Entscheidungsdatum
24.11.2020Norm
BBG §40Spruch
L515 2233502-1/5E
L515 2233502-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid vom Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX, aufgrund der beantragten Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung im Behindertenpass am 29.01.2020 versandten Behindertenpass, OB: XXXX, VSNr.: XXXX, sowie gegen den abweislichen Bescheid des Sozialministeriumsservice, Landesstelle XXXX, vom 28.01.2020, OB: XXXX, betreffend Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
1) Die Beschwerde wird in Bezug auf die beantragte Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF abgewiesen und festgestellt, dass der Grad der Behinderung weiterhin 60 (sechzig) v.H. beträgt.
2) Die Beschwerde hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Die Beschwerdeführerin (nachfolgend: auch beschwerdeführende Partei bzw. „bP“) war im Besitz eines Behindertenpasses (GdB 60 v.H.) und beantragte am 12.08.2019 (eingelangt am 05.11.2019) unter Beifügung eines Befundkonvolutes die Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung im Behindertenpass sowie die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“.
I.2. In der Folge wurde am 28.12.2019 ein ärztliches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Chirurgie und Allgemeinmedizin erstellt (Begutachtung am 19.12.2019). Das Gutachten ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H; die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erachtete der medizinische Sachverständige als vorliegend.
I.3. Mit Schreiben vom 31.12.2019 wurde der bP das eingeholte Gutachten zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Am 17.01.2020 langte unter Beifügung eines Befundberichtes, einer fachärztlichen Bestätigung und einer Therapiebestätigung, eine entsprechende Stellungnahme der bP ein.
I.4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.01.2020 wurde der am 05.11.2019 bei der bB eingelangte Antrag der bP abgewiesen; die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" liegen nicht vor.
I.4.1. Mit Schreiben der bB vom 29.01.2020 wurde der Behindertenpass im Scheckkartenformat der bP übermittelt.
I.5. Gegen diesen Bescheid erhob die bP mit Schreiben vom 26.02.2020 Beschwerde sowohl gegen die Einstufung des Grades der Behinderung als auch gegen die festgestellte Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
I.6. Im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde die bP am 28.05.2020 einer Begutachtung durch einen medizinischen Sachverständigen (FA f. Psychiatrie) und am 13.07.2020 einer Begutachtung durch eine Allgemeinmedizinerin zugeführt und darüber je ein Gutachten erstellt. Das Gesamtgutachten ergab einen Gesamtgrad der Behinderung vom 60 v.H. Die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erachtete der medizinische Sachverständige als nicht vorliegend.
I.7. Da die bB das Beschwerdevorentscheidungsverfahren nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit von zwölf Wochen erledigte, wurde die Beschwerde samt Akt dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 29.07.2020 zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerdevorlage langte am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.8. Mit ho. Schreiben vom 09.09.2020 wurden der bP die eingeholten Gutachten vom 11.06.2020 und 16.07.2020, sowie die Gesamtbeurteilung vom 23.07.2020 zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Eine Stellungnahme langte nicht ein.
I.9. Die Beratung und Abstimmung im nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgte am 28.10.2020.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Die bP ist österreichische Staatsbürgerin und an der im Akt ersichtlichen Adresse wohnhaft.
1.2. Die bP war seit 07.12.2016 im Besitz eines bis 31.05.2019 befristeten Behindertenpasses (GdB 60 v.H.).
1.3. Am 19.12.2019 erfolgte im Auftrag der bB eine Erstbegutachtung durch einen medizinischen Sachverständigen (FA für Chirurgie und Allgemeinmediziner). Das Gutachten ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H.; die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung wurden als nicht zutreffend erachtet.
1.4. In ihrer Stellungnahme vom 15.01.2020 erklärte sich die bP mit der Nichteintragung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ wegen ihrer Angststörung und schwerer Arthrose beider Sattelgelenke nicht einverstanden. Zudem sei ihre psychische Erkrankung zu gering eingeschätzt.
1.5. Mit Schreiben vom 26.02.2020 erhob die bP Beschwerde gegen die ihrer Ansicht nach zu geringe Einschätzung und gegen die Nichteintragung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“. Die Arthrose beider Daumengrundgelenke und Füße sowie die Einschränkung an der LWS habe sich verschlechtert. Die Depression, Angstzustände, massive Panikzustände und Erstickungsanfälle seien zu gering bewertet worden. Vor dem Hintergrund der psychischen Erkrankung sei ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar. Der Beschwerde wurde ein Befundbericht eines Facharztes für Orthopädie v. 30.10.2019, eine fachärztliche Bestätigung eines Facharztes für Psychiatrie vom 31.10.2019 sowie eine Bestätigung für absolvierte Therapiebehandlungen vom 09.01.2020 beigefügt.
1.5. Das am 11.06.2020 - im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung - von einem ärztlichen Sachverständigen (Facharzt für Psychiatrie) erstellte Gutachten weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
„…
Status Psychicus:
Bewusstsein klar, orientiert, Antrieb vermindert, psychomotorisch unruhig, Affizierbarkeit im positiven Skalenbereich eingeschränkt, Stimmung depressiv, Duktus kohärent, keine wahnhaften Denkinhalte, keine Halluzinationen, Panikattacken, keine wahnhaften Denkinhalte, keine Halluzinationen, keine Suizidgedanken, Appetit schwankend, Schlafstörungen.
[…]
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1) Rezidivierend depressive Störung – mittelgradig; Panikstörung mit Agoraphobie, Klaustophobie, komplexe posttraumatische Störung
Pos.Nr. 03.06.02, GdB 50 %
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Der Gesamtgrad der Behinderung wird durch die Nr. 1 mit 50% festgelegt.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
psychiatrisch keine
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Dr. […] vom 19.12.2019: Übereinstimmung der Diagnosen
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
keine Änderung
Dauerzustand
[…]
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Bei der Klientin sind wiederkehrend depressive Phasen vorhanden, auch dazwischen war sie sehr belastet durch die chronifizierte posttraumatische Symptomatik aufgrund vielfältiger traumatisierender Erlebnisse in der Kindheit. Es sind Panikattacken und auch klaustrophobe Zustände vorhanden, welche hauptsächlich auch mit den traumatischen Erfahrungen im Zusammenhang stehen. Die Klientin ist seit zumindest 2017 laufend in psychotherapeutischer Behandlung – dies wird auch von der Therapeutin bestätigt. Es fand bisher 2016 ein störungsspezifischer Aufenthalt in der Klinik Eggenburg statt. Eine medikamentöse Therapie ist derzeit nicht gegeben.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? Nein.
Begründung:
Die Gehleistung ist nicht höhergradig eingeschränkt. Sie kann auch höhere Niveauunterschiede (bis 30cm) zum Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel überwinden. Standhaftigkeit ist gegeben und auch die Benützung von Haltegriffen.
Aufgrund der ausgeprägten Angstsymptomatik, welche bei der Klientin unter Menschenansammlungen und insbesondere auch in engen Räumen, welche sie nicht sofort verlassen, auftritt, ist es der Klientin nicht möglich öffentliche Verkehrsmittel zu benützen; allerdings sind die Therapiemöglichkeiten aufgrund der derzeit nicht vorhandenen medikamentösen Behandlung nicht ausgeschöpft.
…“
1.5.1. Das zweite am 16.07.2020 - im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerde-vorentscheidung - von einer ärztlichen Sachverständigen (Allgemeinmedizin) erstellte Gutachten weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
„….
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1) chronische Lumboischialgie
oberer RSW bei episodischer Verschlechterung, ohne dauerhaften Schmerzmittelbedarf, ohne regelmäßige Physiotherapie bei Osteochondrose im Lumbalbereich
Pos.Nr. 02.01.01, GdB 20 v.H.
2) Daumensattelgelenksarthrosen bds
mittlerer RSW ohne rezidvierende Schmerzmitteleinnahme unter Verwendung von Orthesen
Pos. Nr. 02.06.26, GdB 20 v.H.
Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Der Gesamt-GdB beträgt 20v.H, der Grad der führenden GS1 wird durch die GS2 um gemeinsam keine Stufe angehoben, da durch die Summe der Beschwerden keine weitere Leidensbeeinflussung besteht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
keine
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Seit dem VGA Trage von Orthesen im Bereich beider Daumen bei rezidvierenden Schmerzen, daher Einschätzung mit einem GdB von 20, weiters immer wieder Lumbago, dieser ebenso mit einem GdB von 20 beurteilt.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
keine
Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist gegeben, da keine erheblichen Einschränkungen der Funktion der unteren Extremitäten, der körperlichen Belastbarkeit, psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen vorliegen, noch eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden ist. Eine Gehstrecke von rund 400m ist bewältigbar. Daher das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das für das Ein- und Aussteigen notwendige Überwinden geringer Niveauunterschiede, sowie das Fahren in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht beeinträchtigt.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? Nein
…“
1.5.2. Das zu den unter Pkt. 1.5. und 1.5.1 angeführten Gutachten erstellte Gesamtgutachten von einem ärztlichen Sachverständigen (Allgemeinmediziner) weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
„…
Zusammenfassung der Sachverständigengutachten
Name der/des SV Fachgebiet Gutachten vom
Dr. […] Psychiatrie 11.06.2020
Dr.in […] Allgemeinmedizin 16.07.2020
Die genannten Gutachten sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Gesamtbeurteilung.
Auflistung der Diagnosen aus oa. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1) Rezidivierend depressive Störung – mittelgradig; Panikstörung mit Agoraphobie, Klaustophobie, komplexe posttraumatische Störung
Pos.Nr. 03.06.02, GdB 50
2) chronische Lumboischialgie
oberer RSW bei episodischer Verschlechterung, ohne dauerhaften Schmerzmittelbedarf, ohne regelmäßige Physiotherapie bei Osteochondrose im Lumbalbereich
Pos. Nr. 02.01.01, GdB 20
3) Daumensattelgelenksarthrosen bds
mittlerer RSW ohne rezidvierende Schmerzmitteleinnahme unter Verwendung von Orthesen
Pos. Nr. 02.06.26, GdB 20
Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Die Gesundheitsstörungen 2 und 3 steigern gemeinsam um eine weitere Stufe wegen zusätzlicher Belastung im Alltag.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
-
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Seit dem Vorgutachten 01/2020 von Orthesen im Bereich beider Daumen bei rezidvierenden Schmerzen, daher Einschätzung mit einem GdB von 20%, weiters immer wieder Lumbago, dieser ebenso mit einem GdB von 20% beurteilt
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Im Vorgutachten war nur die psychische Gesundheitsstörung eingestuft worden. Die beiden weiteren Gesundheitsstörungen führen zu einer Steigerung des Gesamtgrads um eine Stufe, was zu einem GdB von 60% führt (Vorgutachten 50%).
Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Es zeigen sich rezidivierende depressive Phasen sowie Panikattacken und klaustrophobieähnliche Zustände aufgrund der traumatischen Erfahrungen. Eine fortlaufende Behandlung (außer psychotherapeutischer Betreuung wegen der traumatisierenden Erlebnisse) einer allf. Klaustrophobie besteht nicht. (Auch liegt keine austherapierte klaustrophobe Störung vor.)
Somit liegen weder aus psychiatrischer Sicht noch bezüglich des Bewegungsapparates hinreichende Kriterien für die Unzumutbarkeit, öffentl. Verkehrsmittel zu benutzen, vor. Aus dem allgemeinmedizinischen Gutachten: Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist zumutbar, da keine erheblichen Einschränkungen der Funktion der unteren Extremitäten, der körperlichen Belastbarkeit, psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen vorliegen, noch eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden ist. Eine Gehstrecke von rund 400 m ist bewältigbar. Daher sind das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das für das Ein- und Aussteigen notwendige Überwinden geringer Niveauunterschiede, sowie das Fahren in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht beeinträchtigt.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
nein
…“
1.8. Im Rahmen des gewährten Parteiengehörs brachte die bP keine Stellungnahme ein.
1.9. Der aktuell gutachterlich festgestellte Gesundheits- bzw. Leidenszustand der bP wird zu den Feststellungen im gegenständlichen Erkenntnis erhoben.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellter Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, sind die gegenständlich eingeholten Sachverständigengutachten vom 11.06.2020 (FA f. Psychiatrie) und vom 16.07.2020 (Allgemeinmedizin) sowie die Gesamtbeurteilung vom 23.07.2020 schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine relevanten Widersprüche auf. Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen sie auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises. Es wird auf die Art der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Ausmaß eingegangen sowie insbesondere die Auswirkungen auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel beurteilt.
In der angeführten Gesamtbeurteilung vom 23.07.2020 wurde vom Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen. Laut dieser Gesamtbeurteilung besteht bei der bP ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 vH. Führendes Leiden stellt die Funktionseinschränkung " Rezidivierend depressive Störung – mittelgradig; Panikstörung mit Agoraphobie, Klaustophobie, komplexe posttraumatische Störung" mit einem Gdb von 50 % dar. Die weiteren Erkrankungen wie die „chronische Lumboischialgie“ und die „bds Daumensattelgelenksarthrosen“ wurden jeweils mit 20 v.H eingeschätzt und steigern gemeinsam wegen zusätzlicher Belastung im Alltag um eine weitere Stufe.
Der Sachverständige (Facharzt für Psychiatrie) verkennt nicht, dass sich bei der bP rezidivierende depressive Phasen sowie Panikattacken und klaustrophobie-ähnliche Zustände aufgrund der traumatischen Erfahrungen zeigen. Auf Grund der ausgeprägten Angstsymptomatik, welche bei der bP unter Menschenansammlungen und insbesondere auch in engen Räumen, welche sie nicht sofort verlassen kann, auftritt, ist es der bP nicht möglich öffentliche Verkehrsmittel zu benützen; allerdings sind die Therapiemöglichkeiten aufgrund der derzeit nicht vorhandenen medikamentösen Behandlung nicht ausgeschöpft. Eine fortlaufende Behandlung (außer psychotherapeutischer Betreuung wegen der traumatisierenden Erlebnisse) einer allf. Klaustrophobie besteht nicht. (Auch liegt keine austherapierte klaustrophobe Störung vor.)
Auch die zweite Sachverständige (Allgemeinmedizinerin) erachtete die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für zumutbar, da keine erheblichen Einschränkungen der Funktion der unteren Extremitäten, der körperlichen Belastbarkeit, psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen vorliegen, noch eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden ist. Eine Gehstrecke von rund 400 m ist bewältigbar. Daher sind das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das für das Ein- und Aussteigen notwendige Überwinden geringer Niveauunterschiede, sowie das Fahren in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht beeinträchtigt.
Die Sachverständigen stellten schlüssig und nachvollziehbar dar, dass keines der vorliegenden Leiden eine Ausprägung erreicht, die der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Wege steht.
Somit liegen weder aus psychiatrischer Sicht noch bezüglich des Bewegungsapparates hinreichende Kriterien für die Unzumutbarkeit, öffentl. Verkehrsmittel zu benutzen, vor.
Die eingeholten Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
In den Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. Mit den Beschwerdeausführungen trat die bP dem Sachverständigengutachten nicht substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen.
Auch war dem Vorbringen kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollzieh-baren Ausführungen des Sachverständigen abzugehen.
In Bezug auf die Motorik ist in Entsprechung der höchstgerichtlichen Judikatur ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014). Auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, kommt es nicht an (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).
Die bP moniert in ihrer Beschwerde ihrer Ansicht nach eine zu geringe Einschätzung und begründet dies mit der Verschlechterung der Arthrose beider Daumengrundgelenke und Füße sowie der Lendenwirbelsäule. Auch die Depression wegen der psychischen Belastung und Angstzuständen, massive Panikzustände und Erstickungsanfälle wurden ihrer Ansicht nach zu gering eingeschätzt.
Der Sachverständige hat in seinem Gesamtgutachten die Einschränkungen der bP bezüglich der chronischen Lumboischialgie und der beidseitigen Daumensattelarthrosen berücksichtigt. Seiner Einschätzung zu Folge, würden diese Gesundheitsstörungen im Alltag eine zusätzliche Belastung darstellen, weshalb der Gesamtgrad der Behinderung um eine Stufe erhöht wird.
Hinsichtlich der rezidivierenden depressiven Störung darf in diesem Zusammenhang auf die Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen verwiesen werden, wonach eine erhebliche Einschränkung psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen nur bei Vorliegen der Krankheitsbilder Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr als gegeben anzusehen ist. Laut Sachverständigengutachten vom 11.06.2020 liegt bei der bP keine austherapierte klaustrophobe Störung vor; auch besteht keine fortlaufende Behandlung (außer psychotherapeutischer Betreuung wegen der traumatisierenden Erlebnisse) einer allf. Klaustrophobie und ist generell darauf zu verweisen, dass die seitens der bP die entsprechenden Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft werden.
Der der Beschwerde beigefügte Befundbericht eines Facharztes für Orthopädie vom 30.10.2019, die fachärztliche Bestätigung eines Facharztes für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie vom 31.10.2019 sowie die Therapiebestätigung der Diakonie vom 13.12.2019 würde ihre Einschätzung bestätigen.
Im Gutachten wurden die oa, von der bP der Beschwerde beigelegten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. So erfolgte in den erstellten Gutachten der Sachverständigen eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit den von der bP beigebrachten Befunden. So wurde sowohl der Befund des Facharztes für Orthopädie vom 30.10.2019 und die fachärztliche Bestätigung eines Facharztes für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie vom 31.10.2019 berücksichtigt und findet sich unter der Rubrik "Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe)" auf Seite 2 der Gutachten eine solche Zusammenfassung eben dieser Befunde. Dass diese Befunde im Gutachten unberücksichtigt geblieben wären, kann das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen (vgl. Seite 2 und 4 der Gutachten).
Auch vermag weder der vorgelegte Befund des Facharztes für Orthopädie vom 30.10.2019 noch die fachärztliche Bestätigung eines Facharztes für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie vom 31.10.2019 die Gründe für die vorgenommene Gesamteinschätzung mit 60 v. H. nicht ändern, zumal diese Befunde den Gesundheitszustand der bP zu einem Zeitpunkt darstellen, wie er sich vor der Einholung jener Gutachten darstellte, welche das ho. Gericht seinen Feststellungen zu Grunde legte. Ebenso können diesen Befunden keine Erkrankungen in tatsächlicher Hinsicht entnommen werden, welche nicht auch seitens der Gutachter berücksichtigt wurden ist festzuhalten, dass die Einschätzung des GdB bzw. die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Lichte der hierzu anzuwendenden Quellen einen Akt der von der Behörde bzw. dem Gericht und nicht vom Mediziner vorzunehmenden rechtlichen Beurteilung darstellen.
Mit ihren Beschwerdeausführungen ist die bP den gutachterlichen Ausführungen weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten noch hat sie Beweise vorgelegt, die die Annahme zulassen würde, die Schlussfolgerungen des Sachverständigen seien unzutreffend. Dies hat sie jedoch unterlassen. Die gutachterlichen Ausführungen wurden von der bP zudem weder substantiiert bestritten noch wurden Ungereimtheiten oder Widersprüche aufgezeigt, die ein beachtliches Entgegentreten darstellen würden (vgl. VwGH vom 20.10.2008, 2005/07/0108).
Es bedarf mehr als einer pauschalen Behauptung, also eines gewissen Mindestmaßes an Konkretisierung des Vorbringens, um im Rahmen der freien Beweiswürdigung an der Richtigkeit der Sachverständigengutachten Zweifel zu erwecken bzw. um die Pflicht der Behörde zum weiteren Tätigwerden auszulösen.
Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollzieh-baren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen.
Gemäß diesem Gesamtgutachten vom 23.07.2020 – als objektivem Amtssachverständigengutachten aufgrund der Ermittlung der vorliegenden Gesundheitsschädigungen – ist den Ausführungen der belangten Behörde zu folgen und ist somit davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nicht vorliegen sowie das der Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H. beträgt.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Die gegenständlichen Beschwerden stellen sich als rechtzeitig dar.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen [….]
Gemäß Abs 4 leg cit ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen: [.…]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Gemäß Abs 5 leg cit bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist dem Behindertenpassinhaber/der Behindertenpassinhaberin, zum Nachweis, dass er/sie über die Eintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ verfügt, die im § 29b Abs 2 bis 4 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159 (StVO), genannten Berechtigungen in Anspruch nehmen kann, ein Parkausweis auszustellen. Die in einem gültigen Behindertenpass enthaltene Eintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit“ ist der Eintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ gleichzuhalten.
Gem. § 29b StVO ist den Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses …, die über die Zusatzeintragung „Unzumubarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ … ein Ausweis auszufolgen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080). Auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, kommt es nicht an (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).
Die Sachverständigengutachten vom 11.06.2020 (FA f. Psychiatrie) und vom 16.07.2020 (Allgemeinmedizinerin) sowie die Gesamtbeurteilung vom 23.07.2020 und die Angaben der bP im Verfahren wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Die zitierten Gutachten erfüllen sämtliche der in den angeführten Verordnungen normierten Voraussetzungen.
Mit den Ausführungen im Verfahren, trat die bP den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen nicht substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen.
Die Prüfung, ob die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" vorzunehmen ist, hat entlang der Kriterien der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, (konkret: ob bei der bP
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit
vorliegen) zu erfolgen; die Ausführungen der medizinischen Sachverständigen erweisen sich in dieser Hinsicht als ausreichend.
Gemäß dem angeführten Gutachten vom 11.06.2020 liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Ziff. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF - und damit die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung - bei der bP nicht vor.
Entscheidungswesentlich ist dabei ausschließlich der Gesundheitszustand der bP selbst. Maßgeblich ist nur, ob erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen vorliegen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorliegt.
Ergänzend darf in diesem Zusammenhang nochmals auf die Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen verwiesen werden, welchen zwar kein normativer Charakter zukommt, die aber eine Auslegungshilfe zur Erkundung des Willens des Normengebers darstellen, wonach eine erhebliche Einschränkung psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen nur bei Vorliegen der Krankheitsbilder Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr als gegeben anzusehen ist. Die bP hat keine fortlaufende Behandlung (außer psychotherapeutischer Betreuung wegen der traumatisierenden Erlebnisse) einer allf. Klaustrophobie. (Auch liegt keine austherapierte klaustrophobe Störung vor.)
Gemäß dem angeführten Gutachten sind derartige Umstände aber nicht gegeben. Die Beschwerdeangaben sind durch die Aussagen