Entscheidungsdatum
29.12.2020Norm
AZG §28 Abs5Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Präsidenten MMag. Dr. Segalla als Einzelrichter über die Beschwerde von Frau A, in ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 11. März 2020, Zl. ***, betreffend Bestrafungen wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), zu Recht:
1. Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, dass der Spruchteil „Sie haben die Arbeit des Fahrers nicht so geplant, dass dieser die entsprechenden Bestimmungen der VO (EG) Nr 561/006 einhalten kann“ jeweils in den Spruchpunkten 1. bis 4. des angefochtenen Straferkenntnisses durch: „Sie haben dem oben genannten Arbeitnehmer als Lenker die Ruhezeiten gemäß Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewährt, da Sie die Arbeit des Fahrers nicht so geplant und nicht sichergestellt haben, dass die Vorgaben des Art 8 Verordnung (EG) Nr, 561/2006 zu den Ruhezeiten eingehalten werden.“ ersetzt wird
und
2. die Strafe zu Spruchpunkt 1 von € 400,- (80 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) auf € 200,- (40 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe), zu Spruchpunkt 2 von € 260,- (52 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) auf € 72,- (10 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe), zu Spruchpunkt 3 von 320,- (64 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) auf € 72,- und (10 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und zu Spruchpunkt 4 von 320,- (64 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) auf € 150,- (30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) herabgesetzt wird.
3. Die Kosten des Verwaltungsverfahrens werden mit € 55,- neu bemessen.
4. Die ordentliche Revision ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 28 Abs 5 und 6 Arbeitszeitgesetz in der Fassung BGBl I 53/2018
Art. 8 Abs 2 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 in der Fassung der Verordnung [EU] Nr. 165/2014
Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG in der Fassung der Verordnung [EU] 2016/403
§§ 50 und 52 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Zahlungshinweis:
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 549,- und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.
Entscheidungsgründe:
1. Zum Verfahrensgang:
1.1 Nach einer am 18.10.2019 durch das Arbeitsinspektorat *** durchgeführten Kontrolle der Firma C GmbH erließ die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld am 11.03.2020 den Strafbescheid KZ: ***.
In diesem verfügte die belangte Behörde die Einstellung des Strafverfahrens zu einem der in der zuvor erlassenen Strafverfügung vorgeworfenen Spruchpunkten. Gegen diese Einstellung wurde kein Rechtsmittel erhoben, weshalb sie in Rechtskraft erwuchs. Die weiteren in der Strafverfügung angelasteten Delikte hielt die Behörde aufrecht und warf sie der Beschwerdeführerin im Straferkenntnis folgendermaßen vor:
„1. Sie haben als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlich Beauftragte betreffend der Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes der Firma C GmbH mit Sitz in ***., ***, welche ihrerseits Arbeitgeber des Arbeitnehmers D ist, welcher am 17.12.2018 den Lkw, Kennz.: *** und am 19.3.2019 den Lkw, Kennz. ***, ***, jeweils zur Güterbeförderung über 3,5 t im innerstaatlichen Verkehr lenkte, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:
Sie haben die Arbeit des Fahrers nicht so geplant, dass dieser die entsprechenden Bestimmungen der VO (EG) Nr. 561/2006 einhalten kann. Die tägliche Ruhezeit (innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden) betrug am 17.12.2018, von 06.26 Uhr bis 18.12.2018, 06.26 Uhr, 7 Stunden und 58 Minuten. Die tägliche Ruhezeit (innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden) betrug am 19.3.2019, von 06.35 Uhr bis 20.3.2019, 06.35 Uhr, 8 Stunden und 19 Minuten.
Dadurch wurde Art. 8 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach der Lenker innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit von mindestens 11 Stunden genommen haben muss. Der Lenker darf zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten von mindestens 9 ununterbrochenen Stunden einlegen.
Hinweis:
Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.
2. Sie haben als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlich Beauftragte betreffend der Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes der Firma C GmbH mit Sitz in ***, ***, welche ihrerseits Arbeitgeber des Arbeitnehmers E ist, welcher den Lkw, Kennz.: ***, zur Güterbeförderung über 3,5 t im innerstaatlichen Verkehr lenkte, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:
Sie haben die Arbeit des Fahrers nicht so geplant, dass dieser die entsprechenden Bestimmungen der VO (EG) Nr. 561/2006 einhalten kann. Es wurden bereits drei reduzierte tägliche Ruhezeiten zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten eingelegt. Die tägliche Ruhezeit (innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden) betrug am 17.6.2019 von 05.38 Uhr bis 18.6.2019, 05.38 Uhr, 10 Stunden und 15 Minuten.
Dadurch wurde Art. 8 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm Art. 8 Abs. 4 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach der Lenker innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit von mindestens 11 Stunden genommen haben muss. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt mindestens 9 Stunden jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen. Der Lenker darf zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen.
3. Sie haben als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlich Beauftragte betreffend der Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes der Firma C GmbH mit Sitz in ***, ***, welche ihrerseits Arbeitgeber des Arbeitnehmers F ist, welcher den Lkw, Kennz.: ***, zur Güterbeförderung über 3,5 t im innerstaatlichen Verkehr lenkte, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:
Sie haben die Arbeit des Fahrers nicht so geplant, dass dieser die entsprechenden Bestimmungen der VO (EG) Nr. 561/2006 einhalten kann. Die tägliche Ruhezeit (innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden) betrug am 21.7.2019 von 04.32 Uhr bis 22.7.2019, 04.32 Uhr, 8 Stunden und 14 Minuten.
Dadurch wurde Art. 8 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach der Lenker innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit von mindestens 11 Stunden genommen haben muss. Der Lenker darf zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten von mindestens 9 ununterbrochenen Stunden einlegen.
Hinweis:
Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.
4. Sie haben als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlich Beauftragte betreffend der Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes der Firma C GmbH mit Sitz in ***, ***, welche ihrerseits Arbeitgeber des Arbeitnehmers G ist, welcher den Lkw, Kennz.: ***, zur Güterbeförderung über 3,5 t im innerstaatlichen Verkehr lenkte, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:
Sie haben die Arbeit des Fahrers nicht so geplant, dass dieser die entsprechenden Bestimmungen der VO (EG) Nr. 561/2006 einhalten kann. Die tägliche Ruhezeit (innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden) betrug am 29.7.2019 von 05.05 Uhr bis 30.7.2019, 05.05 Uhr, 8 Stunden und 7 Minuten.
Dadurch wurde Art. 8 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach der Lenker innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit von mindestens 11 Stunden genommen haben muss.
Der Lenker darf zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten von mindestens 9 ununterbrochenen Stunden einlegen.
Hinweis:
Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.“
Als Kontrollzeitpunkt führte die Behörde hinsichtlich aller vier angelasteter Verwaltungsübertretungen jeweils den 18.10.2019, als Kontrollort den Firmensitz der C GmbH, ***, *** an.
Hierdurch habe die Beschwerdeführerin Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 561/2006, § 28 Abs. 5 Z. 3 Arbeitszeitgesetz (betreffend Spruchpunkte 1, 3 und 4) und Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 561/2006 iVm Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 561/2006, § 28 Abs. 5 Z. 3 AZG (betreffend Spruchpunkt 2) verletzt.
Daher verhängte die Behörde über sie folgende Geldstrafen:
zu 1. € 400,- (80 Stunden) gemäß § 28 Abs 5 Z 3 iVm § 28 Abs 6 Z 2 AZG
zu 2. € 260,- (52 Stunden) gemäß § 28 Abs 5 Z 3 AZG iVm § 28 Abs 6 Z 1 lit a AZG
zu 3. € 320,- (64 Stunden) gemäß § 28 Abs 5 Z 3 AZG iVm § 28 Abs 6 Z 1 lit.a AZG
zu 4. € 320,- (64 Stunden) gemäß § 28 Abs 5 Z 3 AZG iVm § 28 Abs 6 Z 1 lit a AZG
und schrieb einen Kostenbeitrag in Höhe von € 130,- für das Verwaltungsverfahren vor.
1.2 In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde führte die Beschwerdeführerin aus, es sei weder die objektive, noch die subjektive Tatseite erfüllt. Hierzu begründet sie, das Gesetz werfe mit der Formulierung „nicht gewähren“ der täglichen Ruhezeit ein aktives Tun vor, dies habe die Beschwerdeführerin jedoch nicht gesetzt. Zur subjektiven Tatseite führt die Beschwerdeführerin aus, sie habe ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet, um Verwaltungsstrafen hintanzuhalten. In eventu bringt die Beschwerdeführerin vor, es sei ein Fehler in der Strafbemessung erfolgt, da ihr für die Übertretungen der verschiedenen Fahrer nur ein fortgesetztes Delikt und nicht einzelne Delikte nebeneinander anzulasten seien.
1.3 Am 1.12.2020 führte das Landesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher der Beschwerdeführervertreter und die Vertreterin des Arbeitsinspektorates *** erschienen sind. Die Beschwerdeführerin ist entschuldigt nicht erschienen. Auch die belangte Behörde ist nicht erschienen, es wurde beschlossen, in ihrer Abwesenheit zu verhandeln. Der von der Beschwerdeführerin beantragte und vom Gericht geladene Zeuge H ist nicht erschienen, auf seine ursprünglich beantragte Einvernahme wurde von der Beschwerdeführerin verzichtet.
In der Verhandlung bringt die Beschwerdeführerin vor, die tägliche Ruhezeit sei der Zeitraum zwischen zwei täglichen Lenkzeiten und dieser sei in Bezug auf Spruchpunkte 1, 2 und 3 definitiv länger als der festgestellte Zeitraum. Jedes Mal wenn der festgestellte Ruhezeitraum endet, gehe in Wahrheit die Ruhezeit weiter, weil dann auch eine Wochenendruhe eingelegt werde. Es müsse anstatt des 24-Stunden-Zeitraumes für die Betrachtung der Zeitraum herangezogen werden, der zwischen zwei Lenkzeiten liege. Sie verweise hierzu auf die Entscheidung des LVwG *** vom 15.12.2016 zur Zl. ***.
Auch argumentiert die Beschwerdeführerin, die genannten Fahrer seien im Unternehmen vorher nie aufgefallen und es handle sich um Einzelfälle, welche nicht aufgrund fehlerhafter Planung oder gar einer Weisung nach Ende der Lenkzeit noch weiterzufahren entstanden seien, sondern nur, weil sie bei Milchsammelfahrten im Raum *** länger als geplant auf die Übernahme der Milch haben warten müssen.
Es habe aufgrund der Tatsache, dass die Lenker danach weiterhin Ruhezeit eingehalten hätten keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer bestanden, das Verschulden und die Gefahr seien gering und daher die Voraussetzungen für eine Ermahnung oder eine außerordentliche Strafmilderung vorliegend.
2. Feststellungen:
2.1 Die Beschwerdeführerin war zu den vorgeworfenen Tatzeitpunkten verantwortlich Beauftragte der Firma C GmbH mit Sitz in ***, ***.
D, E, F und G sind oder waren zumindest in den in weiterer Folge genannten Zeiträumen Arbeitnehmer der C GmbH.
Die C GmbH ist ein Milchlogistikunternehmen, welches bei landwirtschaftlichen Betrieben Rohmilch einsammelt und anschließend zur Molkerei der I AG befördert.
2.2 Zu Spruchpunkt 1: D lenkte am 17.12.2018 den LKW mit Kennzeichen *** und am 19.03.2019 die beiden LKW mit Kennzeichen *** und *** jeweils im Auftrag seines Arbeitgebers C GmbH. Seine tägliche Ruhezeit innerhalb von 24 Stunden betrug von 17.12.2018, 6:26 Uhr bis 18.12.2018, 6:26 Uhr 7 Stunden und 58 Minuten anstatt 9 Stunden. Seine tägliche Ruhezeit innerhalb von 24 Stunden betrug von 19.3.2019, 06:35 Uhr bis 20.3.2019, 06:35 Uhr 8 Stunden und 19 Minuten anstatt 9 Stunden.
Nach Ende der festgestellten zwei Zeiträumen setzte der Lenker jeweils die Ruhezeit fort.
Zu Spruchpunkt 2: E lenkte am 17.06.2019 im Auftrag seines Arbeitgebers C GmbH den LKW mit Kennzeichen ***. Seine tägliche Ruhezeit innerhalb von 24 Stunden betrug von 17.06.19, 5:38 Uhr bis 18.6.2019, 05:38 Uhr 10 Stunden und 15 Minuten anstatt 11 Stunden. Es wurden bereits drei reduzierte tägliche Ruhezeiten zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten eingelegt. Nach Ende des festgestellten Zeitraumes hielt der Lenker seine wöchentliche Ruhezeit ein.
Zu Spruchpunkt 3: F lenkte am 21.07.2019 im Auftrag seines Arbeitgebers C GmbH den LKW mit Kennzeichen ***. Seine tägliche Ruhezeit innerhalb von 24 Stunden betrug von 21.07.2019, 4:32 Uhr bis 22.07.2019, 4:32 Uhr 8 Stunden und 14 Minuten anstatt 9 Stunden.
Nach Ende des festgestellten Zeitraumes hielt der Lenker seine wöchentliche Ruhezeit ein.
Zu Spruchpunkt 4: G lenkte am 29.07.2019 im Auftrag seines Arbeitgebers C GmbH den LKW mit Kennzeichen ***. Seine tägliche Ruhezeit innerhalb von 24 Stunden betrug von 29.07.2019, 5:05 Uhr bis 30.07.2019, 5:05 Uhr 8 Stunden und 7 Minuten anstatt 9 Stunden.
Die festgestellten Lenkzeiten fanden im Rahmen von Milchsammelfahrten statt. Bei diesen kommt es manchmal zu Wartezeiten auf die Be- und/oder Entladung der Rohmilch; diese Umstände lagen in den vorliegenden Fällen vor.
2.3 Die Mitarbeiter der C GmbH werden von ihrer Arbeitgeberin dazu angehalten, die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten und werden hierzu geschult. Die verfahrensgegenständlich betroffenen Fahrer wurden unverzüglich, nachdem die Übertretungen bekannt wurden, verwarnt und nachgeschult.
2.4 Das Verwaltungsstrafregister der Beschwerdeführerin weist bis zur gegenständlichen Tat 23 Verwaltungsstrafen auf. Seither wurden über die Beschwerdeführerin zwei weitere Verwaltungsstrafen verhängt. Keine dieser noch nicht getilgten Strafen wurde für eine Übertretung des Arbeitszeitgesetzes verhängt.
2.5 Die Beschwerdeführerin hat ein Einkommen in Höhe von € 1.000,- und gemeinsam mit ihrem Mann die Sorgepflicht für 2 Kinder.
3. Beweiswürdigung:
3.1 Die Feststellungen, dass die Beschwerdeführerin verantwortlich Beauftragte und die Lenker Arbeitnehmer der gegenständlichen Firma sind, sowie der Unternehmensgegenstand basieren auf der Einsicht in den Verwaltungsstrafakt und sind unstrittig.
3.2 Die festgestellten Lenk und Ruhezeiten gründen in den unbedenklichen Aufzeichnungen des Verwaltungsstrafaktes sowie der Auswertung der im Gerichtsakt vorliegenden Zeitstrahlen (digitale Aufzeichnungen der Lenk und Ruhezeiten) welche auch in der mündlichen Verhandlung erörtert und unwidersprochen zur Kenntnis genommen wurden.
Die Tatsache, dass die Lenker Milchsammelfahrten getätigt haben und es in diesem Rahmen zu ungeplanten Wartezeiten gekommen ist, ist ergibt sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführervertreters in der mündlichen Verhandlung.
3.3 Die Feststellungen zu Schulungen der Mitarbeiter ergeben sich aus den vorgelegten und zum Akt genommen Unterlagen sowie der Aussage des Beschwerdeführervertreters. Dass die Mitarbeiter bei Verstößen verwarnt werden, geht aus der Eidesstattlichen Erklärung des Herrn A hervor.
3.4 Die verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen der Beschwerdeführerin sind aus ihrem Verwaltungsstrafregister ersichtlich.
3.5 Die festgestellten Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführerin basieren auf der Aussage des Beschwerdeführervertreters in der mündlichen Verhandlung. Diese erscheinen dem Gericht glaubwürdig, da die Beschwerdeführerin wegen der Betreuung ihrer zwei kleinen Kinder nur Teilzeit im Unternehmen beschäftigt ist.
4. Rechtslage:
4.1 Auszug aus der Verordnung (EU) Nr. 561/2006 in der Fassung vom 02.03.2015 (geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 165/2014):
Art. 8
(1) Der Fahrer muss tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.
(2) Innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit muss der Fahrer eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben.
Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.
(3) Eine tägliche Ruhezeit kann verlängert werden, so dass sich eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit oder eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit ergibt.
(4) Der Fahrer darf zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen. […]
4.2 Auszug aus §28 AZG (in der seit 01.09.2018 und bis heute gültigen Fassung):
§ 28. […]
(5) Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die […]
3. die tägliche Ruhezeit gemäß Art. 8 Abs. 2, 4 oder 5 oder Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren;
[…]
sind, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe gemäß Abs. 6 zu bestrafen.
(6) Sind Übertretungen gemäß Abs. 5 nach Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG als
1. leichte Übertretungen eingestuft oder in diesem Anhang nicht erwähnt, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
a) in den Fällen der Z 1 bis 7 mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1 815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1 815 Euro,
b) im Fall der Z 8 mit einer Geldstrafe von 145 Euro bis 2 180 Euro, im Wiederholungsfall von 200 Euro bis 3 600 Euro;
2. schwerwiegende Übertretungen eingestuft, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 200 Euro bis 2 180 Euro, im Wiederholungsfall von 250 Euro bis 3 600 Euro;
[…]
zu bestrafen.
Gemäß Punkt D5 des Anhang III der Richtlinie liegt, wenn die verkürzte tägliche Ruhezeit zwischen 7 und 8 Stunden betragen hat, ein schwerwiegender Verstoß vor; beträgt sie zwischen 8 und 9 Stunden (Punkt D4), liegt ebenso ein geringfügiger Verstoß vor, wie wenn die nicht verkürzte tägliche Ruhezeit zwischen 10 und 11 beträgt (Punkt D1).
5. Erwägungen:
5.1 Als verantwortliche Beauftrage der C GmbH gemäß § 9 Abs 2 VStG hat die Beschwerdeführerin Verletzungen des Arbeitnehmerschutzes durch diese Firma zu verantworten.
5.2 Gemäß § 28 Abs 5 AZG begeht ein Arbeitgeber eine Verwaltungsübertretung, wenn er die tägliche Ruhezeit gemäß Art. 8 Abs. 2 und/oder 4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewährt. Diese Verordnung sieht vor, dass ein Fahrer innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben muss. Diese hat mindestens 11 Stunden, im Falle einer reduzierten täglichen Ruhezeit mindestens 9 Stunden zu betragen. Zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten darf der Fahrer höchstens 3 reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen.
In seiner Entscheidung vom 04.07.2002 führt der Verwaltungsgerichtshof aus, aus den Formulierungen des AZG („über … hinaus einsetzen“, „entgegen … heranziehen“ und „… nicht gewähren“) könne nicht geschlossen werden, dass die in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen nur durch ein aktives Verhalten verwirklicht werden könnten. Es genüge vielmehr ein fahrlässiges Verhalten, das im Unterlassen entsprechender Kontrollen und Maßnahmen bestehen kann (vgl. VwGH 2000/11/0123).
Auch erfüllt das angefochtene Straferkenntnis die von § 44a Z1 VStG normierten Erfordernisse des Strafausspruches. Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Umschreibung der Tat so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist (vgl. VwGH Zl 88/03/0043).
Aus den Tatumschreibungen geht eindeutig hervor, der Beschwerdeführerin wird angelastet, dass sie die in den Spruchpunkten 1 bis 4 genannten Lenker als Arbeitnehmer entgegen dem Arbeitszeitgesetz beschäftigt hat, ohne entsprechend der für die Arbeitgeberin aufgrund des AZG bestehenden Verpflichtung dafür Sorge getragen zu haben, dass diese Lenker nicht gegen die gesetzlichen Vorgaben zu den Lenk- und Ruhezeiten verstoßen. Auch geht daraus hervor, wann diese Taten begangen worden sind, sowie dass der Unternehmensstandort der Tatort war. Dass die Tatbeschreibung nur darauf Bezug nimmt, die Beschwerdeführerin habe als Arbeitgeberin die Arbeitszeit der Lenker nicht so geplant, dass diese die jeweils einschlägigen Vorschriften betreffend die einzuhaltenden Lenk- und Ruhezeiten einhalten konnten begründet keine Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses, sondern lässt sich durch die vorgenommene Spruchkorrektur berichtigen.
5.3 Entgegen des Vorbringens der Beschwerdeführerin ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes für die Beurteilung der Ruhezeit nicht der Zeitraum zwischen zwei Lenkzeiten heranzuziehen, sondern wie explizit von Art 8 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 angeordnet, der 24-Stunden-Zeitraum „nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit“ ausschlaggebend. Wenn auch zu Spruchpunkten 1-3 festgestellt wurde, dass die Lenker nach Ende des festgestellten Zeitraumes weiterhin Ruhezeit eingehalten haben, so ändert es nicht den Umstand, dass sie innerhalb der gegenständlichen 24 Stunden (seit Ende der letzten Ruhezeit) nicht die vorgeschriebene Ruhezeit von 11 Stunden bzw. 9 Stunden eingehalten haben. Auch in seiner authentischen Fassung (in englischer Sprache) stellt der Wortlaut der Verordnung auf den 24-Stunden-Zeitraum seit Ende der letzten täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit ab. Eine andere Auslegung zum Begriff der vorgeschriebenen täglichen Ruhezeit lässt daher der klare und eindeutige Wortlaut des Art 8 leg cit nicht zu.
5.4 Hieraus folgt, wie unter Punkt 2.2 festgestellt, haben die Lenker die gemäß Art. 8 Abs 2 und 4 der EG-VO Nr. 561/2006 vorgeschriebene tägliche Ruhezeit von mindestens 11 ununterbrochenen Stunden oder die höchstens 3-mal zwischen zwei wöchentlichen Ruhen zulässige reduzierte tägliche Ruhezeit von mindestens 9 ununterbrochenen Stunden jeweils an den unter Spruchpunkt 1 bis 4 angeführten Tatzeitpunkten unterschritten.
Die objektive Tatseite des der Beschwerdeführerin angelasteten Deliktes ist daher erfüllt.
5.5 Die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Verwaltungsübertretung gehört, da zu ihrer Strafbarkeit weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr erforderlich ist, zu den Ungehorsamsdelikten, bei denen im Sinne des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 VStG die Täterin zu beweisen hat, dass ihr die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne ihr Verschulden unmöglich gewesen ist. Die Beschwerdeführerin muss daher zu ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung dartun und nachweisen, warum es ihr ohne ihr Verschulden unmöglich gewesen ist, diese Vorschriften einzuhalten (vgl. VwGH vom 24. Mai 2007, Zl. 2006/09/0086). Dies kann die Beschwerdeführerin durch Glaubhaftmachung des Vorhandenseins eines wirksamen Kontrollsystems erreichen.
Eine Verantwortliche nach § 9 Abs. 1 VStG ist hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften verpflichtet, ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen, wozu es etwa gehört, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, dass sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen. Nur wenn die Verantwortliche nach § 9 Abs. 1 VStG glaubhaft macht, dass ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm sein Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (VwGH vom 29. März 2011, 2007/11/0256).
Ein wirksames Kontrollsystem verlangt nicht die ständige Beaufsichtigung jedes Arbeitnehmers, sondern das Treffen von Maßnahmen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (VwGH vom 9.2.2015, Ra 2015/02/0014).
Gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern muss ein entsprechendes Kontrollsystem Platz greifen, weil nicht völlig darauf vertraut werden kann, dass eingewiesene, laufend geschulte und ordnungsgemäß ausgerüstete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedenfalls den Rechtsvorschriften Genüge leisten (VwGH 20.3.2018, Ra 2017/03/0092).
Schulungen und Betriebsanweisungen als Vorsorge vermögen gegebenenfalls ein Kontrollsystem zu unterstützen, aber nicht zu ersetzen (VwGH Ra 2017/02/0240).
Die Beschwerdeführerin konnte Schulungen sowie Verwarnungen für Verstöße der verfahrensgegenständlichen Lenker glaubhaft machen. Die Lenker werden von ihrer Arbeitgeberin geschult, wie die Vorschriften bezüglich Lenk- und Ruhezeiten lauten und werden dazu angehalten, diese einzuhalten. Schulungen zu den geltenden Vorschriften und disziplinäre Konsequenzen für Mitarbeiter bei Verstößen sind wie aus den höchstgerichtlichen Entscheidungen ersichtlich, gute Begleitmaßnahmen für ein Kontrollsystem. Für sich alleine reichen diese Maßnahmen jedoch nicht aus. Vielmehr geht aus der dem Gericht vorgelegten eidesstattlichen Erklärung des Herrn H hervor, dass die Arbeitgeberin die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten nicht kontrolliert, sondern erst im Falle des Bekanntwerdens eines Verstoßes (hier: durch die Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat) mit disziplinären Konsequenzen reagiert. Es bedarf jedoch der Kontrolle der Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch den Arbeitgeber, um die Begehung von Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten. Eine solche Kontrolle findet im Unternehmen nicht statt. Ein funktionierendes Kontrollsystem wurde von der Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht. Die subjektive Tatseite jener der Beschwerdeführerin angelasteten Delikte ist somit erfüllt.
6. Zur Strafhöhe:
6.1 Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten der Beschwerdeführerin sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
6.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Behörde habe ihr rechtswidrigerweise jeweils ein Delikt pro eingesetzten Fahrer vorgeworfen. Es liege jedoch insgesamt nur ein Delikt vor, welches die Einsatzplanung für alle Fahrer des Unternehmens betreffe.
Hierzu ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach bei der Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften in Ansehung mehrerer Arbeitnehmer auch mehrere Delikte vorliegen. Liegen zwischen Tathandlungen gleicher Art in Ansehung desselben Arbeitnehmers nicht mehr als zwei Wochen (enger zeitlicher Zusammenhang), so könne jedenfalls von einem fortgesetzten Delikt ausgegangen werden (vgl. VwGH Ra 2017/11/0066).
Die belangte Behörde ging daher aufgrund der Tatsache, dass die Übertretungen hinsichtlich vier Arbeitnehmer stattgefunden haben, zu Recht von vier einzelnen Delikten aus und waren die Geldstrafen hierfür nebeneinander zu verhängen.
6.3 Wie festgestellt, hielten die Lenker (im Fall der Spruchpunkte 1 – 3) nach Ende des zur Beurteilung der Ruhezeit herangezogenen 24-Stunden-Zeitraumes weiterhin Ruhezeit ein. Aufgrund dessen beantragte die Beschwerdeführerin das Absehen von einer Geldstrafe und die Einstellung des Verfahrens einhergehend mit einer Ermahnung.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Ermahnung und Einstellung des Verfahrens iSd § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG nur in jenen Fällen in Betracht, in welchen die Voraussetzungen - geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden - kumulativ vorliegen (vgl. VwGH Ra 2018/02/0289).
Eine Ermahnung scheidet demnach aus, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht als gering einzustufen ist. Die von den gegenständlich angewendeten Rechtsnormen geschützten Rechtsgüter sind die Verkehrssicherheit und der Arbeitnehmerschutz. Durch zu lange Lenkzeiten und nicht ausreichende Ruhezeiten von LKW-Fahrern kann es zu überaus schweren Verkehrsunfällen mit gravierenden Folgen kommen. Ebendiese sollen durch die strengen Lenk- und Ruhezeiten verhindert werden. Weiter dienen diese Vorschriften dem Schutz der Arbeitnehmer vor übermäßiger Inanspruchnahme ihrer Arbeitskraft durch den Arbeitgeber. Die Gesundheit der Arbeitnehmer soll geschützt und ihr Anspruch auf Freizeit gesichert werden. Auch ist ein Hinweis auf die vom Gesetzgeber angenommene hohe Bedeutung dieser geschützten Rechtsgüter in der teils beträchtlichen Höhe des vorgesehenen Strafrahmens und in der Vorsehung einer Mindeststrafe zu erkennen. In Anbetracht der großen Bedeutung der von den angewendeten Bestimmungen geschützten Rechtsgüter kommt eine Einstellung des Verfahrens mit einer Ermahnung gemäß § 45 Abs 1 letzter Satz VStG nicht in Frage.
6.4 Gemäß § 28 Abs 6 AZG werden die Verstöße gegen die EU-Verordnungen (Nr. 561/2016 und Nr. 165/2014) anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG nach ihrer Schwere in vier Kategorien (schwerste Verstöße – sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und erhöht sich im Wiederholungsfall.
Im Zeitpunkt der Bescheiderlassung ging die belangte Behörde zutreffenderweise vom Vorliegen einschlägiger Verwaltungsvorstrafen der Beschwerdeführerin aus, weshalb die Behörde das höhere Strafmaß für den Wiederholungsfall gemäß § 28 Abs 6 AZG heranzog.
Mittlerweile trat Tilgung dieser einschlägigen Verwaltungsvorstrafen der Beschwerdeführerin ein, weshalb diese für die Strafbemessung nicht mehr heranzuziehen sind. Es handelt sich daher nicht mehr um die Tatbegehung im Wiederholungsfall, sondern ist der für den Fall der Erstbegehung vorgesehene niedrigere Strafrahmen anzuwenden.
Dieser beträgt gemäß § 28 Abs 6 Z 2 AZG für einen wie in Spruchpunkt 1 vorliegenden schwerwiegenden Verstoß € 200,- bis € 2.180,-. Im Fall der Spruchpunkte 2 bis 4 handelt es sich um geringfügige Verstöße, welche gemäß Z 1 lit a leg cit mit einer Geldstrafe zwischen € 72,- und € 1.815,- zu bestrafen sind.
6.5 Es wurde festgestellt, dass in den unter Spruchpunkt 1 bis 3 angelasteten Fällen die Lenker nach Ende des angelasteten Zeitraumes weiterhin Ruhezeit einhielten. So vermag diese Tatsache an der Strafbarkeit des gegenständlichen Sachverhalts nichts zu ändern. Jedoch ist festzuhalten, dass aufgrund der Einhaltung von weiterer Ruhezeit des Lenkers nach Ende des inkriminierten Zeitraumes keine Gefährdung anderer Personen stattgefunden hat, so dass die zu Tage tretende Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit als vergleichsweise gering einzustufen ist.
Die Überschreitung der Lenkzeiten war in dieser Form auch nicht von der Beschwerdeführerin bezweckt. Aufgrund längerer Wartezeiten bei Milchsammelfahrten ist die Unterschreitung der Ruhezeit entstanden. So ist der Beschwerdeführerin zwar Verschulden anzulasten, weil sie Maßnahmen und Kontrollen zur Vermeidung von Arbeitszeitverletzungen unterlassen hat, dieses Verschulden ist jedoch als verhältnismäßig gering zu werten.
Auch ist für das erkennende Gericht ersichtlich, dass es sich bei den angelasteten Delikten um Einzelfälle handelt. Über die Beschwerdeführerin wurde in den letzten fünf Jahren keine Strafe wegen Verletzung des AZG verhängt. Diese Tatsache spricht dafür, dass die Beschwerdeführerin durchaus um die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten in der C GmbH bemüht ist. Auch dieser Umstand deutet auf ein nur geringes Verschulden der Beschwerdeführerin hin.
Der Milderungsgrund der Unbescholtenheit kommt der Beschwerdeführerin aufgrund der 23 noch ungetilgten Eintragungen in ihrem Verwaltungsstrafregister nicht zugute. Auch sind seit dem Zeitpunkt der Tatbegehung noch 2 weitere Verwaltungsstrafen über die Beschwerdeführerin rechtskräftig verhängt worden.
6.6 Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Ein solches Überwiegen lag nicht vor.
Die Neubemessung der Strafen in Höhe der Mindeststrafe war für die Spruchpunkte 1 bis 3 unter Abwägung aller Umstände und in Anbetracht des geringen Verschuldens der Beschwerdeführerin und des geringen Eingriffs in das geschützte Rechtsgut tat- und schuldangemessen.
Im Falle des Spruchpunktes 4 war eine Reduzierung der Strafhöhe auf die Mindeststrafe nicht möglich. Zwar handelt es sich wie auch unter den Spruchpunkten 1 bis 3 ausgeführt um geringes Verschulden der Beschwerdeführerin. Jedoch war der Eingriff in das geschützte Rechtsgut nicht als derart gering zu werten, wie in den anderen Fällen. Nach Ende des vorgeworfenen 24-Stunden-Zeitraumes setzte der Lenker seine Arbeit zeitnah wieder fort und lenkte trotz zu spät angetretener und daher nicht ausreichender Ruhepause wieder den Lastkraftwagen. In Anbetracht aller Umstände des Falles und unter Miteinbeziehung der Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführerin ist die neu festgesetzte Geldstrafe in Höhe von € 150,- bei einem Strafrahmen von € 72,- bis € 1.815,- aus spezial- und generalpräventiven Gründen angemessen.
Die Ersatzfreiheitsstrafen waren im Einklang mit den herabgesetzten Geldstrafen zu reduzieren.
6.6 Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens waren gemäß § 64 Abs 2 VStG in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen, jedoch mindestens € 10,- pro festgesetzter Strafe neu zu bemessen. Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren waren aufgrund der teilweisen Stattgebung der Beschwerde keinen Kosten zu bezahlen.
7. Absehen von der mündlichen Verkündung
Von der mündlichen Verkündung der Entscheidung konnte abgesehen werden, da das Verfahren zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht entscheidungsreif war. Dem Beschwerdeführervertreter wurde eine einwöchige Frist zur Vorlage weiterer Unterlagen eingeräumt und von allen Anwesenden wurde auf die mündliche Verkündung verzichtet.
8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung der gesicherten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt.
Schlagworte
Arbeitsrecht; Arbeitnehmerschutz; Verwaltungsstrafe; Arbeitszeit; Lenk- und Ruhezeiten; Transportbereich;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.S.746.001.2020Zuletzt aktualisiert am
11.02.2021