TE OGH 2021/1/19 14Os96/20d

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Veröffentlicht am 19.01.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Jänner 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Pateisky in der Strafsache gegen ***** K***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB idF BGBl I 2004/136 und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien
als Schöffengericht vom 25. Februar 2020, GZ 122 Hv 26/17p-325, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

[1]       Mit dem angefochtenen Urteil sprach das Erstgericht – soweit hier von Bedeutung – ***** K***** von der wider ihn erhobenen Anklage frei (§ 259 Z 3 StPO), er habe

(A) Anfang Juli 2009 in Z*****, Kroatien, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz ***** R***** als kaufmännischen Projektleiter der kroatischen S***** d.o.o. und Verantwortliche der kroatischen B***** d.o.o. durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über einen rechtsgültigen und werthaltigen Vertragsabschluss der S***** d.o.o. mit der kroatischen N***** d.o.o. sowie über deren Leistungserbringung, zu Handlungen verleitet, und zwar R***** zur Ausstellung einer Zahlungsanweisung und Verantwortliche der B***** d.o.o. zur Auszahlung von etwa 268.000 Euro, die die S***** d.o.o. in dieser Höhe, sohin in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag, am Vermögen geschädigt habe.

Rechtliche Beurteilung

[2]       Die dagegen von der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

[3]       Das Erstgericht ging von folgendem (teils disloziert festgestelltem) – für die Bearbeitung der Nichtigkeitsbeschwerde relevanten – Sachverhalt aus:

[4]            Der österreichische Staatsbürger K***** war zur Tatzeit Prokurist der S***** d.o.o. und vertrat diese gemeinsam mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen (US 2). Den gegenständlichen Beratungsvertrag mit der N***** d.o.o. unterzeichnete nur der Angeklagte, obwohl er nicht einzelzeichnungsberechtigt war (US 5). Sodann unterschrieb der Angeklagte selbst die Anweisung der Rechnung (US 6) und veranlasste deren Gegenzeichnung durch R***** sowie die Anweisung der Rechnung durch die B***** d.o.o., ohne die erstattete Studie genau gelesen (US 5) oder eingehend geprüft (US 6) zu haben, „womit er die mangelhafte Werthaltigkeit erkannt hätte“ (US 5). Die verfahrensgegenständliche Leistung der N***** d.o.o. war objektiv nicht werthaltig (US 6).

[5]            Die Tatrichter hielten es für nicht feststellbar, „dass der Angeklagte es billigend in Kauf nahm, dass die von der in Kroatien situierten N***** [d.o.o.] nicht in Österreich erbrachten bzw zu erbringenden Leistungen nicht werthaltig bzw nicht umgerechnet etwa 268.000 Euro wert waren bzw sein werden, insbesondere als er am 2. Jänner 2009 in Kroatien im Namen der in Kroatien situierten S***** d.o.o. einen Beratungsvertrag mit der N***** [d.o.o.] unterzeichnete, als er sodann die Bezahlung der sich darauf beziehenden Rechnung vom 1. Juli 2009 in Höhe von umgerechnet etwa 268.000 Euro selbst in Kroatien unterzeichnete, die Unterzeichnung durch R***** in Kroatien erwirkte und sodann die am 8. September 2009 durchgeführte Bezahlung dieser Rechnung auf das Konto der N***** d.o.o. [...] durch die in Kroatien situierte B***** d.o.o. erwirkte“. Weiters sahen sie als nicht feststellbar an, dass der Angeklagte „billigend in Kauf nahm, R***** oder Verantwortliche der B***** d.o.o. über die Werthaltigkeit oder die Gültigkeit des Vertrags der S***** d.o.o. mit der N***** [d.o.o.] zu täuschen“ und dadurch „einen Vermögensschaden der S***** d.o.o. zu bewirken“ (US 2 f).

[6]            Indem die Mängelrüge – unter Zitierung zweier isoliert herausgegriffener Urteilspassagen (US 5 zweiter Absatz und US 7 erster Absatz) – Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) der Begründung der Negativfeststellung zum „Täuschungsvorsatz über die fehlende Werthaltigkeit der erbrachten Leistung“ releviert, geht sie nicht von der Gesamtheit der diesbezüglichen Entscheidungsgründe (US 4 bis 8) aus (vgl aber RIS-Justiz RS0117995 [T3]). Demnach stützte das Erstgericht die kritisierte Negativfeststellung nämlich unmissverständlich (sowie logisch und empirisch einwandfrei) insbesondere auf die Aussage des Angeklagten, die N***** d.o.o. sei ihm für die aus seiner Sicht benötigte Beratungsleistung empfohlen worden (US 4) und er sei bei oberflächlicher Betrachtung (US 6) aufgrund des Umfangs der erbrachten Studie in Form von sieben bis zehn Ordnern von deren Werthaltigkeit ausgegangen (US 5 f). Dass es dabei zusätzlich und illustrativ Überlegungen zu den möglichen Gründen für die Unterlassung einer detaillierten Prüfung des umfangreichen Textes anstellte (US 5) und – im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Un-)Glaubwürdigkeit der Angaben des Zeugen ***** S***** (US 4, 7) – eine Täuschung des Angeklagten durch den Genannten „über die Fähigkeit und -willigkeit der N***** d.o.o.“ zur Erbringung der in der Folge vereinbarten Beratungsleistungen erwog (US 7), begründet keine Nichtigkeit iSd Z 5 erster Fall.

[7]            Soweit die Beschwerde behauptet, es seien in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweisergebnisse unerörtert geblieben (nominell Z 5 vierter Fall, der Sache nach Z 5 zweiter Fall), die „zwingend“ auf eine Täuschungshandlung und einen Täuschungsvorsatz des Angeklagten Anfang Juli 2009 „hinweisen“ würden, nämlich eine Passage der Aussage des Zeugen R***** (betreffend die Angaben des Angeklagten zum Inhalt der erbrachten Leistungen sowie zum Aufbewahrungsort der Unterlagen im Büro in Österreich [ON 300 S 16]) und ein Detail der Verantwortung des Angeklagten (betreffend den Aufbewahrungsort der Unterlagen in Kroatien [ON 315 S 4]), übergeht sie, dass das Erstgericht die Depositionen der Genannten in ihrer Gesamtheit gewürdigt hat (US 4 bis 6). Dabei war es – mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) – nicht zu einer Auseinandersetzung mit sämtlichen Details dieser Aussagen verhalten (RIS-Justiz RS0106295). Das Beschwerdevorbringen stellt vielmehr nur eine eigenständige Würdigung der isoliert herausgegriffenen Details der genannten Beweisergebnisse dar und bekämpft solcherart die Negativfeststellungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (§ 283 Abs 1 StPO; RIS-Justiz RS0114524).

[8]            Desgleichen gilt für den Unvollständigkeit reklamierenden Einwand, aus einzelnen Teilen der Aussage des Angeklagten (betreffend dessen Besprechungen mit Mitarbeitern der N***** d.o.o. über statistische Berechnungen, Pläne und Baunormen sowie über die Leistungserbringung bei der Übergabe der Ordner und über die Forderung nach einer Überarbeitung der Studie aufgrund inhaltlicher Kritikpunkte) sei auf dessen Auseinandersetzung mit der „von der vertraglichen Verpflichtung abweichenden Leistungserbringung“ und damit auf einen Täuschungsvorsatz zu „schließen“.

[9]            Mit dem Vorwurf unterbliebener Erörterung des Leistungsgegenstands des Beratungsvertrags (ON 174, ON 324 S 5; nominell Z 5 vierter Fall, der Sache nach Z 5 zweiter Fall), der auf eine Täuschung des R***** „hinweise“, weil der Angeklagte den Vertrag „inhaltlich verhandelte und unterfertigte“ und demnach „wusste, dass die nach seinen Depositionen erbrachten Leistungen nicht den vertraglich vereinbarten Leistungen entsprachen“, spricht die Beschwerde kein erhebliches, mithin gesondert erörterungsbedürftiges, Verfahrensergebnis (RIS-Justiz RS0098646 [T8], RS0116877) an. Das Erstgericht ging nämlich ohnehin von einer Unterfertigung des Beratungsvertrags, der im Übrigen die „Ausarbeitung der Studie“ umfasste (ON 174 S 5), durch den Angeklagten aus (US 2), konstatierte jedoch, dass dieser die inkriminierte Rechnung anwies, ohne die Studie genau gelesen zu haben, womit er die „mangelhafte Werthaltigkeit“ erkannt hätte, wobei die Verantwortung des Angeklagten, dass die Studie in einem nicht zu beanstandenden Umfang von sieben bis zehn Ordnern erstattet wurde, nicht zu widerlegen gewesen sei (US 5 f).

[10]           Die Verantwortung des (vormals) Mitangeklagten ***** P***** blieb entgegen dem weiteren Beschwerdeeinwand nicht unberücksichtigt, sie wurde von den Tatrichtern vielmehr insgesamt als „vage“ und (wie die Rüge ohnehin einräumt) in Bezug auf seine – in der Hauptverhandlung nicht aufrecht gehaltene – Behauptung vor den kroatischen Behörden, er habe vor der inkriminierten Zahlung keine Studie erstellt, sondern sei erst danach vom Angeklagten dazu aufgefordert worden, ausdrücklich als unglaubwürdig beurteilt (US 8). Schon aus diesem Grund bestand unter dem (der Sache nach erneut angesprochenen) Aspekt der Z 5 zweiter Fall keine Verpflichtung zu einer gesonderten Erörterung der – von der Rüge relevierten – weiteren Details seiner Angaben (ON 294 S 31 ff) sowie der Aussage der Zeugin ***** M***** zur Rolle ihres verstorbenen (angeblich bloß zum Schein als Geschäftsführer eingetragenen) Ehemannes in der N***** d.o.o. und deren Vermutungen hinsichtlich weiterer Beschäftigter des Unternehmens (ON 300 S 20 f). Indem die Beschwerde diese Verfahrensergebnisse für geeignet erachtet, „eine Täuschung des R***** durch K***** zu erweisen, weil (außer P***** oder dem Geschäftsführer M*****, die nach den Erwägungen der Tatrichter nicht [persönlich] „zur Leistungserbringung verpflichtet“ waren; US 4) „keine anderen Personen für einen Vertragsabschluss für die N***** d.o.o. und in weiterer Folge für deren Leistungserbringung verantwortlich sein könnten“, erschöpft sie sich erneut in einer unzulässigen Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung.

[11]           Das Beschwerdevorbringen, die Urteilspassage zur beruflichen Überlastung des Angeklagten oder zur Urlaubszeit (US 5) sei unbegründet geblieben (Z 5 vierter Fall), bezieht sich auf keine (für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage) entscheidende Tatsache (RIS-Justiz RS0117499).

[12]           Da bereits die Bekämpfung der – einem Schuldspruch entgegenstehenden – Negativfeststellungen zu einer vom Vorsatz des Angeklagten umfassten Täuschungshandlung erfolglos bleibt, erübrigt sich eine Erörterung des Einwands offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall), jener zu einer auf Schädigung und unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Täterintention (vgl aber US 3 iVm US 5 ff) sowie des Vorbringens der Rechtsrüge (Z 9 lit a).

[13]           Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Textnummer

E130556

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0140OS00096.20D.0119.000

Im RIS seit

08.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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