Entscheidungsdatum
20.11.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
L515 2231938-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hermann LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumsservice, Landesstelle XXXX , vom 04.05.2020, OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Die beschwerdeführende Partei (nachfolgend auch „bP“) ist im Besitz eines Behindertenpasses (festgestellter Grad der Behinderung: 50 v.H.) und beantragte bei der belangten Behörde („bB“) am 13.11.2019 (eingelangt am 19.11.2019) unter Beifügung eines Befundkonvolutes die Ausstellung eines Parkausweises gem. § 29b StVO.
I.2. Die bP wurde am 29.01.2020 einer Begutachtung durch eine medizinische Sachverständige zugeführt; gemäß diesem Sachverständigengutachten vom 08.03.2020 wurden die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung als nicht zutreffend erachtet. Mit Schreiben vom 10.03.2020 wurde der bP dieses Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Eine Stellungnahme langte nicht ein.
I.3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.05.2020 wurde der Antrag der bP vom 19.11.2019 abgewiesen; die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" liegen nicht vor.
I.4. Gegen diesen Bescheid erhob die bP mit Schreiben vom 30.05.2020 Beschwerde.
I.5. Mit Schreiben vom 15.06.2020 erfolgte die Beschwerdevorlage durch das Sozialministeriumservice, sie langte am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.6. Seitens des Verwaltungsgerichts wurde im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen von der bereits im Verwaltungsverfahren mit der Rechtssache befassten Sachverständigen eine Gutachtensergänzung eingeholt. Mit Schreiben vom 31.08.2020 wurde der bP diese Ergänzung im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Eine Stellungnahme langte nicht ein.
I.7. Die Beratung und Abstimmung im nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgte am 28.10.2020.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Die bP ist österreichischer Staatsbürger und an der im Akt ersichtlichen Adresse wohnhaft.
1.2. Die bP ist seit 19.11.2019 im Besitz eines Behindertenpasses (GdB 50 v.H.).
1.3. Am 29.01.2020 erfolgte im Auftrag des Sozialministeriumservice eine Begutachtung durch eine ärztliche Sachverständige (FÄin für Chirurgie), welches nachfolgenden relevanten Inhalt aufweist:
„…
Derzeitige Beschwerden:
Das Hauptproblem ist die Atemnot, bergauf schafft er 1 Stockwerk, danach muss er eine Pause machen, um Luft zu holen. In der Ebene geht er ohne Hilfsmittel ca. 150 Meter. Große Probleme machen ihm auch die zunehmenden Unterschenkelödeme beidseits. Die Sehstörung ist seit Erhöhung der Medikamente nicht mehr aufgetreten. Schmerzen hat er auch im unteren Rücken ohne wesentliche Schmerzausstrahlung oder Taubheitsgefühl.
Schmerzen hat er nach wie vor nach dem Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule mit Schmerzausstrahlung in beide Schultern. Ein Taubheitsgefühl in den Fingern hat er nicht. Auch auf Nachfrage werden keine weiteren Beschwerden geschildert;
[…]
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1) Herzschwäche bei Aortenklappeneinengung, Z.n. biologischem Aortenklappenersatz 10/2019, aortokoronarer Bypass im Rahmen der Aortenklappenoperation, Z.n. Koronarangiographie 08/2017, paroxysmales tachykardes Vorhofflimmern mit laufender Blutverdünnung, Aortenaneurysma mit 4,6 cm Querdurchmesser;
Belastugsdyspnoe, laufende Blutverdünnung, Unterschenkelödeme bds. im letzten Herzecho von 11/2017 EF 60 - 65%;
Pos. Nr. 05.06.03, GdB 50 %
2) Lungenemphysem mit unklarem Lungenrundherd in einer Emphysembulla, Z.n. Pulmonalarterienembolie rechter Oberlappen, Lungenentzündung beidseits mit septischem Schock 03/2018;
Hinweis auf obstruktive Ventilationsstörung, FEV1 93%, Rundherd in Abkklärung, keine keine Dauertherapie notwendig, die Belastungsdyspnoe wird bei Leiden Nummer 1 berücksichtigt;
Pos. Nr. 06.03.01, GdB 20 %
3) CAVK/ Verschlusskrankheit der hinversorgenden Gefäße ohne Einengung, Amaurosis fugax/fokal visuelle Anfälle;
Beschwerdebesserung nach Anpassung der Blutdruckmedikation;
Pos. Nr. 05.03.02, GdB 20 %
4) Abnützungserscheinungen der Hals- und Lendenwirbelsäule;
Geringgradige Funktionseinschränkung, Bedarfsmedikation ausreichend, keine Wurzelsymptomatik, kein frischer Fachbefund vorliegend;
Pos. Nr. 02.01.01, GdB 20 %
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Führend ist das Leiden Nummer 1 mit 50 %. Die weiteren Leiden steigern aufgrund von Geringfügigkeit nicht weiter. Somit ergibt sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 %.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Z.n. CTS-OP rechts - erfolgreich operiert, keine Parästhesien
Raynaud - Syndrom - aktuell keine Beschwerden, keine Behandlungsnotwendigkeit
Leistenhernie links - bereits 2014 erfolgreich operativ saniert
Gastritis - bereits 2014 behandelt, keine aktuellen Beschwerden geschildert
Z.n. Hörsturz beidseits - keine Höreinschränkung geschildert, kein Fachbefund vorliegend;
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Erstgutachten.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Erstgutachten.
Dauerzustand
Nachuntersuchung 01/2022 - Besserung bei Leiden Nummer 1 unter geeigneter Therapie notwendig.
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Trotz eines Herz- und Wirbelsäulenleidens können kurze Wegstrecken selbständig und ohne Hilfsmittel zurückgelegt werden. Das Ein- und Aussteigen in öffentliche Verkehrsmitte, die Sitzplatzsuche und die Benutzung von Haltestangen und -griffen ist möglich.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? Eine schwere Erkrankung des Immunsystems liegt nicht vor.
…“
1.4. Mit Schreiben vom 30.05.2020 erhob die bP gegen diesen Bescheid Beschwerde und bestritt den Erhalt eines Schreibens, mit dem ihr Parteiengehör gewährt worden sei. Sie kämpfe mit Atemproblemen und leide unter einer Weißfingerkrankheit (eig. Anmerkung: laut öffentliche zugänglichen Quellen treten bei der Weißfingerkrankheit, auch Raynaud-Syndrom (Morbus Raynaud) attackenartig Durchblutungsstörungen auf, die vor allem die Finger betreffen. Diese werden dann blass und kalt, können sich taub anfühlen oder sogar schmerzen. Meist sind die Beschwerden harmlos). Sie habe eine Herzklappe und massive Rückenprobleme. Außerdem habe sie eine Lungenembolie und eine Lungenentzündung überstanden. Aus all diesen Gründen sei sie auf ihr Auto angewiesen.
1.5. Seitens des Verwaltungsgerichts wurde im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen von der bereits im Verwaltungsverfahren mit der Rechtssache befassten Sachverständigen eine Gutachtensergänzung eingeholt, in der wie folgt ausgeführt wird:
1) Zur Frage, wie sich der unbestimmte Begriff der „kurzen Wegstrecke“ definiert:
Der Begriff der „kurzen Wegstrecke“ bemisst sich konkret in einer Wegstrecke von 400 m. Die Angaben des Antragstellers über die von ihm zurücklegbare Wegstrecke von 150 m ohne Hilfsmittel sind subjektiv.
2) Zur Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und der vorgelegten Befunde:
Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Die Herzerkrankung, die Beinschwellungen, die Lungenerkrankung und die Abnützungserscheinungen an der Wirbelsäule schränken die Mobilität zwar ein, jedoch nicht in einem erheblichen Ausmaß. Eine Gehstrecke von 400 m ist Herrn XXXX derzeit von medizinischer Seite noch möglich. Die Beinschwellungen sind durch das konsequente Tragen von Kompressionsstrümpfen Verbesserer - eine Bewegungseinschränkung der Gelenke durch die Schwellung ist nicht erlebbar. Stufen kann er mit Handlauf überwinden. Unter der beschriebenen Atemnot leidet er nur beim Überwinden von mindestens einem Stockwerk. Daher ist auch das Ein- und Aussteigen aus einem öffentlichen Verkehrsmittel durchführbar. Ebenso bestehen keine klinischen Hinweise, dass die Standfestigkeit aufgrund der vorliegenden Erkrankungen nicht gegeben wäre. Ein Hilfsmittel zur Fortbewegung verwendet er nicht. Eine gefahrlose Beförderung ist daher möglich.
1.6. Mit Schreiben vom 31.08.2020 wurde der bP die ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme langte nicht ein.
1.7. Der gutachterlich festgestellte Gesundheitszustand der bP wird zu den Feststellungen im gegenständlichen Erkenntnis erhoben.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen und ist festzuhalten, dass es durch die erfolgte Ergänzung des seitens der bP eingeholten Gutachtens durch das ho. Gericht zu keinem neuen Sachverhalt im Verfahren kam, sondern dass die Ausführungen zum unverändert vorliegenden Sachverhalt lediglich konkretisiert wurden.
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das gegenständlich eingeholte Sachverständigengutachten vom 08.03.2020 sowie die Gutachtensergänzung vom 23.08.2020 der medizinischen Sachverständigen schlüssig, nachvollziehbar und weist keine relevanten Widersprüche auf.
Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen. Das Gutachten beruht auf einer klinischen Untersuchung unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde; es ist ausführlich begründet, schlüssig und nachvollziehbar, auch weist es keine Widersprüche auf. Es wird auf die Art der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Ausmaß eingegangen sowie insbesondere die Auswirkungen auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel beurteilt.
Die Sachverständige stellt schlüssig und nachvollziehbar dar, dass keines der vorliegenden Leiden eine Ausprägung erreicht, die der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Wege steht.
Das eingeholte Sachverständigengutachten samt Gutachtensergänzung steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
In dem Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. In ihren Ausführungen trat die bP dem Sachverständigengutachten nicht substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen bzw. zeigte sie keine Ungereimtheiten auf.
Auch war dem Vorbringen kein Anhaltspunkt zu entnehmen, welcher sich als geeignet darstellen würde, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Es lag daher kein Grund vor, von den in ihrer Gesamtheit schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen abzugehen.
Die bP bringt in der Beschwerde vor, dass sie mit Atemproblemen kämpfe, unter einer Weißfingerkrankheit leide, eine künstliche Herzklappe erhalten, sowie eine Lungenembolie und Lungenentzündung überstanden habe und unter massiven Rückenschmerzen leide.
Im Gutachten vom 08.03.2020 sowie die ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen vom 23.08.2020 wird nicht verkannt, dass die bP auf Grund ihrer Herzerkrankung, den Beinschwellungen, der Lungenerkrankung und der Abnützungserscheinungen an der Wirbelsäule in ihrer Gehleistung eingeschränkt ist. Auf Grund der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und der vorgelegten Befunde ist die Gehstrecke von 400 m der bP derzeit von medizinischer Seite (noch) möglich. Der Zustand aufgrund der Beinschwellungen ist durch das konsequente Tragen von Kompressionsstrümpfen verbesserbar; eine Bewegungs-einschränkung der Gelenke durch die Schwellung ist nicht erlebbar. Stufen kann die bP unter Zuhilfenahme eines Handlaufs überwinden. Unter der beschriebenen Atemnot leidet er nur beim Überwinden von mindestens einem Stockwerk. Daher ist auch das Ein- und Aussteigen aus einem öffentlichen Verkehrsmittel durchführbar. Ebenso bestehen keine klinischen Hinweise, dass die Standfestigkeit aufgrund der vorliegenden Erkrankungen nicht gegeben wäre. Ein Hilfsmittel zur Fortbewegung verwendet die bP nicht. Eine gefahrlose Beförderung ist daher möglich. Die bP verneint auch bei der Schilderung ihrer derzeitigen Beschwerden ein Taubheitsgefühl in den Fingern.
Sofern die bP bei der Schilderung ihrer derzeitigen Beschwerden im Rahmen der klinischen Untersuchung meint, dass er in der Ebene ohne Hilfsmittel ca. 150 m gehen kann, ist dies laut der Sachverständigen das subjektive Empfingen der bP, zumal dies weder in der klinischen Untersuchung noch in den vorgelegten Befunden Deckung findet.
Der Wunsch nach einer weiteren Untersuchung ist im gegenständlichen Fall als Erkundungsbeweis im Sinne der Rechtsprechung zu werten, zumal eine solche Untersuchung nicht dazu dient, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern ihr erst ermöglichen soll, ein solches zu erstatten (vgl. VwGH vom 16.10.2002, 2002/03/0026, vom 09.09.2016, Ra 2014/02/0059). Der Pflicht der Behörde zur amtswegigen Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes ist jedoch die Mitwirkungspflicht der Partei gegenübergestellt, der insbesondere dort Gewicht zukommt, wo ihr eine bessere Kenntnis der Sachlage zuzumuten ist (vgl. VwGH vom25.05.2005, 2004/09/0030). Die bP ist dieser Mitwirkungsverpflichtung nicht nachgekommen und hat auch nach Übermittlung des Ergänzungsgutachten keine Befunde nachgereicht.
Wenn die bP in der Beschwerde anführt, dass ihr kein Parteiengehör gewährt wurde, weil sie kein diesbezügliches Schreiben erhalten habe und um nochmalige Übermittlung des Parteiengehörs ersucht, damit sie eine Stellungnahme abgeben kann, ist ihr entgegen zu halten, dass sie im Rahmen der Beschwerde die Möglichkeit hatte, gegen das Gutachten Einwände vorzubringen (VwGH 29.03.2017, Ra 2017/05/0024. Der bP wurde mit Schreiben vom 31.08.2020 die Anfragebeantwortung der im Verfahren beteiligten Sachverständigen vom 23.08.2020 zur Kenntnis gebracht. Die bP hat auch hier keine Stellungnahme abgegeben.
In Bezug auf die Motorik ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014). Auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, kommt es nicht an (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).
Mit ihren Beschwerdeausführungen ist die bP den gutachterlichen Ausführungen weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten noch hat sie Beweise vorgelegt, die die Annahme zulassen würde, die Schlussfolgerungen des Sachverständigen seien unzutreffend. Dies hat sie jedoch unterlassen. Die gutachterlichen Ausführungen wurden von der bP zudem weder bestritten noch wurden Ungereimtheiten oder Widersprüche aufgezeigt, die eine Beeinspruchung auch ohne einem Entgegentreten auf gleichem fachlichen Niveau ermöglicht hätten (vgl. VwGH vom 20.10.2008, 2005/07/0108).
Es bedarf mehr als einer pauschalen Behauptung, also eines gewissen Mindestmaßes an Konkretisierung des Vorbringens, um im Rahmen der freien Beweiswürdigung an der Richtigkeit der Sachverständigengutachten Zweifel zu erwecken bzw. um die Pflicht der Behörde zum weiteren Tätigwerden auszulösen.
Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen.
Gemäß dem Gutachten vom 08.03.2020 und der Anfragebeantwortung vom 23.08.2020 – als objektivem Amtssachverständigengutachten aufgrund der Ermittlung der vorliegenden Gesundheitsschädigungen – ist den Ausführungen der belangten Behörde zu folgen und davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nicht vorliegen.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn […]
Gemäß § 1 Abs 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen: [.…]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Gemäß Abs 5 leg cit bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist dem Behindertenpassinhaber/der Behindertenpassinhaberin, zum Nachweis, dass er/sie über die Eintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ verfügt, die im § 29b Abs 2 bis 4 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159 (StVO), genannten Berechtigungen in Anspruch nehmen kann, ein Parkausweis auszustellen. Die in einem gültigen Behindertenpass enthaltene Eintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit“ ist der Eintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ gleichzuhalten.
Gem. § 29b StVO ist den Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses …, die über die Zusatzeintragung „Unzumubarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ … ein Ausweis auszufolgen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080). Auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, kommt es nicht an (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).
Das Sachverständigengutachten vom 08.03.2020, die Anfragebeantwortung der Sachverständigen vom 23.08.2020 und die Angaben der bP im Verfahren wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Das zitierte Gutachten samt Anfragebeantwortung erfüllt sämtliche der in den angeführten Verordnungen normierten Voraussetzungen.
Mit den Ausführungen im Verfahren, trat die bP den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen nicht substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen.
Die Prüfung, ob die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" vorzunehmen ist, hat entlang der Kriterien der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, (konkret: ob bei der bP
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit
vorliegen) zu erfolgen; die Ausführungen der medizinischen Sachverständigen erweisen sich in dieser Hinsicht als ausreichend.
Gemäß dem angeführten Gutachten vom 08.03.2020 und der ergänzenden Anfragebeantwortung vom 23.08.2020 liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Ziff. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF - und damit die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung - bei der bP nicht vor.
Entscheidungswesentlich ist dabei ausschließlich der Gesundheitszustand der bP selbst. Maßgeblich ist nur, ob erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen vorliegen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorliegt.
Gemäß dem angeführten Gutachten und der Anfragebeantwortung sind derartige Umstände aber nicht gegeben. Die Beschwerdeangaben sind durch die Aussagen der medizinischen Sachverständigen entkräftet.
Das erstellte Gutachten erfüllt auch die im § 4 Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.
Das Sachverständigengutachten und die Angaben der bP im Verfahren wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.
Beim Beschwerdeführer liegen weder entsprechende Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Belastbarkeit vor bzw. konnten keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, es ist auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" gebieten, war eine entsprechende Eintragung in den Behindertenpass, welche wiederum eine Voraussetzung für die Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO darstellt, nicht vorzunehmen.
3.5. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153).
Im vorliegenden Fall haben die Parteien die Durchführung einer Verhandlung durch das Verwaltungsgericht nicht beantragt. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführt wurde, wurde das hierfür eingeholte – auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet und zeigt die bP weder Widersprüche, Ungereimtheiten noch Mängel auf. Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist sohin geklärt, nicht ergänzungsbedürftig und wurden in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10, Ra 2017/11/0288-3, 19.12.2017):
- Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.
- Die bB musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.
- In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem § 46 BBG verstößt.
- Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.
Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind (mit der vom ho. Gericht in Auftrag gegebene Gutachtensergänzung wurde –wie bereits erwähnt- kein neuer Sachverhalt ins Verfahren eingeführt, sondern lediglich die bereits getroffenen Ausführungen zum feststehenden Sachverhalt konkretisiert), konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben.
3.6. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Die zitierte höchstgerichtliche Judikatur stellt sich als einheitlich dar und weicht das ho. Gericht davon nicht ab. Darüber stellen sich die anzuwendenden Rechtstexte als eindeutig dar und stellten sich im gegenständlichen Fall in erster Linie Fragen der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung.
Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L515.2231938.1.00Im RIS seit
11.02.2021Zuletzt aktualisiert am
11.02.2021