TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/7 L524 2177501-2

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Veröffentlicht am 07.08.2020
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Entscheidungsdatum

07.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §46a Abs1 Z3
FPG §46a Abs4

Spruch

L524 2177501-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Irak, vertreten durch XXXX , pA Helping Hands, Taubstummengasse 7-9, 1040 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.05.2020, Zl. 1076749806/190849679, betreffend Abweisung eines Antrags auf Ausstellung einer Karte für Geduldete, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 4 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Feststellungen:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 09.10.2017, Zl. 1076749806/150804085, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 07.07.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.07.2019, G312 2177501-1/13E, zugestellt am 12.07.2019, als unbegründet abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.10.2019, Ra 2019/14/0450-5, wurde der Revision die aufschiebende Wirkung zuerkannt und mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.03.2020, Ra 2019/14/0450-7, die Revision zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach.

Am 29.04.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte und stützte diesen auf § 46a Abs. 1 Z 3 FPG. Der Beschwerdeführer begründet diesen Antrag damit, dass er wegen der mit der Coronapandemie bestehenden Verkehrsbeschränkungen, der geschlossenen Grenzen und des nahezu eingestellten Flugverkehrs seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen könne. Weiters wird auf die Lage im Irak im Zusammenhang mit dem Coronavirus verwiesen.

Mit Bescheid des BFA vom 20.05.2020, Zl. 1076749806/190849679, wurde der Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 3 FPG abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Der Beschwerdeführer hat nicht nachgewiesen, dass er versucht hat, mit der irakischen Botschaft in Wien Kontakt aufzunehmen und einen Termin für eine Vorsprache zwecks Ausstellung eines Reisepasses zu vereinbaren.

Der Beschwerdeführer legte ein Foto vor, das ihn am 05.06.2020 vor der geschlossenen Botschaft des Iraks in Wien zeigen soll. Ebenso legte der Beschwerdeführer ein Foto vor, das ein Schriftstück zeigen soll, welches sich an der Türe der Botschaft befunden haben soll, demzufolge die Konsularabteilung coronabedingt ab 17.03.2020 geschlossen sei und auf die Homepage der Botschaft verwiesen werde.

Der Beschwerdeführer sendete ein mit 06.06.2020 datiertes und in deutscher Sprache verfasstes Schreiben an die Botschaft des Iraks in Wien. Darin ersucht er um Mitteilung, ob und ab wann bei der Botschaft in Wien die Ausstellung eines Reisepasses beantragt werden kann.

Dass dem Beschwerdeführer von der Botschaft in einer Nachricht via Whatsapp mitgeteilt worden sei, er müsse sich wegen der Ausstellung eines Reisepasses an die Botschaft in Berlin wenden, da in Wien keine Passausstellung erfolgen würde, hat der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen.

Der Beschwerdeführer wandte sich am 12.06.2020 via e-mail und in arabischer Sprache an die Botschaft in Berlin und gibt darin an, dass er sich einen Reisepass ausstellen lassen möchte und er seinen alten Reisepass verloren habe und keine Kopien dieses Reisepasses habe. In einer Antwort der Botschaft in Berlin via e-mail vom 17.06.2020 und in arabischer Sprache finden sich keine Angaben dazu, dass die Konsularabteilungen in Berlin und Frankfurt für in Österreich aufhältige irakische Staatsbürger zuständig wären. In dem Schreiben der Botschaft in Berlin werden sechs Dokumente aufgezählt, die für die Ausstellung eines Reisepasses notwendig und vorzulegen sind, unter anderem eine Verlustanzeige des Reisepasses (inkl. Passnummer und Übersetzung ins Arabische), eine Veröffentlichung in einer Zeitung über den Verlust des Passes (inkl. Passnummer) und der Ausdruck des elektronischen Formulars (Antragsformular). Im Schreiben wird auf die Homepage der Botschaft in Berlin verwiesen. Dort wird angeführt, dass das Antragsformular in Arabisch und Englisch auszufüllen ist.

Der Beschwerdeführer sendete ein mit 24.06.2020 datiertes und in deutscher Sprache verfasstes Schreiben an die Botschaft des Iraks in Berlin. Mit diesem Schreiben übermittelte der Beschwerdeführer eine Kopie des Personenstandsausweises und des Staatsbürgerschaftsnachweiseses. Weitere Dokumente übermittelte der Beschwerdeführer nicht. Ein ausgefülltes Antragsformular übermittelte der Beschwerdeführer nicht. Hinsichtlich seines alten Reisepasses führte er in diesem Schreiben aus, dass ihm dieser in der Türkei „abgenommen“ worden sei und er seine Reisepassnummer nicht kennen würde.

Auf der Homepage der irakischen Botschaft in Wien finden sich deren Anschrift, eine Telefon- und eine Faxnummer sowie die Öffnungszeiten der Botschaft und jene der Konsularabteilung. Die Botschaft ist von 9 bis 15 Uhr geöffnet, die Konsularabteilung von 9 bis 13 Uhr. Es findet sich kein Hinweis auf der Homepage der Botschaft, dass diese bzw. die Konsularabteilung geschlossen ist.

Die Konsularabteilung der Botschaft der Republik Irak in Berlin ist für die gesamte Bundesrepublik Deutschland zuständig.

Es gibt in Österreich coronabedingt keine Verkehrsbeschränkungen. Die Grenzen zu den Nachbarstaaten Österreichs sind nicht geschlossen. Der Flughafen Wien ist in Betrieb. Die internationalen Flughäfen Bagdad, Najaf und Basra wurden am 23.07.2020 für kommerzielle Linienflüge wiedereröffnet.

Im Verfahren zur Erlangung internationalen Schutzes gab der Beschwerdeführer anlässlich der Erstbefragung an, dass er seinen Reisepass bei einem Freund in der Türkei gelassen hat.

II. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Antrag auf internationalen Schutz und dessen Abweisung sowie der Zurückweisung der an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Revision ergeben sich aus dem Bescheid des BFA, dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts und den Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben im Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete.

Die Gründe für die beantragte Karte für Geduldete ergeben sich aus dem diesbezüglichen Antrag.

Der Beschwerdeführer behauptete in seiner Beschwerde, dass er einige Versuche unternommen habe, mit der irakischen Botschaft in Wien Kontakt aufzunehmen und einen Termin für eine Vorsprache zwecks Ausstellung eines Reisepasses zu vereinbaren. Dieses Vorbringen hat er jedoch nicht belegt und er brachte auch nicht vor, in welcher Form diese Versuche der Kontaktaufnahme erfolgt seien. Da es keinerlei Nachweise für eine Kontaktaufnahme durch den Beschwerdeführer gibt, konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer solche Versuche, wie von ihm behauptet, unternommen hat.

Der Beschwerdeführer legte ein Foto vor, das ihn vor der irakischen Botschaft in Wien zeigt (AS 71). Ob dies auch, wie von ihm angegeben, vom 05.06.2020 stammt, kann nicht festgestellt werden. Weiters legte er ein Foto (AS 73) vor, das ein Schreiben zeigen soll, welches sich an der Türe der geschlossenen Botschaft befunden haben soll, demzufolge die Konsularabteilung coronabedingt ab 17.03.2020 geschlossen sei und auf die Homepage der Botschaft verwiesen werde. Ob auch dieses Bild vom 05.06.2020 stammt, kann ebenso wenig festgestellt werden.

Die Feststellung zum in deutscher Sprache gehaltenen Schreiben des Beschwerdeführers vom 06.06.2020 an die irakische Botschaft in Wien ergeben sich aus ebendiesem (AS 75).

Der Beschwerdeführer behauptete, dass ihm von der Botschaft in Wien via Whatsapp mitgeteilt worden sei, er müsse sich wegen der Ausstellung eines Reisepasses an die Botschaft in Berlin wenden, da in Wien keine Passausstellung erfolgen würde. Dies hat der Beschwerdeführer jedoch nicht nachgewiesen und konnte daher nicht festgestellt werden.

Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer am 12.06.2020 via e-mail und in arabischer Sprache an die Botschaft in Berlin wandte und die Feststellungen zu seinen darin getätigten Aussagen ergeben sich aus seiner e-mail (AS 79 und 81). Die Feststellungen zur Antwort der Botschaft in Berlin in arabischer Spreche ergeben sich aus der e-mail vom 17.06.2020 (AS 83 bis 91).

Die Feststellungen zum in deutscher Sprache gehaltenen Schreiben des Beschwerdeführers vom 24.06.2020 an die Botschaft in Berlin und den übermittelten Dokumenten ergeben sich aus dem Schreiben, in dem die Beilagen angeführt werden (AS 93 bis 101).

Die Feststellungen zur Botschaft in Wien, ihren Öffnungszeiten, der Anschrift und der Telefon- und Faxnummer ergeben sich aus den Angaben auf der Homepage (https://www.mofa.gov.iq/vienna/contact-us/).

Die Zuständigkeit der Konsularabteilung der Botschaft des Iraks in Berlin für die gesamte Bundesrepublik Deutschland ergibt sich aus einer entsprechenden Angabe auf der Homepage (vgl. http://www.iraqiembassy-berlin.de/docs/de/faq_de.php).

Dass es in Österreich coronabedingt keine Verkehrsbeschränkungen gibt, die Grenzen zu den Nachbarstaaten Österreichs nicht geschlossen sind und der Flughafen Wien in Betrieb ist, ist notorisch. Die Feststellung, dass die internationalen Flughäfen Bagdad, Najaf und Basra am 23.07.2020 für kommerzielle Linienflüge wiedereröffnet wurden, ergibt sich aus einem Informationsblatt der Wirtschaftskammer Österreich vom 28.07.2020.

Die Feststellung zu den Angaben des Beschwerdeführers über den Verbleib seines Reisepasses im Verfahren zur Erlangung internationalen Schutzes ergibt sich aus dem Bescheid des BFA, Seite 3.

III. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgebliche Bestimmung des § 46a FPG lautet:

„Duldung

§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange
1.         deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;
2.         deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;
3.         deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder
4.         die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er
1.         seine Identität verschleiert,
2.         einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder
3.         an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen „Republik Österreich“ und „Karte für Geduldete“, weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn
1.         deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;
2.         die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;
3.         das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder
4.         andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.

Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet.“

Der Beschwerdeführer stellte seinen Antrag auf Duldung auf § 46a Abs. 1 Z 3 FPG.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint. Die tatsächliche Unmöglichkeit soll naturgemäß nur dann zu einer Duldung führen, wenn die Hinderungsgründe nicht im Einflussbereich des Fremden liegen (vgl. Erläuterungen zur RV, 330 Blg NR XXIV. GP). Die Duldung aus tatsächlichen, von Fremden nicht zu vertretenden Gründen betrifft insbesondere den Fall der mangelnden Erlangung eines Ersatzreisedokuments (vgl. Erläuterungen zur RV, 582 Blg NR XXV. GP).

Vom Fremden zu vertretende Gründe liegen gemäß § 46a Abs. 3 FPG jedenfalls vor, wenn er an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt (Z 3).

Dass eine kausale Verknüpfung zwischen den in § 46a Abs. 3 FPG angeführten Handlungen bzw. Unterlassungen mit den Gründen für die Unmöglichkeit der Abschiebung bestehen muss, ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 46a Abs. 1 Z 3 iVm dem Einleitungssatz des Abs. 3. (vgl. ErläutRV zum FrÄG 2011 (1078 BlgNR 24. GP 27)). Nach diesen Materialien soll die Duldung nicht eintreten können, wenn die Unabschiebbarkeit deshalb eintritt, weil der Fremde nicht im erforderlichen Ausmaß am Verfahren, etwa zur Erlangung eines Heimreisezertifikates, mitwirkt (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0078).

Das Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Antrag, dass wegen der Coronapandemie Verkehrsbeschränkungen bestünden, Grenzen geschlossen seien und der Flugverkehr eingestellt sei, liegt im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr vor. Auf die coronabedingte Lage im Irak kommt es anlässlich der Prüfung einer Duldung nicht an. Dieses Vorbringen ist daher nicht geeignet, um die Voraussetzungen des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG zu erfüllen.

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er „einige“ Versuche unternommen habe, um mit der Botschaft in Wien in Kontakt zu treten und einen Termin für eine Vorsprache zur Reisepassausstellung zu vereinbaren. Diese Behauptungen hat der Beschwerdeführer aber nicht belegt und nicht einmal dargelegt, in welcher Form diese Kontaktversuche geschehen sein sollen. In diesem Verhalten des Beschwerdeführers kann nun keine Mitwirkung zur Erlangung eines Reisedokuments erblickt werden. Gleiches gilt auch dafür, wenn sich der Beschwerdeführer vor der Botschaft in Wien fotografieren lässt.

Wenn sich der Beschwerdeführer in einem Schreiben an die irakische Botschaft in Wien wendet, das in deutscher Sprache gehalten ist, dann wirkt der Beschwerdeführer nicht im erforderlichen Ausmaß am Verfahren zur Erlangung eines Reisedokuments mit.

Der Beschwerdeführer behauptet, dass er auf sein Schreiben an die irakische Botschaft in Wien eine Nachricht via Whatsapp erhalten habe, wonach er sich bezüglich Ausstellung eines Reisepasses an die Botschaft in Berlin wenden müsse. Diese Nachricht, die er von der irakischen Botschaft in Wien erhalten haben soll, legte der Beschwerdeführer nicht vor. Dass für die Ausstellung eines Reisepasses die Botschaft in Berlin örtlich zuständig sein soll, erscheint zweifelhaft, ist aber letztlich nicht entscheidungsrelevant.

Der Beschwerdeführer sendete eine e-mail in arabischer Sprache an die irakische Botschaft in Berlin und gibt darin an, dass er sich einen Reisepass ausstellen lassen möchte und er seinen alten Reisepass verloren habe und keine Kopien dieses Reisepasses habe. In einer Antwort der Botschaft Berlin via e-mail vom 17.06.2020, die in arabischer Sprache gehalten ist, finden sich keine Angaben dazu, dass die Konsularabteilungen in Berlin und Frankfurt für in Österreich aufhältige irakische Staatsbürger zuständig wären. In dem Schreiben der Botschaft in Berlin werden Dokumente aufgezählt, die der Beschwerdeführer für eine Reisepassausstellung vorzulegen hat, unter anderem eine Verlustanzeige des Reisepasses (inkl. Passnummer und Übersetzung ins Arabische), eine Veröffentlichung in einer Zeitung über den Verlust des Passes (inkl. Passnummer) und den Ausdruck eines elektronischen Antragsformulars. Der Beschwerdeführer sendete ein mit 24.06.2020 datiertes und in deutscher Sprache verfasstes Schreiben an die Botschaft des Iraks in Berlin. Mit diesem Schreiben übermittelte der Beschwerdeführer eine Kopie des Personenstandsausweises und des Staatsbürgerschaftsnachweiseses. Weitere Dokumente übermittelte der Beschwerdeführer nicht. Insbesondere übermittelte der Beschwerdeführer kein ausgefülltes Antragsformular. Hinsichtlich seines alten Reisepasses führte in diesem Schreiben aus, dass ihm dieser in der Türkei „abgenommen“ worden sei und er seine Reisepassnummer nicht kennen würde.

Zur Erlangung von Informationen über die Modalitäten einer Reisepassausstellung wendete sich der Beschwerdeführer an die irakische Botschaft in Berlin in arabischer Sprache. Die Botschaft antwortete dem Beschwerdeführer auch in arabischer Sprache und teilte ihm mit, welche Dokumente für die Ausstellung eines Reisepasses notwendig seien. Daraufhin sendete der Beschwerdeführer ein in deutscher Sprache gehaltenes Schreiben samt zwei Dokumenten (Personenstandsausweis und Staatsbürgerschaftsnachweis) an die Botschaft in Berlin.

Indem der Beschwerdeführer in deutscher Sprache mit der Botschaft in Berlin kommuniziert, obwohl er zuvor in arabischer Sprache mit der Botschaft in Berlin Kontakt aufnahm, nur zwei der insgesamt sechs geforderten Dokumente an die Botschaft in Berlin schickt, nunmehr behauptet, sein alter Reisepass sei ihm „abgenommen“ worden, obwohl er zuvor noch ausdrücklich gegenüber der Botschaft in Berlin angab, diesen verloren zu haben [was die Vorlage einer Verlustanzeige des Reisepasses (inkl. Passnummer und Übersetzung ins Arabische) und eine Veröffentlichung in einer Zeitung über den Verlust des Passes (inkl. Passnummer) erfordert] und beide Behauptungen überdies seinen Angaben in der Erstbefragung anlässlich seiner Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes widersprechen, wonach er seinen Reisepass bei einem Freund in der Türkei zurückgelassen habe, wirkt der Beschwerdeführer nicht im erforderlichen Ausmaß zur Erlangung eines Reisedokuments mit. Der Beschwerdeführer gibt zwar vor, einen Reisepass erlangen zu wollen, setzt dann aber Schritte, die dies vereiteln, nämlich die wiederholte Kontaktaufnahme in deutscher Sprache sowie die Nichtvorlage von notwendigen Dokumenten (ein Ausdruck des Antragsformulars, eine Verlustanzeige, die Veröffentlichung in einer Zeitung). Dieses Verhalten des Beschwerdeführers ist auch kausal für seine Unabschiebbarkeit. Damit liegt gemäß § 46a Abs. 3 FPG ein vom Beschwerdeführer zu vertretender Grund vor. Die Voraussetzung des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG, dass die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint, ist damit nicht erfüllt.

Sofern in der Beschwerde moniert wird, dass die belangte Behörde von einer bloßen Verfahrensidentität des Beschwerdeführers ausgehe, obwohl die Identität des Beschwerdeführers feststehe, wird damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Der Beschwerdeführer beantragte auch nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.

Schlagworte

Duldung Karte für Geduldete Mitwirkungspflicht Pandemie Reisedokument

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2177501.2.00

Im RIS seit

08.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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