TE Bvwg Beschluss 2020/12/3 W214 2235344-2

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Veröffentlicht am 03.12.2020
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Entscheidungsdatum

03.12.2020

Norm

AVG §68 Abs2
B-VG Art133 Abs4
DSG §1
VwGVG §8a

Spruch


W214 2235344-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SOUHRADA-KIRCHMAYER über den Antrag des XXXX auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Führung des Beschwerdeverfahrens gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 30.07.2020, Zl. D130.390 2020-0.366.488 beschlossen:

A)

Dem Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe wird nicht Folge gegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang

1. In seiner an die Datenschutzbehörde (DSB, belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) gerichteten Beschwerde vom 05.02.2020 machte der Antragsteller (ehemaliger Beschwerdeführer vor der DSB) XXXX eine Verletzung im Recht auf Löschung sowie im Recht auf Berichtigung geltend.

2. Mit Bescheid vom 30.07.2020, Zl. D130.390 2020-0.366.488 setzte die belangte Behörde das Verfahren bis zur Entscheidung über das beim Bezirksgericht XXXX zur Zl. XXXX anhängige Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Antragsteller aus.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Verfahrenshilfe für die Führung des Beschwerdeverfahrens.

4. Die belangte Behörde legte die Beschwerde des Antragstellers sowie den diesbezüglichen Antrag auf Verfahrenshilfe unter Anschluss der Verfahrensakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

5. Mit Bescheid vom 16.11.2020, Zl. D130.390 2020-0.750.035 hob die belangte Behörde den Aussetzungsbescheid vom 30.07.2020 auf und setzte das Verfahren fort.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird den Feststellungen zugrunde gelegt.

Insbesondere steht fest, dass das Landesgericht XXXX mit Beschluss vom 07.08.2020, GZ XXXX dem Rekurs des Antragstellers Folge gegeben hat, den Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 20.05.2020, Zl. XXXX ersatzlos aufgehoben und das Verfahren über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für den Antragsteller eingestellt hat.

Der Antragsteller machte in seiner Beschwerde an die Datenschutzbehörde vom 05.02.2020 eine Verletzung im Recht auf Löschung sowie im Recht auf Berichtigung geltend.

Mit Bescheid vom 30.07.2020, Zl. D130.390 2020-0.366.488 setzte die belangte Behörde das Verfahren bis zur Entscheidung über das beim Bezirksgericht XXXX zur Zl. XXXX anhängige Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters aus.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Verfahrenshilfe für die Führung des Beschwerdeverfahrens.

Mit Bescheid vom 16.11.2020, Zl. D130.390 2020-0.750.035 hob die belangte Behörde den Aussetzungsbescheid vom 30.07.2020 auf und setzte das Verfahren fort.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da es sich beim Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe um keine Beschwerde handelt, besteht Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkraftretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zu den Prozessvoraussetzungen:

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wurde fristwahrend und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.2.1. Zur Frage der Prozessfähigkeit des Antragstellers:

Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, durch eigenes Verhalten oder durch das eines gewillkürten Vertreters prozessuale Rechte und Pflichten zu begründen. Die prozessunfähige Person kann keine wirksamen Verfahrenshandlungen setzen. Ein Mangel der Prozessfähigkeit ist von der Behörde von Amts wegen wahrzunehmen. (vgl. § 9 AVG; zum Ganzen Kolonovits/Muzak/Stöger Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 130 mwH auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs)

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 20.05.2020 zur Zl. XXXX wurde ein Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Antragsteller eingeleitet. Dieser Einleitungsbeschluss wurde vom Landesgericht XXXX mit Beschluss vom 07.08.2020, GZ XXXX infolge Erhebung eines Rekurses durch den Antragsteller ersatzlos aufgehoben und das Verfahren über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für den Antragsteller eingestellt.

Es war daher von der Prozessfähigkeit des Antragstellers auszugehen.

3.3. In der Sache:

3.3.1. § 8a VwGVG lautet:

„ Verfahrenshilfe

§ 8a.

(1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.

(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.

(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.

(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.

(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.

(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.

(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.

(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.

(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.

(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt.

Gemäß § 68 Abs. 2 AVG können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, von Amts wegen sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

3.3.2. Für den vorliegenden Sachverhalt ergibt sich daraus Folgendes:

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung erweist sich als aussichtslos:

Der Antragsteller begehrt die Gewährung der Verfahrenshilfe für die Führung des Beschwerdeverfahrens gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30.07.2020, Zl. D130.390 2020-0.366.488, mit welchem die belangte Behörde das Verfahren bis zur Entscheidung über das beim Bezirksgericht XXXX zur Zl. XXXX anhängige Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters ausgesetzt hat.

Dieser Bescheid wurde jedoch mit Bescheid der belangten Behörde vom 16.11.2020 aufgehoben und das Verfahren fortgesetzt.

Hebt die Behörde während eines anhängigen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht einen Bescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG auf, wird die Partei dadurch, dass es ihr nicht mehr möglich ist, den ursprünglichen Bescheid inhaltlich kontrollieren und richtigstellen zu lassen, in keinem Recht verletzt. Das Recht, den Bescheid vom Verwaltungsgericht überprüfen und korrigieren zu lassen, welches die Existenz des Bescheides voraussetzt, stellt kein aus diesem Bescheid erwachsenes Recht iSd § 68 Abs. 2 AVG dar (vgl VwSlg 19.245 A/2015; Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 80/1 (Stand 1.3.2018, rdb.at)).

Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde ist das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen ist.

Aus dem Gesagten folgt, dass das Beschwerdeverfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs .1 VwGVG durch Beschluss einzustellen sein wird (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 90/1 (Stand 1.3.2018, rdb.at)).

Dem gegenständlichen Antrag war daher wegen Aussichtslosigkeit nicht Folge zu geben.

3.2.2.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da im vorliegenden Fall schon aufgrund der Aktenlage feststeht, dass dem Antrag nicht Folge zu geben ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden (vgl. etwa VwGH 25.09.2015, Ra 2015/16/0085, mwN). Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

Aussichtslosigkeit Prozessfähigkeit Verfahrenshilfe Wegfall des Rechtschutzinteresses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W214.2235344.2.00

Im RIS seit

11.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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