TE Vwgh Beschluss 2021/1/4 Ra 2020/18/0274

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Veröffentlicht am 04.01.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Dr. Sutter und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des A H, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. April 2020, W244 2172410-1/13E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger Afghanistans, stammt aus der Provinz Ghazni und stellte am 27. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, auf einer Baustelle in Herat gearbeitet zu haben und dort fälschlich beschuldigt worden zu sein, einen verunglückten Kollegen in den Tod gestoßen zu haben.

2        Mit Bescheid vom 21. August 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass eine Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen gerichtete Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision wurde vom Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

4        Begründend führte das BVwG aus, eine asylrelevante Verfolgung des Revisionswerbers sei aus näher dargestellten Gründen nicht glaubhaft. Hinsichtlich der Nichtgewährung subsidiären Schutzes erwog es, dass dem Revisionswerber zwar eine Rückkehr in seine Herkunftsprovinz nicht möglich sei, ihm jedoch die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in den Städten Herat und Mazar-e Sharif möglich und zumutbar sei.

5        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG mit Beschluss vom 18. Juni 2020, E 1392/2020-7, ablehnte und sie an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6        In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es keine Informationen zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf das Gesundheits-, Versorgungs- und Wirtschaftssystem in Afghanistan eingeholt und dem Revisionswerber zu den herangezogenen Internetseiten über die Covid-19-Pandemie kein Parteiengehör gewährt habe.

7        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       Werden, wie in der vorliegenden Revision, Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung auch deren Relevanz dargetan werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können (vgl. VwGH 18.2.2020, Ra 2020/18/0032, mwN). Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 26.2.2020, Ra 2020/20/0049, mwN).

12       In der vorliegenden Revision wird jedoch lediglich pauschal vorgebracht, das BVwG habe keine ausreichenden Informationen zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in Afghanistan eingeholt, ohne darzulegen, welche Feststellungen das BVwG konkret und in Hinblick auf die persönliche Situation des Revisionswerbers hätte treffen sollen. Auch mit dem Verweis auf einen näher bezeichneten Bericht wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan, weil diesem zum einen lediglich allgemeine Informationen zum Gesundheitssystem in Afghanistan und den Ausgangsbeschränkungen in Kabul und Herat zu entnehmen sind und zum anderen kein Bezug zum Revisionsfall aufgezeigt wird und ein solcher auch nicht ersichtlich ist.

13       Sofern die Revision weiters rügt, das BVwG habe dem Revisionswerber entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein rechtliches Gehör zu den herangezogenen Internetseiten gewährt, wird damit bereits deshalb kein relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt, weil das BVwG darauf basierend lediglich Feststellungen zu den Fallzahlen und den Risikogruppen in Zusammenhang mit Covid-19 getroffen hat und erwog, dass der Revisionswerber keiner dieser Risikogruppen angehöre. Der Revisionswerber gab jedoch im gesamten Verfahren konsistent an, an keiner schwerwiegenden Erkrankung zu leiden und setzt den entsprechenden Feststellungen des BVwG auch in der Revision nichts entgegen.

14       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. Jänner 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020180274.L00

Im RIS seit

15.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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