Entscheidungsdatum
02.09.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
L524 2153061-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb XXXX , StA Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2017, Zl. 1084911406/151203760, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.05.2020,
A) den Beschluss gefasst:
Das Verfahren betreffend die Spruchpunkte I. und II. wird gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wird abgewiesen.
Im Übrigen wird der Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. stattgegeben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 und 2 AsylG wird XXXX der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 29.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag erfolgte eine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Am 21.11.2016 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen.
Mit Bescheid des BFA vom 23.03.2017, Zl. 1084911406/151203760, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 26.05.2020 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilnahm.
II. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger und stammt aus Mossul. Er reiste im August 2015 in Österreich ein und stellte am 29.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des BFA vom 23.03.2017, Zl. 1084911406/151203760, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. zog der Beschwerdeführer zurück.
Der Beschwerdeführer spricht sehr gut Deutsch. Er hat 2016 an einem Deutschkurs für Asylwerber A1 teilgenommen. Der Beschwerdeführer begleitete Asylwerber bei Arztbesuchen als Dolmetscher. Der Beschwerdeführer hat bei Gemeindearbeiten mitgeholfen. Er hat in seiner Wohngemeinde eine großen Freundes- und Bekanntenkreis und verfügt über Unterstützungsschreiben. Er lebt in einer Mietwohnung. Der Beschwerdeführer verfügt über eine Gewerbeberechtigung („Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen“). Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
III. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers in Österreich und der Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem Bescheid des BFA.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer gleich zu Beginn derselben erklärt, dass er kein Asyl brauche. Der Beschwerdeführer wurde dennoch im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung nochmals mehrfach danach befragt, ob er seine Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des BFA aufrechterhalten wolle und wurde ihm die Bedeutung der Spruchpunkte I. und II. und der Zurückziehung der Beschwerde gegen diese Spruchpunkte erläutert. Der Beschwerdeführer erklärte dazu ausdrücklich, dass er die Beschwerde nicht aufrechterhalten wolle.
Die Feststellung zum besuchten Deutschkurs ergibt sich aus der vorgelegten Teilnahmebestätigung. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer sehr gut Deutsch spricht, ergibt sich aus der mündlichen Verhandlung, wo er die ihm in deutscher Sprache gestellten Fragen sofort verstand und spontan und flüssig auf Deutsch antworten konnte.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Asylwerber bei Arztbesuchen als Dolmetscher begleitete, bei Gemeindearbeiten mitgeholfen hat, in seiner Wohngemeinde eine großen Freundes- und Bekanntenkreis und über Unterstützungsschreiben verfügt, ergibt sich aus den diesbezüglichen Bestätigungen und den Unterstützungsschreiben. Die Feststellung, dass er in einer Mietwohnung lebt, ergibt sich aus dem vorgelegten Mietvertrag. Die Feststellung zur Gewerbeberechtigung ergibt sich aus einem GISA-Auszug.
IV. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Einstellung des Verfahrens betreffend die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens kommt nicht in Betracht, handelt es sich doch bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs. 1 VwGVG. Eine Verfahrenseinstellung ist unter anderem dann vorzunehmen, wenn die Beschwerde rechtswirksam zurückgezogen wurde (VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).
Die Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (§ 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG und Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 7 VwGVG, K 6). Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen ist, so dass die Einstellung des betreffenden Verfahrens – in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang – auszusprechen ist (siehe Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015], Rz 20 zu § 7 VwGVG).
Die Zurückziehung der Beschwerde ist unwiderruflich, da es sich dabei um eine einseitige, verbindliche Prozesserklärung handelt. Die Zurückziehung der Beschwerde hat ausdrücklich und unmissverständlich zu erfolgen, so dass keine Zweifel über diese Prozesserklärung verbleiben. Bestehen Zweifel über den Inhalt der Erklärung, ist nachzufragen, was die Erklärung zum Ausdruck bringen soll. Besondere Formvorschriften sind für die Zurückziehung der Beschwerde nicht normiert, so dass dafür auch eine mündliche Erklärung der Partei (etwa in einer Verhandlung) ausreicht, eine schriftliche Dokumentation dieser Prozesserklärung ist jedoch geboten (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 7 VwGVG, K 7 bis K9).
Die Zurücknahme einer Berufung (nunmehr: Beschwerde) wird mit dem Zeitpunkt ihres Einlangens bei der Behörde wirksam. Ab diesem Zeitpunkt ist – mangels einer aufrechten Berufung – die Pflicht der Berufungsbehörde zur Entscheidung weggefallen und das Berufungsverfahren ist einzustellen (vgl. VwGH 25.07.2013, 2013/07/010 unter Hinweis auf VwGH 23.10.1987, 87/17/0193).
Ob die Partei zu dem Zeitpunkt, da sie die Zurückziehung der Berufung (nunmehr: Beschwerde) erklärte, anwaltlich vertreten war oder nicht, spielt für die Wirksamkeit der Prozesserklärung im Hinblick auf § 10 Abs. 6 AVG keine Rolle (vgl. VwGH 18.11.2008, 2006/11/0150).
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 26.05.2020 erklärte der Beschwerdeführer, dass er die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des BFA vom 23.03.2017, Zl. 1084911406/151203760, zurückziehe.
Das Verfahren war daher einzustellen.
Zu A) Abweisung der Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG:
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Zu A) Stattgabe der Beschwerde gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und die Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise:
Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Der Beschwerdeführer ist als irakischer Staatsangehöriger kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und ihm kommt kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Daher ist gemäß § 52 Abs. 2 FPG eine Rückkehrentscheidung vorgesehen.
Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung jedoch nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens käme.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005) stellen folgende Umstände – zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten – Anhaltspunkte dafür dar, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025; E 18. Oktober 2012, 2010/22/0136; E 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. E 23. Mai 2012, 2010/22/0128; (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) E 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. E 18. März 2014, 2013/22/0129; E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. E 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. E, 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365).
Gegen den weiteren Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich und für die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung sprechen die Umstände, dass der Beschwerdeführer im August 2015 unrechtmäßig in Österreich eingereist ist, sein Aufenthaltsstatus grundsätzlich ein unsicherer war und ihm dieser Umstand bewusst sein musste.
Für den Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich spricht, dass sich der Beschwerdeführer bereits seit fünf Jahren in Österreich befindet. Es handelte sich im Fall des Beschwerdeführers auch um den ersten Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer hat stets an seinem Verfahren mitgewirkt, weshalb ihm die bisherige Verfahrensdauer nicht anzulasten ist. Der Beschwerdeführer ist auch strafrechtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer hat bei Gemeindearbeiten mitgeholfen. Er hat in seiner Wohngemeinde eine großen Freundes- und Bekanntenkreis und verfügt über Unterstützungsschreiben, in denen auf seine bereits erfolgte Integration und seine vorbildlichen Deutschkenntnisse hingewiesen wird. Der Beschwerdeführer hat an einem Deutschkurs für Asylwerber A1 teilgenommen. Er begleitete auch andere Asylwerber bei Arztbesuchen und fungiert dort als Dolmetscher. In der mündlichen Verhandlung stellte sich heraus, dass sich der Beschwerdeführer, obwohl er den weiteren Besuch von Deutschkursen nicht nachweisen konnte, sehr gut auf Deutsch verständigen kann, was seinen Ausführungen zufolge auf seine sozialen Kontakte in Österreich zurückzuführen ist. Der Beschwerdeführer verstand die ihm in der mündlichen Verhandlung in deutscher Sprache gestellten Fragen sofort und konnte spontan und flüssig auf Deutsch antworten. Daraus ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer über zahlreiche soziale Kontakte verfügt, andernfalls er nicht ohne Besuch eines Deutschkurses über derart gute Deutschkenntnisse verfügen würde.
Der Beschwerdeführer lebt auch in einer Mietwohnung. Schließlich verfügt der Beschwerdeführer auch über eine Gewerbeberechtigung („Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen“) und zudem über eine Einstellungszusage. Es ist daher auch von einer zukünftig erwartbaren Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers auszugehen (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0282).
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen und gelangt daher zu dem Ergebnis, dass im Fall des Beschwerdeführers das private Interesse des Beschwerdeführers an der Fortführung seines Privatlebens in Österreich das öffentliche Interesse an einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme überwiegt.
Gemäß § 55 Abs. 1 iVm Abs. 2 AsylG ist dem Beschwerdeführer der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen, da er das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 2 nicht nachweisen konnte. Gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 AsylG ist der Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten zu erteilen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung Aufenthaltsdauer Deutschkenntnisse Integration Interessenabwägung private Interessen Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Selbsterhaltungsfähigkeit Teileinstellung ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2153061.1.00Im RIS seit
05.02.2021Zuletzt aktualisiert am
05.02.2021