit 1. Juli 2020 auf einen Berg in Oberösterreich (Oberleiten 17 4881 Strass im Attergau). Leider gibt es dort keine öffentlichen Verkehrsmittel so dass ich auf mein Auto angewiesen bin. Ich möchte Sie daher bitten, mir den Eintrag unter diesen Umständen zu genehmigen."
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Eine erforderliche Gehstrecke ist zu Fuß und ohne Gehhilfe bewältigbar. Sicheres Ein- und Aussteigen, sicheres Sitzen und Stehen mit Anhalten in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind möglich. Zusatz betreffend den Einspruch vom 10.04.2020: Gründe der PVA für eine Invaliditätspension können nicht auf Entscheidungen nach den Vorschriften der Einschätzungsverordnung Einfluß nehmen. Zu dem geplanten Umzug in eine Wohnung in einer Gegend, in der die Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht günstig sind, gelten eindeutige Vorschriften der EVO, wonach Wohnort oder eine eventuell abgelegene Wohnsituation, die eine schlechtere Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufweisen, nicht als Kriterien für die Gewährung der Unzumutbarkeit. Es sei durchaus zumutbar, zur nächstgelegenen Haltestelle anderweitig zu gelangen (sofern sie z.B. weiter entfernt ist als fußläufig erreichbart). Beurteilt werden darf einzig, ob eine durchschnittliche Entfernung von 300 bis 400 Metern zu bewältigen ist, um eine übliche, durchschnittliche Entfernung zu einer Haltestelle zurückzulegen. Diese Vorschrift wurde auch im Interesse der Gerechtigkeit erlassen, da in ländlich abgelegenen Gebieten oder Bergregionen sonst ein Großteil der Bevölkerung bei der Unzumutbarkeit berücksichtigt werden müßte. Es müssen Voraussetzungen vorliegen, die es unzumutbar machen, generell ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen zu können, d.h., die körperlichen und psychischen Erfordernisse aufzuweisen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln prinzipiell zu fahren. Eine Gewährung der Unzumutbarkeit aus medizinischen Gründen kann deshalb nicht gewährt werden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? nein
Mit im Spruch bezeichnetem Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers betreffend der Vornahme der begehrten Zusatzeintragung abgewiesen.
Mit Email vom 10.6.2020 erhob der BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen dahingehend, dass bei der REHA 2019 wegen der extremen Schmerzen das Knie re. genauer untersucht und festgestellt wurde, sich im Knie mehrere Kalksteine gebildet haben, was die Schmerzen verursachen. Auf Anraten seines Orthopäden wurden diese Steine nicht entfernt, da dies nicht immer zu einer Verbesserung führe.
Ebenso habe er durch seinen Diabetes eine Polyneuropathie in beiden Füßen, vor allem in den Zehen des re. Fußes seien die Zehen taub. Durch diese Schmerzen könne er die Arbeit nicht mehr verrichten und hätten dies zwei SV der Pensionsversicherung festgestellt.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 12.10.2020 wurde die Verwaltungsangelegenheit der Gerichtsabteilung L517 abgenommen und der nunmehr erkennenden Gerichtsabteilung zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF die Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung erfüllt.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (vgl auch VwGH vom 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030; VwGH vom 17. Juni 2013, 2010/11/0021 mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, 2007/11/0142 und vom 23. Mai 2012, 2008/11/0128; vgl auch VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321).
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, sind die eingeholten Sachverständigengutachten schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.
Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.
Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.
Dem VwGH zufolge kommt es für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).
Insoweit ist zwar dem Sachverständigen im Ergebnis Recht zu geben, wenn dieser ausführt, dass kein Kriterium für die Erteilung der beantragten Zusatzeintragung die Lage der Wohnung bzw. die Erreichbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel ist. Ebenso zutreffend ist irrelevant, ob Sachverständige im Pensionierungsverfahren zum Ergebnis gelangen, dass eine Invalidenpension gerechtfertigt ist, zumal gänzlich andere Prüfungsmaßstäbe heranzuziehen sind, als im ggst. Verfahren.
Dennoch wird festgehalten, dass diese Gesamtbeurteilung, insoweit der Sachverständige eine Rechtsfrage, welche ausschließlich von der Behörde bzw. dem BVwG zu prüfen obliegt, beantwortet insoweit für das Ermittlungsverfahren keinen Mehrwert darstellt.
Bei Beurteilung der Frage, ob eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist, war vor allem auch zu prüfen, wie sich die bei der bP gegebene dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0242).
Wie der VwGH in seinem am 19.12.2017, Ra 2017/11/0288-3 ergangenen Erkenntnis bestätigte, kann der tatsächlich gegebenen Infrastruktur in diesem Sinne, bei der Beurteilung der Zumutbarkeit, aber nur im Hinblick auf die entscheidende Beurteilung der Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigungen, und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Bedeutung zukommen, weil der VwGH im gegenständlich zitierten Erkenntnis - der hg. Judikatur folgend - wiederholend zum Ausdruck gebracht hat, dass es bei der Beurteilung der Zumutbarkeit, „nicht aber auf andere Umstände wie die Entfernung zwischen Wohnung und der nächsten Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel“ ankommt (vgl. VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013, mwN).
Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung.
In den angeführten Gutachten wurde von den Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen. Insbesondere erfolgte die Auswahl und Begründung weshalb nicht eine andere Positionsnummer mit einem höheren Prozentsatz gewählt wurde, schlüssig und nachvollziehbar (VwGH vom 04.12.2017, Ra 2017/11/0256-7).
Auch wurde schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. So ist die erforderliche Gehstrecke zu Fuß und ohne Gehhilfe bewältigbar und ein sicheres Ein- und Aussteigen, sowie ein sicheres Sitzen und Stehen mit Anhalten in einem öffentlichen Verkehrsmittel möglich. Die körperlichen und psychischen Erfordernisse, mit einem öffentlichen Verkehrsmittel prinzipiell zu fahren liegen laut den Sachverständigen vor und ist eine Unzumutbarkeit aus medizinischen Gründen nicht zu gewähren. An dieser Beurteilung vermag jedoch auch das Beschwerdevorbringen, dass Kristalle im Knie die Schmerzen verursachen und die durch die Diabetes bedingte Polyneuropatie ein Taubheitsgefühl der Füße bewirken, nichts zu ändern.
Die eingeholten Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
In dem Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. Gegenteiliges wurde nicht vorgebracht.
Die im Rahmen des Parteiengehörs bzw. der Beschwerdeschrift erhobenen Einwände waren nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, zu entkräften. Neue fachärztliche Aspekte wurden nicht vorgebracht.
Auch war den Vorbringen und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die von der bP eingebrachte Beschwerde enthält kein substanzielles Vorbringen, welches die Einholung eines weiteren Gutachtens erfordern würde und mangelt es dieser darüber hinaus an einer ausreichenden Begründung für die behauptete Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides (VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030-5).
Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen.
Die Sachverständigengutachten und die Stellungnahme sowie die Beschwerdeschrift wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.
Gemäß diesem Gutachten liegen die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragunge nicht vor.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen
Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.
Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.
Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.
Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 2 Abs 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
Gemäß § 3 Abs 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Gemäß § 4 Abs 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
Gemäß § 4 Abs 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.