TE Bvwg Beschluss 2020/10/1 W128 2235297-1

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Veröffentlicht am 01.10.2020
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Entscheidungsdatum

01.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W128 2235297-1/4Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN über die Beschwerde des iranischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Verein für Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.09.2020, Zl. 1096585710/200574611:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein iranischer Staatsangehöriger, stellte erstmals am 22.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund nannte er, im Iran nicht „normal“ Leben zu können. Aufgrund seines Aussehens werde er immer für einen Afghanen gehalten und aus diesem Grund von den Behörden kontrolliert, festgenommen und verprügelt. Im Laufe des Verfahrens brachte er zudem vor, mittlerweile in Österreich zum Christentum konvertiert zu seien, weshalb ihn nunmehr auch aufgrund seiner Religion im Iran Verfolgung drohe.

Dieser Antrag wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.05.2020 letztinstanzlich abgewiesen.

2. Am 08.07.2020 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass ihm – neben seinem Religionswechsel – auch aufgrund seinen politischen Aktivitäten in den sozialen Medien bei einer Rückkehr in den Iran Verfolgung drohe. Er sei schon seit seiner Einreise in Österreich (vor vier Jahren) als politischer Aktivist tätig und verbreite auf Instagram regelmäßig negative Propaganda gegen die iranische Regierung. Auf den Videos, die er in den sozialen Medien geteilt habe, sei sein Gesicht zu erkennen; er sei deshalb auch schon bedroht worden. Es sei sogar eine Belohnung von 1 Millionen USD für ihn ausgesetzt worden. Nachgefragt gab er an, das „Kopfgeld“ sei nicht auf ihn persönlich ausgesetzt worden; das Kopfgeld sei auf bestimmte namentlich genannte Personen (zu denen er nicht zähle) sowie auf „weitere Hurensöhne, die ähnliche Posts gegen das Regime in den sozialen Medien hochladen“ ausgesetzt, zu denen er gezählt werde.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag des BF hinsichtlich der Zuerkennung von Asyl sowie subsidiären Schutz gemäß § 68 Ab. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I. und II.), erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass die Abschiebung in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.), stellte fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.) und erließ ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.).

4. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde, die er gleichzeitig mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) verband. Darin brachte er vor, zusätzlich zu seinen bisherigen Ausführungen sei ihm auch aufgrund seiner Homosexualität eine Rückkehr in den Iran nicht möglich. Er habe bisher nicht über seine sexuelle Orientierung gesprochen, weil er sich zu sehr geschämt habe. Er habe im Alter von 16 Jahren seine ersten sexuellen Kontakte zu einem Freund gehabt. Sie seien in einem Park während ihrer sexuellen Handlungen von den „Sittenwächtern“ „erwischt“ und auf die Polizeistation gebracht worden, wo sie in Folge beschimpft, geschlagen sowie schwer sexuell misshandelt worden seien. Im Iran würde ihm bei einer nunmehrigen Rückkehr aufgrund seiner homosexuellen Handlungen die Todesstrafe drohen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und

1.       diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder

2.       eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht

sowie der Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 17 Abs. 4 BFA-VG steht ein Ablauf der Frist nach Abs. 1 der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des BF als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Im vorliegenden Fall kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des BF in den Iran eine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde. Der gegenständlichen Beschwerde war somit gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal der nunmehrigen Entscheidung eine Einzelfallbeurteilung zugrunde liegt.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W128.2235297.1.01

Im RIS seit

08.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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