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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der A Gesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 17. September 1996, Zl. 14-SV-3075/6/96, betreffend Vorschreibung einer Ausgleichstaxe gemäß § 9 Behindertenteinstellungsgesetz für das Jahr 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin für das Jahr 1994 die Entrichtung einer Ausgleichstaxe in der Höhe von S 164.560,-- vorgeschrieben.
In der Begründung des Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, daß das Bundessozialamt Kärnten mit Bescheid vom 6. November 1995 der Beschwerdeführerin für das Jahr 1994 eine Ausgleichstaxe gemäß § 9 BEinstG in der Höhe von S 164.560,-- vorgeschrieben habe. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, daß sie im Rahmen ihres Betriebes zwangsläufig eine größere Anzahl von Aushilfskräften beschäftige. Es sei daher nicht einzusehen, daß geringfügig beschäftigte Personen für die Berechnung der Ausgleichstaxe herangezogen würden.
Nach Anführung der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiters aus, daß § 4 Abs. 1 BEinstG keine Unterscheidung zwischen Dienstnehmern, die eine normale Arbeitszeit aufweisen und solchen, die nur teilzeitbeschäftigt seien, vornehme. Daraus ergebe sich, daß auch die zuletzt genannten Personen Dienstnehmer im Sinne des BEinstG seien und daher in die Berechnung der zu entrichtenden Ausgleichstaxe einbezogen werden müßten. Der Dienstnehmerbegriff des BEinstG sei dem des § 4 Abs. 2 ASVG nachgebildet. Entscheidendes Kriterium sei dabei weder das Ausmaß der zeitlichen Beschäftigung noch die Höhe des erzielten Entgeltes, sondern das Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht. Geringfügig Beschäftigte wären rechtlich gesehen gemäß § 4 BEinstG auch schon vor der Vorschreibungsperiode 1994 bei der Berechnung der Ausgleichstaxe in die Dienstnehmerstände einzubeziehen gewesen. Lediglich aus EDV-technischen Gründen sei dies bislang nicht möglich gewesen. Aufgrund der geltenden Bestimmungen des BEinstG ergebe sich keine Möglichkeit, geringfügig Beschäftigte bei der Berechnung der Ausgleichstaxe auszunehmen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 25. November 1996, B 3671/96, deren Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren begehrt die Beschwerdeführerin die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin tritt der Auffassung der belangten Behörde, die Definition des § 4 BEinstG sei dem Dienstnehmerbegriff des § 4 Abs. 2 ASVG nachgebildet, mit der Behauptung entgegen, § 4 Abs. 2 ASVG enthalte eine "Überwiegendklausel", die in § 4 Abs. 1 BEinstG fehle. Geringfügig Beschäftigte würden angesichts der niedrigen Entgeltgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG nur wenige Stunden in der Woche oder im Monat beschäftigt werden und stünden somit weder in einem Verhältnis persönlicher noch (schon gar nicht) wirtschaftlicher Abhängigkeit.
Dem ist zu entgegnen, daß § 4 Abs. 1 lit. a BEinstG so wie § 4 Abs. 1 ASVG auf das Vorliegen einer Beschäftigung im Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt abstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1993, Zl. 93/09/0388). Daß durch eine Beschäftigung nur ein geringer Teil der einer Person zur Verfügung stehenden Zeit in Anspruch genommen wird, schließt die persönliche Abhängigkeit und damit die Dienstnehmereigenschaft nicht von vornherein aus (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 19. März 1994, Slg. 11.361/A). Entgegen den Beschwerdebehauptungen darf die wirtschaftliche Abhängigkeit nicht mit Lohnabhängigkeit, also mit dem Angewiesensein des Beschäftigten auf das Entgelt zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes, gleichgesetzt werden. Sie findet vielmehr ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel und ist deshalb bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. auch dazu etwa das zitierte Erkenntnis vom 19. März 1984). Die Auffassung der belangten Behörde, daß bei Berechnung der Pflichtzahl sowohl geringfügige Beschäftigungen als auch Teilzeitbeschäftigungen zu berücksichtigen sind, entspricht der Gesetzeslage und der hg. Rechtsprechung (vgl. auch das jüngst ergangene Erkenntnis vom 6. Mai 1997, Zlen. 97/08/0123, 0133-0135).
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin geltend, es sei unzureichend, ohne Erforschung des wirklichen Sachverhaltes nur von den seitens des Bundesrechenamtes den Bundessozialämtern gemeldeten Dienstnehmerständen auszugehen. Die belangte Behörde hätte Feststellungen über die tatsächliche Gestaltung der Beschäftigung der bei der Beschwerdeführerin geringfügig beschäftigten Dienstnehmer treffen müssen.
Diese Rüge ist nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt, weil die Beschwerdeführerin nicht dartut, welche tatsächlichen Feststellungen die belangte Behörde bei Vermeidung des behaupteten Mangels hätte treffen müssen oder aus welchen - konkret darzulegenden - Gründen das Unterbleiben der vermißten Ermittlungen zu einem für die Beschwerdeführerin nachteiligen Ergebnis des Verfahrens geführt hat. Dadurch, daß die Behörden von den (von der beschwerdeführenden Partei) als versichert (d.h. als in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt) gemeldeten Personen ausgegangen sind, haben sie die ihnen nach dem Gesetz zukommende Ermittlungspflicht erfüllt. Die bloße Behauptung, daß die Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels zu einer anderen rechtlichen Beurteilung geführt hätte, reicht daher nicht aus.
Aus diesen Gründen erwies sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996080338.X00Im RIS seit
20.11.2000