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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §12;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 13. September 1996, Zl. St 437/96, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 i.V.m. den §§ 19, 20 und 21 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen. In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, daß sich der Beschwerdeführer seit 18. September 1991 in Österreich aufhalte. Er habe vorerst aufgrund einer Beschäftigungsbewilligung einen Sichtvermerk bis 5. März 1993 erhalten. Aufgrund einer Verpflichtungserklärung sei der Aufenthalt bis 31. Dezember 1993 erlaubt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer bereits arbeitslos gewesen. Am 18. April 1994 habe der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz beantragt; diese sei ihm für die Zeit vom 29. November 1994 bis 30. Juni 1995 erteilt worden. Eine Verlängerung dieser Bewilligung bis 12. Dezember 1995 sei am 6. Juni 1995 erfolgt. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn habe mit Bescheid vom 16. August 1995 den Verlust der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers festgestellt und ihm das Aufenthaltsrecht gemäß § 12 Aufenthaltsgesetz dokumentiert.
Dem Beschwerdeführer sei es in keiner Weise gelungen, sich am österreichischen Arbeitsmarkt zu integrieren. Für den Beschwerdeführer, seine Ehegattin und seine vier Kinder würden bereits seit 1. April 1994 Sozialhilfemittel in beträchtlicher Höhe aufgewendet werden.
Während der Zeit seines Aufenthaltes in Österreich sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 27. März 1996 wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung und der versuchten Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bedingt auf drei Jahre verurteilt worden. Von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn sei der Beschwerdeführer wie folgt rechtskräftig bestraft worden:
"25. 7.1994 § 103 Abs. 2 KFG S 700,--
28. 6.1994 § 2 Abs. 1 i.V.m. § 82 Abs. 1 Z. 3 FrG S 500,--
31. 7.1995 § 102 Abs. 6 KFG, § 1 Abs. 1 lit.a KPÜV S 500,--
u. S 300,--
10. 4.1996 § 44 Abs. 4 KFG S 500,--
16. 4.1996 § 36 lit. e KFG S 500,--
§ 102 Abs. 1 KFG S 1.500,--
§ 102 Abs. 1 KFG S 300,--"
Der Beschwerdeführer habe im Rahmen des Parteiengehöres vorgebracht, daß er als Gastarbeiter am 18. September 1991 nach Österreich gekommen sei. Im September 1992 sei er nach Bosnien gefahren und im Jänner 1993 zurückgekehrt. Seit dieser Zeit habe er in Österreich keine Arbeit mehr finden können. Er beziehe seither Sozialhilfe. Im Juni/Juli 1993 seien seine Ehegattin und seine vier Kinder nach Österreich gekommen.
Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG sei erfüllt. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei wegen des Fehlens der nötigen Mittel dringend erforderlich. Erschwerend kämen die gerichtliche Verurteilung und die verwaltungsbehördlichen Bestrafungen dazu. Dem Beschwerdeführer sei zwar eine gewisse Mindestintegration zuzubilligen, von einer beruflichen Integration könne jedoch keinesfalls ausgegangen werden. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wögen wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde abgesehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde bleibt die wesentliche von der belangten Behörde getroffene Feststellung, daß der Beschwerdeführer seit 1992 arbeitslos sei und für sich und seine Familie seit 1. April 1994 Sozialhilfe beziehe, unbestritten. Von da her gesehen begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, daß die belangte Behörde den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG als erfüllt angesehen hat.
Bei Beurteilung der Rechtfertigung der im § 18 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme konnte die belangte Behörde die - für sich allein für eine Bejahung der Annahme nicht ausreichenden - oben genannten rechtskräftigen Bestrafungen und die rechtskräftige Verurteilung berücksichtigen, ob aber die Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG in concreto für diese Annahme spricht, kann noch nicht beurteilt werden: Nach den Feststellungen steht dem Beschwerdeführer seit 16. August 1995 das Aufenthaltsrecht gemäß § 12 AufG zu und wurde seine Familie bereits vor diesem Zeitpunkt im Rahmen der "Caritas-Aktion" für Bosnienflüchtlinge unterstützt. Wenn der Beschwerdeführer ein solches besonderes Aufenthaltsrecht besitzt und eine für solche Personen vorgesehene, öffentlich-rechtliche Unterstützung (im Bescheid als Caritas-Aktion bezeichnet) erhält, ist die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme nicht (ohne weiteres) gerechtfertigt. Dies aber auch dann, wenn der Beschwerdeführer im Rahmen dieser "Aktion" NUR deswegen nicht - oder nicht mehr - unterstützt wird, weil er Anspruch nach einem entsprechenden Sozialhilfegesetz hat (und daher bei Außerachtlassung des Anspruches nach dem Sozialhilfegesetz einen Anspruch auf Unterstützung durch die bezeichnete "Aktion" hätte). Die belangte Behörde hat unter Verkennung dieser Rechtslage zum Vorliegen der angeführten Voraussetzungen keine Feststellungen getroffen, sodaß der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996210888.X00Im RIS seit
02.05.2001