TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/12 LVwG-2018/16/1477-1

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Veröffentlicht am 12.07.2018
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Entscheidungsdatum

12.07.2018

Index

96/02 Sonstige Angelegenheiten des Straßenbaues
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BStMG §20 Abs5
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Lehne über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, D-***** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft W vom 14.06.2018, Zl ***, betreffend eine Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG 1991 eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Die ASFINAG erstattete Anzeige am 06.03.2018 weil der spätere Beschwerdeführer eine ungültige Vignette am 13.12.2017 um 14.05 Uhr auf der A ** in Y Richtung X auf seinem Kraftfahrzeug verwendet habe. Nach § 19 Abs 4 BStMG sei der Zulassungsbesitzer am 08.01.2018 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei nicht entsprochen worden. Danach erlies die belangte Behörde eine Strafverfügung wegen § 20 Abs 1 iVm §§ 10 Abs 1 und 11 Abs 1 BStMG mit einer Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,00 (Ersatzarrest von 33 Stunden).

Diese hat der Beschwerdeführer mit der Begründung beeinsprucht, dass ihm die Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut nicht zugekommen sei. In Deutschland gelte es nicht als Zustellung, wenn die Sendung nicht abgeholt werde. Er wäre bereit, die Euro 120,00 Ersatzmaut zu zahlen. Die ASFINAG beharrte darauf, dass eine Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut erfolgt sei. Die Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut sei am 09.01.2018 eingeschrieben an den Zulassungsbesitzer übermittelt worden, jedoch am 20.02.2018 mit dem Vermerk „nicht abgeholt“ an sie retourniert worden, weshalb sie Anzeige erstattet haben. Ansonsten übermittelt sie die Beweisbilder. Die Kopie des Kuverts der Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zeigt, dass die Sendung nicht abgeholt wurde.

Am 24.05.2018 schrieb der Beschwerdeführer er habe am 23.05.2018 die Zahlungsaufforderung über die Ersatzmaut erstmals erhalten und habe die darin geforderte Ersatzmaut über Euro 120,00 nun überwiesen. Die von der Behörde geforderten Euro 300,00 zahle er nicht. Aus der Überweisungsbestätigung im erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich, dass die Ersatzmautleistung von Euro 120,00 auf das Konto der ASFINAG zur Anrassung gebracht wurde. Der Beschwerdeführer schrieb dann auch noch dass die ASFINAG Euro 105,00 auf sein Konto überwiesen habe und daher Euro 15,00 für die Bearbeitung einbehalten habe. Er bestehe darauf, dass er seiner Zeit das Aufforderungsschreiben nicht fristgerecht abholen konnte. In der Folge erlies die belangte Behörde ein Straferkenntnis mit dem sie dem Beschwerdeführer eine Übertretung nach § 20 Abs 1 iVm §§ 10 Abs 1 und 11 Abs 1 BStMG, begangen am 13.12.2017 um 14.05 Uhr in der Gemeinde Y auf der BB Autobahn A  ** in Richtung X, für schuldig erkannte und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,00 (Ersatzarrest von 33 Stunden) zuzüglich Verfahrenskosten erster Instanz von Euro 30,00 verhängte.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde blieb der Beschwerdeführer dabei, dass er aus seiner Sicht fristgerecht die Ersatzmaut bezahlt habe und daher nicht verpflichtet sei, die Verwaltungsstrafe zu bezahlen.

II.      Sachverhalt:

Es steht fest, dass der Beschwerdeführer mit einer abgelaufenen Vignette am Tattag auf österreichischen Autobahnen unterwegs war. Eine Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut wurde zwar hinterlegt, wurde aber nicht von ihm abgeholt. Es ist im Zweifel davon auszugehen, dass keine ordnungsgemäße Zustellung der Aufforderung der Ersatzmaut zustande kam. Der Beschwerdeführer hat daher im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens fristgerecht eine Zahlung der Ersatzmaut vorgenommen.

III.     Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt steht aufgrund des Akteninhaltes fest. Es steht auch eindeutig fest, dass der Beschwerdeführer die erste Aufforderung der ASFINAG zur Zahlung der Ersatzmaut nicht abgeholt hat.

IV.      Rechtsausführungen:

Gemäß § 11 Abs 1 BstMG 2002 ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringung einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten. Nach § 19 Abs 1 BstMG ist in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen, im Betrag von Euro 250,00 einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

Nach § 19 Abs 4 des zitierten Gesetzes ist die ASFINAG ermächtigt, wenn es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 leg cit zu keiner Übertretung kommt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs 1 leg cit. schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatische Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs 2 und 3 leg. cit. den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatische Überwachung oder auf dienstliche Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen „vier Wochen“ ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die Automation unterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellungen im angefochtenen Bescheid zu Fahrzeug, Tatort und Tatzeit. Er bestreitet somit nicht, dass er am verfahrensgegenständlichen Tatort zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt als Lenker seines Kraftfahrzeuges eine Mautstrecke benützt hat, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Es ist zumal am Kraftfahrzeug eine abgelaufene Mautvignette angebracht war, wodurch gegen die Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 verstoßen wurde. Der Beschwerdeführer macht für sich jedoch den Strafaufhebungsgrund des § 20 Abs 5 Bundesstraßenmautgesetz 2002 geltend. Wie bereits im Verfahrensgang dieses Erkenntnisses dargelegt worden ist , hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren mitgeteilt, dass er die von der ASFINAG versendete Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut nicht erhalten und auch keine Benachrichtigung von einer hinterlegten Sendung in seinem Briefkasten vorgefunden hat, wobei es sich aus den Unterlagen der ASFINAG eindeutig ergibt, dass diese Aufforderung dem Beschwerdeführer tatsächlich nicht zugekommen ist, zumal sie als nicht behoben im Original an die ASFINAG retourniert wurde. Bei der im Akt befindlichen unbedenklichen Urkunde handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, welche die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit versichert. Unbestritten steht somit fest, dass der Beschwerdeführer die von der ASFINAG an ihn gerichtete Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut nicht behoben und somit von der Aufforderung keine Kenntnis erlangt hat. Schriftliche Bescheide und Aufforderungen werden dadurch wirksam, dass sie nach den Vorschriften des Zustellgesetzes zugestellt bzw demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Gemäß § 11 Abs 1 Zustellgesetz sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, die in die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen. Im gegenständlichen Fall ist keine Zustellung der Aufforderung über die Bezahlung der Ersatzmaut mittels Zustellersuchen an die für den Beschwerdeführer örtlich zuständige deutsche Behörde, sondern – zulässiger Weise – durch die Post veranlasst worden. Für die Zustellung im Postwege ist Folgendes zu beachten:

Gemäß Art 1 Abs 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen BGBl Nr 526/1990, leisten die Vertragsstaaten in öffentlich-rechtlichen Verfahren ihren Verwaltungsbehörden, in österreichischen Verwaltungsstraf- und im deutschen Bußgeldverfahren, soweit sie nicht bei einer Justizbehörde anhängig sind, ferner im Verfahren vor den österreichischen Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den deutschen Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit nach Maßgabe dieses Vertrags einander Amts- und Rechtshilfe.

Nach Art 10 Abs 1 dieses Vertrages werden Schriftstücke im Verfahren nach Art 1 Abs 1 unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geregelten Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen „eigenhändig“ und „Rückschein“ zu versenden. Eine Anwendung des deutschen Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) bei einer unmittelbaren Zustellung des Schriftstückes einer österreichischen Behörde im Postweg in Deutschland ist im zitierten Rechtshilfevertrag nicht vereinbart. Es ist auch kein anderer Vertrag in Deutschland ersichtlich, in dem eine Anwendung des VwZG für diese Fälle vereinbart worden wäre. Das VwZG gilt nach seinen § 1 Abs 1 (nur) für das Zustell(ungs)verfahren der deutschen Bundesbehörden, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und Landesfinanzbehörden.

Damit kommen auch die §§ 177 bis 181 der deutschen ZBO, die ihrerseits wiederum auf § 5 Abs 2 VwZG verweisen, nicht zur Anwendung. Insbesondere ist § 181 der deutschen ZBO nicht anwendbar, der einen mit der Zustellung durch Hinterlegung nach § 17 Zustellgesetz vergleichbare Ersatzzustellung durch Hinterlegung, wobei allerdings – im Unterschied zu § 17 Abs 3 Zustellgesetz, der bei Hinterlegungen gemäß Abs 1 eine Abholfrist von mindestens zwei Wochen vorsieht – ein gemäß 181 der deutschen ZBO niedergelegten Schriftstücke drei Monate zur Abholung bereitzuhalten ist (§ 181 Abs 2 deutsche ZPO).

Die maßgeblichen Bestimmungen für den von der ASFINAG veranlassten und tatsächlich auch durchgeführten Versuch der Zustellung der Zahlungsaufforderung im Wege der deutschen Post finden sich in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der mit der Zustellung in Deutschland beauftragten deutschen Post AG briefnational (AGB briefnational). Nach dem vierten Abschnitt dieser AGB nimmt die deutsche Post die Ablieferung („Zustellung“) unter der auf der Sendung angebrachten Anschrift durch Einlegen in einen für den Empfänger bestimmten und ausreichend aufnahmefähigen Hausbriefkasten oder eine vergleichbare Einrichtung zB Postfach vor. Die Zustellung kann auch durch Aushändigung an den Empfänger erfolgen. Sendungen mit den Zusatzleistungen „Einschreiben“, „Rückschein“ und „eigenhändig“ werden nur gegen schriftliche Empfangsbestätigung und Nachweis der Empfangsberechtigung abgeliefert (Abs 2). Die deutsche Post hält Sendungen deren Ablieferungen nach diesen Bestimmungen nicht erfolgt, innerhalb einer Frist von sieben Werktagen (einschließlich Samstage) beginnend mit dem Tag der auf die versuchte Ersatzablieferung folgt, zur Abholung durch den Empfänger oder einen Empfangsbevollmächtigten in einer ihrer Filialen oder anderen Einrichtungen bereit (Abs 4). Die deutsche Post wird unzustellbare Sendungen zum Absender zurückbefördern. Sendungen sind (dann) unzustellbar, wenn bei Zustellung keine empfangsberechtige Person angetroffen wird und die Abholfrist fruchtlos verstrichen ist (Abs 6). Aufgrund der am rückgelangten Kuvert angebrachten Angaben und sonstigen Vermerk ist davon auszugehen, dass diese Zahlungsaufforderung bei der für den Beschwerdeführer an der genannten Anschrift zuständigen Einrichtung der deutschen Post zur Abholung bereitgehalten wurde. Mit fruchtlosem Ablauf dieser Frist galt die Sendung als unzustellbar und wurde sodann an die ASFINAG zurückgeschickt. Da der einwöchigen Bereithaltung und Versendung zur Abholung durch das deutsche Zustellpostamt anders als der Hinterlegung einer Sendung im Inland gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz – keine Zustellwirkung zukommt, führt die Nichtabholung dieser Sendung zu deren Unzustellbarkeit. Die (versuchte) unmittelbare Zustellung dieser Zahlungsaufforderung an den Beschwerdeführer war daher unwirksam. Nach § 7 Zustellgesetz gilt für den Fall, dass im Zustellverfahren Mängel unterlaufen sind, die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, indem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Ein tatsächliches Zukommen setzt aber stets voraus, dass der Empfänger tatsächlich auch im Besitz des zuzustellenden Schriftstückes kommt. Die bloße Kenntnisnahme des Inhaltes des Schriftstückes etwa durch Übermittlung einer Ablichtung oder im Wege einer Akteneinsicht ist dafür nicht ausreichend (vgl VwGH vom 29.08.1996, Zl 95/06/0128 sowie VwGH vom 31.03.2004, Zl 2004/18/0013 sowie VwGH vom 16.09.2009, Zl 2006/05/0080).

Wie bereits zuvor dargelegt worden ist, hat der Beschwerdeführer von dieser Zahlungsaufforderung erst im Zuge einer Akteneinsicht und durch die Strafverfügung Kenntnis erlangt. Damit trat jedenfalls keine Heilung des Zustellmangels im Sinn der genannten Bestimmung ein, sodass für das gegenständliche Verfahren von keiner wirksamen Zustellung der Zahlungsaufforderung der ASFINAG auszugehen ist.

Zur Vorlage der Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung vgl. u.a. VwGH vom 28.11.2006, Zl 2005/06/0156 sowie VwGH vom 28.11.2006, Zl 2005/06/0188 sowie VwGH vom 05.07.2007, Zl 2007/06/0075) insbesondere ausgeführt, dass sich aus den Regelungen der §§ 19 und 20 Bundesstraßenmautgesetz 2002 nicht ergibt, dass ein strafbares Verhalten gemäß § 20 Abs 1 leg cit erst dann vorliegt, wenn der Aufforderung zur Entrichtung der Ersatzmaut nicht entsprochen wurde. Der Wortlaut des § 20 Abs 5 leg cit spricht davon, dass Taten gemäß Abs 1 bis 3 straflos werden und nicht davon, dass diese Taten straflos sind. Die Tat wird auch dann nicht straflos, wenn die in dieser Bestimmung genannten Beträge nicht entrichtet werden, mag die Aufforderung aus welchen Gründen immer unterblieben sein. Zutreffend hat die belangte Behörde somit erkannt, dass eine unterbliebene Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut eine Bestrafung nicht hindert. Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner zuvor zitierten ständigen Rechtsprechung auch ausgesprochen, dass das Unterbleiben eine Aufforderung gemäß § 19 Bundesstraßenmautgesetz 2002 die Folge hat, dass die Frist für die Bezahlung der Ersatzmaut nicht in Gang gesetzt wird, womit die Möglichkeit besteht, gegebenenfalls die Ersatzmaut noch im Zuge des Strafverfahrens „fristgerecht“ zu bezahlen, um damit die Straflosigkeit iSd § 20 Abs 5 Bundesstraßenmautgesetz 2002 zu bewirken (vgl. u.a. VwGH vom 28.11.2006, Zl 2005/06/0156 sowie VwGH vom 28.11.2006, Zl 2005/06/0188 sowie vom 05.07.2007, Zl 2007/06/0075). Im letztgenannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, dass das Gesetz für den Fall einer unterbliebenen oder wesentlich unrichtigen und damit unwirksamen Aufforderung iSd § 19 Bundesstraßenmautgesetz 2002, also für eine solche planwidrige Fallkonstellation über den Zahlungsempfänger nichts Näheres vorsieht, sodass die Zahlung an die belangte Behörde als jene Stelle, die nach der Übertretung erstmals mit dem Beschwerdeführer durch Zustellung der Strafverfügung (in der ein Konto angegeben war, auf welches zu zahlen ist) in Verbindung getreten ist, als Zahlung an den Zahlungsempfänger iSd § 20 Abs 5 Bundesstraßenmautgesetz 2002 in Betracht kommt; dies aber auch nur dann, wenn die Zahlung eingegangen ist und bis zum Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens den betreffenden Fall zugeordnet werden konnte. Wie bereits im Sachverhalt des Erkenntnisses dargelegt worden ist, hat der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall dem erkennenden Gericht durch die Vorlage des Erlagscheines die Zahlung der Ersatzmaut in der Höhe von Euro 120,00 auf das Konto der BH W nachgewiesen. Somit hat der Beschwerdeführer noch im Zuge des Strafverfahrens die Ersatzmaut durch Überweisung von Euro 120,00 an die belangte Behörde bezahlt, wobei diese bei der belangten Behörde eingegangen ist. Gegenteiliges hat die belangte Behörde auch nicht behauptet. Die Zahlung an die belangte Behörde ist aufgrund des Verbleibens einer dem § 19 Abs 4 Bundesstraßenmautgesetz entsprechenden Aufforderung somit als fristgerecht iSd § 20 Abs 5 Bundesstraßenmautgesetz 2002 anzusehen.

Aufgrund dieser Ausführungen steht für das erkennende Gericht somit fest, dass der Beschwerdeführer mit der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes ohne ordnungsgemäße Entrichtung der Maut das strafbare Verhalten bereits verwirklicht hat, doch ist durch seine fristgerechte Bezahlung der Ersatzmaut die Strafbarkeit (nachträglich) wieder entfallen. Da dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren somit der Strafaufhebungsgrund des § 20 Abs 5 Bundesstraßenmautgesetz zugutekommt, erweist sich das angefochtene Straferkenntnis als rechtswidrig, weshalb das Verfahren einzustellen ist.

V.       Ausführungen zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Da von den zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes zur Beachtlichkeit einer im Zuge des Strafverfahrens bezahlten Ersatzmaut nicht abgegangen wurde und diese auch nicht als uneinheitlich anzusehen sind, ist die ordentliche Revision nicht zulässig. Es besteht keine grundsätzliche Rechtsfrage mehr.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Lehne

(Richter)

Schlagworte

Ersatzmaut;
Aufforderung nicht ordnungsgemäß zugestellt

Anmerkung

Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 12.07.2018, Z LVwG-2018/16/1477-1, erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 12.10.2020, Z Ra 2018/06/0167-4, zurück.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.16.1477.1

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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