TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/31 W205 2210217-2

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Veröffentlicht am 31.07.2020
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Entscheidungsdatum

31.07.2020

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art133 Abs4
FPG §11
FPG §11a

Spruch


W205 2210217-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Karin SCHNIZER-BLASCHKA nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Abuja vom 07.11.2019, Zl. Abuja-ÖB/KONS/8954/2019, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Ghana, vertreten durch RA Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Abuja vom 11.10.2019, GZ Abuja-ÖB/KONS/8210/2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Vorausgeschickt wird, dass das Bundesverwaltungsgericht den den Einreiseantrag des Beschwerdeführers vom 17.03.2016 abweisenden (Erst)Bescheid der Österreichischen Botschaft Abuja (im Folgenden: ÖB) vom 17.01.2018, GZ Abuja-ÖB/KONS/0311/2018, behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an ÖB zurückverwiesen hat. Dieser hg. Beschluss vom 23.05.2019, W205 2210217-1/3E, (im Folgenden: „Erstbeschluss“) blieb unangefochten (die Begründung dieses Erstbeschlusses ist unter Punkt I. 6 wiedergegeben). Beim gegenständlichen Verfahren handelt es sich daher um den 2. Rechtsgang.

2. Erstverfahren:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Ghana und stellte am 17.03.2016 unter Anschluss diverser Unterlagen bei der Österreichischen Botschaft Abuja (im Folgenden: ÖB) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG. Begründend führte er aus, er sei der minderjährige ledige leibliche Sohn der in Österreich lebenden Bezugsperson XXXX (künftig: C.), welcher der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden sei.

3. Der genannten Bezugsperson wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 10.12.2009, Zl. A13 302.700-1/2009/10E, rechtskräftig seit 14.12.2009, gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 Asyl gewährt und gemäß § 12 leg. cit. festgestellt, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

4. Nach Weiterleitung des Antrags auf Einreiseerlaubnis an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) teilte dieses der ÖB mit Mitteilung vom 03.04.2017 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass eine Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde in der angeschlossenen Stellungnahme des BFA ausgeführt, ein Familienleben im Herkunftsstaat bestehe offenkundig den Angaben der Bezugsperson zufolge seit dem Jahre 2006 nicht mehr, weshalb keinesfalls von der nach § 34 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 geforderten Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK gesprochen werden könne.

5. Nach Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens erließ die ÖB den oben zitierten Erstbescheid vom 17.01.2018. Mit diesem verweigerte die Behörde die Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG mit der Begründung, das BFA habe nach Prüfung mitgeteilt, dass in dem dem Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels zugrunde liegenden Fall die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten aus folgenden Gründen nicht wahrscheinlich sei: „Ein Familienleben im Herkunftsstaat besteht seit dem Jahr 2005 nicht mehr, ab dem Zeitpunkt der Gewährung des Asylstatus an die Ankerperson am 10.12.2009 wäre es möglich gewesen, eine Wiederaufnahme des Familienlebens anzustreben, was jedoch bis August 2016 nicht erfolgte, weshalb nicht von der nach § 34 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 geforderten Fortsetzung eines bestehenden gemeinsamen Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK ausgegangen werden kann.

- Eine Wiederaufnahme eines Familienlebens zwischen den Antragstellern und der in Österreich aufhältigen Bezugsperson ist zum jetzigen Zeitpunkt in einem anderen Staat als Österreich, nämlich in Ghana, möglich.“ Das BFA sei nach Prüfung der Stellungnahme des Beschwerdeführers zur Wahrscheinlichkeitsprognose bei seiner Mitteilung geblieben, weswegen der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels abzuweisen sei.

6. Der gegen diesen Erstbescheid gerichteten Beschwerde vom 11.05.2018 gab das Bundesverwaltungsgericht Folge und begründete den zurückverweisenden Erstbeschluss vom 23.05.2019 wie folgt:

„1. Zunächst ist zu den maßgeblichen Bestimmungen für die Entscheidung über den gegenständlichen Einreiseantrag festzuhalten, dass gemäß § 75 Abs. 24 (dritter bis fünfter Satz) AsylG 2005 die §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden sind. Auf Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde.

Im gegenständlichen Fall stellte der Beschwerdeführer seinen Antrag nach § 35 AsylG 2005 am 17.03.2016. Das Verfahren über diesen Antrag war somit bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig, sodass hier § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden ist.

Mit dem FrÄG 2017 (BGBl. I Nr. 145/2017) entfiel – worauf der Beschwerdeführer bereits im behördlichen Verfahren und zuletzt in der Beschwerde zutreffend hinwies - vor dem Hintergrund der Bestimmungen der Richtlinie 2011/95/EU - „StatusRL“ (vgl. EBzRV 1523 der Beilagen XXV. GP) mit Inkrafttretensdatum 01.11.2017 ohne Übergangsbestimmung (vgl. § 73 Abs. 18 AsylG 2005) unter anderem in § 34 Abs. 2 und Abs. 3 AsylG 2005 jeweils die Z. 2, in § 35 Abs. 5 leg.cit. wurden die Wendungen „im Herkunftsstaat“ jeweils durch die Wortfolge „vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten“ ersetzt, mit dem FrÄG 2018 (BGBl. I Nr. 56/2018) erfolgte ua mit Inkrafttretensdatum 01.09.2018 ohne Übergangsbestimmungen (vgl. § 73 Abs. 20 AsylG 2005) eine Neufassung des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 und Adaptierung in § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Bei verständiger Interpretation der genannten Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen sind im Beschwerdefall daher § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 in der durch das FrÄG 2018 modifizierten Fassung, die übrigen Bestimmungen in der nach dem FrÄG 2018 geltenden Fassung anzuwenden.

2. Der mit „Begriffsbestimmungen“ übertitelte § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

 

[….]

22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat;“

Der mit „Familienverfahren im Inland“ übertitelte § 34 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

 

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

 

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

 

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

 

auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der

2. Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

 

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

(§ 34 Abs. 2 lautete in seiner Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 145/2017 - FrÄG 2017 wie folgt:

„(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

dieser nicht straffällig geworden ist;

2.

die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3.

gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).“)

§ 35 AsylG 2005 in der anzuwendenden Fassung lautet:

„Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1.

gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und

2.

das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:

„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[…]

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

[…]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[….]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“

3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Allerdings steht es dem Bundesverwaltungsgericht innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems nunmehr offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

4. Die Überprüfung der Richtigkeit der Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA führt allerdings zu dem Ergebnis, dass das BFA bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen offenbar von einer (zu diesem Zeitpunkt) bereits überholten Rechtslage ausgegangen ist:

Der ledige, zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährige Beschwerdeführer nannte in seinem auf § 35 AsylG gestützten Einreiseantrag seine leibliche Mutter C als Bezugsperson. Das Alter des Beschwerdeführers sowie seine leibliche Abstammung von der genannten Bezugsperson waren im behördlichen Verfahren nicht strittig, der Bezugsperson wurde nach dem ebenfalls unbestrittenen Sachverhalt mit Rechtskraft vom 14.12.2009 Asyl zuerkannt, ein Verfahren zur Aberkennung dieses Status ist aktuell nicht anhängig (s. die Mitteilung des BFA iZm einem aktuellen IZR-Auszug).

Das BFA hat sich bei der – im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde zugrunde gelegten - negativen Wahrscheinlichkeitsprognose allein darauf gestützt, dass

1. zwischen Bezugsperson und Beschwerdeführer seit 2005 kein Familienleben mehr bestanden habe und damit die nach § 34 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 geforderte Fortsetzung eines bestehenden gemeinsamen Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht vorliege und

2. eine Wiederaufnahme eines Familienlebens zwischen Beschwerdeführer und der in Österreich aufhältigen Bezugsperson auch in Ghana möglich sei.

Diese Auffassung erweist sich allerdings vor dem Hintergrund der neuen, hier bereits anzuwendenden Rechtslage jedenfalls als unzutreffend: Wie nämlich aus den oben wiedergegebenen Bestimmungen hervorgeht, ist die nach der alten Rechtslage (kumulativ) geforderte Voraussetzung, dass die „Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigen zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist“, durch Entfall der Ziffer 2 des § 34 Abs. 2 (und Abs. 3) AsylG 2005 durch das FrÄG 2017 in der Zwischenzeit weggefallen, sodass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose nicht auf die vom BFA angeführten Gründe gestützt werden kann.

Der Vollständigkeit halber ist zur Frage des Bestehens eines gemeinsamen Familienlebens jedoch darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des EGMR ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt entsteht (vgl. EGMR 21.6.1988, Fall Berrehab, Appl. 10730/84 [Z 21]; 26.5.1994, Fall Keegan, Appl. 16969/90 [Z 44]). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (EGMR 19.2.1996, Fall Gül, Appl. 23218/94 [Z 32]). Im Beschwerdefall war die Bezugsperson jedoch aufgrund der fluchtauslösenden Ereignisse gezwungen, den Beschwerdeführer und dessen Bruder in Ghana zurückzulassen, sodass keinesfalls davon gesprochen werden kann, dass jede Verbindung gelöst wurde (EGMR, Fall Boughanemi, Z 35). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Bezugsperson erst nach längerer Zeit des Aufenthaltes in Österreich um die Familienzusammenführung bemüht hat.

Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren nach Einholung einer neuerlichen Mitteilung des BFA unter Zugrundelegung der anzuwendenden Rechtslage über den Einreiseantrag des Beschwerdeführers neu zu entscheiden haben.

Betreffend den Einreiseantrag des bei Antragstellung ebenfalls minderjährigen und ledigen Bruders des Beschwerdeführers, XXXX , zu dem ein gleichgelagertes Verwaltungs- und Beschwerdeverfahren geführt wurde, erging mit heutigem Tag eine gleichlautende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zahl W240 2210219-2.“

Gegenständliches Verfahren:

7. Mit Schreiben des BFA vom 29.06.2019 wurde der Bezugsperson mitgeteilt, dass die Absicht bestehe, ihr gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG den ihr zuerkannten Status einer Asylberechtigten abzuerkennen. In ihrem Fall werde die Sachlage von der Behörde so eingeschätzt, dass Pkt.5 des Abschnitts C von Artikel 1 GFK vorliege, weswegen am 28.06.2019 ein Aberkennungsverfahren eingeleitet worden sei.

8. Die ÖB holte im gegenständlichen 2. Rechtsgang neuerlich eine Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ein. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG vom 16.09.2019 führte BFA aus, dass zum derzeitigen Zeitpunkt die Zuerkennung des Status iSd § 35 Abs. 4 AsylG nicht wahrscheinlich sei, da gegenüber der Bezugsperson ein Aberkennungsverfahren anhängig sei.

9. Dazu wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewährt. In seiner Stellungnahme vom 02.10.2019 führte er iW aus, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.1.2003, 2001/01/0429) die Asylerstreckung auch dann noch zu gewähren sei, wenn die zum Antragszeitpunkt minderjährigen Kinder während der Dauer des Verfahrens erwachsen geworden seien. Im Übrigen behaupte das BFA im Aberkennungsverfahren bis jetzt nur, dass durch den angeblichen Tod des Ehemannes der Bezugsperson die Voraussetzungen für die Zuerkennung von Asyl weggefallen seien, die Bezugsperson sei vom BFA in ihrer Einvernahme nicht über ihre aktuelle Verfolgungssituation in Ghana befragt worden. Wäre sie befragt worden, hätte sie vorgebracht, dass für sie in Ghana nach wie vor eine asylrechtlich relevante Verfolgungssituation bestehe und somit kein Aberkennungsgrund vorliege. Die Bezugsperson werde jedenfalls alle rechtlichen Mittel ergreifen, um zu verhindern, dass ihr rechtskräftig ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt werde bzw. der Status einer Asylberechtigten aberkannt werde.

Weiters unterstelle das BFA § 7 Abs. 3 bzw. § 35 Abs. 4 AsylG einen der Verfassung aber auch dem Gesetz widersprechenden Sinn, wenn es diese Gesetzesbestimmungen auf die Antragsteller anwende. Das BFA wisse bereits seit dem 27.11.2017, dass ein angeblicher Endigungsgrund für den Wegfall des Status der Asylberechtigten für die Bezugsperson bestehe. Erst jetzt also fast zwei Jahre später werde die Bezugsperson hiervon informiert, vermutlich um einen Grund für die Abweisung der Anträge der Antragsteller zu gewinnen. Die in Art. 1 Abschnitt C der GFK genannten Gründe müssten in einem rechtsstaatlichen und fairen Verfahren geprüft werden. Ein solches Verfahren der Bezugsperson stehe der Bezugsperson in naher Zukunft nicht offen, weil zunächst die Aufenthaltsbehörde der Bezugsperson rechtskräftig einen Aufenthaltstitel zu erteilen habe bzw. später eventuell in einem weiteren Verfahren der Bezugsperson tatsächlich der Status einer Asylberechtigten ab zu erkennen sein werde. Im gegenständlichen Fall liege somit kein in Art. 1 Abschnitt C der GFK genannter Grund vor. Der Bezugsperson müsse es möglich sein, die Behauptung des BFA über den Wegfall der Voraussetzung für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten in einem fairen Verfahren zu entkräften. Die alleinige Behauptung, dass der angebliche Tod des Ehemannes der Bezugsperson zur Folge habe, dass die Bezugsperson in Ghana keine Verfolgung zu fürchten habe, rechtfertige nicht die Ablehnung der im März 2016 gestellten Anträge, zumal die Bezugsperson in Österreich eine gesicherte Rechtsstellung habe. § 35 Abs. 4 Asyl die bestimme, dass ein Einreisetitel bei Vertretungsbehörden nicht zu erteilen sei, wenn ein Aberkennungsverfahren eingeleitet worden sei. Zweck und Sinn der Bestimmung sei, dass Familienverfahren nur dann zu ermöglichen seien, wenn die Bezugsperson in Österreich bleibe. Würde der Bezugsperson in Österreich die Rechtsstellung einer Asylberechtigten genommen werden, würde die Bezugsperson Österreich verlassen müssen und würde sich somit ein Familienverfahren als sinnlos und gegenstandslos erweisen, wenn Familienangehörige in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf einen Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei, stellen wollten, und dieser Fremde unterdessen den Status des Asylberechtigten verloren habe, und gemeint, dass dieser Fremde in Österreich keinen gesicherten aufenthaltsrechtlichen Status mehr habe.

Im gegenständlichen Fall verhalte es sich jedoch völlig anders. Der Bezugsperson werde weiterhin in Österreich eine gesicherte aufenthaltsrechtliche Stellung zukommen, sodass § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG nicht angewendet werden könne. Nichts Anderes sei den Materialien zu entnehmen, nämlich, dass die Gefährdungsvoraussetzungen noch vorliegen und auch in naher Zukunft keine diesbezügliche Änderung zu erwarten sei. Gemeint sei damit, dass die Bezugsperson in naher Zukunft noch weiterhin eine gesicherte aufenthaltsrechtliche Stellung in Österreich haben werde. Die Ablehnung der gegenständlichen Anträge würde willkürliches und rechtswidriges Handeln der Behörde darstellen und die Antragsteller und die Bezugsperson in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzen, insbesondere, weil durch die Verweigerung der Einreise die Antragsteller womöglich auf Jahre hinaus an einer Einreise nach Österreich gehindert werden würden. Bereits bis zum heutigen Tag dauere das Verfahren mehr als zweieinhalb Jahre.

10. Über Vorhalt der Stellungnahme des Beschwerdevertreters hielt das BFA seine negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht und führte in seiner Stellungnahme vom 11.11.2019 aus, in Z 1 des Abs. 4 von § 35 AsylG sei eindeutig festgehalten, dass das BFA eine positive Prognose nur erteilen dürfe, wenn gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig sei (§§ 7 und 9). Im vorliegenden Fall sei ein Aberkennungsverfahren gegenüber der Bezugsperson anhängig, weswegen die Gesetzeslage eindeutig sei. Das BMI habe im vorliegenden Fall das BFA angewiesen, mit der Wahrscheinlichkeitsprognose nicht den Ausgang des Aberkennungsverfahren abzuwarten, sondern eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose zu erlassen. Das vom Beschwerdevertreter erwähnte VwGH-Erkenntnis vom 23.1.2003, 2001/01/0429, beziehe sich auf einen ganz anderen Sachverhalt und sei für den gegenständlichen Fall irrelevant.

11. Mit dem nunmehr im zweiten Rechtsgang ergangenen angefochtenen Bescheid vom 11.10.2019 verweigerte die ÖB neuerlich die Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG mit der Begründung, das BFA habe nach Prüfung mitgeteilt, dass in dem dem Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels zugrunde liegenden Fall die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten aus folgenden Gründen nicht wahrscheinlich sei: „Gegen die Bezugsperson ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 AsylG 2005 anhängig.“

12. In seiner dagegen erhobenen Beschwerde vom 15.10.2019 verwies der Beschwerdeführer auf sein Vorbringen in der Stellungnahme vom 02.10.2019 und führte ergänzend der Sache nach aus, es stelle eine Form von Willkür dar, wenn das BFA in einem Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose abgebe und nach Aufhebung des diesbezüglichen Bescheides der ÖB durch das Bundesverwaltungsgericht neuerlich eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose stelle, insbesondere wenn der Sachverhalt, der als Begründung herangezogen werde, schon bei der ersten Mitteilung bekannt gewesen sei. Es würde im Belieben und im Ermessen des BFA liegen, bei Vorliegen mehrerer Gründe nur einen Grund zu nennen und den anderen zurückzuhalten, und zwar mit der Absicht, den anderen Grund nur für den Fall heranzuziehen, dass das Verfahren wie im gegenständlichen Fall nach Behebung fortzusetzen sei. Auf diese Weise könnte das Familienverfahren solange hinausgezögert werden, dass die Antragsteller aufgrund der langen Dauer oder aus anderen möglichen Gründen das Interesse verlieren. Es würde dem Sinn des § 35 Abs. 4 AsylG ein verfassungs-und gesetzwidriger Sinn unterstellt werden, wenn die dort genannte Mitteilung des Bundesamtes im selben Verfahren mehrmals oder mehr als einmal getätigt werden könnte, insbesondere jedoch dann, wenn der ihm zweiten Verfahrensgang genannte Grund bereits im ersten Verfahrensgang bekannt gewesen sei. Dies würde auch dem Rechtsinstitut des Familienverfahrens gemäß dem § 35 AsylG widersprechen, weil die Wichtigkeit der Familienzusammenführung in - näher genannten - internationalen Beschlüssen wiederholt hervorgehoben worden sei.

13. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.11.2019 wies die ÖB die Beschwerde gem. § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.

Unabhängig davon teile die ÖB die Ansicht des BFA - welches jedenfalls ein einwandfreies Ermittlungsverfahren geführt und auch das Parteiengehör zu Genüge gewahrt habe-dass im Hinblick auf das laufende Aberkennungsverfahren [der Einreisetitel] gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 nicht zu erteilen sei. So habe auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 27.12.2017, W241 2175651-1/2Eua., bereits festgestellt: „Die Anhängigkeit des Aberkennungsverfahrens reicht aus, um zwingend zu einer negativen Wahrscheinlichkeitsprognose zu führen. Eine Überprüfung der Einleitung des Aberkennungsverfahrens steht dem Bundesverwaltungsgericht nicht zu. Der Beschwerdeführer hätte lediglich die Möglichkeit gehabt, seinen Antrag bzw. seine Beschwerde zurückzuziehen, um den Verfahrensausgang abzuwarten. Er hat auch jederzeit die Möglichkeit, einen neuen Antrag zu stellen.“

Zusammenfassend sei – so die ÖB weiter - auszuführen, dass allein das Vorliegen eines anhängigen Aberkennungsverfahrens des Status der Bezugsperson gemäß § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG 2005 zwingend dazu führe, dass die begehrten Einreisetitel zu versagen seien.

14. Mit Schriftsatz vom 10.11.2019 stellte der Beschwerdeführer bei der ÖB einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG, welcher dem Bundesverwaltungsgericht samt Verwaltungsakt mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 18.11.2019, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 20.11.2019, übermittelt wurde.

15. Der vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 23.05.2020 eingebrachte Fristsetzungsantrag wurde mit hg. Beschluss vom 29.05.2020, W205 2210217-2/3Z, gemäß § 30a Abs. 1 iVm § 30a Abs. 8 iVm § 38 VwGG als unzulässig zurückgewiesen, mit Schriftsatz vom 15.07.2020 brachte der Beschwerdeführer neuerlich einen Fristsetzungsantrag ein.

16. Lt. IZR und ergänzender Auskunft des BFA vom 31.07.2020 ist das Aberkennungsverfahren betreffend die Bezugsperson nach wie vor anhängig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Ghana und stellte am 17.03.2016 bei der ÖB einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG. Der genannten Bezugsperson C. – der Mutter des Beschwerdeführers - wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 10.12.2009, Zl. A13 302.700-1/2009/10E, rechtskräftig seit 14.12.2009, gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 Asyl gewährt und gemäß § 12 leg. cit. festgestellt, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Am 28.06.2019 leitete das BFA ein Verfahren zur Aberkennung des der Bezugsperson zuerkannten Status der Asylberechtigten ein, weil nach dessen Einschätzung die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Z 2 (Art. 1 Abschn C Z. 5 FlKonv) vorliegen, das Verfahren ist nach wie vor anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Akten der ÖB, dem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister und die Feststellungen stehen im Einklang mit dem Beschwerdevorbringen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

1. Zunächst ist anzuführen, dass die sich aus dem (unangefochten gebliebenen) hg. Erstbeschluss vom 23.05.2019 ergebende Bindungswirkung für das weitere Verfahren nur soweit reicht, als sich die Sach- und Rechtslage in der Zwischenzeit nicht geändert hat.

Im Beschwerdefall ist zunächst davon auszugehen, dass sich die anzuwendende Rechtslage im Vergleich zum hg. Erstbeschluss nicht geändert hat, zumal mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26.06.2020, GZ G298/2019 ua, das – nach Abschluss des Erstverfahrens von Amts wegen eingeleitete -Gesetzesprüfungsverfahren von hier zT präjudiziellen Bestimmungen (insb.§ 34 AsylG) wie folgt entschieden wurde:

„1. § 2 Abs 1 Z 22 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl I Nr 100 idF BGBl I Nr 56/2018, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2021 in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

4. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

5. § 34 Abs 1, 2, 4 und 5 AsylG 2005 idF BGBl I Nr 145/2017 wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.“

Es wird der gegenständlichen Entscheidung daher jene Rechtslage zugrunde gelegt, die auch dem hg. Erstbeschluss vom 23.05.2019 zugrunde gelegt wurde. Diesbezüglich wird auf die oben unter Punkt I. 6. wiedergegebenen Ausführungen des Erstbeschlusses zur anzuwendenden Rechtslage und auf deren Zitierung (dort Punkt 1. und 2.) verwiesen.

2. Hinsichtlich des Sachverhalts hingegen besteht insoweit keine Bindungswirkung im nunmehr zweiten Rechtsgang, als nach Beendigung des Erstverfahrens ein neuer Sachverhalt, nämlich die Einleitung eines Asylaberkennungsverfahren hinsichtlich der Bezugsperson, entstanden ist. Daher ist im nunmehrigen Verfahren der neue festgestellte Sachverhalt einer rechtlichen Würdigung zu unterziehen.

3. Gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Vertretungsbehörde dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist.

Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nach Z 1 leg.cit. allerdings nur erteilen, wenn gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist.

Gemäß Art.1 Abschn. C Z 5 FlKonv fällt eine Person, auf die die Bestimmungen des Absatzes A zutrifft, nicht mehr unter dieses Abkommen, wenn sie nach Wegfall der Umstände, aufgrund derer sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Hierbei wird jedoch unterstellt, dass die Bestimmung dieser Ziffer auf keinen Flüchtling im Sinne der Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels Anwendung findet, der sich auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Inanspruchnahme des Schutzes des Landes abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt.

Wie festgestellt, wurde am 28.06.2019 von Amts wegen ein Verfahren zur Aberkennung des der Bezugsperson zuerkannten Status der Asylberechtigten eingeleitet, weil nach Einschätzung des BFA die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG (Art. 1 Abschn C Z. 5 FlKonv) vorliegen, das Verfahren ist nach wie vor anhängig.

Damit war es dem BFA im Lichte des § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG aber ausdrücklich verwehrt, eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose abzugeben.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war es rechtlich geboten, dass die ÖB vor Erlassung des gegenständlichen Bescheides im zweiten Rechtsgang neuerlich eine Prognoseentscheidung des BFA eingeholt hat, um zu klären, ob sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung des begehrten Visums vorliegen bzw. nach wie vor vorliegen.

Die Frage, ob das gegenständliche Asylaberkennungsverfahren gegenüber der Bezugsperson zu Recht geführt wird bzw. tatsächlich letztlich zur Aberkennung des Status führt, ist nicht im Einreiseverfahren der Familienangehörigen, sondern im Aberkennungsverfahren der Bezugsperson zu klären. Im Übrigen kann es auch nicht als Willkür der Behörde ausgelegt werden, wenn sie nach Kenntnisnahme neuer Umstände, die im Zuge solcher Einreiseverfahren hervorkommen, in weiterer Folge überprüft, ob eine Neubewertung eines seinerzeit zuerkannten Status angezeigt ist.

Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des BFA, dass die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den Beschwerdeführer in Bezug auf die in Österreich befindlichen Mutter nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 nicht vorliegen. Die Abweisung des Einreiseantrages des Beschwerdeführers erfolgte daher im Einklang mit der Rechtslage.

Der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung steht der klare Wortlaut des § 11a Abs. 2 FPG entgegen.

Zu B)   Unz

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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