TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/11 95/01/0534

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Veröffentlicht am 11.06.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §69;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des G Z in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 8. Juni 1995, Zl. UVS-02/V/31/00015/95, betreffend Wiederaufnahme eines Verfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Inhalt der zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten, von diesem mit Beschluß vom 25. September 1995, B 2184/95-3, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen, über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde und der ihr beigelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer am 22. Mai 1995 einen als "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" bezeichneten Antrag folgenden Wortlautes gestellt hat:

"Aufgrund der zur obigen Beschwerde stelle ich hiemit einen Wiedereinsetzungsantrag und begründe diesen wie folgt:

Durch das Verfahren beim Landesgericht Wien in der angeführten Strafsache, diese nunmehr erledigt ist und wegen der ich als Beschwerdeführer einen Freispruch bekommen habe, ist offensichtlich, daß der Anzeiger wissentlich falsche Aussagen vor der Polizei gemacht hat, diese im Endeffekt zu der in der Beschwerde angeführten Sachverhaltsdarstellung kam.

Somit stelle ich neuerlich um Prüfung des Umstandes der zur Verhaftung führte und wieso es dazu kam, daß erstens kein Haftbefehl ausgestellt worden ist.

Zur weiteren im Zusammenhang stehende Tatsache des Anzeigers A Z, der offensichtlich selbst eine Tat der damals unter Strafe stehende, nämlich sich widerrechtlich einen Betrag von S 260.000,-- aneignete und dann nach Brasilien flüchtete.

Da der Anzeiger wissentlich davon Kenntnis hatte, daß ich einen Gasrevolver hatte, sowie hinsichtlich der Aussage seines Bruders, der mit mir und von einer Zeugin bestätigt wurde, diesen gekauft, somit dabei war, jedoch das Gericht in seiner Beweiswürdigung weder den Zeugen durch Einreden nicht geglaubt wird.

Da somit eindeutig festgestellt worden ist, daß der Auftrag hinsichtlich der mündlich erfolgten und verdeckten Vollmacht gegeben war, ist dies auch bekannt gewesen bei der Polizei diese dem Anzeiger schon in der Form der Verleumdung sehen hätte müssen.

Was nicht gerecht und gesetzwidrig erfolgte, war der Einsatz erstens an einem Wohnort, an dem der Beschwerdeführer nur als Gast anwesend gewesen ist, und dort erfolgte ein Einsatz ohne Haftbefehl, wobei man jederzeit im Hinblick der oder des Leumunds feststellen hätte müssen, daß der Beschwerdeführer niemals mit einer Waffe, noch mit anderen Gegenständen etwas zu tun hatte und man hätte zumindest prüfen sollen, daß sich in der Wohnung vier Kinder zu dem Zeitpunkt aufgehalten haben, sodaß in Folge der Sicherung selbst es zu Konsequenzen kommen hätten können, diese Folgen nicht absehbar waren.

Zieht man nunmehr den Freispruch und der bewiesenen falschen Beweisaussage vor Gericht, so kann mit Sicherheit angenommen werden, daß der Anzeiger Z nur gelogen hat, um mir Schaden zuzufügen.

Infolge des Antrages auf Wiedereinsetzung zum Schutze meiner Person, wird der Verwaltungssenat ersucht, da nunmehr das Verfahren abgeschlossen ist, den Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben. Da ich erstens infolge der Beeinträchtigung infolge eines Wirbelsäulenleidens die Rechte nicht wahrnehmen konnte, infolge der 70 Behinderung."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den als Antrag auf Wiederaufnahme qualifizierten Antrag gemäß § 69 Abs. 2 und Abs. 4 AVG im wesentlichen mit der Begründung zurück, der Beschwerdeführer habe entgegen der Bestimmung des § 69 Abs. 2 AVG in seinem Antrag jegliche Angaben darüber vermissen lassen, wann er vom Vorhandensein des von ihm geltend gemachten "neuen Beweismittels" Kenntnis erlangt habe. Das Fehlen dieser Angabe sei kein nach § 13 Abs. 3 AVG zu behandelndes Formgebrechen, sondern müsse zur Zurückweisung führen. Im übrigen habe auch der im wiederaufzunehmenden Verfahren ergangene Spruch keine meritorische Erledigung, sondern lediglich die Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde zum Gegenstand gehabt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die durch zwei Nachträge ergänzte Beschwerde im wesentlichen mit dem Argument, der Berufungsbescheid des unabhängigen Verwaltungssenates, mit dem die Beschwerde (in dem wiederaufzunehmenden Verfahren) als verspätet zurückgewiesen worden war, sei dem Beschwerdeführer am 28. Juni 1993 zugestellt worden. Der Beschwerdeführer habe den Antrag auf Wiederaufnahme am 22. Mai 1995 gestellt. Auf Grund der Chronologie sei sichergestellt, daß die in § 69 Abs. 2 AVG genannte Dreijahresfrist zwischen dem Antrag auf Wiederaufnahme und dem Bescheid (gemeint: mit welchem das wiederaufzunehmende Verfahren rechtskräftig abgeschlossen worden war) noch nicht abgelaufen gewesen sei. Die Festnahme und Hausdurchsuchung (offenbar Gegenstand der ursprünglichen Beschwerde an den UVS) habe am 11. Februar 1993 stattgefunden, selbst zwischen diesem Zeitpunkt und dem Wiederaufnahmsantrag seien noch keine drei Jahre verstrichen gewesen. Ginge der UVS Wien nun davon aus, daß er auf die Dreijahresfrist nicht einzugehen brauche, weil die beiden Fristen nicht kumulativ, sondern nur alternativ gälten und zunächst nur darauf einzugehen sei, wie lange vor dem Einbringen des Wiederaufnahmeantrages der Beschwerdeführer von dem Wiederaufnahmegrund Notiz erlangt habe, sei dies nicht richtig. Wenn der UVS die Zurückweisung des Wiederaufnahmsantrages damit begründe, daß der Beschwerdeführer in seinem Antrag nicht erklärt habe, wann er von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe, so hätte er (gemeint: der UVS) entgegen seiner Rechtsansicht den Antrag zur Ergänzung dieser Daten an den Beschwerdeführer zurückstellen müssen. Der Beschwerdeführer sei nicht anwaltlich vertreten gewesen und rechtsunkundig. Erst dann hätte der UVS darüber zu entscheiden gehabt, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht worden sei oder nicht. Abgesehen davon hätte die belangte Behörde durch Einleitung einer amtswegigen Wiederaufnahme die Angaben des Beschwerdeführers überprüfen und das Verfahren neu durchführen müssen.

Gemäß § 69 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrunde Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z. 1 stattfinden.

Während die Frist von zwei Wochen eine subjektive Frist (ab Kenntnisnahme) darstellt, ist nach Ablauf von 3 Jahren (objektive Frist) eine Wiederaufnahme jedenfalls unzulässig. Es entspricht daher der Rechtslage, wenn die Behörde zunächst die Einhaltung der subjektiven Frist überprüft und erst im Falle des Vorliegens der Einhaltung der gesetzlich festgesetzten subjektiven Frist (zwei Wochen) zur Frage schreitet, ob der Wiederaufnahmeantrag auch innerhalb der objektiven Frist (von drei Jahren) gestellt wurde. Die vom Beschwerdeführer offenbar vertretene Ansicht, es handle sich um Alternativfristen, kann nicht beigetreten werden, da die Setzung einer kürzeren subjektiven Frist angesichts einer längeren (objektiven) Frist sinnentleert wäre. Zur Dartuung der Einhaltung der kurzen (subjektiven) Frist und damit der Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmsantrags muß im Antrag schon angegeben werden, wann der Beschwerdeführer vom Vorhandensein des von ihm geltend gemachten Beweismittels (oder der Tatsache) Kenntnis erlangt hat. Ein Fehlen der Angaben über die Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmsantrages kann nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Formgebrechen im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG angesehen und einem Verbesserungsverfahren zugeführt werden. Leidet ein Wiederaufnahmsantrag aber an einem der Verbesserung nicht zugänglichen inhaltlichen Mangel, ist der Antrag zurückzuweisen. Das Vorgehen der belangten Behörde erweist sich daher als mit der Rechtslage in Einklang stehend. Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß niemandem ein Rechtsanspruch auf eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens zusteht (es in diesem Punkte damit einer Beschwerdeberechtigung mangelt; vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 662, wiedergegebene hg. Judikatur).

Da sich somit bereits aus der Beschwerde ergibt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Verbesserungsauftrag Ausschluß Wiederaufnahmeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995010534.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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