TE OGH 2020/12/18 2Ob198/20m

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Veröffentlicht am 18.12.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der  Rechtssache der klagenden Partei Mag. B* Z*, vertreten durch Mag. Carmen Thornton, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei C* M*, vertreten durch Lachinger Rechtsanwälte OG in Korneuburg, wegen 60.145,01 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 59.797,01 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. September 2020, GZ 12 R 127/19p-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 23. September 2019, GZ 4 Cg 35/19s-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.261,16 EUR (darin enthalten 376,86 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1]            J* M* (im Folgenden: Erblasser) starb am 16. 1. 2018. Er hinterlässt seine Ehefrau, die Beklagte, sowie zwei Kinder, darunter die Klägerin. Die Beklagte ist die eingeantwortete testamentarische Alleinerbin des Erblassers.

[2]       Die Summe der Aktiva der Verlassenschaft beträgt 369.645,06 EUR. Die Summe der Passiva beläuft sich auf 10.862,99 EUR. Es errechnet sich somit der Reinnachlass mit 358.782,07 EUR.

[3]            Die Klägerin begehrte, ausgehend von einem Reinnachlass von 360.870,07 EUR die Zahlung ihres Pflichtteils in Höhe eines Sechstels, somit 60.145,01 EUR sA. Sie bestritt, dass die Beklagte den Erblasser in einem über ihre eheliche Beistandspflicht hinausgehenden Ausmaß gepflegt habe. Ein der Beklagten allenfalls zustehendes Pflegevermächtnis (§ 677 ABGB) sei bei der Bemessung des Pflichtteils nicht zu berücksichtigen. Ein Bereicherungsanspruch der Beklagten (condictio causa data causa non secuta) könne den Pflichtteilsanspruch ebenfalls nicht schmälern und scheide im Übrigen schon deswegen aus, weil der Erblasser die Beklagte ohnedies zur Alleinerbin eingesetzt habe.

[4]       Die Beklagte wendete ein, sie habe den Erblasser in den letzten drei Jahren vor seinem Tod umfassend gepflegt. Sie habe daher Anspruch auf ein Pflegevermächtnis nach §§ 677 f ABGB. Die von ihr erbrachten Pflegeleistungen hätten ansonsten von einer professionellen Pflegekraft erbracht werden müssen. Die Unentgeltlichkeit der Pflege sei nicht vereinbart worden. Die Pflegeleistungen der Beklagten hätten die Pflichtteilsberechtigten begünstigt bzw bereichert. Diese müssten sich die von der Beklagten erbrachten Leistungen anrechnen lassen. Aufgrund der Pflegeleistung sei der Pflichtteilsanspruch der Kinder des Erblassers zumindest um insgesamt 100.000 EUR zu reduzieren. Der Anspruch der Beklagten werde sowohl auf das Pflegevermächtnis als auch auf Bereicherung sowie jeden erdenklichen Rechtsgrund gestützt.

[5]            Das Erstgericht gab der Klage im Umfang von 59.797,01 EUR samt Zinsen statt und wies das Mehrbegehren von 348 EUR samt Zinsen unbekämpft ab. Das von der Beklagten geltend gemachte Pflegevermächtnis sei nicht entscheidungsrelevant. Gemäß § 779 Abs 2 ABGB sei der Pflichtteil nämlich ohne Rücksicht auf Vermächtnisse und andere aus dem letzten Willen entspringende Lasten zu berechnen. Zudem sei die Beklagte ohnehin Alleinerbin, sodass die Klägerin auch durch etwaige erbrachte Pflegeleistungen in keiner Weise bereichert sei, zumal ein allfälliger Bereicherungsanspruch nach Einantwortung ausschließlich gegenüber den Erben zustünde. Überdies bleibe aufgrund des in den §§ 677 f ABGB idF des ErbRÄG 2015 neu eingeführten Pflegevermächtnisses für Bereicherungsansprüche kein Raum.

[6]            Das Berufungsgericht gab der nur von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und ließ die ordentliche Revision zu.

[7]            Es vertrat die Rechtsansicht, nach § 779 Abs 2 ABGB seien „Vermächtnisse und andere aus dem letzten Willen entspringende Lasten“ nicht als Passiva zu berücksichtigen. Nach dem Wortlaut der Bestimmung würden nur solche Vermächtnisse erfasst, die dem letzten Willen entspringen. Das Pflegevermächtnis als gesetzliches Vermächtnis wäre davon nicht erfasst. Andererseits falle das Pflegevermächtnis auch nicht unter die den Pflichtteil mindernden Lasten nach § 779 Abs 1 ABGB. Gemäß § 678 Abs 2 ABGB gebühre das Pflegevermächtnis jedenfalls neben dem Pflichtteil, neben anderen Leistungen aus der Verlassenschaft nur dann nicht, wenn der Verstorbene das verfügt habe. Eine solche Verfügung sei nicht behauptet worden. Nach Abzug der Pflichtteile der beiden Kinder des Erblassers verblieben der Beklagten 239.188,05 EUR. Dies sei mehr als die behauptete Höhe des Pflegevermächtnisses und ihr Pflichtteil zusammen. Sie sei daher weder in ihrem Pflichtteil noch in ihrem allfälligen Anspruch auf das Pflegevermächtnis verkürzt.

[8]       Dem Pflegenden verbleibe neben dem Anspruch nach § 677 ABGB weiterhin der – von den Voraussetzungen unterschiedliche – Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung in Analogie zu § 1435 ABGB. Dieser Kondiktionsanspruch mindere als Nachlasspassivum den Reinnachlass. Ein solcher Bereicherungsanspruch scheide hier aber aus, weil sich die Erwartung der Beklagten, für die Pflege des Erblassers eine Gegenleistung zu erhalten, mit ihrer Einsetzung zur Alleinerbin erfüllt habe. Soweit aus der vereinzelt gebliebenen Entscheidung 1 Ob 734/76 (SZ 49/136) Anderes abgeleitet werden könnte, werde dieser Entscheidung nicht gefolgt, weil ihre Begründung nicht überzeuge. Somit mindere hier weder das gesetzliche Pflegevermächtnis noch ein Bereicherungsanspruch der Beklagten nach § 1435 ABGB analog den Pflichtteilsanspruch der Klägerin.

[9]       Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob das gesetzliche Pflegevermächtnis des § 677 ABGB bei der Pflichtteilsberechnung nach § 779 ABGB als Verlassenschaftspassivum zu berücksichtigen sei, und weil das Berufungsgericht von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 1 Ob 734/76 abgewichen sei.

[10]           Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag auf Aufhebung in die zweite, hilfsweise in die erste Instanz.

[11]     Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

[12]           Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

[13]           Die Revisionswerberin macht geltend, das gesetzliche Pflegevermächtnis sei bei der Pflichtteilsberechnung nach § 779 ABGB zu berücksichtigen. Ihre Pflegeleistungen hätten zur Erhöhung des reinen Nachlasses beigetragen, da sie ansonsten durch professionelle Pflegekräfte erbracht hätten werden müssen. Der Vorteil liege in der Ersparnis des Aufwands für eine professionelle Pflege. Durch ihre Pflegeleistungen sei der Nachlass daher bereichert. Diese Bereicherung schlage auch auf die Pflichtteilsansprüche durch. Da die Beklagte die Pflegeleistungen bereits zu Lebzeiten des Erblassers erbracht habe, fielen sie unter die Schulden und Lasten iSd § 779 Abs 1 ABGB. Bereicherungsansprüche könnten auch neben dem Pflegevermächtnis bestehen. Der Bereicherungsanspruch der Beklagten könne nicht nur unter § 1435 ABGB, sondern auch unter § 1041 ABGB subsumiert werden. Das Berufungsgericht sei zu Unrecht von der Entscheidung 1 Ob 734/76 abgewichen.

Rechtliche Beurteilung

[14]           Hierzu wurde erwogen:

[15]            1. Anzuwendendes Recht

[16]           Da der Erblasser nach dem 31. 12. 2016 verstorben ist, sind die hier maßgeblichen Bestimmungen des Vermächtnisrechts und des Pflichtteilsrechts in der Fassung des ErbRÄG 2015 (BGBl I 2015/87) anzuwenden (§ 1503 Abs 7 Z 1 und 2 ABGB).

[17]     2. Maßgebliche Bestimmungen aus dem ABGB

8. Pflegevermächtnis

§ 677.

(1) Einer dem Verstorbenen nahe stehenden Person, die diesen in den letzten drei Jahren vor seinem Tod mindestens sechs Monate in nicht bloß geringfügigem Ausmaß gepflegt hat, gebührt dafür ein gesetzliches Vermächtnis, soweit nicht eine Zuwendung gewährt oder ein Entgelt vereinbart wurde.

(2) Pflege ist jede Tätigkeit, die dazu dient, einer pflegebedürftigen Person soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen.

(3) Nahe stehend sind Personen aus dem Kreis der gesetzlichen Erben des Verstorbenen, deren Ehegatte, eingetragener Partner oder Lebensgefährte und deren Kinder sowie der Lebensgefährte des Verstorbenen und dessen Kinder.

§ 678.

(1) Die Höhe des Vermächtnisses richtet sich nach Art, Dauer und Umfang der Leistungen.

(2) Das Vermächtnis gebührt jedenfalls neben dem Pflichtteil, neben anderen Leistungen aus der Verlassenschaft nur dann nicht, wenn der Verstorbene das verfügt hat. Das Vermächtnis kann nur bei Vorliegen eines Enterbungsgrundes entzogen werden.

§ 779.

(1) Schulden und andere Lasten, die schon zu Lebzeiten des Verstorbenen auf dem Vermögen hafteten, werden von der Verlassenschaft ebenso abgezogen wie alle nach dem Erbfall und vor der Einantwortung entstandenen und mit der Besorgung, Verwaltung und Abhandlung der Verlassenschaft verbundenen Kosten.

(2) Der Pflichtteil wird aber ohne Rücksicht auf Vermächtnisse und andere aus dem letzten Willen entspringende Lasten berechnet.

[18]     3. Einfluss des Pflegevermächtnisses auf die Berechnung des Pflichtteils

[19]     3.1. Schrifttum

[20]     Welser (Erbrechts-Kommentar § 678 ABGB Rz 6) meint unter Berufung auf § 779 Abs 2 ABGB, das Pflegevermächtnis werde bei Ermittlung der Pflichtteile vom reinen Nachlass nicht abgezogen.

[21]            Bittner/Hawel (in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 779 Rz 6) führen aus, Vermächtnisse und andere aus dem letzten Willen entspringende Lasten würden vor Berechnung des Pflichtteils nicht abgezogen. Vermächtnisse, auch das gesetzliche Vorausvermächtnis, befänden sich als Aktiva in der Verlassenschaft.

[22]           3.2. Auffassung des Senats

[23]           a) Das Pflegevermächtnis ist als gesetzliches Vorausvermächtnis konzipiert, das, sofern nicht Gegenteiliges verfügt wurde, in den Erbteil nicht einzurechnen ist und jedenfalls neben dem Pflichtteil gebührt (§ 678 Abs 2 ABGB; Apathy/Neumayr in KBB6 §§ 677–678 Rz 1). Schon bisher wurde das Vorausvermächtnis des Ehegatten nach § 758 ABGB aF (jetzt § 745 ABGB), das – wie jetzt auch das Pflegevermächtnis – nicht dem letzten Willen entspringt, nach ständiger Rechtsprechung und einhelliger Lehre unter § 786 Satz 1 ABGB aF (jetzt § 779 Abs 2 ABGB) eingeordnet, wie ein Vermächtnis behandelt und die Qualifikation als Nachlasspassivum abgelehnt (1 Ob 2364/96w; 6 Ob 184/99y; 6 Ob 248/00i; vgl auch RS0112671; Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 § 784 Rz 8; Eccher in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 784 Rz 8; Scheuba in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Handbuch Erbrecht und Vermögensnachfolge² § 9 Rz 214).

[24]           b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts fällt (auch) das Pflegevermächtnis unter § 779 Abs 2 ABGB. Dass der Text dieser Bestimmung nach den Vermächtnissen „andere aus dem letzten Willen entspringende Lasten“ erwähnt, spricht nicht gegen diese Auffassung, zumal der „Normalfall“ des Vermächtnisses aus dem letzten Willen entspringt. Wenn nun schon bisher das gesetzliche Vorausvermächtnis in der Rechtsprechung als nicht pflichtteilsmindernd behandelt wurde, besteht kein Grund, das Pflegevermächtnis anders zu behandeln.

[25]           c) Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht ausgeführt, dass das Pflegevermächtnis nicht unter § 779 Abs 1 ABGB fällt, weil es nicht schon zu Lebzeiten des Verstorbenen auf dem Vermögen haftete und es sich dabei auch nicht um mit der Besorgung, Verwaltung und Abhandlung der Verlassenschaft verbundene Kosten handelt.

[26]           3.3. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten:

[27]     Das Pflegevermächtnis (§§ 677 f ABGB) ist ein Vermächtnis iSd § 779 Abs 2 ABGB und fällt auch nicht unter die schon zu Lebzeiten des Verstorbenen auf dessen Vermögen haftenden Schulden und Lasten (§ 779 Abs 1 ABGB). Es ist daher bei der Berechnung des Pflichtteils nicht zu berücksichtigen.

[28]           4. Bereicherungsansprüche

[29]           4.1. Bereits zur Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 war in der Rechtsprechung anerkannt, dass einem Pflegenden – teilweise auch unter Hinweis auf § 1152 ABGB – in Analogie zu § 1435 ABGB ein Bereicherungsanspruch insbesondere dann zustehen konnte, wenn Pflegeleistungen in der zumindest erkennbaren (aber enttäuschten) Erwartung einer Gegenleistung, meist einer letztwilligen Zuwendung, erbracht wurden (6 Ob 149/14a; 2 Ob 2/16g; 8 Ob 37/16y; jeweils mwN; RS0033606 [T6]; RS0033952 [T19]; RS0047190 [T1, T5 und T6]; RS0130644). Gelegentlich wurde auch § 1037 ABGB als Anspruchsgrundlage genannt (8 Ob 37/16y; RS0130878).

[30]           4.2. Nach den Materialien zu §§ 677 f ABGB idF des ErbRÄG 2015 sollen der Pflegeperson neben einem Pflegevermächtnis allenfalls Bereicherungsansprüche nach § 1435 ABGB analog zustehen können. Sie habe die Wahlfreiheit zwischen den beiden Ansprüchen (ErläutRV 688 BlgNR 25. GP 16 f).

[31]           4.3. In der Lehre ist hingegen strittig, ob – wie die zitierten Materialien meinen – auch im Anwendungsbereich des ErbRÄG 2015 für Pflegeleistungen Bereicherungsansprüche nach § 1435 ABGB analog konkurrierend mit Ansprüchen nach §§ 677 f ABGB gegen die Verlassenschaft bzw die Erben zustehen können (dafür: Pesendorfer, Die Erbrechtsreform im Überblick, iFamZ 2015, 230; Deixler-Hübner, Familienrechtliche Aspekte des Erbrechts, in Deixler-Hübner/Schauer, Erbrecht neu [2015], 29 [45]; Apathy, Pflegevermächtnis und ungerechtfertigte Bereicherung, iFamZ 2016, 112 [113]; Brandstätter, Neue und alte Rechtsbehelfe zur Pflegeabgeltung, ecolex 2016, 1040 [1045]; Stefula, Die Abgeltung von Pflegeleistungen, EF-Z 2016/56, 116 [121 f]; Till, Angehörigenpflege nach dem ErbRÄG 2015 – das neue Pflegevermächtnis, ZfG 2017, 12 [13]; Deixler-Hübner in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge2 [2018] § 10 Rz 49; Welser, Erbrechts-Kommentar § 678 ABGB Rz 9; Schauer in Deixler-Hübner [Hrsg], Handbuch Familienrecht2 [2020] 755 [781]; Apathy/Neumayr, in KBB6 §§ 677–678 Rz 1; vgl auch Barth/Pesendorfer, Erbrechtsreform 2015 [2015] § 678 Anm 5), ob Ansprüche nach § 1435 ABGB analog nur soweit geltend gemacht werden können, als keine Ansprüche nach §§ 677 f ABGB bestehen (Eccher, Erbrechtsreform [2017] Rz 66; Fischer-Czermak, Abgeltung von Pflegeleistungen naher Angehöriger, in FS Eccher [2017], 349 [365]; so wohl auch Jöchl, Das Pflegevermächtnis, VbR 2016/25, 43 [44]), oder ob die §§ 677 f ABGB Ansprüche analog zu § 1435 ABGB überhaupt ausschließen (Fischer-Czermak in Rabl/Zöchling-Jud [Hrsg], Das neue Erbrecht [2015], 27 [41 f]; Christandl/Nemeth, das neue Erbrecht – ausgewählte Einzelfragen, NZ 2016, 1 [5]).

[32]           4.4. Diese Frage muss hier nicht geklärt werden. Denn für einen Kondiktionsanspruch in Analogie zu § 1435 ABGB fehlt es schon an einer enttäuschten Erwartungshaltung der Beklagten: Mehr als die (hier erfolgte) Einsetzung zur Universalerbin konnte sie letztwillig vom Erblasser nicht erwarten. Der Entscheidung 1 Ob 734/76 (SZ 49/136) ist nicht zu folgen, weil sie mit diesem bereicherungsrechtlichen Grundsatz nicht im Einklang steht.

[33]           4.5. Die Beklagte beruft sich in der Revision für ihren aus den Pflegeleistungen resultierenden bereicherungsrechtlichen Anspruch (auch) auf § 1041 ABGB.

[34]           Wenn ein Bereicherungsanspruch (wie hier) auf eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung aufgrund einer Leistung (zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens durch bewusste Zuwendung) gegründet wird, ist das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1041 ABGB nicht mehr zu prüfen, weil eben die Sonderregeln über die Leistungskondiktion eingreifen (3 Ob 149/06t = RS0028179 [T9]; 8 Ob 129/03h; vgl auch RS0028050).

[35]           4.6. Zu § 1037 ABGB als allfälliger Anspruchsgrundlage (vgl 5.1.) hat die Beklagte kein Tatsachenvorbringen erstattet.

[36]     Ergebnis und Kosten

[37]     Das angefochtene Urteil erweist sich jedenfalls im Ergebnis als rechtsrichtig, weshalb der Revision nicht Folge zu geben ist.

[38]     Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E130615

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:E130615

Im RIS seit

11.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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