TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/3 93/06/0180

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Veröffentlicht am 03.06.1997
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
BauO Stmk 1968 §69;
BauO Stmk 1968 §70a;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der I-GesmbH in V, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 8. Juli 1993, Zl. A-17-K-7.246/1991-2, betreffend einen Beseitigungsauftrag gemäß § 70a Steiermärkische Bauordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid vom 30. August 1991 wurde der Beschwerdeführerin die Baubewilligung zur Errichtung eines teilweise unterkellerten, zweigeschoßigen aneinandergebauten Lagergebäudes mit Büro- und Personalräumen sowie den dazu erforderlichen Kfz-Abstellflächen auf den Grundstücken Nr. 326/1, 329/1, EZ 2929, Nr. 329/2, EZ 2933, und für einen Teil des Grundstückes Nr. 330, EZ 825, alle KG X, erteilt.

2. Im Zuge amtlicher Erhebungen wurden seitens des Baupolizeiamtes des Magistrates Graz erhebliche Abweichungen hinsichtlich des Ausmaßes und der Konfiguration des tatsächlich errichteten Gebäudekomplexes von dem ursprünglich bewilligten Bauwerk festgestellt. Der Beschwerdeführerin wurde ebenso wie der IH-GmbH schriftlich mitgeteilt, daß insgesamt von einer Identität mit dem genehmigten Projekt nicht mehr gesprochen werden könne. Anstelle von zwei Lagerobjekten sei eine Lagerhalle errichtet worden, die zwar in zwei Brandabschnitte unterteilt sei, deren Ausmaße aber erheblich von den ursprünglich angegebenen abwichen. Darüber hinaus sei die festgesetzte Bauplatzgrenze überbaut worden, sodaß das angeführte Bauvorhaben auch im Widerspruch zur erteilten Widmungsbewilligung stünde.

3. Mit Bescheid vom 3. September 1992 des Magistrates der Landeshauptstadt Graz wurde der Beschwerdeführerin sowie der IH-GmbH (unter der Annahme, daß diese beiden juristischen Personen je zur Hälfte Eigentümer des errichteten Bauwerkes seien) der Abbruch des gesamten für Verkaufs- und Lagerzwecke genutzten Gebäudekomplexes sowie die Entfernung des Abbruchmateriales gemäß § 70a Steiermärkische Bauordnung aufgetragen. In ihrer Begründung führte die erstinstanzliche Behörde aus, daß das errichtete Gebäude hinsichtlich der Außenkonfiguration, der Raumnutzungen, der inneren Raumbildung, der Raumgrößen sowie der Stiegen, der statischen Achsen und der Eingänge völlig abweichend von dem genehmigten Projekt ausgeführt worden sei. Bezugnehmend auf die von der Beschwerdeführerin infolge der Verständigung von den amtlichen Erhebungen vorgelegten "Austauschpläne" stellte die Behörde fest, daß diese "bis auf den Verwendungszweck dem tatsächlich errichteten Gebäudekomplex entsprechen dürften und im Vergleich zum genehmigten Projekt die Unterschiede deutlich machen". Mangels eines zugehörigen ordnungsgemäßen Ansuchens sei es der Baubehörde verwehrt geblieben, in ein neuerliches Genehmigungsverfahren einzutreten.

4. In der gegen diesen Bescheid sowohl von der Beschwerdeführerin als auch von der IH-GmbH erhobenen Berufung wurde der Umstand geltend gemacht, daß im Rahmen des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides ein "Nichteigentümer", nämlich die IH-GmbH, mit der Beseitigung des Gebäudekomplexes beauftragt worden sei. Des weiteren habe es die Behörde verabsäumt, sich an Ort und Stelle und unter Beiziehung eines Sachverständigen ein genaues Bild von den tatsächlichen Gegebenheiten zu verschaffen und habe die Bestimmungen über das Parteiengehör und das Ermittlungsverfahren unberücksichtigt gelassen. Der Bescheid habe die Abtragung des gesamten Gebäudekomplexes zum Ziel und es müßten aus diesem Grunde auch Gebäudeteile abgetragen werden, welche in der ursprünglichen Baubewilligung ihre Deckung fänden. Aufgrund der vorgelegten Austauschpläne hätte es Aufgabe der Behörde sein müssen, anhand der Pläne und Beschreibungen auszusprechen, ob diesbezüglich eine nachträgliche Baubewilligung erteilt werde. Insbesondere sei auf den beigebrachten Baubeschreibungen ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß diese ein Ansuchen um Planänderung darstellten. Gleichzeitig habe die Beschwerdeführerin auf dem zugehörigen Formblatt bezüglich "Ansuchen um:" den Punkt "Planänderung" angekreuzt. Aufgrund dieser Umstände müsse für die Baubehörde erkennbar gewesen sein, daß es sich bei der Eingabe um ein Ansuchen für eine nachträgliche Baubewilligung handle. Insgesamt habe die Beschwerdeführerin alle für eine nachträgliche Baubewilligung erforderlichen Unterlagen vorgelegt.

5. Die belangte Behörde gab der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge, änderte jedoch von Amts wegen den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend ab, daß sich der Abbruchauftrag gemäß § 70a Steiermärkische Bauordnung nur mehr an die Beschwerdeführerin und nicht auch gegen die IH-GmbH richtete. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß die Beschwerdeführerin in der Berufungsschrift glaubhaft darzulegen vermochte, daß ausschließlich sie Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Gebäudekomplexes sei. Bezugnehmend auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin betreffend die Wahrung des Parteiengehörs verwies die belangte Behörde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, derzufolge eine im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs durch die Möglichkeit der Partei saniert werde, in der Berufung und im Zuge des Berufungsverfahrens ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und an der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes mitzuwirken. Es sei daher Sache der Beschwerdeführerin, die bei einer amtlichen Erhebung und im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Feststellungen zu widerlegen. Der Berufungsschriftsatz enthalte jedoch keine derartige Gegendarstellung. Hinsichtlich der von der erstinstanzlichen Behörde gewählten und von der Beschwerdeführerin in der Berufung kritisierten Formulierung "usw." führte die belangte Behörde aus, daß die Verwendung dieser abkürzten Wortfolge im Spruch eines Bescheides, mit welchem eine Verpflichtung auferlegt werde, der im § 59 Abs. 1 AVG geforderten Deutlichkeit nicht entspreche. Im gegenständlichen Fall verwende die Behörde diese Formulierung allerdings in der Begründung nach einer demonstrativen Aufzählung jener Sachverhaltselemente, die zur Entscheidung geführt hätten. Dies sei insoferne unerheblich, als dem Spruch, nicht aber der Begründung bindende Wirkung zukomme. Die belangte Behörde bestätigte die von der ersten Instanz vertretene Auffassung, nach der es sich beim errichteten Gebäude aufgrund der veränderten Situierung, der Außenkonfiguration und der inneren Raumbildung um ein anderes als das ursprünglich genehmigte handle. Finde ein Bau keine Deckung in der erteilten Bewilligung, widerspreche ein baupolizeilicher Beseitigungsauftrag nicht dem Gesetz. Ob die der Baubehörde vorgelegten Austauschpläne ("Offensichtlich zusammen mit einem Ansuchen um Bewilligung des errichteten Gebäudes") dem Baubestand entsprächen, müsse in einem durchzuführenden Bewilligungsverfahren geklärt werden. Die Anhängigkeit eines derartigen Verfahrens hindere die Behörde nicht an der Erlassung eines Beseitigungsauftrages, doch sei bis zum Abschluß eines solchen Verfahrens die Vollstreckung des Auftrages nicht zulässig.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 14/1989 und LGBl. Nr. 42/1991, lautete:

"§ 70 a

Baueinstellung und Beseitigungsauftrag

(1) Bei Maßnahmen, die ohne die erforderliche Bewilligung ausgeführt werden, ist die Baueinstellung zu verfügen; erforderlichenfalls sind die Bauten oder Teile derselben zu schließen. Vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde, sind zu beseitigen. Mündlich verkündete Verfügungen sind schriftlich auszufertigen.

(2) Den Nachbarn steht das Recht zu, die Baueinstellung und die Beseitigung zu verlangen, wenn die Bauarbeiten nach Abs. 1 ihre Interessen (§ 61 Abs. 2) verletzen."

2. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die im Instanzenzug erfolgte Erteilung eines verwaltungspolizeilichen Auftrages auf Beseitigung eines vorschriftswidrigen Baues gemäß § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968. In diesem Verfahren ist die Frage, ob allenfalls für das tatsächlich errichtete Bauwerk eine Baubewilligung erteilt werden kann, nicht entscheidungswesentlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1971, Zl. 1634/71 ua).

Das umfangreiche VORBRINGEN der Beschwerdeführerin ZU DER ihrer Auffassung nach nicht ausreichend erfolgten ERMITTLUNG DES MAßGEBENDEN SACHVERHALTES UND DER NICHTEINRÄUMUNG DES PARTEIENGEHÖRS ist im Lichte dieser Rechtslage zu würdigen.

Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung eines Abtragungsauftrages gemäß § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 ist die Ausführung einer (baulichen) Maßnahme ohne die erforderliche Bewilligung bzw. in Abweichung von einer erteilten Bewilligung (dazu siehe unten, 6.). Soferne die erforderliche Bewilligung nicht vorliegt, kann - ungeachtet des Umstandes, daß allenfalls ein Antrag auf nachträgliche Erteilung der Bewilligung eingebracht wurde - der Abtragungsauftrag ergehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. Jänner 1968, Zl. 1490/67, oder vom 23. Jänner 1992, Zl. 91/06/0131; der Auftrag ist nach dieser Rechtsprechung lediglich während der Anhängigkeit des Bewilligungsverfahrens nicht vollstreckbar). Nach der Rechtsprechung ist dabei weiters Voraussetzung, daß das Bauwerk sowohl zum Zeitpunkt seiner Errichtung als auch zum Zeitpunkt der Erteilung des Bauauftrages bewilligungspflichtig ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1987, 84/06/0221).

3. Insoferne gehen alle Vorwürfe betreffend die mangelnde Überprüfung der nachgereichten Austauschpläne und die fehlende Auseinandersetzung mit einer möglichen nachträglichen Baubewilligung für die Abweichungen ins Leere. Die genannte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zeigt, daß das Abbruchauftragsverfahren gemäß § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 und das Verfahren bezüglich eines Ansuchens um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung voneinander zu trennen sind und - wie die belangte Behörde zu Recht festgestellt hat - nur insoweit zusammenhängen, als ein erteilter Abbruchauftrag bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die nachträgliche Baubewilligung (bzw. nach Erteilung der Baubewilligung) nicht vollstreckt werden darf. Für das Verfahren zur Erteilung des Abbruchauftrages genügt aus den dargelegten Gründen daher die Ermittlung, ob es sich beim ausgeführten Gebäude um einen vorschriftswidrigen Bau im Sinne des § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 handelt. Zu dieser Frage wurden von den Behörden ausreichende Sachverhaltsfeststellungen durchgeführt, weshalb nicht von mangelnden Entscheidungsgrundlagen die Rede sein kann.

4. Soweit die Beschwerdeführerin auch die Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, ist folgendes auszuführen: der Vorwurf der Verletzung des Parteiengehörs bezieht sich offensichtlich auf das Verfahren erster Instanz. Er ist insofern nicht berechtigt, als die Beschwerdeführerin aufgrund der Mitteilung der Behörde erster Instanz vom 22. Mai 1991 betreffend das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Abgesehen davon hatte die Beschwerdeführerin, selbst wenn man darin einen Verfahrensmangel erblicken möchte, daß in dem genannten Schreiben die Beschwerdeführerin nicht formell unter Hinweis auf § 45 Abs. 3 AVG zur Abgabe einer Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs aufgefordert wurde, Gelegenheit, in der Berufung ihr Vorbringen zu erstatten. Die belangte Behörde hat ihre Berufungsentscheidung hinsichtlich des maßgeblichen Sachverhalts mit Ausnahme der Eigentumsfrage auf dem Boden der Sachverhaltsfeststellungen der Behörde erster Instanz getroffen; insoweit kann somit die Beschwerdeführerin auch durch die Unterlassung der Einräumung einer formellen Stellungnahmemöglichkeit durch die belangte Behörde nicht in Rechten verletzt sein. Abgesehen davon hat es die Beschwerdeführerin verabsäumt darzulegen, was sie im Falle der Gewährung des ihres Erachtens nach verletzten Parteiengehörs vorgebracht hätte und inwieweit der von ihr geltend gemachte Verfahrensmangel möglicherweise von Einfluß auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides gewesen sein konnte. Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Pflicht des Beschwerdeführers darzutun, inwiefern die belangte Behörde bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise die belangte Behörde bei Einräumung einer weiteren Stellungnahmemöglichkeit zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Es besteht somit kein Grund für eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.

5. Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt die Beschwerdeführerin im Fehlen einer ordnungsgemäßen Begründung für die Annahme der Behörde, daß aufgrund der Änderungen der Außenkonfiguration etc. kein Zusammenhang mit dem bewilligten Gebäudekomplex bestehe. Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Im Zuge amtlicher Erhebungen wurden die sowohl im erst- als auch im zweitinstanzlichen Bescheid beschriebenen Abweichungen hinsichtlich Außenkonfiguration, innerem Raumbild, statischen Achsen etc. vom mit Bescheid vom 30. August 1991 bewilligten Gebäudekomplex festgestellt.

Der angefochtene Bescheid ist nach Auffassung der Beschwerdeführerin aufgrund der Anwendung dieser Bestimmung deshalb als verfehlt anzusehen, da nach § 70a Steiermärkische Bauordnung unterschieden werden müsse, ob ein Bau gänzlich ohne Bewilligung oder lediglich dem Bewilligungsbescheid nicht in allen Punkten entsprechend errichtet worden sei. Der Auftrag in der bestehenden Form bedeute die Verpflichtung der Beschwerdeführerin, auch rechtskräftig bewilligte Bauwerkteile abzutragen.

Die entscheidende Frage ist, ob bei Abweichungen von einer Baubewilligung die Behörde gemäß § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 nur die Herstellung des konsensgemäßen Zustandes oder die gänzliche Beseitigung auftragen kann. Wenn § 70a zweiter Satz Steiermärkische Bauordnung 1968 von der Beseitigungspflicht von "vorschriftswidrigen Bauten" spricht, so ermöglicht dieser Gesetzeswortlaut in Ermangelung einer Differenzierung - etwa zwischen vorschriftswidrigen Bauten, die in Abweichung von einer Baubewilligung errichtet wurden und anderen Bauten - auch baupolizeiliche Aufträge für Gebäude, die in Abweichung von einem für ein anderes Projekt erteilten Konsens errichtet wurden. Der Auftrag bezieht sich aber nach dem Gesetzeswortlaut auf den vorschriftswidrigen Bau als solchen, nicht etwa auf einzelne Abweichungen von dem ursprünglich erteilten Konsens. Wie sich aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu baupolizeilichen Aufträgen nach den Bauordnungen der Bundesländer ergibt, besteht hinsichtlich der Erteilung baupolizeilicher Aufträge insoweit eine strenge Bindung an das Gesetz, als sich die Behörden sowohl bei Beurteilung der Voraussetzungen als auch hinsichtlich des Inhaltes des Auftrages genau an die jeweilige gesetzliche Ermächtigung zu halten haben. Ausdrückliche Vorschriften über etwaige Aufträge zur Durchführung von Änderungen an Bauten, die in Abweichung von einer Baubewilligung errichtet wurden, enthält die Steiermärkische Bauordnung 1968, sieht man von § 69 betreffend geringfügige Abweichungen ab, nicht. Daß jedoch die vorliegenden Abweichungen derartige geringfügige Abweichungen im Sinne des § 69 Steiermärkische Bauordnung gewesen wären, behauptet auch die Beschwerdeführerin nicht.

Eine von der Beschwerdeführerin geforderte "Teilbeseitigung" und Herstellung des konsensgemäßen Zustandes käme nur dort in Betracht, wo Teile eines Bauvorhabens von einem anderen Teil rechtlich und auch tatsächlich trennbar sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1993, Zl. 93/06/0001, in dem die Beseitigung eines zusätzlich errichteten von der ursprünglichen Genehmigung nicht erfaßten Obergeschoßes aufgetragen wurde).

Wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, handelt es sich bei dem von der Beschwerdeführerin errichteten Lagergebäude aber um ein von den ursprünglich bewilligten Plänen völlig abweichendes aliud, sodaß eine allfällige Trennbarkeit, wie sie in dem genannten Erkenntnis angenommen wurde, und damit verbunden die Möglichkeit, einen nur auf einen Teil des Bauwerkes bezogenen Beseitigungsauftrag zu erteilen, nicht in Betracht kommt.

6. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin war es schließlich seitens der belangten Behörde im Entscheidungszeitpunkt unzulässig, den angefochtenen Bescheid zu erlassen. Es hätte zunächst das laufende Bewilligungsverfahren erledigt werden müssen. Darüber hinaus sei eine Umwidmung des Grundstückes, welches überbaut wurde, rechtskräftig erfolgt.

Auch zu diesen Ausführungen ist auf die nach der Rechtsprechung getroffene Unterscheidung zwischen dem Abbruchauftragsverfahren und einem (nachträglichen) Baubewilligungsverfahren hinzuweisen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat auch § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 nichts daran geändert, daß der Beseitigungsauftrag auch während der Anhängigkeit eines (nachträglichen) Baubewilligungsverfahrens erteilt werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1990, Zl. 90/06/0042). Ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren steht somit der Erlassung eines Beseitigungsauftrages nach § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 nicht entgegen.

Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor.

7. Aus den genannten Gründen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6 Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1993060180.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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