RS Vfgh 2020/11/24 V397/2020 (V397/2020-12)

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Index

L4610 Tierhaltung

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z1
Wr TierhalteG §6
HundeverbotszonenV d Magistrats der Stadt Wien v 09.10.2018
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit einer Hundeverbotszone im Wiener Prater wegen signifikanter Abweichung des Aufstellungsortes der Hinweistafel vom räumlichen Geltungsbereich der Verordnung

Rechtssatz

Aufhebung der Wortfolge "und Jesuitenwiese" in der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien, mit der für Bereiche der im Prater gelegenen Arenawiese und Jesuitenwiese ein Hundeverbot verordnet wird, ZMA 42-2/542103/2018, auf Grund eines Antrags des Verwaltungsgerichts Wien (VGW - LVwG - Gerichtsantrag).

Die - in einem Aktenvermerk festgehaltene - Verordnung ist durch das Aufstellen entsprechender Hinweistafeln gemäß §6 Abs2 Wiener TierhalteG am 12.10.2018 jedenfalls kundgemacht worden, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist und in Geltung steht. Vor dem Hintergrund der Möglichkeit der klaren Abgrenzung des Hundeverbotes auf der Arenawiese einerseits und auf der Jesuitenwiese andererseits (durch den Stadtwanderweg Nr 9 separierbare Bereiche) sowie dem Umstand, dass sich die das vorliegende Verfahren betreffende Verwaltungsübertretung auf der Jesuitenwiese ereignet hat, ist der im Hauptantrag begehrte Aufhebungsumfang nicht zu eng gefasst.

Hinreichende Determiniertheit des örtlichen Geltungsbereichs (Planpräzision):

Die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Planpräzision dürfen nicht überspannt werden, sondern ist ein "dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquater Determinierungsgrad" erforderlich. Die Begrenzung der Hundeverbotszonen wurde im vorliegenden Fall auf den der Verordnung beigelegten Plänen durch mit einem Filzstift freihändig gezogenen Linien markiert. Den Plänen ist zu entnehmen, dass sich die Grenzen der Verbotszone auf der Jesuitenwiese im westlichen und südlichen Bereich am Straßenverlauf der Rustenschacherallee und Rotundenallee orientieren. Nordöstlich wird die Verbotszone durch den Verlauf des Stadtwanderweges Nr 9 bestimmt. Der südöstliche Teil der Hundeverbotszone verläuft entlang eines vom Stadtwanderweg Nr 9 abzweigenden, in südöstliche Richtung verlaufenden, breiteren Gehweges sowie entlang eines wiederum von diesem Weg abzweigenden - nur im Detailplan erkenntlichen - schmaleren Pfades, der in die Rustenschacherallee mündet. Die Begrenzung der Hundeverbotszone orientiert sich somit an natürlichen Gegebenheiten. In Zusammenschau des Übersichts- und des Detailplanes ist anhand der Linienführung mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich, dass die die Verbotszone jeweils begrenzenden Straßen und Wege nicht von der Verordnung umfasst sind. Der örtliche Geltungsbereich der Hundeverbotszone kann anhand der beiliegenden Pläne mit hinreichender Bestimmtheit festgestellt werden und die Verordnung entspricht folglich den gesetzlichen Determiniertheitsanforderungen.

Keine ordnungsgemäße Kundmachung:

Gemäß §6 Abs2 Wiener TierhalteG sind die zur Kundmachung eines Hundeverbotes zu montierenden Hinweisschilder "aus festem Material in einer solchen Art und Größe herzustellen und an den Zugängen, Eintrittsstellen usw so anzubringen, dass sie leicht erkannt werden können". Der Vorschrift des §6 Abs2 Wiener TierhalteG ist immanent, dass die Hinweistafeln dort anzubringen sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt. Ein Kundmachungsmangel liegt vor, wenn der Aufstellungsort vom Ort des Beginns des verordneten Geltungsbereiches signifikant abweicht.

Die Beschilderungen im Bereich entlang der Rustenschacherallee im Abschnitt zwischen der Wittelsbacherstraße und der Friedensgasse befinden sie nicht, wie von §6 Abs2 Wiener TierhalteG festgelegt, an den Zugängen bzw Eintrittsstellen der Hundeverbotszone, sondern erst einige Meter innerhalb der Grenze des Geltungsbereiches der Verordnung. Die örtliche Kundmachung stimmt somit nicht mit der planlichen Begrenzung der Verbotszone in der Verordnung überein. Die Nichtübereinstimmung der verordnungsmäßig festgelegten Fläche des Hundeverbotes mit den Kundmachungsorten im genannten Bereich entlang der Rustenschacherallee im Abschnitt zwischen der Wittelsbacherstraße und der Friedensgasse führt zu einer gesetzwidrigen Kundmachung iSd §6 Abs2 Wiener TierhalteG und damit zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verordnung.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Tierhaltung, Hunde, Verordnung Kundmachung, Geltungsbereich (örtlicher) einer Verordnung, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Verwerfungsumfang, VfGH / Präjudizialität, Determinierungsgebot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:V397.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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