Entscheidungsdatum
20.11.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
L515 2231174-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde XXXX , vertreten durch RA XXXX , I. gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX vom 08.11.2019, OB: XXXX , betreffend Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass sowie II. betreffend Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2, § 47, § 54 Abs. 12, Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2, § 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, § 29b Abs. 1 StVO 1960, BGBl 159/1960 iVm § 1 Abs. 4 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, als unbegründet abgewiesen und aufgrund des ermittelten Sachverhaltes festgestellt, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass iSd zitierten Bestimmungen des BBG nicht vorliegen.
B)
I. und II. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
B E S C H L U S S
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX vom 08.11.2019, OB: XXXX beschlossen:
C.) Das Kostenersatzbegehren wird als unzulässig zurückgewiesen.
D.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
I.1. Die beschwerdeführende Partei (nachfolgend auch „bP“) ist seit 08.05.2015 aufgrund eines festgestellten Grades der Behinderung von 50% im Besitz eines Behindertenpasses.
I.2. Am 04.03.2019 beantragte die bP die Neufestsetzung des Grades der Behinderung sowie die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO.
Ein medizinisches Sachverständigengutachten vom 28.06.2019 gelangte zu einer Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung von 50 v.H.
Die Fragen im Hinblick auf die beantragte Zusatzeintragung – Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel – wurden vom Gutachter negativ beantwortet.
I.3. Mit Schreiben vom 01.07.2019 wurde der bP das im Rahmen des Verfahrens eingeholte Gutachten zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Am 19.07.2019 langte bei der belangten Behörde eine Stellungnahme ein, in der die bP ihre Beschwerden der jeweiligen ihrem Dafürhalten entsprechend richtigen Positionsnummer der Einschätzungsverordnung zuordnete. Die bP bemängelte die Untersuchung ausschließlich durch einen Arzt eines Fachgebietes und führte aus, warum ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nach ihrem Dafürhalten unzumutbar sei.
I.4. Seitens der belangten Behörde wurde ihr ärztlicher Dienst mit dem oa. Vorbringen befasst. Eine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung sowie eine Einschränkung hinsichtlich der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde vom leitenden Arzt verneint.
I.5. Mit Schreiben vom 13.08.2019 wurde der bP die im Rahmen des Verfahrens eingeholte Anfragebeantwortung des ärztlichen Dienstes der bB zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Eine Stellungnahme langte nicht ein.
I.6. Mit Bescheid vom 08.11.2019 wurde der Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ nicht vorliegen.
I.7. Mit Schriftsatz vom 23.12.2019 erhob die rechtsfreundliche Vertreterin der bP fristgerecht Beschwerde gegen diesen Bescheid. Moniert wurden Verfahrensmängel.
I.8. Im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin eingeholt. Dieses Gutachten vom 19.03.2020 (Begutachtung am 11.03.2020) kam zu einer Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung von wiederum 50 vH. und stellte abermals fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen.
I.9. Mit Schreiben vom 21.04.2020 wurde der bP das eingeholte Gutachten zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Die rechtfreundliche Vertreterin übermittelte eine entsprechende Stellungnahme samt einer Honorarnote eines Neurologen vom 11.04.2019 sowie eines Arztbriefes einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeutin vom 22.11.2019.
I.10. Da die belangte Behörde das Beschwerdevorentscheidungsverfahren nicht innerhalb der Frist von zwölf Wochen erledigte, wurde die Beschwerde samt Akt dem Bundesverwaltungsgericht mit Begleitschreiben vom 22.05.2020 zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerdevorlage langte am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.11. Die Beratung und Abstimmung im nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgte am 27.10.2020.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die bP ist österreichischer Staatsangehöriger und an der im Akt ersichtlichen Adresse im Inland wohnhaft.
1.2. Im am 28.06.2019 (Untersuchung am 26.06.2019) von einem ärztlichen Sachverständigen (FA für Neurologie und Allgemeinmediziner) erstellten Gutachten wird ein Grad der Behinderung („GdB“) von 50 % festgestellt. Die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde bejaht.
I.3. In der anlässlich des Parteiengehörs übermittelten Stellungnahme vom 17.07.2019 begründet die bP die ihrer Meinung nach unrichtige Einschätzung ihrer Beschwerden. Die Lungenentzündung und Rippfeldentzündung sei ebenso wie PFO und Herzohrthrombus nicht berücksichtigt worden. Die Einschränkung des linken Beines und des rechten Armes bzw. Schulter sowie die psychische Belastung würden einer Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entgegenstehen. Durch die Leukämie liege eine anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.
I.4. Gemäß einer „sofortigen Beantwortung“ einer ärztlichen Sachverständigen der bB vom 13.08.2019 attestierte diese dem monierten Gutachten die Schlüssigkeit und anhand der vorgelegten Befunde eine ausführliche Begründung. Eine Änderung des Grades der Behinderung bzw. zur Stellungnahme in Bezug auf die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Parkausweises sei nur bei Nachreichung von fachärztlichen Befunden über Therapien bzw. weitere Behandlungen durchgehend über einen Zeitraum von mehr als 6 Monate möglich (z.B. wiederholte stationäre Aufenthalte über mehrere Jahre, Rehaaufenthalte). Die Psychotherapie erfolge erst seit wenigen Monaten und die Therapieoptionen wären keinesfalls ausgeschöpft.
I.5. Mit Schriftsatz vom 23.12.2019 erhob die rechtsfreundliche Vertretung Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, mit dem die Neufestsetzung des Grades der Behinderung abgewiesen und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ als nicht vorliegend erkannt wurden. Seitens der rechtsfreundlichen Vertretung wurden Verfahrensmängel moniert und auf einen Befundbericht eines Ordensklinikums vom 20.11.2019 verwiesen, woraus hervorgeht, dass die bP wegen persistierender Durchfallbeschwerden trotz bzw. wegen der diesbezüglich notwendigen Medikation die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar sei.
I.6. Das am 19.03.2020 - im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung - von einer ärztlichen Sachverständigen (Fachärztin für Innere Medizin) erstellte Gutachten weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
"...
Anamnese:
Gutachten 2015 50 %.
Folgegutachten Dr. Kaindlstorfer 06/2019 - weiterhin gesamt 50 % -Nachuntersuchung 06/20.
Antrag für Zuerkennung abgelehnt - Kundeneinwand.
Alle Befunde werden eingesehen.
Wegen chronischer myeloischer Leukämie in regelmäßiger Kontrolle im KH der Bh. Schwestern: seit 2014 regelmäßige Therapie mit Glivec in wechselnder Dosierung wegen Nebenwirkungen. Voriges Monat versuchsweise Umstellung auf Nachfolgepräparat. Wegen erhöhter Nebenwirkungen ( Zunahme der Durchfälle, Hitzegefühl und Fieber ) abgesetzt und wieder auf Glivec umgestellt.
Seit Dezember 2019 2 Infekte gehabt jedoch ohne notwendige Antibiotika-Therapie. 2019 auch keine Antibiotika-Therapie notwendig gewesen. 6-monatliche Kontrolle.
COPD II seit 15 Jahren. Aktiver Raucher.
Labrumruptur rechte Schulter ohne erinnerliches Unfallgeschehen : er könne den Arm oft nicht heben. Der Hausarzt hätte verschiedene Therapien (manuelle Therapie, Infiltration und Physiotherapie ).
12/2018 Mediateilinfarkt bei PFO.
Bisher keine REHA-Aufenthalte.
Wegen Angststörung in fachärztlicher Behandlung mit wöchentlichen Besuchen. Psychotherapie bereits seit 2019. Die Beschwerden hätten sich seit dem Insult verschlechtert. Unter Sertralin trotz 4- bis 5 -monatiger Einnahme keine Besserung subjektiv zu bemerken. Zum Schlafen zusätzlich Halcion. Regelmäßige Psychotherapie.
Derzeitige Beschwerden:
Er hätte sehr intensive Reaktionen auf alle Medikamente.
Im Vordergrund steht die Durchfallneigung, die er mit Enterobene jedoch kontrollieren könne. Die Anlässe für das Auftreten der Durchfälle mit imperativem Stuhldrang sei unklar. Weder Stress noch Ernährung könne er dafür verantwortlich machen. Er müsse oft 6 bis 7 Mal hintereinander auf die Toilette zur kompletten Entleeren. Einlagen würde er nicht verwenden. Ohne Enterobene ( 2 bis 3 Mal pro Woche ) hätte er täglich starke Durchfälle. Auch nächtlicher Stuhlabgang sei möglich. Er mache viele komplementäre Zusatztherapien. Das Gewicht sei konstant. Allergien seien bisher nicht bestätigt worden. Er leide an allgemeiner Erschöpfung, hätte versucht zu arbeiten, ginge jedoch wegen Erschöpfung nicht.
[…]
Klinischer Status – Fachstatus:
[…]
Obere Extremitäten: endlagige Einschränkung der Elevation der rechten Schulter. Kein Reizzustand. Übrige Bewegungsrichtungen frei, linke Schulter frei beweglich. Ebenso Schürzen- und Nackengriff bds. knapp komplett.
Ellbogen-Hand- und Fingergelenke reizfrei und frei beweglich. Der Faustschluss komplett und adäquat kraftvoll.
Gelenke der unteren Extremitäten reizfrei und frei beweglich.
Symmetrisches Muskelkorsett im Bereiche der Extremitäten.
[…]
Gesamtmobilität – Gangbild:
Gang: ausreichende Schrittweite, gute Abrollbewegung, symmetrisches Gangbild, sichere Umwendbewegung, kein Hinweis für Balancestörung.
[…]
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1.) Chronisch obstruktive Lungenerkrankung - COPD Grad II.
Übernahme vom Vorgutachten ( 30 ) bei fehlender Änderung. Keine neuen Befunde.
Pos.Nr. 06.06.02, GdB 30 %
2.) Chronisch myeloische Leukämie unter Dauertherapie.
Unverändert zum Vorgutachten ( 30 ). Befundlage unverändert.
Pos.Nr. 10.03.07, GdB 30 %
3.) Angststörung
Übernahme vom neurologischen Vorgutachten, laufende Psychotherapie seit 2019, keine stationären Aufenthalte, Minimalmediaktion.
Pos.Nr. 03.04.01, GdB 30 %
4.) Degenerative Wirbelsäulenerkrankung.
Übernahme vom Vorgutachten ( 20 ), keine neuen Befunde.
Pos.Nr. 02.01.01, GdB 20 %
5.) Riss des Labrum glenoidale rechtes Schultergelenk.
Übernahme vom Vorgutachten bei unverändertem Befund.
Pos.Nr. 02.06.03, GdB 20 %
6.) Zustand nach Schlaganfall.
Übernahme vom neurologischen Vorgutachten ( 20 ), keine Änderung.
Pos.Nr. 04.01.01, GdB 20 %
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Führendes Leiden ist lfd. Nr. 1. Steigerung wegen negativer funktioneller Wechselwirkung durch Leiden 2 und 3 auf 50. Die übrigen Leiden sind geringfügig und steigern nicht weiter.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Thrombus linkes Herzohr - aktuell keine Konsequenz, eventuelle Auswirkung unter Pos. 6 eingereiht.
Tendinopathia calcarea rechts des M.subscapularis, AC-Arthrose - unter Pos. 5 miteingeschätzt.
Zustand nach Pleuraempyem mit Pneumokokken 1992 - ausgeheilt.
Diarrhoe - Therapiefolge - unter lfd. Nr. 2 miteingeschätzt.
Insomnie - unter Pos. 3 miteingeschätzt.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zum Vorgutachten keinerlei klinische Änderung der bekannten Erkrankungen. Keine neuen Erkrankungen aufgetreten. Unveränderte Einschätzung der Erkrankungen.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Der Gesamtgrad der Behinderung bleibt gleich ( 50 ).
Nachuntersuchung 03/2021 - unter Ausschöpfung der medikamentösen Therapie und unter konsequenter regelmäßiger Psychotherapie Besserung der Angststörung zu erreichen.
[…]
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke in der Ebene von 300 bis 400 m ist ohne Pausen möglich. Ein- und Aussteigen ist nicht behindert. Es besteht keine Balancestörung, damit ausreichende Standsicherheit. Auch das Anhalten ist trotz Einschränkung in einem Schultergelenk kompensatorisch mit der anderen Hand möglich. Die psychiatrische Bestätigung bezüglich Unmöglichkeit ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen auf Grund von Angstzuständen datiert von 06/2019. Zwischenzeitlich Psychotherapie begonnen sowie geringe Medikation - volle Wirksamkeit noch nicht ausgeschöpft. Eine klaustrophobische Störung von fachärztlicher Seite nicht genannt. Somit von Seiten der Angststörung Benützbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel gegeben. Bezüglich Durchfälle als Nebenwirkung der Therapie - diese medikamentös und diätetisch steuerbar. Eine regelmäßige Einlagenversorgung ist nicht notwendig. Es besteht keine Inkontinenz. Somit auch hier ein Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel möglich.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? Liegt nicht vor.
…“
I.7. In ihrer Stellungnahme vom 07.05.2020 moniert die rechtsfreundliche Vertreterin, dass die Zumutbarkeit für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bejaht worden sei, obwohl im vorgelegten Arztbrief der FA. Dr. […] vom 22.11.2019 eine Angststörung diagnostiziert und ausdrücklich festgehalten wurde, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sich die klaustrophobischen Ängste der bP wesentlich verbessern, als gering eingeschätzt wird. Auch der Sachverständige Dr. […] habe in seinem Gutachten vom 26.06.2019 unter Pkt. 8.3. als Diagnose eine Angststörung, wobei Angstzustände in engen räumlichen Situationen bestehen, angeführt. Eine Besserung sei bisher nicht eingetreten. Dr. […] habe bereits am 11. April 2019 die Diagnose „Zustand nach rechtsseitigem Infarkt 12/2018 mit Residualsymptomatik“ gestellt, woraus sich ergibt, dass auch nach erfolgter Therapie diesbezüglich eine weitere zu berücksichtigende Symptomatik mit selbstständigem Krankheitswert bestehe. Ebenso sind die neurologischen Ausfälle im Bereich des linken Beines gegeben, das Anhalten mit einem Arm sei nicht hinreichend sicher möglich, weil der bP dazu die Kraft fehle und überdies ein Gleichgewichtsproblem verursache, was eine Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln unmöglich mache. Auch die Durchfallerkrankung, weswegen die bP rasch und häufig eine Toilette aufsuchen müsse, mache die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln unmöglich. Auch wenn die Wirksamkeit einer Psychotherapie möglicherweise noch nicht ausgeschöpft sei, ändere dies nichts am derzeitigen Status, wonach zumindest derzeit die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel der bP nicht zumutbar sei. Obwohl die vorliegenden Befunde von einer klaustrophobischen Störung sprechen, scheine diese im Gutachten nicht auf. Der Stellungnahme wurde ein Befund von Dr. […], Facharzt für Neurologie vom 11.04.2019 und ein Arztbrief von Dr. […] vom 22.11.2019 beigelegt. Um Berücksichtigung dieser Befunde werde gebeten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in den sonstigen relevanten Unterlagen, insbesondere den durch die bP in Vorlage gebrachten ärztlichen Bescheinigungsmittel, das der Entscheidung zu Grunde liegende Gutachten, dem Parteienvorbringen sowie der Stellungnahme des leitenden Arztes der bB.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305 mwN).
Die bB führte ein im Wesentlichen mängelfreies Ermittlungsverfahren durch und wog die ihr vorliegenden Bescheinigungsmittel –wenn auch in den Ausführungen sehr spartanisch gehalten- in einer schlüssigen und nachvollziehenden Beweiswürdigung richtig ab. Die Ausführungen der bB sind im Ergebnis tragfähig und stellten die nachführenden Ausführungen lediglich Konkretisierungen und Abrundungen der Ausführungen der bB dar.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG; dieser ergibt sich in antragsbedürftigen Verfahren primär aus der Begründung des Antrages) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
In die Erwägungen des ho. Gerichts ist auch miteinzubeziehen, dass ärztlichen Attesten die gleiche Beweiskraft zukommt wie ärztlichen Sachverständigengutachten, zumal es auf die innere Wahrheit eines Beweismittels ankommt (VwSlgNF 2453 A).
Ebenso steht es dem Gericht frei, sich widersprechende Gutachten (Anm.: bzw. dem Beweiswert eines Gutachtens gleichkommende Bescheinigungsmittel) im Rahmen der Beweiswürdigung frei zu würdigen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen (VwGH 11.9.2020, Ra 2018/040189).
Gem. § 46 letzter Satz BBG dürfen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden, woraus sich ergibt, dass neue Beweismittel und Tatsachen, mit denen sich das ho. Gericht auseinanderzusetzen hat, bereits in der Beschwerdeschrift vorgelegt bzw. vorgebracht werden müssen.
Im Licht der der oa. Ausführungen gelangt das ho. Gericht bei Beurteilung jener medizinischer Bescheinigungsmittel, welche es zu beachten hat, zum Schluss, dass das Gutachten vom 19.3.2020 den Gesundheitszustand bzw. den Grad der Behinderung ebenso nachvollziehbar und schlüssig darstellte wie die Frage beantwortet wurde, welche Auswirkungen das die bP betreffende Krankheitsbild bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in seiner Gesamtheit hat. Beim genannten Gutachten handelt es sich um kein Aktengutachten, sondern basiert dieses auf die von der bP der bB zur Verfügung gestellten Befunde, den der Behörde aus ihrer amtswegigen Ermittlungstätigkeit bekannten Umständen, sowie einer Untersuchung der bP am 11.3.2020, bei der sich der Gutachter einen persönlichen Eindruck von der bP verschaffte. Auch steht die Fachkompetenz des Gutachtes außer Zweifel. Beim genannten Gutachten handelt es sich in Bezug auf den Gesundheitszustand der bP somit um die aktuellste und sich auf die breitestete Wissensbasis stützende Quelle aller vorliegenden Erkenntnisquellen, weshalb das ho. Gericht keinen Anlass sieht, seinen Inhalt in tatsächlicher Hinsicht anzuzweifeln.
Die gerichtlichen Feststellungen basieren auf dem seitens der belangten Behörde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Inneren Medizin vom 19.03.2020, welches auf einen im Rahmen einer klinischen Untersuchung erhobenen Befund unter Berücksichtigung und Einbeziehung der vorgelegten Beweismittel beruht, ausführlich begründet, schlüssig und nachvollziehbar ist sowie keine Widersprüche aufweist. Es werden Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen, sowie deren Auswirkungen auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel beschrieben. Der im Rahmen der Stellungnahme vorgelegte Befund eines Neurologen vom 11.04.2019 sowie ein Arztbrief vom 22.11.2019 einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeutin vermochte keine Änderung der Einschätzung der Sachverständigen herbeiführen. So wurde die im besagten Arztbrief beschriebene Angststörung sowie der Hinweis, wonach die Wahrscheinlichkeit, dass sich die klaustrophobischen Ängste nicht wesentlich verbessern, zwar zur Kenntnis genommen, jedoch zunächst festgestellt, dass die psychiatrische Bestätigung bezüglich der Unmöglichkeit ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen auf Grund von Angstzuständen von 06/2019 datiert. Auf Grund der zwischenzeitlich begonnenen Psychotherapie sowie der geringen Medikation wurde die volle Wirksamkeit noch nicht ausgeschöpft. Weiters wies der Gutachter darauf hin, dass eine klaustrophobische Störung von fachärztlicher Seite in der Diagnose nicht genannt wurde. Vor diesem Hintergrund ist somit von Seiten der Angststörung die Benützbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel gegeben. Der Gutachter ist auch auf die in der Stellungnahme angezogenen Durchfälle und die damit einhergehenden Besuche einer Toilette eingegangen und hat festgehalten, dass diese medikamentös und diätetisch steuerbar seien. Eine regelmäßige Einlagenversorgung ist nicht notwendig. Es besteht keine Inkontinenz. Somit ist auch aus diesem Gesichtspunkt ein Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel möglich. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke in der Ebene von 300 bis 400 m ist ohne Pausen möglich. Ein- und Aussteigen ist nicht behindert. Das in der Stellungnahme beschriebene Problem, wonach sich die bP im öffentlichen Verkehrsmittel mangels Kraft mit einem Arm nicht hinreichend sicher anhalten könne und überdies ein Gleichgewichtsproblem verursache, teilt der Gutachter nicht. Entsprechend seiner Einschätzung besteht keine Balancestörung und ist damit eine ausreichende Standsicherheit gegeben. Auch das Anhalten ist trotz Einschränkung in einem Schultergelenk kompensatorisch mit der anderen Hand möglich.
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es dem in der Stellungnahme zitierten Arztbrief von Dr. […] vom 22.11.2019 hinsichtlich der diagnostizierten Angststörung an einer entsprechenden Differenzierung bzw. Konkretisierung fehlt, um welche Angststörung es sich handelt. Dieser Umstand wurde auch vom Gutachter entsprechend gewürdigt und läuft somit der Einwand in der Beschwerde, wonach der Hinweis, dass auf Grund des bisherigen Verlaufes die Wahrscheinlichkeit, dass sich die klaustrophobischen Ängste der bP wesentlich verbessern als gering eingeschätzt wird und dies in der Beweisaufnahme nicht berücksichtigt wurde, ins Leere.
Soweit in der Stellungnahme angemerkt wird, dass der bP seitens des Facharztes für Neurologie bereits am 11.04.2019 die Diagnose „Zustand nach rechtsseitigem Infarkt 12/2018 mit Residualsymptomatik links“ gestellt wurde, was bedeutet, dass auch nach erfolgter Therapie diesbezüglich eine weitere zu berücksichtigte Symptomatik mit selbstständigem Krankheitswert bestehe, unterlässt es die Beschwerde darzulegen, welcher aktuelle Krankheitswert bzw. Leidenszustand damit beschrieben wird, welcher im Gutachten vom 19.3.2020 nicht erfasst wurde. Der angesprochenen Honorarnote ist ein solcher Aussagewert nicht zu entnehmen.
Es ist zwar richtig, dass im Arztbrief von Dr. […] vom 22.11.2019 der Hinweis „[a]uf Grund des bisherigen Verlaufes ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die klaustrophobischen Ängste der bP wesentlich bessern gering“ erscheint, jedoch wurde, wie bereits ausgeführt, eine bereits austherapierte Klaustrophobie nicht explizit diagnostiziert bzw. sind hieraus auch die Schwere und Intensität dieser Ängste nicht erschließbar.
Dem Einwand in der Beschwerde, dass die vorgelegten aktuellen Befunde sowie die ergangenen Stellungnahmen nicht entsprechend berücksichtigt worden seien, kann seitens des ho. Gerichts nicht gefolgt werden. Im Gutachten vom 28.06.2019 als auch im Gutachten vom 19.03.2020 wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. So erfolgte in den erstellten Gutachten der Sachverständigen eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit den von der bP beigebrachten Befunden. So wurde sowohl der Befund der Fachärztin für Psychiatrie vom 23.03.2019 als auch der Entlassungsbericht Neurologie KH b.B. vom 5.12.2018 bis 7.12.2018 im Gutachten vom 28.06.2019 berücksichtigt. Im Gutachten vom 19.03.2020 wurden Befunde von 1991 bis 12.12.2019 berücksichtigt und findet sich unter der Rubrik "Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe)" auf Seite 2 und 3 der Gutachten eine solche Zusammenfassung eben dieser Befunde. Dass diese Befunde im Gutachten unberücksichtigt geblieben wären, kann das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen (vgl. Seite 2 und 3 des Gutachtens).
Die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes erstreckt sich auf die Ermittlung der unter dem Gesichtspunkt der anzuwendenden Rechtsvorschriften im konkreten Fall in Betracht kommenden Tatsachen und deren Erhärtung durch Beweise (VwGH 20.10.1992, 91/08/0096). Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Vor diesem Hintergrund vermag das BVwG nicht zu erkennen, inwiefern mangels konkreter Darlegung in der Beschwerde keine ausreichende Sachverhaltsfeststellung durchgeführt wurde. Die Beschwerde moniert eine fehlende Beweiswürdigung und eine fehlende individuell nachprüfbare rechtliche Beurteilung. Dieser Ansicht kann sich das BvwG nicht anschließen sondern geht davon aus, dass das Sozialministeriumsservice ein im Wesentlichen mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Der bP ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Sozialministeriumsservice dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Sozialministeriumsservice aufgekommen wären. Von der bP wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum sie vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Sozialministeriumsservice bzw. einer mangelhaften Sachverhaltsfeststellung ausgeht, was jedoch unterblieb. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen der bP ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.
Die bB hat –wie bereits erwähnt- ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und im ärztlichen Gutachten die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die darauf gestützte Beurteilung klar und übersichtlich zusammengefasst. Der bP ist es nicht gelungen, mit ihren Ausführungen in der Stellungnahme dem Gutachten dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel am Gutachten aufgekommen wären. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen der bP ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.
Das Vorbringen in der Stellungnahme war nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach die bP eine kurze Wegstrecke bewältigt werden kann, die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert ist und eine erhebliche Einschränkung der körperlichen und psychischen Belastbarkeit nicht vorliegt, zu entkräften.
Die bP hatte ausreichend Gelegenheit, die Darlegungen des Sachverständigen in geeigneter Weise, etwa mit einem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten oder durch Vorlage aktueller aussagekräftiger Beweismittel zu widerlegen; dies hat sie jedoch unterlassen. Mit ihren Ausführungen in der Stellungnahme zeigt die bP auch keine Widersprüche, Ungereimtheiten oder Mängel des Sachverständigengutachtens auf, die eine Beeinspruchung auch ohne einem Entgegentreten auf gleichem fachlichen Niveau ermöglicht hätten (vgl. VwGH vom 20.10.2008, 2005/07/0108).
Gemäß dem Gutachten vom 19.03.2020 – als objektivem und aktuellen Amtssachverständigengutachten aufgrund der Ermittlung der vorliegenden Gesundheitsschädigungen – ist den Ausführungen der belangten Behörde zu folgen und davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nicht vorliegen und der Gesamtgrad der Behinderung 50 % beträgt.
Hinsichtlich des Einwandes, wonach der bP derzeit die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nach ihrem Dafürhalten nicht zumutbar sei, wird dazu auf die rechtliche Beurteilung verwiesen, zumal es sich bei der Frage der Zumutbarkeit nicht um eine vom Sachverständigen festzustellende Tatsache, sondern um eine vom Gericht zu beantwortende Rechtsfrage handelt.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
Die gegenständliche Beschwerde erweist sich als zulässig und rechtzeitig.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen [….]
Gemäß Abs 4 leg cit ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen: [.…]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Gemäß Abs 5 leg cit bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist dem Behindertenpassinhaber/der Behindertenpassinhaberin, zum Nachweis, dass er/sie über die Eintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ verfügt, die im § 29b Abs 2 bis 4 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159 (StVO), genannten Berechtigungen in Anspruch nehmen kann, ein Parkausweis auszustellen. Die in einem gültigen Behindertenpass enthaltene Eintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit“ ist der Eintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ gleichzuhalten.
Gem. § 29b StVO ist den Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses …, die über die Zusatzeintragung „Unzumubarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ … ein Ausweis auszufolgen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bezogen auf die Mobilität der bP dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080). Auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, kommt es nicht an (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).
Das Sachverständigengutachten vom 19.03.2020 und die Angaben der bP im Verfahren wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Das zitierte Gutachten erfüllt sämtliche der in den angeführten Verordnungen normierten Voraussetzungen.
Mit den Ausführungen im Verfahren trat die bP den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen nicht substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen und zeigt auch keine sonstigen Ungereimtheiten auf.
Die Prüfung, ob die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" vorzunehmen ist, hat entlang der Kriterien der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, (konkret: ob bei der bP
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit