TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/4 W256 2213389-1

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Veröffentlicht am 04.12.2020
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Entscheidungsdatum

04.12.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W256 2213389-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11. Dezember 2018, Zahl: XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben, und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status einer Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte für drei Jahre zu.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine somalische Staatsangehörige, stellte am 23. Mai 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung statt. Am 10. April 2018 wurde die Beschwerdeführerin durch ein Organ der belangten Behörde einvernommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, sondern gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Somalia zulässig ist (Spruchpunkte III. bis V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt. Darin wurde nach Wiedergabe der Einvernahme-Protokolle und des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation Somalia (LIB) – sofern hier wesentlich – festgestellt, dass – wie auch im Internet veröffentlichten Videos zu entnehmen sei - die Aktivitäten der Beschwerdeführerin als Journalistin in Somalia im August 2014 geendet hätten. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin nach dieser Zeit nicht mehr als Journalistin tätig gewesen sei. Eine asylrelevante Verfolgung sei daher in Somalia aktuell nicht anzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde den Abgleich des Vorbringens mit den einschlägigen Länderberichten unterlassen habe. Die langjährige Tätigkeit als Journalistin auch vor 2016 sei von Relevanz und wäre die Beschwerdeführerin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungen von privater Seite ohne Aussicht auf staatlichen Schutz ausgesetzt.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsaktes dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

zur Person

Die – im Spruch genannte – volljährige Beschwerdeführerin ist somalische Staatsangehörige und muslimischen Glaubens. Sie stammt auch Mogadischu, dem Bezirk XXXX (angefochtener Bescheid, Seite 17).

Die Beschwerdeführerin war zumindest bis 2014 als Journalistin für diverse Medien tätig. Diverse Videos des „Somali Channel TV“ mit der Beschwerdeführerin als Interviewerin mit regierungsnahen Persönlichkeiten der Jahre 2013 und 2014 sind auf YouTube öffentlich abrufbar (angefochtener Bescheid, Seite 62 ff, 71, 73).

Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

zur Lage in Somalia

Die Übergangsverfassung sieht Meinungs- und Pressefreiheit vor, allerdings halten sich weder die Bundesregierung noch regionale Autoritäten daran. Die meisten Bürger beziehen ihre Informationen aus dem Radio. Alleine in Süd-/Zentralsomalia gibt es 50 Stationen, im März 2013 waren es 93 in ganz Somalia. Es gibt somalische und ausländische Radio- und Fernsehsender sowie das Somali-Service von BBC und Voice of America. Laut somalischer Journalistenunion gibt es im Land ca. 750 Journalisten (angefochtener Bescheid, Seite 37).

Korruption und Bestechung im somalischen Journalismus schränken die kritische Berichterstattung und die Glaubwürdigkeit der Presse ein. Gleichzeitig sehen sich Journalisten regelmäßig Einflussnahme oder Zwangsmaßnahmen durch staatliche Stellen ausgesetzt. Immer wieder werden Presse- und Medieneinrichtungen vorübergehend geschlossen. Die National Union of Somali Journalists beobachtet die Lage der Medien und berichtet über Übergriffe gegenüber Medien und Journalisten (angefochtener Bescheid, Seite 37).

Die somalische Regierung, Regionalbehörden, affiliierte Milizen, ASWJ, al Shabaab und andere Akteure töten, misshandeln und belästigen Journalisten. Zwei Journalisten wurden 2016 erschossen. Eine andere Quelle berichtet davon, dass al Shabaab 22 Journalisten getötet und 25 verletzt hat – nennt dazu aber keinen Zeitraum. Es kommt zu Fällen von Inhaftierung ohne Anklage, von Polizeigewalt gegenüber und von Bedrohung von Journalisten. 2016 hat der NISA insgesamt 16 Journalisten festgenommen. Zwischen August 2016 und Februar 2017 wurden in ganz Somalia (inklusive Somaliland) 55 Journalisten willkürlich verhaftet und illegal inhaftiert. Fünf Medienanstalten wurden geschlossen. 26 der Verhaftungen erfolgten in Somaliland, 14 im South-West-State, sieben in Mogadischu, vier in Jubaland, drei in Hirshabelle und eine in Galmudug. Die meisten Verhafteten wurden ohne Anklage wieder freigelassen, manchmal mussten sie Strafzahlungen leisten. Kam es zu einer Anklage, wurde diese aus Mangel an Beweisen fallengelassen (angefochtener Bescheid, Seite 37).

Nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen ist Somalia das gefährlichste Land weltweit für Journalisten. Das gilt nicht nur für die von der al Shabaab kontrollierten Gebiete. Auch darüber hinaus werden immer wieder Journalisten von Kämpfern der al Shabaab ermordet. Von 1992 bis 2016 sind in Somalia 59 Journalisten getötet worden, die Mehrheit davon in den vergangenen zehn Jahren. Angriffe auf Journalisten oder Journalistenmorde werden nur selten untersucht. Zum Selbstschutz achten viele Journalisten darauf, ihre Identität bei Berichten oder Reportagen nicht preiszugeben. Viele Online- oder Printjournalisten verwenden Pseudonyme. Dies gilt auch für die Gebiete der Übergangsregierung. Ein weiteres Mittel zum Selbstschutz ist Selbstzensur. In den Jahren 2012 und 2013, als Angriffe auf Journalisten massiv zugenommen hatten, flohen einige Journalisten aus dem Land. Manche sind wieder zurückgekehrt (angefochtener Bescheid, Seite 38).

Al Shabaab betreibt den Radiosender Radio Andalus und unterdrückt andere Medien bzw. lässt auf dem von ihr kontrollierten Gebiet keine Berichterstattung zu. Journalisten berichten darüber, von al Shabaab Morddrohungen zu erhalten. Fünf Journalisten wurden im Jahr 2016 von al Shabaab und unbekannten Bewaffneten ermordet. Journalisten auf dem Gebiet der al Shabaab haben zwei Möglichkeiten: Entweder sie gehören zu den al-Shabaab-eigenen Medien bzw. sie unterstützen al Shabaab; oder sie geben sich nicht als Journalisten zu erkennen. Neutrales oder kritisches Verhalten gegenüber al Shabaab erhöht das Risiko, als Spion oder Regierungs-Sympathisant erachtet zu werden. Die Konsequenz wäre die Verurteilung zum Tode. Neben al Shabaab und der Regierung versuchen auch andere Akteure die Medien zu behindern, z.B. Wirtschaftstreibende und andere Personen mit Macht- und Wirtschaftsinteressen. Nur selten bekennt sich al Shabaab zu einem Mord an Journalisten. In vielen Fällen bleiben die Täter unbekannt und es ist nicht möglich zu sagen, wer hinter diesen Taten steckt (angefochtener Bescheid, Seite 38).

Generell stellen in erster Linie AMISOM und nationale sowie regionale Behördenvertreter Ziele für Angriffe der al Shabaab dar. Neben AMISOM und Sicherheitskräften wird al Shabaab auch weiterhin Zivilisten gezielt angreifen, darunter: die somalische Regierung, Parlamentarier und Offizielle (UKHO 7.2017); Regierungsbedienstete, mit der Regierung in Verbindung gebrachte Zivilisten; Angestellte von NGOs und internationalen Organisationen; Wirtschaftstreibende; Älteste und deren Angehörige; diplomatische Missionen; prominente Friedensaktivisten und Gemeindeführer; Journalisten; mutmaßliche Kollaborateure und Spione; Deserteure sowie Personen, die am letzten Wahlprozess mitgewirkt haben; Personen all dieser Kategorien werden insbesondere dann zum Ziel, wenn sie keine Steuern an al Shabaab abführen. Es kommt also z.B. in Mogadischu regelmäßig zu Angriffen auf Zivilisten und zivile Strukturen. Im Durchschnitt werden der al Shabaab in Mogadischu pro Monat ca. 20 Morde zugerechnet. Allerdings wird oft nur angegeben, dass al Shabaab für ein Attentat die Verantwortung trägt, obwohl dies gar nicht klar ist (angefochtener Bescheid, Seite 43).

2.       Beweiswürdigung:

Die einzelnen Feststellungen beruhen jeweils auf den im angefochtenen Bescheid (teilweise disloziert) getroffenen und im Übrigen in der Beschwerde unbestrittenen Feststellungen.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister (Strafregisterabfrage vom 4. Dezember 2020).

zu den Länderfeststellungen

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln, zumal auch die Beschwerdeführerin in der Beschwerde (auch in der Stellungnahme) zu den eingebrachten Länderinformationen der belangten Behörde keine substanziellen Widersprüche aufzeigte.

Dass sich seit der Erlassung des bekämpften Bescheides allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, ist nicht hervorgekommen und kann dies im Übrigen unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden aktuelleren Datums in diesem Fall verneint werden.

3.       Rechtliche Beurteilung:

zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 3 Abs 1 Asylgesetz 2005 BGBl I 100/2005 idF BGBl I 69/2020 (im Folgenden: AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg cit zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1955/55 idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1974/78 (im Folgenden: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl L 2011/337, 9 [im Folgenden: Statusrichtlinie] verweist).

Flüchtling iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1974/78) – deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben – ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Unter "Verfolgung" im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl bspw VwGH 5.9.2016, Ra 2016/19/0074 uva).

§ 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 der Statusrichtlinie, worunter – unter anderem – Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten BGBl 1958/210 idF BGBl III 2018/139 (im Folgenden: EMRK) keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter (vgl VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0083 uva).

Für die Asylgewährung nicht von entscheidender Bedeutung ist, dass die mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Eingriffe nicht direkt von staatlicher, sondern von dritter Seite (von Privatpersonen) drohen oder dass diese von der gegenwärtigen afghanischen Regierung nicht angeordnet werden. Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er aufgrund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ihm dieser Nachteil aufgrund einer von dritten Personen ausgehenden, vom Staat nicht ausreichend verhinderbaren Verfolgung mit derselben Wahrscheinlichkeit droht. In beiden Fällen ist es ihm nicht möglich bzw. in Hinblick auf seine wohl begründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 14.05.2002, 2001/01/0140; 24.05.2005, 2004/01/0576; 26.02.2002, 99/20/0509).

Im Hinblick auf die derzeit vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen zur Meinungs- und Pressefreiheit in Somalia haben sich ausreichende Anhaltspunkte dahingehend ergeben, dass somalische JournalistInnen regelmäßig Einflussnahme oder Zwangsmaßnahmen durch staatliche Stellen ausgesetzt sind. Es wird auch von Übergriffen berichtet, die ein erhebliches Ausmaß annehmen können von Belästigungen, über Misshandlungen und Tötungen von JournalistInnen durch die somalische Regierung, Regionalbehörden, Milzen, al Shabaab und anderen Akteuren. Zudem sind Journalisten von willkürlichen Inhaftierungen ohne Anklage, Polizeigewalt und Bedrohungen ausgesetzt. Die Intensität von solchen Übergriffen, willkürlichen Verhaftungen und Bedrohungen kann somit Asylrelevanz erreichen. Journalisten zählen auch zu all jener zivilen „high profile“ Personengruppe, die einem hohen Risiko ausgesetzt sind, von Al Shabaab gezielt angegriffen bzw. getötet zu werden. Somalia ist eines der gefährlichsten Länder weltweit für JournalistInnen.

Wie den Feststellungen (auch der belangten Behörde) zu entnehmen ist, handelt es sich bei der Beschwerdeführerin um eine junge Frau, welche über mehrere Jahre bis zumindest 2014 als Journalistin in Somalia tätig war. Videos der Beschwerdeführerin von Interviews sind – wie den eigenen Feststellungen der belangten Behörde zu entnehmen sind – öffentlich abrufbar. Damit ist die Beschwerdeführerin durch ihre berufliche Tätigkeit als Journalistin, die auch mit Videos in der Öffentlichkeit stand bzw. noch steht, in einem konservativ religiösen Umfeld in ihrer Heimat bedroht.

Die im Erkenntnis wiedergegebenen und auch von der belangten Behörde verwendeten und festgestellten Länderinformationen bestätigen die nach wie vor aktuelle Gefährdung der Beschwerdeführerin wegen ihrer beruflichen Tätigkeit. Entsprechend den Länderberichten besteht daher für die Beschwerdeführerin ein ernstzunehmendes Risiko, sich im Falle einer Rückkehr Opfer von Misshandlungen, willkürlichen Inhaftierungen oder Bedrohungen bis hin zu gezielten Tötungen durch regierungsnahe oder regierungsfeindlichen Gruppierungen von zweifellos asylrelevanter Intensität zu werden oder sogar um ihr Leben fürchten müsste.

Von einer entsprechenden Schutzfähigkeit und – willigkeit der somalischen Sicherheitsbehörden kann nach der aktuellen Berichtslage nicht ausgegangen werden.

Auch kann angesichts der fehlenden Schutzgewährung durch die staatlichen Behörden und in Hinblick auf die diesbezüglichen Länderinformationen nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführerin ein Ausweichen in einen anderen Landesteil Somalias möglich wäre, zumal sie im gesamten Staatsgebiet Somalias im Wesentlichen der gleichen - oben beschriebenen - Situation ausgesetzt wäre. Damit ist von einer innerstaatlichen Fluchtalternative ebenfalls nicht auszugehen.

Da auch keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt, war der Beschwerdeführerin daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Beschwerdeführerin damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Nachdem der gegenständliche maßgebliche Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz nach dem 15. November 2015 gestellt wurde, kommt § 3 Abs. 4 AsylG 2005 im vorliegenden Fall zur Anwendung und ist der Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsberechtigung für jedenfalls drei Jahre zuzusprechen.

zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde unstrittig und damit geklärt ist. Das Bundesverwaltungsgericht ist von Tatsachen ausgegangen, die bereits im Bescheid auf unbedenkliche Weise festgestellt, und von der Beschwerdeführerin bestätigt bzw. nicht bestritten worden sind. Allein diese Tatsachen hat das Bundesverwaltungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Mai 2014, 2014/20/0017 und -0018).

Dem Bundesverwaltungsgericht lag sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der Beschwerdeführerin mündlich zu erörtern gewesen wäre, zumal ohnedies im Sinne der Beschwerdeführerin entschieden wurde. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder mangelt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vlg. die oben angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; diese ist auch nicht uneinheitlich.

Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.


Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung Berufstätigkeit Flüchtlingseigenschaft Journalismus Miliz Schutzunfähigkeit Schutzunwilligkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W256.2213389.1.00

Im RIS seit

11.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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