Entscheidungsdatum
25.11.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
L503 2236084-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und die Richterin Maga JICHA sowie den fachkundigen Laienrichter RgR PHILIPP über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 30.09.2020, OB: XXXX , zu Recht erkannt:
A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: „BF“) besitzt seit 23.6.2009 einen Behindertenpass (50% Grad der Behinderung) mit (zuletzt) der Zusatzeintragung „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese“.
Ausschlaggebend dafür war (zuletzt) ein Gesamtgutachten von Dr. G. P. vom 4.12.2018, in dem als Ergebnis der der durchgeführten Begutachtung zusammengefasst wie folgt festgehalten wurde:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Funktionseinschränkung Wirbelsäule - Z.n. 2xiger Bandscheibenoperation (L3/4 2016 und L2/3 am 23.10.2018)
Schmerzen mit Ausstrahlung und Sensibilitätsstörungen, einfache Schmerzmedikation ausreichend, Reha frühestens 6 Monate nach Letztoperation geplant
02.01.02
40 vH
02
Funktionseinschränkung beide Kniegelenke nach Halbschlittenprothese rechts und Prothesenwechsel auf Totalendoprothese links, belastungsabhängige Schmerzen, Schmerzmedikation wird eingenommen
02.05.21
40 vH
03
Abnützungserscheinungen beide Hüftgelenke - links endoprothetisch versorgt
gutes postoperatives Ergebnis mit Beschwerden unter erhöhter Belastung
02.05.08
20 vH
04
Hypertonie
mit Mehrfachkombination gute Blutdruckeinstellung
05.01.02
20 vH
05
Aortenklappenisuffizienz leichten Grades
unverändert wie im Vorgutachten
05.07.01
20 vH
06
Koronare Herzkrankheit
wie im Vorgutachten, leichtgradig, kein Stent notwendig
05.05.01
20 vH
07
Diabetes mellitus levis
wie im Vorgutachten, noch keine Medikamente notwendig
09.02.01
10 vH
Gesamtgrad der Behinderung
50 vH
Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, Hauptleiden sei das Leiden in Position 1, durch gegenseitig negative Beeinflussung und zusätzliche erhebliche Einschränkung erhöhe das Leiden in Position 2 um 1 Stufe auf insgesamt 50%, die übrigen Leiden würden bei fehlendem Zusammenhang bzw. Geringfügigkeit nicht weiter erhöhen. Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen würden keinen Grad der Behinderung erreichen: Gallenblasenoperation, Mandel- und Blinddarmoperation, Lipiderhöhung, lat. Hypothyreose, Glaukom.
Im Hinblick auf die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde ausgeführt, die BF sei in ihrer Gehleistung zwar eingeschränkt; sie könne aber eine Wegstrecke über 400m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurücklegen. Es werde kein Gehbehelf benötigt und die BF sei auch nicht sturzgefährdet. Sie könne höhere Niveauunterschiede (bis 30 cm) zum Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel überwinden. Es habe auch keine Einschränkung der Standhaftigkeit erhoben werden können, dies insbesondere in Bezug auf das sichere Stehen, die Sitzplatzsuche oder bei einer notwendig werdenden Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt. Weiters sei die Benützung von Haltegriffen und -stangen möglich.
2. Am 5.3.2020 beantragte die BF beim Sozialministeriumservice (im Folgenden kurz: „SMS“) die Neufestsetzung des Grades der Behinderung sowie Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) und somit die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ im Behindertenpass.
3. In weiterer Folge wurde die BF am 7.8.2020 von Dr. B. G., Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, untersucht und führte dieser in seinem Gutachten vom 23.8.2020 eingangs wie folgt aus:
„Derzeitige Beschwerden:
Die Patientin berichtet über anhaltende starke Schmerzen im Bereich der gesamten Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in den vorderen Oberschenkel links. Seit dem letzten Gutachten wurde eine weitere Bandscheibenoperation im Segment L2/3 links durchgeführt (12/2019). Weiterhin bestehen belastungsabhängige Schmerzen in beiden Kniegelenken und Schmerzen in der linken Hüfte. […]
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
MR-Befund HWS und LWS vom 24.07.2019:
- die Segmente 10 0 bis C3/4 sind unauffällig
- flacher Bandscheibenvorfall C5/6 rechts mit Osteochondrose, keine Spinalkanalstenose
- Osteochondrose mit Protrusion C6/7
- keine Myelopathie
- Osteochondrose Th12/L1 und L1/2
- Zustand nach Operation bei L2/3, links intraforaminale Diskusprotrusion mit recessus Einengung
- deutliche Osteochondrose L3/4, Zustand nach Hemilaminektomie rechts
- Osteochondrose Facettarthrosen sowie Diskusprotrusion L4/5, Einengung des recessus beidseits
- Osteochondrose L5/S1
- keine signifikante Spinalkanalstenose
Arztbrief Orthopädie KH-W. vom 12.08.2019:
- mäßige Stenose L4/5 bei Z.n. Dekompression L3/4
- Stenose und Hard Disc C5/6
- neurologischer Konsiliarbefund: kein sensomotorisches Defizit, kein Hinweis auf Polyneuropathie, Schmerzen belastungsabhängig
Befund Orthopädie KH-W. vom 01.08.2019:
- Z.n. BS-OP L2/3 li. von extraforaminal am 23.10.2018
- Z.n. K-TEP li. 12.12.2018
- linksseitige Cervicobrachialgie bei BSV HWK 5/6
- kyphotische Fehlstellung der HWS.
- V.a. Rezidiv-BSV L2/3 li. extraforaminär
- Spondylarthrose der unteren LWS
- chron. Lumbago
- Z.n. BS-OP L3/4 re. 24.2.2016
- Z.n. Schlittenprothese Knie re. 2006
- Z.n. H-TEP li. 2014
Arztbrief Orthopädie KH-W. vom 23.12.2019
- Rez.-DP LWK 2/3 links extrafor
- 19.12.2019: Wiederfreilegung LWK 2/3 links extraforaminär, microchir. rez.- SE/Neurolyse L2 links
- MR-LWS vom 07.12.2019: Rezidivbandscheibenvorfall L2/3 links foraminal bis extraforaminär
- Röntgen Hüften: Hüftprothese links inkorrekte Position, Gelenksspalt rechts etwas verschmälert
- Röntgen LWS: Osteochondrose L1 bis L5, Facettegelenksarthrosen
Bescheid PVA vom 30.04.2020:
- der Antrag auf Gewährung eines Pflegegeldes wird abgelehnt.
[…]
Klinischer Status – Fachstatus:
[…]
Gleitsichtbrille
Thorax: symmetrisch, unauffällige Atemexkursionen;
Pulmo: Vesikuläratmen beidseits (bds), keine Rasselgeräusche;
Cor: Herzaktion rein, rhythmisch und normofrequent, keine pathologischen Geräusche;
Abdomen: weich, kein Druckschmerz (DS), keine pathologischen Resistenzen palpabel, Nierenlager bds. frei;
Miktion und Defäkation: unauffällig
Obere Extremitäten: passiv freie Beweglichkeit beider Schultergelenke, keine Impingement, aktiv Abduktion bis 100° und Anteversion bis 120° möglich, dann zunehmende Nackenschmerzen, der Nackengriff ist nur unter Schmerzen mühsam möglich, beim Kreuzgriff wird die untere LWS erreicht, Ellbogen, Handgelenke und Finger unauffällig, der Faustschluss vollständig und kräftig
Untere Extremitäten: Beinlängendifferenz + 1,5cm links, unauffällige Beinachse, Flexion der rechten Hüfte bis knapp 100° möglich, dann Schmerzangabe in der unteren Lendenwirbelsäule, IR/AR 20-0-40°, links Flexion nur bis knapp 90° möglich, dann Schmerzangabe lumbosacral links, IR/AR 20-0-40° mit IR-Schmerz im Bereich der LWS und AR-Schmerz im Bereich des Trochanter links, blande Narbe, beidseits kein Leistendruckschmerz, an beiden Kniegelenken keine Rötung, diskrete synovitische Schwellung, kein intraartikulärer Erguss, beidseits blande Narben links S: 0-0-90° endlagig schmerzhaft mit deutlichem retropatellären Krepitieren, diskreter Druckschmerz im medialen und lateralen Kompartment, rechts S: 0-0-100°, Zohlen-Zeichen beidseits schwach positiv, beide Knie bandstabil, Sprunggelenke und Füße unauffällig
Wirbelsäule: gerade, HWS-Rotation 50-0-50°, deutlicher Hartspann der paravertebralen Muskulatur an der HWS und an der oberen BWS, geringgradige im Bereich der LWS, hier blande Narbe, massiver Druckschmerz über dem ISG links
Neurologie: Dysästhesien links dem Dermatom L2 und partiell L3 entsprechend, kein motorisches Defizit im Bereich der oberen und unteren Extremitäten, an den oberen Text mitreden die Reflexe seitengleich und mittellebhaft auslösbar, an den unteren Extremitäten PSR beidseits nicht auslösbar, ASR seitengleich und schwach, die Pyramidenbahnzeichen negativ
Durchblutung: unauffällig
Gesamtmobilität – Gangbild:
Die Patientin kommt in Sandalen ohne Beinlängenausgleich und ohne Gehhilfe zur Untersuchung. Leicht hinkendes Gangbild links, barfuß Zehenspitzen- und Fersengang möglich, Trendelenburg-Zeichen negativ, Seiltänzergang sicher, leichte Unsicherheit im Blindgang“
Zusammengefasst wurde als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wie folgt festgehalten:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Wirbelsäulenbeschwerden;
Bandscheibenvorfall C5/6, Bandscheibenoperation L2/3 links 10/2018 und 12/2019, Bandscheibenoperation L3/4 rechts 02/2016, anhaltende Sensibilitätsstörungen am linken Oberschenkel, kein motorisches Defizit, regelmäßige Schmerzmedikation notwendig;
02.01.02
40 vH
02
Kniegelenksbeschwerden beidseits;
Mediale Halbschlittenprothese links 2005, Wechsel auf Knietotalendoprothese 01/2018, mediale Halbschlittenprothese rechts 2006, eingeschränkte Beweglichkeit, Reizzustand beidseits, kein aktueller radiologischer Befund vorliegend;
02.05.21
40 vH
03
Hüftgelenksbeschwerden beidseits;
Hüftprothese links 2014, bekannte degenerative Veränderungen rechts, gute Beweglichkeit beidseits, jeweils kein aktueller radiologische Befund vorliegend;
02.05.08
20 vH
04
Bluthochdruck;
Medikamentöse Kombinationstherapie;
05.01.02
20 vH
05
Aortenklappenisuffizienz leichten Grades;
Vom Vorgutachten übernommen, kein aktueller Fachbefund vorliegend;
05.07.01
20 vH
06
Koronare Herzkrankheit;
Vom Vorgutachten übernommen, kein aktueller Fachbefund vorliegend;
05.05.01
20 vH
07
Beinlängendifferenz;
Beinlängendifferenz + 1,5 cm links, bisher kein Beinlängenausgleich verordnet;
02.05.01
10 vH
Gesamtgrad der Behinderung
50 vH
Begründend wurde zum Gesamtgrad der Behinderung ausgeführt, führend sei das Leiden Nummer 1 mit 40 %. Das Leiden Nummer 2 steigere, da es das Gesamtbild verschlechtere, um eine Stufe. Die übrigen Leiden würden wegen Geringfügigkeit nicht weiter steigern. Somit ergebe sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 %.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen würden keinen Grad der Behinderung erreichen:
- Diabetes mellitus levis: keine Medikation, kein aktueller Laborbefund vorliegend;
- Zustand nach offener Gallenblasenoperation: derzeit keine Beschwerden;
- erhöhte Blutwerte: medikamentöse Therapie;
- Augenbeschwerden: medikamentöse Therapie, kein aktueller Fachbefund vorliegend;
- depressive Störung: medikamentöse Therapie, kein aktueller psychiatrischer Fachbefund vorliegend;
Als Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten wurde ausgeführt, die Bewertung der Leiden erfolge aufgrund der vorgelegten Befunde, der Medikamentenliste und des klinischen Zustandsbildes anhand der derzeit gültigen Einschätzungsverordnung:
Leiden Nummer 1 (Wirbelsäulenbeschwerden): unveränderte Einschätzung zum Vorgutachten
Leiden Nummer 2 (Kniegelenksbeschwerden beidseits): unveränderte Einschätzung zum Vorgutachten
Leiden Nummer 3 (Hüftgelenksbeschwerden beidseits): unveränderte Einschätzung zum Vorgutachten
Leiden Nummer 4 (Bluthochdruck): unveränderte Einschätzung zum Vorgutachten
Leiden Nummer 5 (Aortenklappeninsuffizienz): unveränderte Einschätzung zum Vorgutachten
Leiden Nummer 6 (koronare Herzkrankheit): unveränderte Einschätzung zum Vorgutachten
Leiden Nummer 7 (Beinlängendifferenz): neu hinzugekommen, nicht steigerungswürdig
Das Leiden Nummer 7 aus dem Vorgutachten (Zuckerkrankheit) entfalle.
Somit bleibe der Gesamtgrad der Behinderung mit 50 % gleich.
Im Hinblick auf die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde ausgeführt, die Mobilität der BF sei zwar aufgrund ihrer Wirbelsäulenbeschwerden sowie Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Bereich beider Kniegelenke sicher eingeschränkt; kurze Wegstrecken (400m) könnten aber aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurückgelegt werden. Es würden keine Gehbehelfe benötigt. Es könnten höhere Niveauunterschiede (bis 30 cm) zum Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel bei Verwendung eines Handlaufes ausreichend sicher überwunden werden. Es bestehe keine höhergradige Einschränkung der Standhaftigkeit, dies insbesondere im Bezug auf das sichere Stehen, die Sitzplatzsuche oder bei einer notwendig werdenden Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt. Die Benützung von Haltegriffen und -stangen sei möglich.
4. Mit Schreiben zur Wahrung des Parteiengehörs vom 25.8.2020 übermittelte das SMS der BF das Gutachten von Dr. B. G. vom 23.8.2020 und wies darauf hin, dass laut diesem Gutachten bei der BF weiterhin ein Grad der Behinderung von 50 % vorliege. Nach den im Gutachten beschriebenen konkreten Auswirkungen ihres vorliegenden Gesundheitszustandes auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gehe das SMS zudem von einer Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus. Da die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ nicht vorliegen, könne zudem ein Ausweis gemäß § 29b – StVO (Parkausweis) nicht ausgestellt werden. Es bestehe die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme einzubringen.
5. Eine Stellungnahme der BF langte nicht ein.
6. Mit dem nunmehr bekämpftem Bescheid vom 30.9.2020 sprach das SMS aus, dass mit einem Grad der Behinderung von 50% keine Veränderung des bisherigen Grades der Behinderung der BF eingetreten sei; ihr Antrag vom 5.3.2020 auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung werde daher abgewiesen. Die Voraussetzungen für folgende Zusatzeintragungen würden vorliegen: „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese“, „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs.1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“. Die Voraussetzungen für folgende Zusatzeintragung würden nicht vorliegen: „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“.
Begründend wurde ausgeführt, da das ärztliche Begutachtungsverfahren einen Grad der Behinderung von 50% ergeben habe, sei keine Änderung des Grades der Behinderung der BF eingetreten. Ihr Antrag sei daher abzuweisen. Das ärztliche Begutachtungsverfahren habe zudem ergeben, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ nicht vorliegen würden, sodass auch ihr diesbezüglicher Antrag abzuweisen sei. Der BF sei im Übrigen mit Schreiben vom 25.8.2020 Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können.
7. Mit E-Mail vom 9.10.2020 erhob die BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.9.2020. In ihrer Beschwerde führte die BF aus, sie „sehe nicht ein, dass ihr der Ausweis verweigert wird“; wörtlich gab sie dazu sodann an: „Da ich drei Prothesen habe und 3maI an den Bandscheiben operiert wurde mutet man mir zu ein öffentliches Verkehrsmittel zu nehmen. Wie komme ich hin da ich nicht weit gehen kann wegen ständiger Schmerzen bin ich nicht fähig alleine hinzukommen z. Beispiel Ärzte usw. Außerdem Diabetes ist sehr wohl aufrecht es wurde gesagt es liege von einem Glaukom nichts auf. Hiermit sende ich meinen Glaukom – Pass“. Beigelegt wurde von der BF in Kopie ein (undatierter) „Glaukom-Pass“, in dem neben den Personalien der BF lediglich die Pachymetrie-Werte eingetragen sind.
8. Am 15.10.2020 legte das SMS den Akt dem BVwG vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Bei der BF bestehen folgende Funktionseinschränkungen und daraus resultierend folgender Gesamtgrad der Behinderung:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Wirbelsäulenbeschwerden;
Bandscheibenvorfall C5/6, Bandscheibenoperation L2/3 links 10/2018 und 12/2019, Bandscheibenoperation L3/4 rechts 02/2016, anhaltende Sensibilitätsstörungen am linken Oberschenkel, kein motorisches Defizit, regelmäßige Schmerzmedikation notwendig;
02.01.02
40 vH
02
Kniegelenksbeschwerden beidseits;
Mediale Halbschlittenprothese links 2005, Wechsel auf Knietotalendoprothese 01/2018, mediale Halbschlittenprothese rechts 2006, eingeschränkte Beweglichkeit, Reizzustand beidseits, kein aktueller radiologischer Befund vorliegend;
02.05.21
40 vH
03
Hüftgelenksbeschwerden beidseits;
Hüftprothese links 2014, bekannte degenerative Veränderungen rechts, gute Beweglichkeit beidseits, jeweils kein aktueller radiologische Befund vorliegend;
02.05.08
20 vH
04
Bluthochdruck;
Medikamentöse Kombinationstherapie;
05.01.02
20 vH
05
Aortenklappenisuffizienz leichten Grades;
Vom Vorgutachten übernommen, kein aktueller Fachbefund vorliegend;
05.07.01
20 vH
06
Koronare Herzkrankheit;
Vom Vorgutachten übernommen, kein aktueller Fachbefund vorliegend;
05.05.01
20 vH
07
Beinlängendifferenz;
Beinlängendifferenz + 1,5 cm links, bisher kein Beinlängenausgleich verordnet;
02.05.01
10 vH
Gesamtgrad der Behinderung
50 vH
Führend ist das Leiden Nummer 1 mit 40 %. Das Leiden Nummer 2 steigert, da es das Gesamtbild verschlechtert, um eine Stufe. Die übrigen Leiden steigern wegen Geringfügigkeit nicht weiter.
Im Hinblick auf die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist wie folgt festzustellen: Die Mobilität der BF ist zwar aufgrund ihrer Wirbelsäulenbeschwerden sowie Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Bereich beider Kniegelenke eingeschränkt; kurze Wegstrecken (400m) können aber aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurückgelegt werden. Es werden keine Gehbehelfe benötigt. Es können höhere Niveauunterschiede (bis 30 cm) zum Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel bei Verwendung eines Handlaufes ausreichend sicher überwunden werden. Es besteht keine höhergradige Einschränkung der Standhaftigkeit, dies insbesondere im Bezug auf das sichere Stehen, die Sitzplatzsuche oder bei einer notwendig werdenden Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt. Die Benützung von Haltegriffen und -stangen ist möglich.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des SMS.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen zu den bei der BF bestehenden Funktionseinschränkungen beruhen auf dem vom SMS eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. B. G. vom 23.8.2020.
Dazu ist zunächst zu betonen, dass dieses Sachverständigengutachten ausführlich begründet, schlüssig und nachvollziehbar ist und keine Widersprüche aufweist. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der klinischen Untersuchung am 7.8.2020 erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Ebenso hat sich der Gutachter nachvollziehbar mit den Auswirkungen der Leiden der BF auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auseinandergesetzt.
2.3. Konkret ist zu betonen, dass die BF im gesamten Verfahren den Ausführungen des Gutachters auch nicht substantiiert entgegen ist. So hat die BF zunächst trotz Gelegenheit im Rahmen des Parteiengehörs vom 25.8.2020 keine Stellungnahme abgegeben, sodass davon auszugehen war, dass sie diesem Gutachten nichts entgegen zu setzen vermag.
Aber auch in ihrer Beschwerde vermag die BF dem Gutachten nicht entgegen zu treten: So führt sie im Hinblick auf den Grad der Behinderung lediglich aus, „Diabetes ist sehr wohl aufrecht es wurde gesagt es liege von einem Glaukom nichts auf“, weshalb sie einen Glaukom-Pass in Vorlage bringe. Was das lapidare Vorbringen anbelangt, Diabetes sei „sehr wohl aufrecht“, so ist zwar zutreffend, dass im Vorgutachten aus 2018 ein Diabetes mellitus levis mit 10% (keine Medikamente notwendig, nicht stufenerhöhend) eingeschätzt worden war. Allerdings wurde im Gutachten vom 23.8.2020 explizit darauf hingewiesen, dass diesbezüglich keine Medikation bestehe und kein aktueller Laborbefund vorliege, sodass auch die hier ursprünglich eingeschätzten 10% zu entfallen hätten. Wenn die BF in ihrer Beschwerde nun lapidar vorbringt, der Diabetes sei „sehr wohl aufrecht“, so belegt sie damit aber in keiner Weise eine entsprechende Medikation und vermochte sie auch keine Befunde vorzulegen. Insofern ist das Gutachten vom 23.8.2020 nicht zu beanstanden. Ähnliches gilt für das lapidare Vorbringen der BF in ihrer Beschwerde hinsichtlich des Glaukoms: Bereits im Vorgutachten aus 2018 fand dieses Berücksichtigung, allerdings kam der Gutachter zum Ergebnis, dass dieses keinen Grad der Behinderung erreiche. Auch im gegenständlichen Gutachten vom 23.8.2020 wurde auf die Augenbeschwerden (Glaukom) verwiesen, allerdings diesbezüglich wiederum kein Grad der Behinderung festgestellt und betont, dass keinerlei Fachbefunde vorliegen würden. Dem trat die BF in ihrer Beschwerde lediglich insofern entgegen, als sie – ohne irgendwelche Ausführungen zu allfälligen Leidenszuständen zu treffen - einen „Glaukom-Pass“ in Vorlage brachte. Allerdings sind darin neben den Personalien der BF lediglich die Pachymetrie-Werte (Hornhauttdicke, Anmerkung des BVwG) eingetragen und kann somit nicht vom Vorliegen eines ärztlichen Befunds gesprochen werden. Auch insofern ist das Gutachten vom 23.8.2020 nicht zu beanstanden. Der Gutachter gelangte somit zutreffend zum Ergebnis, dass bei der BF (weiterhin) ein Grad der Behinderung von 50% vorliegt.
Ebenso hat sich der Gutachter in seinem Gutachten vom 23.8.2020 nachvollziehbar mit den Auswirkungen der Leiden der BF auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auseinandergesetzt. Diesbezüglich führt die BF in ihrer Beschwerde lediglich wie folgt aus: „Da ich drei Prothesen habe und 3maI an den Bandscheiben operiert wurde mutet man mir zu ein öffentliches Verkehrsmittel zu nehmen. Wie komme ich hin da ich nicht weit gehen kann wegen ständiger Schmerzen bin ich nicht fähig alleine hinzukommen z. Beispiel Ärzte usw.“ Damit tritt die BF den entscheidungswesentlichen Feststellungen des Gutachters aber in keiner Weise konkret entgegen. So bemängelt sie etwa in keiner Weise konkret die Ausführungen des Gutachtes zur zurücklegbaren Wegstrecke (400m), zum sicheren Ein- und Aussteigen und zum sicheren Transport während der Fahrt. Auch insofern war somit dem Gutachten vom 23.8.2020 zu folgen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gemäß § 45 Abs 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gegenständlich liegt somit die Zuständigkeit eines Senats vor.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Die hier einschlägigen Bestimmungen des BBG (bzw. EStG) lauten:
§ 1. […] (2) Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
[…]
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen […]
§ 42. (1) […] Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
[…]
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. […]
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
§ 35 EStG lautet auszugsweise:
§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
– durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
[…]
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.
(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
[…]
– In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
[…]
§ 1 Abs 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016, lautet:
[…] (4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: […]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
[…]
3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:
3.3.1. Was den Antrag der BF auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung anbelangt, so ist Folgendes auszuführen: Das vom SMS zuletzt eingeholte Sachverständigengutachten vom 23.8.2020 ist - wie bereits im Zuge der Beweiswürdigung dargelegt - richtig, vollständig und schlüssig. Die aktuellen Funktionseinschränkungen der BF wurden gemäß der Einschätzungsverordnung eingestuft, es ist bei der BF somit (weiterhin) von einem Grad der Behinderung von 50 vH auszugehen. Folglich ist keine Änderung des bisherigen Grades der Behinderung eingetreten. In diesem Sinne hat das SMS den Antrag der BF auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung zutreffend abgewiesen.
3.3.2. Was den Antrag der BF auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ anbelangt, so ist Folgendes aufzuführen: Wie im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt, leidet die BF insbesondere an Wirbelsäulen- und Kniebeschwerden. Dennoch geht aus dem – nachvollziehbaren – Sachverständigengutachten vom 23.8.2020 klar hervor, dass keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, der körperlichen Belastbarkeit oder neurologischer Fähigkeiten im Sinne der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016, vorliegen, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar machen würden. Nachvollziehbar hat der Sachverständige insbesondere dargelegt, dass die BF jedenfalls eine Wegstrecke von 400 Metern aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurücklegen kann, wobei die Fähigkeit, eine Wegstrecke von etwa 300 bis 400 Meter ohne fremde Hilfe zurückzulegen, in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich als ausreichend angesehen wird, um von einer Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auszugehen (vgl. etwa VwGH vom 21.6.2017, Zl. Ra 2017/11/0040, mit zahlreichen weiteren Judikaturhinweisen). Auch das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport während der Fahrt sind gewährleistet.
Vor diesem Hintergrund hat das SMS mit dem bekämpften Bescheid den Antrag der BF auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass zutreffend abgewiesen.
3.3.3. Die gegenständliche Beschwerde ist somit spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Das BVwG konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des VwGH bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage betreffend Verfahren und Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. betreffend Feststellung des Grades der Behinderung und betreffend Vornahme der Zusatzeintragung „Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ stützen.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn