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L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde
1. des S L und 2. des M L in S, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 6. März 1997, Zl. LAS-180/104-88, betreffend Zusammenlegung S, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Im Zusammenlegungsverfahren S hat das Amt der Tiroler Landesregierung als Argarbehörde erster Instanz (AB) mit Bescheid vom 28. Juli 1988 den Zusammenlegungsplan erlassen. In der Haupturkunde dieses Zusammenlegungsplanes wurde im Abschnitt VIII verfügt, daß bei der in EZ. 90037 GB S zugunsten der EZ. 27 GB S einverleibten Dienstbarkeit, Holz zu lagern und aufzuarbeiten, an die Stelle des Grundstückes Nr. 235/1 das neue Grundstück 235 tritt. Eigentümer der EZ. 90037 war der Zweitbeschwerdeführer, Eigentümerin der EZ. 27 B.
Auf Grund einer vom Zweitbeschwerdeführer erhobenen Berufung änderte der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (LAS) mit Bescheid vom 18. April 1991 den Zusammenlegungsplan dahin ab, daß die in EZ. 90037 auf Grundstück Nr. 235/1 zugunsten der Liegenschaft EZ. 27 einverleibte Dienstbarkeit, Holz abzulagern und aufzuarbeiten, sich auf jenen Teil der Abfindung 235 erstreckt, der im Lageplan der Abteilung III d3 des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 13. Juli 1989 rot umrandet ist. Diese Entscheidung wurde damit begründet, daß die belastete Altparzelle 235/1 nur einen Teil des neuen Grundstückes Nr. 235 darstelle. Der Zusammenlegungsplan sei daher abzuändern und die Dienstbarkeit gemäß dem erwähnten Lageplan auf die ursprünglich belastete Altparzelle 235/1 einzuschränken gewesen.
Mit Vermessungsurkunde des Dipl.-Ing. R vom 25. März 1991 wurde das im Zusammenlegungsverfahren als Abfindungsgrundstück neu gebildete Grundstück Nr. 235 geteilt in Grundstück Nr. 235/1 mit 2.072 m2 und Grundstück Nr. 235/2 mit 708 m2. Das neu gebildete Grundstück Nr. 235/2 hat der Zweitbeschwerdeführer mit Schenkungsvertrag (Notariatsakt) vom 5. April 1991 dem Erstbeschwerdeführer übergeben. In weiterer Folge wurde das Grundstück Nr. 235/2 aus EZ. 90037 abgeschrieben und hiefür die neue Grundbuchseinlage EZ. 471 GB S mit Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Erstbeschwerdeführer eröffnet.
Im Zuge eines gerichtlichen Rechtsstreites vor dem Bezirksgericht Zell am Ziller schlossen der Zweitbeschwerdeführer und die Eigentümerin der dienstbarkeitsberechtigten Liegenschaft EZ. 27 am 5. Februar 1992 einen Vergleich, in dem einvernehmlich festgehalten wird, daß sich die auf EZ. 90037 zugunsten der Liegenschaft EZ. 27 einverleibte Dienstbarkeit, auf Grundstück Nr. 235 Holz abzulagern und aufzuarbeiten, auf folgende Teilflächen des Grundstückes Nr. 235 erstreckt und zwar auf einen 3 m breiten Streifen südlich des Grundstückes Nr. 236/1, auf einen sich von 5 m auf 7,5 m verbreiternden Streifen an der Ostseite von Grundstück Nr. 236/1 und auf die nördlich von Grundstück Nr. 236/1 bzw. des vorbezeichneten Streifens gelegene Teilfläche von Grundstück Nr. 235.
Das Bezirksgericht Zell am Ziller als Grundbuchsgericht hat mit Beschluß vom 28. März 1996 von Amts wegen die Dienstbarkeit der Holzablagerung und Aufarbeitung im Grundbuch eingetragen.
Gegen diesen Beschluß haben die Beschwerdeführer Rekurs erhoben.
Das Landesgericht Innsbruck hat mit Beschluß vom 14. Jänner 1997 diesem Rekurs Folge gegeben und die bekämpfte Entscheidung ersatzlos aufgehoben. Dieser Beschluß ist rechtskräftig.
Mit Schriftsatz vom 13. Mai 1996 haben die Beschwerdeführer bei der AB den Antrag gestellt, den Zusammenlegungsplan S dahin abzuändern, daß das Grundstück Nr. 235/2 frei von der Dienstbarkeit des Holzablagerns und Aufarbeitens im Grundbuch eingetragen wird oder festzustellen, daß dieses Grundstück von der erwähnten Dienstbarkeit frei ist. Begründet wurde dieser Antrag damit, daß die Eigentümerin der berechtigten Liegenschaft, B, jedenfalls hinsichtlich des Grundstückes Nr. 235/2 auf diese Dienstbarkeit verzichtet habe, sodaß mit dem Schenkungsvertrag zwischen dem Erst- und dem Zweitbeschwerdeführer vom 5. April 1991 die lastenfreie Abschreibung des Grundstückes Nr. 235/2 erfolgt sei. Weiters habe die AB diesem Rechtsgeschäft die Zustimmung zur Verbücherung erteilt; die AB habe ausgesprochen, daß die grundbücherliche Eintragung ohne die erwähnte Dienstbarkeit mit dem Zusammenlegungsverfahren vereinbar sei. Durch diese agrarbehördliche Genehmigung verstehe es sich von selbst, daß die im Spruch des Bescheides des LAS vom 18. April 1991 festgelegte Dienstbarkeit das Grundstück Nr. 235/2 nicht betreffen könne. Infolge Verzichts auf die Dienstbarkeit würde B keinen Schaden erleiden. Rechtlich würde sich daraus ergeben, daß der "formal rechtskräftige Zusammenlegungsplan" frei von der mehrfach erwähnten Dienstbarkeit und daher abzuändern sei.
Mit Bescheid vom 28. Juni 1996 wies die AB den Antrag der Beschwerdeführer wegen entschiedener Sache zurück.
Die Beschwerdeführer beriefen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. März 1997 wurde die Berufung des Zweitbeschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Der Berufung des Erstbeschwerdeführers wurde teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid insoweit aufgehoben, als der AB aufgetragen wurde, über den Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Feststellung, daß das Grundstück Nr. 235/2 von der Dienstbarkeit frei ist, zu entscheiden. Im übrigen wurde auch die Berufung des Erstbeschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung heißt es im wesentlichen, das Begehren der Beschwerdeführer sei auf Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides gerichtet. Dieses Begehren sei daher nach § 68 Abs. 1 AVG zu beurteilen, welcher gemäß § 1 Abs. 1 AgrVG auch von der Agrarbehörde anzuwenden sei. Nach § 68 Abs. 1 AVG seien Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehrten, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 finde, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Ein Fall des § 69 oder 71 AVG liege nicht vor. Die Beschwerdeführer verwiesen auf § 68 Abs. 2 AVG. Abgesehen davon, daß diese Bestimmung nur ein amtswegiges Vorgehen, nicht aber die Aufhebung oder Abänderung eines Bescheides auf Antrag vorsehe, liege ein dieser Bestimmung zu subsumierender Tatbestand nicht vor, weil aus dem abzuändernden Bescheid sehr wohl ein Recht erwachsen sei, nämlich ein Dienstbarkeitsrecht für die Eigentümer der Liegenschaft EZ. 27. Ein Anlaß zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 3 oder 4 AVG sei ebenfalls nicht gegeben. Eine die Anwendung des Zurückweisungsgrundes der res iudicata ausschließende Änderung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage sei nicht eingetreten. Die AB habe somit zu Recht das Vorliegen des Tatbestandes der rechtskräftig entschiedenen Sache angenommen und folgerichtig den auf Abänderung des rechtskräftigen Zusammenlegungsplanes abzielenden Antrag der Beschwerdeführer zurückgewiesen. Insoweit mit der Berufung diese Zurückweisung bekämpft werde, erweise sich die Berufung als unbegründet.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführer in ihrem die Berufung ergänzenden Schriftsatz vom 21. Februar 1997, daß die belangte Behörde an den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck gebunden sei, sei festzustellen, daß einer solchen Bindung der Umstand entgegenstehe, daß der gerichtliche Vergleich vom 5. Februar 1992 von der Agrarbehörde nicht genehmigt worden sei. Die diesem Vergleich entsprechende Dienstbarkeitsregelung, auf die sich die Rekursentscheidung des Landesgerichtes Innsbruck beziehe, sei auch nicht Sache des gegenständlichen Berufungsverfahrens im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG. Gegenstand der bekämpften Entscheidung der AB sei der Antrag der Beschwerdeführer auf Abänderung des rechtskräftigen Zusammenlegungsplanes; daher könne nur diese Frage Sache der Berufungsentscheidung sein. Überdies könne die Berufungsbehörde nicht meritorisch entscheiden, wenn die Unterbehörde nur prozessual entschieden habe.
Die AB habe auch die Möglichkeit gehabt, den Antrag des Zweitbeschwerdeführers vom 13. Mai 1996 mangels Parteistellung zurückzuweisen. Der Antrag beziehe sich ausschließlich auf das Grundstück Nr. 235/2, welches im Alleineigentum des Erstbeschwerdeführers stehe. Die Frage, ob dieses Grundstück mit einer Dienstbarkeit zugunsten der EZ. 27 belastet sei oder in Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides von der im Grundbuch einverleibten Dienstbarkeit entlastet werden könne, berühre nicht die Rechtssphäre des Zweitbeschwerdeführers. Aus dem Umstand aber, daß sein Antrag ebenfalls wegen entschiedener Sache und nicht mangels Parteistellung zurückgewiesen worden sei, sei für ihn kein Nachteil entstanden und es könne daher dieser Umstand auch nicht zu einer Behebung oder Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides führen.
Insoweit vom Erstbeschwerdeführer im Schriftsatz vom 13. Mai 1996 nicht die Abänderung des Zusammenlegungsplanes, sondern alternativ die Feststellung der Lastenfreiheit seines Grundstückes Nr. 235/2 beantragt worden sei, habe die AB diesen Feststellungsantrag nicht wegen entschiedener Sache zurückweisen, sondern sie hätte hierüber eine Sachentscheidung zu treffen gehabt. Da das Zusammenlegungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, sei die sachliche Zuständigkeit der AB zu einer materiellen Erledigung noch gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die Beschwerdeführer bringen vor, das Landesgericht Innsbruck habe mit rechtskräftigem Beschluß vom 14. Jänner 1997 die Dienstbarkeit der B im Grundbuch gelöscht. An diesen Beschluß sei nach Gesetz und ständiger Judikatur die Agrarbehörde gebunden. Die gegenseitige Bindung der Behörden (einschließlich der Gerichte) im Verhältnis untereinander hinsichtlich ihrer rechtskräftigen Entscheidungen sei die rechtliche Folge der Zuständigkeitsverteilung, auf Grund derer jede Behörde die in ihre Zuständigkeit fallenden Entscheidungen zu setzen befugt sei. Aber auch dann, wenn eine Behörde mit einem Entscheidungsakt in die Zuständigkeit einer anderen Behörde eingreife, sei die sich selbst als zuständig erachtende Behörde nicht berechtigt, sich einfach über den vorliegenden Entscheidungsakt hinwegzusetzen; es müsse vielmehr dessen Beseitigung auf dem dafür vorgesehenen rechtlichen Weg angestrebt werden. Ausschließlich und allein aus diesem Grund sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig.
Richtigerweise habe das Landesgericht Innsbruck in der Begründung seines Beschlusses vom 14. Jänner 1997 auf § 42 Abs. 2 JN verwiesen. Wenn ein Zuständigkeitsmangel erst nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens offenbar sei, so sei auf Antrag der Obersten Verwaltungsbehörde vom Obersten Gerichtshof die Nichtigkeit des durchgeführten gerichtlichen Verfahrens auszusprechen. Es sei evident, daß ein derartiger Antrag nicht vorliege. Im übrigen würde gemäß § 5 Abs. 1 AVG auch über Zuständigkeitsstreite zwischen Behörden die sachlich in Betracht kommende gemeinsame Oberbehörde entscheiden.
Außerdem sei dem Schenkungsvertrag (Notariatsakt) vom 5. April 1991 die Genehmigung nach § 82 des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1978 erteilt worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Antrag der Beschwerdeführer vom 13. Mai 1996 bezog sich auf das Grundstück Nr. 235/2. Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen die Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht entgegengetreten sind, stand dieses Grundstück bereits im Zeitpunkt der Antragstellung im Alleineigentum des Erstbeschwerdeführers. Zu Recht hat daher die belangte Behörde die Auffassung vertreten, daß die Frage, ob dieses Grundstück mit einer Dienstbarkeit zugunsten der EZ. 27 belastet ist oder in Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides von der Dienstbarkeit entlastet werden kann, die Rechtssphäre des Zweitbeschwerdeführers nicht berührt, weshalb die Zurückweisung des Antrages des Zweitbeschwerdeführers durch die AB und die Bestätigung dieser Entscheidung durch die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht erfolgt ist.
Soweit der Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Abänderung des rechtskräftigen Zusammenlegungsplanes gerichtet war, wurde die durch die AB vorgenommene Zurückweisung dieses Antrages von der belangten Behörde zu Recht bestätigt, da dem Erstbeschwerdeführer kein Anspruch auf eine Abänderung des rechtskräftigen Zusammenlegungsplanes zukommt. Die Beschwerde verkennt das Wesen der Bindung von Verwaltungsbehörden an rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen. Eine solche Bindung tritt dann ein, wenn eine von der Verwaltungsbehörde als Vorfrage zu beurteilende Frage vom Gericht als Hauptfrage entschieden wird. Eine solche Konstellation liegt im Beschwerdefall nicht vor. Die Entscheidung des Landesgerichtes Innsbruck über die Löschung der Dienstbarkeit im Grundbuch stellt keine Vorfrage im Verfahren über einen Antrag auf Abänderung eines rechtskräftigen Zusammenlegungsplanes dar.
Das von den Beschwerdeführern gesehene Bindungsproblem liegt im Beschwerdefall nicht vor.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997070073.X00Im RIS seit
20.11.2000