TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/2 W209 2223157-1

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Veröffentlicht am 02.12.2020
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Entscheidungsdatum

02.12.2020

Norm

BSVG §23
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W209 2223157-1/2E

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch EMSENHUBER & PARTNER, Wirtschaftstreuhand GmbH Steuerberatungsgesellschaft in 3390 Melk, Babenbergerstraße 1, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Regionalbüro Niederösterreich/Wien, (nunmehr: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen) vom 26.07.2019, OB XXXX 2B1, betreffend Festlegung der Beitragsgrundlage in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung der Bauern für die Zeit von 01.04.2018 bis 31.12.2018, von 01.01.2019 bis 31.03.2019, von 01.04.2019 bis 30.06.2019 sowie ab 01.07.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 26.07.2019 sprach die belangte Behörde (im Folgenden: SVS) über Antrag der Beschwerdeführerin vom 01.07.2019 aus, dass für die Beschwerdeführerin in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung der Bauern folgende Beitragsgrundlage der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sei:

vom

bis

monatliche Beitragsgrundlage EUR

01.04.2018

31.12.2018

2.893,30

01.01.2019

31.03.2019

2.951,17

01.04.2019

30.06.2019

6.090,00

01.07.2019

laufend

2.951,17

Nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen wurde begründend ausgeführt, dass laut Aktenlage bekannt sei, dass die Beschwerdeführerin ihre Eigengründe im Ausmaß von 34.8085 ha sowie die zugepachteten Flächen im Ausmaß von 12,0252 ha auf alleinige Rechnung und Gefahr bewirtschafte.

Laut Finanzamt Lilienfeld St. Pölten seien die Eigengründe im Ausmaß von 34,8085 ha laut Hauptfeststellungsbescheid zum 01.01.2014/2015, Einheitswertaktenzeichen 24 141-1-0007/3, erstellt am 13.09.2016, sozialversicherungsrechtlich wirksam mit 01.04.2018, mit einem Einheitswert von EUR 13.491,51, gerundet gemäß § 25 Bewertungsgesetz (BewG) EUR 13.400,00, bewertet worden.

Laut Wertfortschreibungsbescheid zum 01.01.2015, erstellt am 23.01.2019 vom Finanzamt Lilienfeld St. Pölten, sozialversicherungsrechtlich wirksam mit 01.04.2019, seien die Eigengründe im Ausmaß von 34,8085 ha mit einem Einheitswert von EUR 129.237,22, gerundet gemäß § 25 BewG EUR 129.200,00, bewertet worden.

Laut Wertfortschreibungsbescheid zum 01.01.2015, mit welchem der am 23.01.2019 erstellte Wertfortschreibungsbescheid gemäß § 299 Bundesabgabenordnung (BAO) wegen Unrichtigkeit des Spruches ersatzlos aufgehoben wurde, erstellt am 29.04.2019 vom Finanzamt Lilienfeld St. Pölten, sozialversicherungsrechtlich wirksam mit 01.07.2019, seien die Eigengründe im Ausmaß von 34,8085 ha mit einem Einheitswert von EUR 13.491,51, gerundet gemäß § 25 BewG EUR 13.400,00, bewertet worden.

Der Wertfortschreibungsbescheid zum 01.01.2018 (gemeint: 2015), erstellt am 23.01.2019, mit einem Einheitswert von EUR 129.200,00 sei in Rechtskraft erwachsen. Daher sei in der Zeit von 01.04.2019 bis 30.06.2019 der Einheitswert der Eigengründe von EUR 129.200,00 bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen.

Das für Zwecke der Beitragsbemessung heranzuziehende Flächenausmaß und der daraus resultierende Einheitswert im Sinne des § 23 Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) betrage:

 

Ausmaß in ha

Einheitswert in EUR

vom-bis

Eigengrund

Pachtgrund

Eigengrund

Pachtgrund

 

 

3/3

2/3

 

3/2

2/3

04/18-03/19

34,8085

0,0000

12,0252

13.400,00

0,00

3.783,52

04/19-06/19

34,8085

0,0000

12,0252

129.200,00

0,00

3.783,52

07/19-laufend

34,8085

0,0000

12,0252

13.400,00

0,00

3.783,52

Von diesem Einheitswert sei die im Spruch angeführte Beitragsgrundlage zu errechnen gewesen.

Es werde darauf hingewiesen, dass der Inhalt dieses Bescheides auch Grundlage für das Leistungsrecht sei.

2. Gegen den o.a. Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre steuerliche Vertretung binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die (zusammengefasst) damit begründet wurde, dass dem Finanzamt bei der Ausfertigung des Wertfortschreibungsbescheides zum 01.01.2015, erstellt am 23.01.2019, ein wesentlicher Eingabefehler passiert sei. So sei die Anzahl der Rinder im Alter von eineinhalb bis zwei Jahren der Beschwerdeführerin mit 546 anstatt mit 5,46 Stück eingegeben worden. Obwohl der Wertfortschreibungsbescheid vom 23.01.2019 vom zuständigen Finanzamt am 29.04.2019 gemäß § 299 BAO aufgehoben worden sei, sei er zur Beitragsbemessung für das 2. Quartal herangezogen worden. Es komme dadurch für die Abgabenpflichtige zu einer wesentlich höheren Sozialversicherungsbelastung, die ausschließlich auf den Ausfertigungsfehler einer Mitarbeiterin beim Finanzamt zurückzuführen sei.

Obwohl der Verfassungsgerichtshof die gesetzliche Regelung des § 23 Abs. 5 BSVG im Jahr 1986 (als verfassungskonform) bestätigt habe, vertrete die Beschwerdeführerin die Ansicht, dass es gerade im konkreten Fall zu einer Sozialversicherungsbelastung komme, die eindeutig dem Leistungsfähigkeitsprinzip und Gleichheitsgrundsatz widerspreche. Ungerechtfertigt erscheine in diesem Zusammenhang insbesondere, dass ein aufgehobener Bescheid als Basis für die Sozialversicherungsberechnung dienen könne. Zum einen wäre es (im Hinblick auf § 23 Abs. 5 letzter Satz BSVG) zu keiner Mehrbelastung gekommen, wenn der Bescheid bereits im März aufgehoben worden wäre. Zweitens sei die Abgabenpflichtige aufgrund ihrer Einkommenssituation nicht im Stande, eine derart hohe Abgabenbelastung zu tragen, die ausschließlich auf einen Ausfertigungsfehler seitens des Finanzamtes beruhe. Drittens komme es in der Gruppe der Selbständigen zu einer Ungleichbehandlung. So werde bei Gewerbetreibenden im Falle einer Änderung der Bemessungsgrundlage die Sozialversicherung neu berechnet.

Darüber hinaus könne bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 23 Abs. 5 letzter Satz BSVG (der auf sonstige Änderungen des Einheitswertes abstellt) entnommen werden, dass der unrichtig ausgestellte Bescheid, der anschließend aufgehoben wurde, niemals als Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherung dienen könne. Mit dem fraglichen Bescheid sei nämlich keine Änderung des Einheitswerts erfolgt, da er vollständig aufgehoben worden sei. Es werde daher (u.a.) beantragt, die monatliche Beitragsgrundlage im 2. Quartal (wie im Quartal davor und danach) mit EUR 2.951,17 festzusetzen.

Schließlich wurde eine Entscheidung durch den Senat gemäß § 414 Abs. 2 iVm § 410 Abs. 1 Z 8 (gemeint Z 7) ASVG, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG sowie die Aussetzung der Beiträge in Höhe von EUR 3.015,95 begehrt.

3. Am 06.09.2019 einlangend legte die SVS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin führt auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287. Sie bewirtschaftet Eigengründe im Ausmaß von 34,8085 ha sowie zugepachtete Flächen im Ausmaß von 12,0252 ha.

Mit Hauptfeststellungsbescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten zum 01.01.2014/2015, Einheitswertaktenzeichen 24 141-1-0007/3, erstellt am 13.09.2016, wurden die Eigengründe der Beschwerdeführerin im Ausmaß von 34,8085 ha mit einem Einheitswert von EUR 13.491,51, gerundet gemäß § 25 BewG EUR 13.400,00, bewertet.

Mit Wertfortschreibungsbescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten zum 01.01.2015, erstellt am 23.01.2019, wurden die Eigengründe im Ausmaß von 34,8085 ha mit einem Einheitswert von EUR 129.237,22, gerundet gemäß § 25 BewG EUR 129.200,00, bewertet. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit Wertfortschreibungsbescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten zum 01.01.2015, erstellt am 29.04.2019, mit dem der am 23.01.2019 erstellte Wertfortschreibungsbescheid gemäß § 299 iVm § 293 BAO wegen Unrichtigkeit des Spruches ersatzlos aufgehoben wurde, wurden die Eigengründe im Ausmaß von 34,8085 ha mit einem Einheitswert von EUR 13.491,51, gerundet gemäß § 25 BewG EUR 13.400,00, bewertet.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage als unstrittig fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 414 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat.

Gemäß § 182 Z 7 BSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 und 3 ASVG nicht anzuwenden ist.

Somit besteht vorliegend trotz Stellung eines Antrages auf Entscheidung durch einen Senat in einer Angelegenheit nach § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG (verlangte Bescheiderteilung zur Feststellung der Rechte und Pflichten) Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG) und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG) und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gegenständlich gelangen (zeitraumbezogen) folgende maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen zur Anwendung:

§ 23 BSVG idF BGBl. I Nr. 162/2015 (auszugsweise):

„Beitragsgrundlage

§ 23. (1) Grundlage für die Bemessung der Beiträge in der Kranken- und Pensionsversicherung ist für die gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und 1a Pflichtversicherten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen

1. bei einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, für den ein Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Vermögens gemäß den §§ 29 bis 50 BewG 1955 festgestellt wird, der Versicherungswert nach Abs. 2,

2. bis 4. …

(1a) bis (1b) …

(2) Der Versicherungswert ist ein Hundertsatz des Einheitswertes des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes. Hiebei ist von dem zuletzt im Sinne des § 25 des Bewertungsgesetzes festgestellten Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes auszugehen. Der Versicherungswert ist jeweils zum 1. Jänner eines jeden Kalenderjahres neu festzustellen und auf Cent zu runden.

1. bei Einheitswerten bis zu 5 000 €      20,12351;

2. für je weitere € 100,-- Einheitswert bei Einheitswerten

 

von 5 100 € bis 8 700 €

22,35947

 

von 8 800 € bis 10 900 €

18,16705

 

von 11 000 € bis 14 500 €

12,57723

 

von 14 600 € bis 21 800 €

10,20152

 

von 21 900 € bis 29 000 €

7,54634

 

von 29 100 € bis 36 300 €

5,58988

 

von 36 400 € bis 43 600 €

4,19242

 

über 43 700 €

3,21417.

 

 

 

(3) Bei Bildung des Versicherungswertes gemäß Abs. 2 sind in den nachstehenden Fällen unter Berücksichtigung des § 23c folgende Werte als Einheitswerte zugrunde zu legen:

a) wenn der Pflichtversicherte mehrere land(forst)wirtschaftliche Betriebe führt, die Summe der Einheitswerte aller Betriebe;

b) wenn der Pflichtversicherte Miteigentümer eines auf gemeinsame Rechnung und Gefahr geführten land(forst)wirtschaftlichen Betriebes ist, der im Verhältnis seines Eigentumsanteiles geteilte Einheitswert;

c) bei Verpachtung einer land(forst)wirtschaftlichen Fläche ein um den anteilsmäßigen Ertragswert der verpachteten Fläche verminderter Einheitswert;

d) bei Zupachtung einer land(forst)wirtschaftlichen Fläche ein um zwei Drittel des anteilsmäßigen Ertragswertes der gepachteten Fläche erhöhter Einheitswert;

e) wenn der land(forst)wirtschaftliche Betrieb zur Gänze gepachtet ist, ein um ein Drittel verminderter Einheitswert; ist ein solcher Betrieb von mehreren Personen anteilsmäßig gepachtet, so ist lit. b sinngemäß anzuwenden;

f) bei Erwerb oder Veräußerung einer land(forst)wirtschaftlichen Fläche (Übertragung von Eigentumsanteilen an einer solchen), wenn gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 lit. a des Bewertungsgesetzes der Einheitswert nicht neu festgestellt wird, ein um den anteilsmäßigen Ertragswert dieser Flächen (des Eigentumsanteiles) erhöhter bzw. verminderter Einheitwert;

g) im Falle der gesetzlichen Vermutung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 der anteilsmäßige Ertragswert der Waldfläche;

h) wenn der land(forst)wirtschaftliche Betrieb in der Betriebsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird und nicht alle GesellschafterInnen MiteigentümerInnen des auf gemeinsame Rechnung und Gefahr geführten land(forst)wirtschaftlichen Betriebes (lit. b) sind, der im Verhältnis der GesellschafterInnen geteilte Einheitswert.

Eine Teilung des Einheitswertes gemäß lit. b und e findet jedoch nicht statt, wenn Ehegatten ein und denselben land(forst) wirtschaftlichen Betrieb auf gemeinsame Rechnung und Gefahr führen. Wenn ein Ehegatte vom anderen Ehegatten oder wenn Kinder (§ 2 Abs. 1 Z 2) und Eltern (Großeltern, Wahleltern, Stiefeltern, Schwiegereltern) voneinander land(forst)wirtschaftliche Flächen bzw. land(forst)wirtschaftliche Betriebe gepachtet haben, ist dem Pächter, abweichend von lit. d und e, der volle Ertragswert der gepachteten Flächen (des gepachteten Betriebes) anzurechnen. Die sich gemäß lit. a bis f ergebenden Einheitswerte (Summe der Einheitswerte) sind auf volle hundert Euro abzurunden.

(3a) bis (4e) …

(5) Änderungen des Einheitswertes gemäß Abs. 3 lit. b, c, d und f sowie durch sonstige Flächenänderungen werden mit dem ersten Tag des Kalendermonates wirksam, der der Änderung folgt. Eine entgegen § 16 Abs. 2 nicht gemeldete Flächenänderung ist für die Dauer ihrer Nichtmeldung einer sonstigen Änderung gleichzuhalten. Im übrigen ist Abs. 3 entsprechend anzuwenden. Sonstige Änderungen des Einheitswertes werden mit dem ersten Tag des Kalendervierteljahres wirksam, das der Zustellung des Bescheides der Finanzbehörde erster Instanz folgt.

(6) bis (12) …“

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Festlegung der monatlichen Beitragsgrundlage in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung der Bauern für die Zeit von 01.04.2019 bis 30.06.2019 (2. Quartal 2019).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die monatliche Beitragsgrundlage im oben angeführte Zeitraum mit EUR 6.090,00 festgelegt. Dabei stützte sich die belangte Behörde auf den Wertfortschreibungsbescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten zum 01.01.2015, erstellt am 23.01.2019, mit dem die Eigengründe der Beschwerdeführerin im Ausmaß von 34,8085 ha mit einem Einheitswert von EUR 129.237,22, gerundet gemäß § 25 BewG EUR 129.200,00, bewertet wurden. Dieser Bescheid, der auf einem Eingabefehler des Finanzamtes beruhte (es wurden 546 Stück anstatt 5,46 Stück Rinder eingegeben), erwuchs in Rechtskraft.

Mit Wertfortschreibungsbescheid zum 01.01.2015, erstellt am 29.04.2019, wurde der am 23.01.2019 erstellte Wertfortschreibungsbescheid sodann gemäß § 299 iVm § 293 BAO wegen Unrichtigkeit des Spruches ersatzlos aufgehoben und die Eigengründe im Ausmaß von 34,8085 ha (wie im Quartal davor und danach) mit einem Einheitswert von EUR 13.491,51, gerundet gemäß § 25 BewG EUR 13.400,00, bewertet.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten verletzt, weil die Festlegung der Beitragsgrundlage im 2. Quartal 2019 auf Basis eines fehlerhaften und letztlich aufgehobenen Bescheides beruht.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der fehlerhafte Bescheid in Rechtskraft erwuchs und die belangte Behörde somit gemäß § 23 Abs. 1 Z 1 BSVG an die darin vorgenommene Festlegung des Einheitswertes mit EUR 129.200,00 gebunden war.

Für sozialversicherungsrechtliche Zwecke ist ausnahmslos der zuletzt festgestellte Einheitswertbescheid heranzuziehen, soweit ein solcher Bescheid vorliegt. Der Einheitswert ist die bindende Grundlage für die darauf basierenden Berechnungen nach dem BSVG (vgl. VwGH 24.02.2016, Ra 2016/08/0002).

Der Bescheid wurde zwar am 29.04.2019 aufgehoben und der Einheitswert (wieder) mit EUR 13.400,00 festgelegt. Wie auch die Beschwerdeführerin einräumte, stellt diese Änderung aber eine „sonstige Änderungen des Einheitswertes“ iSd § 23 Abs. 5 letzter Satz BSVG dar, die erst mit dem ersten Tag des Kalendervierteljahres wirksam wird, das der Zustellung des Bescheides der Finanzbehörde erster Instanz folgt.

So hat auch der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 13.04.1999, Zl. 97/08/0031, klargestellt, dass eine abgabenbehördlich verfügte bescheidmäßige Änderung des Einheitswertes (Fortschreibung, die ihren Grund nicht in einem der Fälle des § 23 Abs. 5 erster Satz BSVG hat) – ungeachtet ihrer abgabenrechtlichen Wirkung auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt – beitragsrechtlich mit dem ersten Tag des Kalendervierteljahres wirksam wird, das der Zustellung des Bescheides der Finanzbehörde erster Instanz folgt.

Dementsprechend wurde die Änderung aufgrund des Bescheides vom 29.04.2019 erst mit 01.07.2019 wirksam und setzte die belangte Behörde die monatliche Beitragsgrundlage im 2. Quartal daher zu Recht auf Basis des Wertfortschreibungsbescheides vom 23.01.2019 fest.

Soweit sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren verfassungsrechtlich gewährleiteten Rechten verletzt erachtet, ist dem entgegenzuhalten, dass die Regelung des § 23 Abs. 5 BSVG ihre sachliche Rechtfertigung darin findet, dass die rückwirkende Anwendung der in beide Richtungen denkbaren Änderungen des Einheitswertes zum Verlust oder zum Entstehen von Versicherungsansprüchen und damit unter Umständen auch zu rückwirkenden Belastungen der Versicherten, sei es durch die Nachzahlung von Beiträgen, sei es durch die Rückforderung erbrachter Leistungen führen könnten. Der Zweck der genannten Bestimmung liegt darin, den Gleichlauf von Beitrags- und Leistungsrecht zu wahren und eine beitragsrechtliche Rückwirkung grundsätzlich zu vermeiden, es sei denn, die Änderung des Einheitswertes hätte in einer Flächenänderung ihre Ursache (vgl. VwGH 13.04.1999, 97/08/0031, mwN).

Schließlich hat auch der Verfassungsgerichtshof die Bestimmungen mit der Begründung nicht als gleichheitswidrig aufgehoben, dass hier ausnahmsweise eine sachliche Rechtfertigung für die Nachteile aus dem zufälligen Zeitpunkt der Festsetzung des Einheitswertes durch das Finanzamt durch Wirkungen auf der Leistungsseite besteht (vgl. VfGH 13.12.1986, G90/86; G128/86).

Eine unrichtige Berechnung der monatlichen Beitragsgrundlage (auf Basis des Wertfortschreibungsbescheides vom 23.01.2019) wurde nicht behauptet.

Damit war die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Soweit die Aussetzung von Beiträgen begehrt wurde, ist darauf hinzuweisen, dass die vorliegende Beschwerde gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG aufschiebende Wirkung hatte und daher ein solches Begehren ins Leere ging, soweit es jene Beiträge betraf, die auf der strittigen monatlichen Beitragsgrundlage gründeten. Soweit es andere Beiträge betraf, waren diese nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, weshalb sich ein Abspruch darüber erübrigte.

Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Beschwerdeführerin hat einen solchen Antrag gestellt. Der erkennende Richter erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedoch nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

Da auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. u.a. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beitragsgrundlagen Einheitswert landwirtschaftlicher Betrieb

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W209.2223157.1.00

Im RIS seit

09.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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