TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/3 95/08/0048

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Veröffentlicht am 03.06.1997
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des

R in G, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 12. Oktober 1994, Zl. 121.725/6-7/94, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. S, 2. Steiermärkische Gebietskrankenkasse, Josef-Pongratz-Platz 1, 8011 Graz,

3. Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert Stifter-Straße 65, 1200 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- und der mitbeteiligten Steiermärkischen Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 20. November 1992, mit dem die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers als "Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiter" im "Fotoatelier" seiner damaligen Ehegattin in näher beschriebenen Zeiträumen der Jahre 1984 und 1985 in zweiter Instanz verneint worden war, keine Folge gegeben und der Bescheid des Landeshauptmanns bestätigt.

Diese Entscheidung stützte die belangte Behörde im Anschluß an eine ausführliche Darstellung des Verfahrensganges und der Ergebnisse der in allen drei Instanzen durchgeführten Ermittlungen sowie nach allgemein gehaltenen Ausführungen zur Rechtslage auf folgende Begründung:

"Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schließt aus dem Inhalt der o.a. herangezogenen Akten der Bundespolizeidirektion Graz sowie des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, daß Herr R in der streitgegenständlichen Zeit seinen Lebensunterhalt aus der Zuhälterei im verfahrensgegenständlichen Bordell bestritt.

Der Behauptung Herrn R, er habe täglich von 9 bis 18 Uhr im Rahmen einer entgeltlichen Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von seiner Ehegattin das Geschäft, das ein Fotoatelier gewesen sei, geputzt und Instand gehalten, ist daher kein Glaube zu schenken.

Vielmehr ist den Angaben Frau S zu folgen, wonach sie zunächst die von Herrn R behauptete Beschäftigung in ihrem "Fotoatelier" wahrheitswidrig und nur zum Schein bestätigte; tatsächlich habe Herr R in der fraglichen Zeit seinen Lebensunterhalt aus der Zuhälterei bestritten. Frau S gab weiters in Übereinstimmung mit den Angaben des von Herrn R namhaft gemachten Zeugen F an, daß Herr R "der Manager war", somit das Unternehmen betrieb. Die Reinigungsarbeiten hätten die Prostituierten selbst oder Frau S erledigt. Die Lohnabrechnung sei nur zum Schein erfolgt, Herrn R sei kein Lohn ausbezahlt worden, da er sich ja die ganze Zeit über an den Erlösen der Tätigkeit der dort beschäftigten Mädchen schadlos hielt. Ihrem Mann seien die Erträgnisse aus dem Unternehmen zugeflossen.

Auch diesen Aussagen Frau S, die in Einklang mit den wahrgenommenen o.a. strafrechtlichen Fakten stehen, ist somit zu folgen.

Herr F, den der Berufungswerber zum Beweis der von ihm behaupteten täglichen Arbeitszeit beantragt hatte, konnte diesbezüglich nur angeben, er habe gemeinsam mit Herrn R Renovierungs- und Instandhaltungsarbeiten durchgeführt, bevor das Lokal geöffnet wurde. Auch aus dieser Zeugenaussage kann somit nicht die von Herrn R behauptete Beschäftigung abgeleitet werden.

Die von der Kasse vernommenen Angestellten konnten durchwegs nur Angaben über die Zeit ab 18 Uhr, nicht jedoch über die von Herrn R behauptete Arbeitszeit von 9 bis 18 Uhr machen. Angesichts dessen ist der Aussage von Frau P vor der Bundespolizeidirektion Graz vom 12.4.85, Frau S habe die alleinige Oberaufsicht gehabt, Herr R mußte immer das tun, was sie sagte, kein entscheidendes Gewicht beizumessen.

Wenn der Berufungswerber vorbringt, diese Aussage belege, daß Herr R auch nach 18 Uhr in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von Frau S beschäftigt war, so ist dem entgegen zu halten, daß die Aussage Frau P in Zusammenhalt mit den Aussagen der übrigen vernommenen Zeuginnen und Frau S so zu verstehen ist, - und dies führt auch Frau P selbst in ihrer Niederschrift vom 5.12.89 vor der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse aus - daß Frau S, die im Betrieb die Kunden empfing, während der Öffnungszeiten in Erscheinung trat und für den ungestörten Ablauf sorgte, während sich Herr R im Hintergrund hielt und am frühen Morgen abkassierte. Frau P ergänzt in dieser Niederschrift, Herr R habe zwar im Auftrag seiner Gattin Botengänge und Besorgungen durchgeführt, sie könne sich jedoch durchaus vorstellen, daß er diese Aufträge auch hätte ablehnen können. Frau P fügt hinzu, daß Herr R "nicht der Mann war, der unbedingt Anordnungen seiner Ehegattin gehorchen mußte".

Die Tatsache allein, daß Frau S der Erlös aus dem Verkauf des Etablissements zufloß, beweist nicht, daß sie als Dienstgeberin Herrn R fungiert hatte, da nicht bewiesen ist, daß Herr R Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt von Frau S verrichtete.

Es wird nicht bestritten, daß Herr R Umbauten und Instandhaltungsarbeiten vornahm. Die Ablöse solcher Arbeiten ist jedoch angesichts der o.a. Wahrnehmungen als zivilrechtliches Problem anzusehen. Es ist aufgrund der o.a. Feststellungen keineswegs als erwiesen anzusehen, daß Herr R die Arbeiten in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von seiner Ehefrau gegen Entgelt verrichtete.

In diesem Sinne ist auch die Aussage Frau Rosa R zu verstehen, sie habe beobachtet, daß ihr Bruder untertags Botengänge verrichtete, da sie in der Nähe wohnte; das Verhältnis der Ehegatten im Betriebsgeschehen sei jedoch partnerschaftlicher Natur gewesen.

Auf das Vorbringen Herrn R über die Begutachtung des Betriebes anläßlich der Ausstellung des Gewerbescheines war nicht mehr einzugehen, da diese Begutachtung offensichtlich zu einem Zeitpunkt stattfand, als die tatsächlich geplante Benützung des Lokales noch nicht bekannt war.

Die Frage, ob Lohnunterlagen vorliegen, war angesichts der o. a. Feststellungen nicht mehr zu untersuchen. Vielmehr müßte beim Auftauchen solcher Lohnunterlagen das Vorliegen eines Scheingeschäftes angenommen werden. Die Anmeldungen an die Steiermärkische Gebietskrankenkasse sind ebenfalls als Anmeldungen zum Schein anzusehen.

Somit war auch die Frage, ob zeitweise eine zusätzliche Reinigungsfrau angestellt wurde, nicht mehr zu prüfen.

Vielmehr ist aufgrund der o.a. Wahrnehmungen auszuschließen, daß Herr R im streitgegenständlichen Zeitraum von 9 bis 18 Uhr Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von seiner damaligen Ehefrau Monika S in dem im Spruch genannten Betrieb gegen Entgelt verrichtete."

Dagegen richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet. Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet. Die übrigen Mitbeteiligten haben auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet, in dem als "Gegenschrift" bezeichneten Schriftsatz nur erklärt, sich der im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsmeinung anzuschließen und die Abweisung der Beschwerde zu beantragen, oder sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Darstellung des Sachverhalts geht der Beschwerdeführer u.a. davon aus, er sei in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen im "Fotoatelier" seiner damaligen Ehegattin "als Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiter beschäftigt" gewesen. Das "Studio" sei immer ab 18 Uhr geöffnet gewesen, sodaß der Beschwerdeführer "seine Arbeiten um etwa 9,00 Uhr begann und bis 18,00 Uhr abgeschlossen haben mußte".

In der Darstellung der Beschwerdegründe setzt sich der Beschwerdeführer mit den rechtlichen Voraussetzungen der Versicherungspflicht - im einzelnen: mit den Merkmalen der persönlichen und der wirtschaftlichen Abhängigkeit, der Entgeltlichkeit und einer "Beschäftigung" - auseinander, wobei er abermals davon ausgeht, er habe die "Tätigkeit eines Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiters" ausgeübt. Mit den Argumenten der belangten Behörde befaßt sich der Beschwerdeführer wie folgt:

"Wenn nun im angefochtenen Bescheid behauptet wird, es habe sich bei dem von der Ehefrau des Beschwerdeführers betriebenen Fotoatelier in Wahrheit um ein Bordell gehandelt, so ist dies für die Beurteilung der Dienstnehmereigenschaft des Beschwerdeführers irrelevant und würde dies nichts an der Werthaftigkeit seiner Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten ändern. Wer zulässige Tätigkeiten für einen Arbeitgeber verrichtet, der seinerseits gesetzwidrige Handlungen setzt, ist sozialversicherungsrechtlich relevant beschäftigt (vgl. Krejci,

Das Sozialversicherungsverhältnis, 47: "Der Chauffeur des Bankbetrügers ist sozialversichert.")"

Damit unterstellt der Beschwerdeführer, seine Versicherungspflicht sei nur wegen der Gesetzwidrigkeit der von seinem Arbeitgeber gesetzten Handlungen verneint worden. Die belangte Behörde hat ihren Bescheid in tatsächlicher Hinsicht aber nicht auf die Annahme gestützt, der Beschwerdeführer habe in dem am Ort der behaupteten Beschäftigung in Wahrheit betriebenen Bordell in der von ihm behaupteten, auf ein Beschäftigungsverhältnis hindeutenden Weise "Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten" verrichtet. Sie hat - im Gegensatz zu dem vom Beschwerdeführer zitierten Beispiel eines "Chauffeurs des Bankbetrügers" - die Feststellung getroffen, daß der Beschwerdeführer "seinen Lebensunterhalt aus der Zuhälterei im verfahrensgegenständlichen Bordell bestritt", weshalb seinen Behauptungen über die täglich von 9 bis 18 Uhr von ihm verrichteten Arbeiten kein Glaube zu schenken sei. Diesen Feststellungen über die Tätigkeit des Beschwerdeführers vermag die Beschwerde nichts entgegenzusetzen. Sie geht nur in ihren Rechtsausführungen von anderen als den Tatsachenannahmen der belangten Behörde aus.

Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet, und abgesehen von der im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Ausnahme des § 38 Abs. 2 VwGG, den angefochtenen Bescheid aufgrund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts zu überprüfen. Im vorliegenden Fall ist weder Unzuständigkeit gegeben noch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften erkennbar. Derartiges macht die Beschwerde auch nicht geltend. Nach den Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde ist der Beschwerdeführer am Ort der von ihm behaupteten Beschäftigung nicht als Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiter, sondern als Zuhälter in Erscheinung getreten. Die Verneinung seiner Versicherungspflicht entspricht unter diesen Umständen den im angefochtenen Bescheid näher dargestellten Gesetzesbestimmungen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz (hinsichtlich des Vorlageaufwandes in der verzeichneten Höhe) gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995080048.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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