Entscheidungsdatum
04.01.2021Norm
AWG 2002 §73Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch
Mag. Eichberger, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von A, in *** und von B, vertreten durch Herrn C, in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 02. Juni 2020, Zl. ***, betreffend die Anordnung einer Ersatzvornahme und über die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 02. Juni 2020, Zl. ***, wurde mit Spruchpunkt I. gegen die Beschwerdeführer die Ersatzvornahme aufgrund des Titelbescheides vom 09. Oktober 2019, Zl. ***, mit dem die Beschwerdeführer verpflichtet wurden, Holzkisten, Schachteln, Kunststoffsäcke, in diversen Verpackungen überlagerte Lebensmittel, Konservendosen, Kleingebinde und Nahrungsmittelreste in einer Menge von ca. 20 m³ von dem Grundstück Nr. ***, KG ***, unverzüglich, jedoch bis spätestens 30. Oktober 2019, zu entfernen und nachweislich einem Befugten zur Entsorgung zu übergeben, angeordnet.
Mit Spruchpunkt II. wurden die Beschwerdeführer verpflichtet, als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme den Betrag von € 1.550,-- bis spätestens
10. Juli 2020 an die Bezirkshauptmannschaft Tulln zu bezahlen.
Begründet wurde dies dahingehend, dass die mit Titelbescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 04. Oktober 2019 Zl. ***, aufgetragene nachweisliche Abfallentsorgung im Ausmaß von ca. 20 m³ vom Grundstück Nr. .***, KG ***, von den Beschwerdeführern nicht durchgeführt wurde.
Mit Schreiben vom 12. November 2019 wurde die Ersatzvornahme angedroht, da bis zur Erlassung des beschwerdegegenständlichen Bescheides kein Nachweis über die Entsorgung der Abfälle vorgelegt wurde.
Von der belangten Behörde wurden vier Kostenvoranschläge eingeholt, wobei das Angebot der Firma D GesmbH, in ***, mit € 1.550,-- laut der beigezogenen Amtssachverständigen für Abfallchemie (Stellungnahme vom 19. Februar 2020) das Beste darstellte.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
In der rechtzeitigen Beschwerde vom 14. Juni 2020 wurde vorgebracht, dass um eine Aufschiebung der Räumung bis Oktober 2020 oder November 2020 ersucht wurde. Die Beschwerdeführer benötigen Zeit, um die Räumung selbst mit Unterstützung eines Entsorgungsunternehmens durchzuführen.
3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2020 teilte die belangte Behörde mittels eines Berichtes der Technischen Gewässeraufsicht der Bezirkshauptmannschaft Tulln mit, dass bis dato noch keine Entfernung stattgefunden habe und die Abfälle mittlerweile auf eine Größe von 50 m³ angestiegen seien.
Über telefonische Nachfrage teilte die Behörde mit, dass über die hinzugekommenen Abfälle im Ausmaß von 30 m³ ein weiteres Verfahren eingeleitet wird.
Dem erkennenden Gericht wurde bei einem Anruf am 30. Dezember 2020 beim Gemeindeverband für Abfallbeseitigung in der Region *** mitgeteilt, dass beim Abfallsammelzentrum *** nur haushaltsübliche Abfallmengen übernommen werden und ein Abfallvolumen im Ausmaß von 20 m³ davon nicht mehr erfasst ist.
4. Feststellungen:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 04. Oktober 2019, Zl. ***, wurde Herrn A und Herrn B die Entfernung von Holzkisten, Schachteln, Kunststoffsäcke, in diversen Verpackungen überlagerte Lebensmittel, Konservendosen, Kleingebinde und Nahrungsmittelreste in einer Menge von ca. 20 m³ bis spätestens 30. Oktober 2019 von dem Grundstück Nr. ***, KG ***, zu entfernen und die nachweisliche Übergabe der Abfälle an einen Befugten, aufgetragen.
Ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wurde nie erhoben und ist dieser somit rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 12. November 2019 wurde den Beschwerdeführern die Ersatzvornahme angedroht, da sie ihren Verpflichtungen aus dem rechtskräftigen Titelbescheid vom 04. Oktober 2019 nicht nachgekommen sind.
Eine Stellungnahme bzw. ein Nachweis zur Bescheiderfüllung ist bis zum 03. Dezember 2020 unterblieben.
Beim Angebot der Fa. D GmbH zur Durchführung der Ersatzvornahme hantelt es sich um das preisgünstigste und um ein vollständiges Angebot, in dem alle Leistungen aus dem Titelbescheid enthalten sind.
Nach Übermittlung dieses Angebotes an die Beschwerdeführer und an C im Wege des Parteienverkehrs gemäß § 45 Abs. 3 AVG wurde von den Beschwerdeführern und vom Vertreter keine Stellungnahme eingebracht.
Die Höhe der vorauszuzahlenden Kosten wurde von den Beschwerdeführern nicht beeinsprucht.
Eine Abgabe des gegenständlichen Abfalls im Ausmaß von 20 m³ entspricht nicht einer üblichen Haushaltsmenge, welche bei einem Abfallsammelzentrum, dem sogenannten Bauhof der Gemeinde, nicht abgegeben werden kann.
Herr C ist aufgrund eines Notariatsaktes vom 25. November 2014 der Bevollmächtigte für Herrn B und ist somit befugt, Herrn B vor Behörden und Gerichten zu vertreten.
5. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und dem Vorbringen der Beschwerdeführer und des Vertreters.
Aus dem Erhebungsbericht der Technischen Gewässeraufsicht der Bezirkshauptmannschaft Tulln ergibt sich, dass am 03. Dezember 2020, Tag der Erhebung, die Abfälle nicht entfernt waren.
Somit waren die Abfälle, selbst zu einem Zeitpunkt, zu dem ersucht wurde die Vollstreckung hinauszuzögern, nicht entfernt.
Aus der rechtzeitigen Beschwerde ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführer keine Einwände betreffend die Höhe der Kostenvorschreibung haben. Da sie lediglich um mehr Zeit bitten, die Entsorgung selbstständig vorzunehmen, zeigt auch, dass sie prinzipiell mit der Entfernung einverstanden sind. Auch wenn man ihnen zu Gute hält, dass sie die Entfernung mit Oktober 2020 bzw. November 2020 selbst vornehmen wollten, war festzustellen, dass die Entfernung mit Dezember 2020 noch immer nicht durchgeführt wurde.
Die Feststellung, dass Abfälle im Ausmaß von 20 m³ nicht einer üblichen Haushaltsmenge entspricht und somit nicht mehr beim ansässigen Abfallsammelzentrum abgegeben werden können, ergibt sich aus einem Anruf beim Gemeindeverband für Abfallbeseitigung in der Region *** am 30. Dezember 2020, bei welchem mitgeteilt wurde, dass eine Menge von 20 m³ nicht übernommen wird, da dies nicht mehr einer haushaltsüblichen Abfallmenge entspricht und nur Abfälle in haushaltsüblichen Ausmaß eingebracht werden können.
Dass das Angebot der Fa. D GmbH als das preisgünstigste und vollständigste Angebot anzusehen ist, ergibt sich aus der Stellungnahme der Amtssachverständigen für Abfallchemie vom 19. Februar 2020, welche im Akt der belangten Behörde aufliegt.
Die Feststellung, dass Herr C der Bevollmächtigte für Herrn B ist und diesen vor Behörden und Gerichten zu vertreten befugt ist, ergibt sich aus dem erwähnten Notariatsakt vom 25. November 2014. Dieser Notariatsakt ist dem erkennenden Gericht bereits aus dem Verfahren zu LVwG-AV-455/001-2018 bekannt, bei dem bereits über eine Beschwerde zu einem Bescheid über die Anordnung einer Ersatzvornahme und über die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme am gleichen Grundstück entschieden wurde.
6. Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes lauten auszugsweise:
Erkenntnisse und Beschlüsse
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“
Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes lautet:
Revision
„§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.“
Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes - VVG lautet:
Erzwingung anderer Leistungen und Unterlassungena) Ersatzvornahme(1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.
(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.
7. Erwägungen:
Die Beschwerdeführer brachten in ihrer rechtzeitigen Beschwerde vor, dass sie um mehr Zeit zur Entfernung der Abfälle ersuchen und wollten diese selbst bis zum Oktober 2020 oder November 2020 durchführen.
Aus dieser Beschwerde ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführer gegen die Höhe der Kostenvorschreibung keine Einwände haben.
Die zu entfernende Menge an Abfällen im Ausmaß von 20 m³ wurde bereits in einem Verfahren nach § 73 AWG 2002 rechtskräftig festgestellt.
Von den Beschwerdeführern wurden keine Gründe vorgebracht, die sie an der Erfüllung des Titelbescheides gehindert hätten.
Hierzu ist auch auszuführen, dass selbst eine für den Verpflichteten bestehende Unmöglichkeit der Leistung nicht die Unzulässigkeit einer Vollstreckung durch Ersatzvornahme bewirkt, weil diese Vollstreckungsform der Herstellung des bescheidmäßig aufgetragenen Zustandes im Wege des Verwaltungszwanges für alle Fälle dient, in denen der Verpflichtete nicht willens oder nicht in der Lage ist, die geschuldete, ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nach auch durch einen Dritten zu bewerkstellende Leistung zu erbringen (VwGH vom 26. Februar 2015, 2011/07/0155).
So hat auch der Verwaltungsgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 10. Oktober 2014, Ra 2014/03/0034, dargelegt, dass einem Verpflichteten die ursprünglich auf Grund eines behördlichen Auftrags bestehende Möglichkeit, die aufgetragene Leistung auf mehrere Arten zu realisieren, durch die zwangsweise Vollstreckung aus der Hand genommen wird, weil ihm als verpflichteter Partei ein Einfluss auf die Durchführung der Ersatzvornahme nicht zusteht; vielmehr obliegt gemäß § 4 Abs. 1 VVG die Bewerkstelligung der mangelnden Leistung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten der Vollstreckungsbehörde, weshalb nicht mit Erfolg geltend gemacht werden kann, dass die Kosten ohne Einschaltung der Behörde geringer gewesen wären.
Der Titelbescheid vom 04. Oktober 2019 ist klar gefasst und beschreibt genau, welche Abfälle von welchem Grundstück innerhalb welcher Frist zu entfernen sind. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Kostenvorschreibung ist, dass die Ersatzvornahme im Titelbescheid ihre Deckung findet. Einwendungen gegen die Kostenvorschreibung kann der Verpflichtete nur unter dem Gesichtspunkt erheben, dass die vorgeschriebenen Kosten unverhältnismäßig hoch seien, wofür er allerdings den Beweis erbringen muss (VwGH vom 08. April 2014, 2011/05/0050).
Diesen Gegenbeweisen sind die Beschwerdeführer schuldig geblieben.
Überdies wurden die vier von der belangten Behörde eingeholten Kostenvoranschläge für die Entsorgung der Abfälle im Ausmaß von 20 m³ von einer Amtssachverständigen für Abfallchemie sorgfältig geprüft und über ihre Stellungnahme von der belangten Behörde die Fa. D GmbH zur Entsorgung ausgewählt. Auch wurden zur Auswahl dieses Unternehmens und dem dazugehörigen Kostenvoranschlag keine Gegenargumente vorgebracht.
Mit dem Titelbescheid vom 04. Oktober 2019 wurden die Beschwerdeführer verpflichtet, die Abfälle bis 30. Oktober 2019 zu entsorgen. Mit ihrer Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid ersuchten die Beschwerdeführer, ihnen Zeit bis Oktober 2020 bzw. November 2020 zu gewähren, um die Entsorgung selbstständig durchzuführen. Da innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft des Titelbescheides keine Entsorgung durch die Beschwerdeführer durchgeführt wurde, war ihre Beschwerde vor dem Hintergrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und dem festgestellten Sachverhalt abzuweisen.
Es ist darauf hinzuweisen, dass die mit Erhebung durch die Technische Gewässeraufsicht am 03. Dezember 2020 vorgefundenen zusätzlichen Abfälle im Ausmaß von 30m ³ nicht vom beschwerdegegenständlichen Bescheid umfasst sind.
8. Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, welche ohnedies von den Parteien nicht beantragt wurde, abgesehen werden, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt aufgrund der Aktenlage feststand, es lediglich um die Klärung von Rechtsfragen ging und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Überdies wurden nur Sachverhalte erhoben, welche den Beschwerdeführern nicht bereits ohnehin bekannt waren.
9. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Verfahrensrecht; Ersatzvornahme; Kosten; Vorauszahlung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.704.001.2020Zuletzt aktualisiert am
09.02.2021