Entscheidungsdatum
09.10.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z5Spruch
W124 1427134-2/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., III., IV. und VI. werden gemäß § 9 AsylG, § 57 AsylG, § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG, § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 4 FPG sowie § 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. zu lauten hat:
„Der Ihnen mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zl. XXXX , zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten wird Ihnen gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG von Amts wegen aberkannt.“
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben.
III. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan unzulässig ist.
IV. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheids wird insoweit stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG auf zehn Jahre befristet wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Vorverfahren:
I.1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am selben Tag von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. In der Folge wurde er am XXXX niederschriftlich vom Bundesasylamt einvernommen.
I.1.2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX , Zl. XXXX , sein Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ferner wurde er gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Der BF erhob in der Folge fristgerecht Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. und III. dieses Bescheids.
I.1.3. Nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am XXXX gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX , XXXX , der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids statt und erkannte dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigen hinsichtlich Afghanistan zu (Spruchpunkt I.). Ferner wurde ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum XXXX erteilt (Spruchpunkt II.).
Festgestellt wurde, dass der BF Staatsangehöriger Afghanistans sei und der Volksgruppe der Paschtunen sowie der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams angehöre. Seine Eltern würden aus der Provinz Paktia stammen, der BF sei jedoch in Parachinar in Pakistan geboren und aufgewachsen. Die Provinz Paktia habe er nur gelegentlich, etwa zu Hochzeiten oder Trauerfeiern, besucht. Auf den Seiten 3 bis 16 des Erkenntnisses wurden Feststellungen zur allgemeinen Situation in Afghanistan getroffen.
Beweiswürdigend wurde unter anderem ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers und des schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachtens davon ausgehe, dass der BF tatsächlich Afghane und in Pakistan aufgewachsen sei.
Rechtlich wurde erwogen, dass die Sicherheitslage in Südost-Afghanistan, insbesondere in Paktie, prekär sei. Anhaltspunkte dafür, dass der BF in einer anderen Gegend Afghanistans Fuß fassen könne, hätten sich nicht ergeben. Der Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge sei der Ansicht, die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass gerade Afghanen, die aus solchen Gebieten stammen, subsidiären Schutzes bedürfen. Daher könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan eine Gefahr iSd Art. 3 EMRK drohe. Hinzu komme, dass der BF sein Leben in Paksitan verbracht habe und nur besuchsweise nach Afghanistan gekommen sei. Umso weniger könne davon ausgegangen werden, dass er dort Fuß fassen können werde.
I.1.4. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX , XXXX rechtskräftig seti XXXX , wurde der BF rechtskräftig wegen schwerer Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB, dauerhafter Sachentziehung nach § 135 StGB, versuchter Nötigung nach §§ 12, 105 Abs. 1 StGB, Diebstals nach § 127 StGB und Körperverletzung nach § 83 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monate bedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.
I.1.5. Mit Bescheid vom XXXX wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF bis XXXX verlängert.
I.1.6. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX , XXXX , rechtskräftig seit XXXX , wurde der BF wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB und des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Jahren verurteilt. Ferner wurde hinsichtlich der Verurteilung im Verfahren zu XXXX , rechtskräftig seit XXXX , die bedingte Strafnachsicht widerrufen.
I.2. Gegenständliches Verfahren:
I.2.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) leitete amtswegig ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sowie zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung ein.
I.2.2. Am XXXX wurde der BF niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.
Auf Vorhalt seiner strafgerichtlichen Verurteilung fragte der BF, was er dazu sagen solle.
Hinsichtlich der Frage, welche konkreten Probleme er im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan haben werde, führte er aus, er wolle nicht nach Afghanistan. Ferner fragte er, ob er nicht in ein anderes europäisches Land gehen könne. Er habe Probleme in Afghanistan. Es bestehe eine Feindschaft mit einer Privatperson. Diesbezüglich habe er bereits in seinem Verfahren betreffend seinen Antrag auf internationalen Schutz vollständige Angaben gemacht. Er wolle nicht abgeschoben werden. Es seien nur mehr vier Monate, bis er aus der Strafhaft entlassen werde. Wenn er herausgelassen werde, gehe er in ein anderes europäisches Land. Er wolle nicht nach Afghanistan, zumal er vielleicht dort wegen „der Sache hier“ auch ins Gefängnis müsse. Seine gesamte Familie lebe in Pakistan. Seine Schwester sei verheiratet und lebe in der afghanischen Provinz Paktia. Zu ihr habe er jedoch keinen Kontakt. In Afghanistan habe er nie gearbeitet, er sei damals noch Schüler gewesen. In Österreich habe er ebenso wenig gearbeitet. Hinsichtlich seiner Integration in Österreich führte er an, er könne Hilfsarbeiten machen, wolle das aber nicht. Einer ehrenamtlichen Tätigkeit gehe er in Österreich nicht nach. An die von ihm begangenen Straftaten, nämlich den Diebstahl, die Sachbeschädigung sowie die Vergewaltigung, könne er sich nicht erinnern, zumal er im Cannabisrausch gewesen sei. Er sei allerdings nicht mehr drogensüchtig.
I.2.3. Am XXXX stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes gemäß § 8 Abs. 4 AsylG.
I.2.4. Am XXXX erfolgte eine weitere niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt. Eingangs bestätigte der BF die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben von seiner Einvernahme am XXXX . Zu seiner persönlichen Situation gab er an, er sei ledig und habe keine Kinder. Er lebe gemeinsam mit sechs weiteren Personen in einer Wohnung in Wien. Einen afghanischen Reisepass oder Personalausweis habe er nicht. Vor seiner Haft habe er einen Deutschkurs besucht.
Zu seinem Gesundheitszustand führte er an, er sei im Gefängnis drei Jahre krank gewesen. Sie hätten ihm dort die falschen Tabletten gegeben, er habe nicht schlafen können und sie hätten seinen Kopf kaputt gemacht. Er habe sich in Behandlung befunden und habe seine Beschwerden einem Arzt mitgeteilt. Aktuell befinde er siche ebenso in Behandlung und nehme Tabletten, er bekomme allerdings die falschen Tabletten. Den Namen des Arztes, welchen er besuche, könne er nicht nennen. Der Arzt sei aus dem Iran. Der Beschwerdeführer sei im XXXX , im XXXX und bei vielen anderen gewesen. Er habe keine Tabletten erhalten, da er zuerst fragen solle, welche Tabletten er zuvor bekommen habe. Ansonsten habe er etwas beim Hals und sein Darm sei nicht ganz in Ordnung. Gegen die Beschwerden im Bauch habe er Tabletten bekommen, die nicht helfen. Ansonsten nehme er keine Medikamente.
In der Folge zeigte er einige Tabletten in Streifchen ohne Schachtel. Dabei handelte es sich nach der Niederschrift um OLANZAPIN 10 mg von SANDOZ.
Seit XXXX halte er sich durchgehend in Österreich auf und sei nur einmal für zwei Monate in der Tschechischen Republik gewesen. Zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes erhalte er von der Sozialstelle sowie vom AMS Geld. In Österreich habe er am Bau Arbeit gefunden, habe aber wegen seines Kopfes nicht arbeiten können. Seit seiner Haftentlassung im Juli 2019 habe er keine Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Stellen gehabt. Während der Haft sei er als Küchenhilfe sowie als Pfleger im Garten tätig gewesen. Im Herkunftsstaat lebe nur seine Schwester. Er spreche über Internet mit ihr. Seit seiner Entlassung habe er einmal mit ihr gesprochen. Seine restliche Familie lebe in Pakistan. Im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan werde nichts passieren. Er habe Probleme wegen des Krieges in Pakistan gehabt.
Abschließend führte er an, er wolle in Österreich bleiben, könne jetzt gut Deutsch sprechen und habe nur mit den Ärzten Probleme gehabt, da er nicht die richtigen Tabletten erhalten habe. In einem Verein oder einer Organistation sei er nicht Mitglied, er habe nur im Gefängnis Sport gemacht.
I.2.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , wurde dem BF der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Die mit Erkenntnis vom XXXX erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde dem BF gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß § 55 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
Festgestellt wurde zusammengefasst, dass der BF afghanischer Staatsangehöriger sei und der Volksgruppe der Paschtunen sowie der sunnitischen Religionsgemeinschaft angehöre. An einer lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankung leide er nicht. Er sei ledig, habe keine Kinder und lebe seit seiner unrechtmäßigen Einreise in das österreichische Bundesgebiet von staatlichen Mitteln. Der BF spreche gut Deutsch, sei allerdings nicht Mitglied in einem Verein und habe sich in Österreich nicht aus-, fort- oder weitergebildet.
In Österreich habe er keine Familienanangehörigen. Die Absolvierung von Deutschkursen habe er nicht nachgewiesen. Über besondere soziale Kontakte verfüge er in Österreich nicht. Angebote der Integrationsförderung habe er nicht angenommen, sodass keine besondere Integrationsverfestigung festgestellt werden könne.
Der Beschwerdeführer sei in Österreich mehrmals strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er sei wegen eines besonders schweren Verbrechens, konkret wegen einer Vergewaltigung, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden, weshalb er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich darstelle. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten würden nicht mehr vorliegen. Aufgrund der geänderten Sicherheitslage in Afghanistan bestehe für ihn die Möglichkeit, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Zumindest anfänglich könne er Angebote lokaler Hilfsorganisationen in Anspruch nehmen. Seine Familie sei teilweise in Afghanistan, teilweise in Pakistan wohnhaft.
Auf den Seiten 13 bis 123 des Bescheids wurden Feststellungen zur allgemeinen Situation in Afghanistan getroffen.
Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Angaben zur Herkunft, der Abstammung, den Lebensverhältnissen sowie zu den Anehörigen des BF schlüssig und glaubhaft gewesen seien. Hinsichtlich der Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand wurde festgehalten, dass mit Zustimmung des BF die Krankenakte der Justiz angefordert worden sei und aus den übermittelten Unterlagen hervorgehe, dass beim BF Röntgen- und Laboruntersuchungen durchgeführt worden seien. Alle Untersuchungen seien ohne Befund gewesen. Gegen Schmerzen seien ihm bei Bedarf die Schmerzmittel Seractil und Novalgintropfen verschrieben worden. Außer der Behandlung am XXXX seien keine weiteren Behandlungen bekannt. Da es sich bei den verordneten Medikamtenen um gängige Präparate handle, seien diese oder vergleichbare Schmerzmittel in Afghanistan bei Bedarf in Mazar-e Sharif oder Herat leicht verfügbar. Eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit oder dauernde psychische Erkrankung gehe aus den Unterlagen nicht hervor.
Der BF habe in der Türkei gearbeitet, habe sich in dieser Zeit selbst versorgt und laut seinen Angaben so viel sparen können, dass er seinen Aufenthalt in Italien für die Dauer von 18 Monaten finanzieren habe können. Aus einem GKK-Auszug ergebe sich ferner, dass er in Österreich keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen sei. Er habe sich nicht selbst versorgt, sondern habe sich seit seiner Ankunft in Österreich auf staatliche Hilfe verlassen. Die Einvernahme am XXXX sei auf Deutsch durchgeführt worden und sei daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer gut Deutsch spreche, zumal er alle Fragen verstanden und beantwortet habe. Unterlagen über eine in Österreich absolvierte Fort- oder Weiterbildung habe er nicht in Vorlage gebracht. Ferner habe er angegeben, in keinem Verein oder einer sonstigen Organisation Mitglied zu sein und auch sonst keine besonderen sozialen Kontakte in Österreich zu pflegen. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen würden sich aus einem Strafregisterauszug vom XXXX ergeben.
Hinsichtlich der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde in der Beweiswürdigung ausgeführt, dass dem BF nunmehr eine Rückkehr nach Afghanistan möglich sei, da er sich gefahrlos in „anderen“ Teilen Afghanistans niederlassen könne. Er sei ein junger, erwachsener, gesunder, arbeitsfähiger Mann. Die Sicherheitslage im Herkunftsstaat habe sich positiv geändert. In seiner Heimatprovinz Paktia würden überdies nach wie vor Teile seiner engeren Familie, beispielsweise seine Onkel mit deren Familien, leben. Durch seine Aufenthalte in der Türkei, in Italien, Griechenland und Österreich habe er bewiesen, dass er in der Lage sei, sich sehr gut auf andere Umstände einzustellen. Eine Ansiedlung außerhalb seiner Heimatprovinz Paktia, etwa in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat, sei ihm sohin zumutbar. Beide Städte seien sicher erreichbar und sei er bereits in der Türkei sowie in Italien selbsterhaltungsfähig gewesen, sodass daovn auszugehen sei, dass er im Fall der Rückkehr in keine ausweglose Situation gerate.
Rechtlich wurde in Bezug auf Spruchpunkt I. erwogen, dass der BF im Herkunftsstaat keine Verfolgung zu befürchten habe und im Fall der Rückkehr auf die Unterstützung seiner in Afghanistan lebenden Familie zurückgreifen könne. Eine Ansiedlung in Mazar-e Sharif oder Herat sei ihm zumutbar. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten sei ihm sohin abzuerkennen gewesen. Hinsichtlich Spruchpunkt II. wurde darauf hingewiesen, dass die Behörde gemäß § 9 Abs. 4 AsylG verpflichtet gewesen sei, dem BF die noch bestehende befristete Aufenthaltsberechtigung zu entziehen. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG würden nicht vorliegen. Hinsichtlich Spruchpunkt IV. wurde erwogen, dass der BF in Österreich kein Familienleben führe und auch keine privaten Gründe ersichtlich seien, die eine Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegenstünden. Er verfüge über gute Deutschkenntnisse, allerdings sei er nicht selbsterhaltungsfähig und verfüge in Österreich über kein Eigentum. Zudem sei er mehrfach vorbestraft. Zu berücksichtigen sei überdies, dass er eine der Landessprachen Afghanistans beherrsche und den überwiegenden Teil seines Lebens im Raum Afghanistan und Pakistan verbracht habe. In einer Gesamtabwägung überwiege sohin das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung das private Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei sohin gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG zulässig. Abschiebungshindernisse iSd § 50 Abs. 1 bis 3 FPG würden nicht vorliegen, sodass festzustellen gewesen sei, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat zulässig sei. Betreffend das Einreiseverbot wurde ausgeführt, dass im Fall des BF der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt sei, da er mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monate bedingt, verurteilt worden sei. Ferner sei er mit Urteil des Lansgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX wegen schweren Diebstahls gemäß §§ 127, 128 Z 1 StGB sowie wegen Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Die Erfüllung des Tatbestands indiziere gemäß § 53 Abs. 3 FPG das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens sei unter Bedachtnahme auf das Gesamtverhalten des BF davon auszugehen, dass die im Gesetz umschriebene Annahme, der BF sei eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, zutreffe. Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung geprüft und festgestellt, seien die familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Eine Gesamtbeurteilung des Verhaltens, der Lebensumstände sowie der familiären und privaten Anknüpfungspunkte des BF in Österreich habe ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, um die von ihm ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.
I.2.6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF am XXXX im Wege seiner Vertretung vollinhaltlich Beschwerde wegen inhalticher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre. Ferner wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt. Begründend wurde zusammengefasst und verfahrenswesentlich nach Darstellung des Sachverhalts ausgeführt, die Behörde sei ihrer amtswegigen Verpflichtung zur Ermittlung des entscheidungswesetnlichen Sachverhalts nicht nachgekommen. Soweit das Bundesamt zur Einschätzung gelange, dass sich die allgemeine Situation in Afghanistan seit Zuerkennung des Schutzstatus bzw. seit der letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung verbessert habe, sei nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage das Bundesamt diese Beurteilung vornehme. Das Bundesamt verkenne objetkiv die tatsächliche Situation in Afghanistan. Aus dem aktuellen Länderinformationsblatt ergebe sich, dass die Sicherheitslage in Afghanistan weiterhin volatil sei und es zu keiner signifikanten Verbesserung gekommen sei.
Dem BF sei ferner die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Afghanistan nach wie vor nicht zumutbar. Er befinde sich seit dem Jahr XXXX in Österreich und habe eine westliche Lebensweise angenommen. Die Situation des BF im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat habe sich seit Zuerkennung des Schutzstatus sohin infolge des langen Aufenthalts in Österreich nicht verbessert, sondern weiter verschlechtert. Verwiesen werde in diesem Zusammenhang auf die jüngst veröffentlichten UNHCR-Richtlinien sowie die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation betreffend die Sicherheits- und Versorgungslage in den Städten Mazar-e Sharif, Herat und Kabul.
In der Folge wurde die aktuelle Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan erörtert. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass für Rückkehrende das reale Risiko einer gezielten Verfolgung aufgrund ihres Aufenthalts in westlichen Staaten bestehe. Zudem sei – wie aus einem Bericht des AAN Gutachters Thomas Ruttig hervorgehe - die Unterstützung für freiwillige Rückkehrende nur minimial und ineffizient.
Schließlich wurden verschiedene Berichte sowie zwei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Situation von Menschen mit psychischen Krankheiten in Afghanistan auszugsweise wiedergegeben und ausgeführt, dass der für die Verwirklichung überlebenswichtiger sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse notwendige Zugang zum Arbeitsmarkt in Kabul nur sehr eingeschränkt möglich sei und es dem BF aufgrund seiner psychischen Erkrankung sowie seines langen Auslandsaufenthalts nicht möglich sei, am Erwerbsleben in Afghanistan teilzunehmen. Aufgrund der durch die Erkrankung signalisierten Schutzlosigkeit erhöhe sich für den BF die Wahrscheinlichkeit von Übergriffen.
In der Folge wurde moniert, die Behörde habe es unterlassen, Feststellungen zur psychischen Erkrankung des BF zu treffen bzw. habe sie zu den entscheidungswesentlichen Punkten keine Ermittlungen angestellt. Bei dem Medikament namens Olanzapin 10 mg, welches der Behörde im Zuge der Einvernahme des BF vorgelegt worden sei, handle es sich um ein Neuroleptikum bzw. Antipsychotikum zur Behandlung von psychotischen Störungen. Der BF leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung, Depressionen, Schlafstörungen sowie einer sonstigen anhaltenden wahnhaften Störung. Unter anderem leide er an der wahnhaft anmutenden Fixierung auf einen von falschen Medikamenten verursachten „psychischen Schaden“ in seinem Kopf. In den vergangenen Jahren habe er die Medikamente Risperidon, Olanzapin, Aripiprazol, Escitalopram und Quetiapin easy FTBL eingenommen. Ferner habe er Rivotril 2mg sowie Sirdalud-Mr KPS 6 mg zu sich genommen, woraus auf eine Behandlung wegen Epilepsie zu schließen sei. Für den BF sei ein normales Leben ohne seine Medikation nicht möglich und würde die inadäquate Versorgungslage in Afghanistan zu einem sozialen Rückzug sowie Ausgrenzung führen. Der BF versuche derzeit einen dauerhaften stationären Therapieplatz in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erhalten und sei bereits im Jahr XXXX wegen seiner psychischen Probleme im sozialmedizinischen Zentrum XXXX in Behandlung gewesen. Zur Abklärung, ob weitere psychiatrisch-neurologische Erkrankungen vorliegen sowie zur Feststellung der Schwere der bereits diagnostiziereten Erkrankungen werde der Antrag auf Einholung eines psychiatrisch-neurologischen Sachverständigengutachtens gestellt.
Weiter wurde festgehalten, dass sich die Beweiswürdigung des Bundesamtes als mangelhaft erweise. Im Bescheid werde die Einnahme von Medikamenten festgestellt, jedoch nicht gewürdigt. Zum Vorliegen einer psychischen oder neurologischen Erkrankung habe sich die Behörde nicht geäußert. Vielmehr habe die Behörde ausgeführt, der BF sei in der Haft mit Schmerzmitteln behandelt worden. Dies entspreche jedoch nicht den Tatsachen. Eine Medikamentenübersicht der Justizanstalt XXXX werde der Beschwerde beigelegt. Zudem habe der BF – wie bereits ausgeführt – explizit darauf hingewiesen, dass er ein Neuroleptikum einnehme. Im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat drohe dem BF aufgrund seiner psychischen Erkrankung unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung infolge inadäquater medizinsicher Versorgung sowie anhaltender Diskriminierungen, weshalb er in seinen nach Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechten verletzt werde. Ihm stehe keine innerstaatlcihe Fluchtalternative offen. Derzeit sei er nicht arbeitsfähig und wäre er daher in Afghanistan auf Unterstützung angewiesen. Entgegen der Feststellungen der Behörde könne der BF keinerlei Unterstützung seiner Familie in Afghanistan erhalten, da seine gesamte Familie, mit Ausnahme der Schwester, in Pakistan lebe. Angesichts der dargelegten Umstände hätte die Behörde dem Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung stattgeben müssen.
Wäre die Behörde ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen, hätte sie überdies feststellen müssen, dass der BF seit der Haftentlassung versuche, sich in Österreich eine Existenz aufzubauen und sich zu integrieren. Bereits vor seiner Haft habe er einen Deutschkurs besucht. Seit seiner Haftentlassung habe er sich zudem keine weiteren Straftaten zu Schulden kommen lassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hätte sich die Behörde im Rahmen der Interessensabwägung unter dem Gesichtspunkt der Bindungen zum Herkunftsstaat auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob sich der BF im Herkunftsstaat eine Existenzgrundlage schaffen könne (vgl. VwGH 31.08.2017, Ra 2016/21/0296; mwN). Ferner habe der VwGH bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass eine in Österreich vorgenommmene medizinische Behandlung im Einzelfall zu einer maßgeblichen Verstärkung der persönlichen Interessen eines Fremden an einem Verbleib im Bundesgebiet führen könne (vgl. VwGH vom 23.03.2017, Ra 2017/21/004, mwN). Insgesamt hätte die Behörde erkennen müssen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den BF auf Dauer unzulässig sei. Aufgrund seiner psychischen Erkrankung verletze ihn eine Rückkehrentscheidung zudem in seinen nach Art. 2 EMRK und Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechten, sodass das Bundesamt jedenfalls feststellen hätte müssen, dass die Abschiebung unzulässig sei. Hinsichtlich des erlassenen Einreiseverbots wurde weiter ausgeführt, die Behörde habe den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht geklärt und sei ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen. So komme es nach der Judikatur des VwGH nicht nur auf das Vorliegen gerichtlicher Verurteilungen an, sondern sei stets eine Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Dieser Verpflichtung sei die Behörde nicht nachgekommen und sei weiters zu berücksichtigen, dass der BF seit seiner Entlassung vom Verein Neustart betreut werde und sich um ordentliche Lebensverhältnisse bemühe.
Der Beschwerde wurden folgende Unterlagen (in Kopie) beigelegt:
- Fachärztlicher Befund des sozialpsychiatrischen Ambulatoriums XXXX vom XXXX wonach sich der BF seit XXXX in regelmäßiger Betreuung und Behandlung der Einrichtung befinde, an einer sonstigen anhaltenden wahnhaften Störung (F22.8) leide und aktuell täglich Escitalopram ACC FTBL 10 mg einnehme.
- Ärztliches Attest des Medizinalrats Mag. Dr. Malyar, Arzt für Allgemeinmedizin, Notarzt und Mikrobiologe, vom XXXX , wonach beim BF eine Depression, Schlafstörungen und rez. Durchfall diagnostiziert worden seien.
I.2.7. Am XXXX wurden die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakte dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen
II.1.1. Zur Person des BF:
II.1.1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Afghanistan und gehört der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams sowie der Volksgruppe der Paschtunen an. Seine Erstsprache ist Paschtu. Ferner verfügt er über gute Deutschkenntnisse. Er ist ledig und hat keine Obsorgeverpflichtungen.
Die Eltern des BF stammten aus der afghanischen Provinz Paktia. Der BF ist in Parachinar in Pakistan geboren und im afghanischen Familienverband aufgewachsen. Die Provinz Paktia hat er nur gelegentlich zu Hochzeiten oder Trauerfeiern besucht. Seine Eltern wohnen nach wie vor in Pakistan, während seine Schwester in der afghansichen Provinz Paktia lebt. Abgesehen von seiner Schwester hat er keine Angehörigen oder nahen Verwandten in Afghanistan.
Der BF hat Pakistan rund vier Jahre vor seiner Einreise in Österreich verlassen. Zunächst ist er in die Türkei gereist, wo er sich vier bis fünf Monate aufgehalten hat. Nachdem er von der Türkei nach Kabul abgeschoben worden ist, ist er neuerlich über den Iran in die Türkei und dann weiter nach Griecheland geflüchtet, wo er sich circa zwei Jahre aufgehalten und gearbeitet hat. In der Folge ist er nach Italien weitergereist und hat dort rund eineinhalb Jahre gelebt.
II.1.1.2. Nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet stellte der BF am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Seither ist er durchgehend in Österreich wohnhaft.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , XXXX wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum XXXX erteilt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Sicherheitslage in der Herkunftsgegend des BF prekär ist und das Haqqani-Netzwerk Südost-Afghanistan, insbesondere Paktia, verunsichere. Anhaltspunkte dafür, dass der BF in einer anderen Gegend Afghanistans Fuß fassen könne, hätten sich nicht ergeben und hätten besonders Afghanen, die aus solchen Gebieten stammen würden, Bedarf an subsidiären Schutzes. Folglich könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dem BF in Afghanistan eine Gefahr iSd Art. 3 EMRK drohe. Hinzu komme, dass er sein Leben in Pakistan verbracht und nur besuchsweise nach Afghanistan gekommen sei. Umso weniger könne davon ausgegangen werden, dass er dort Fuß fassen könne.
Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde dem BF zuletzt mit Bescheid vom 18.05.2015 bis zum XXXX verlängert. In der Folge hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl amtswegig ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten eingeleitet und den BF am XXXX einvernommen. Am XXXX stellte er einen Antrag auf (weitere) Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, woraufhin eine weitere Einvernahme des BF am XXXX erfolgte.
II.1.1.3. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX wurde der BF rechtskräftig wegen der Vergehen der schweren Sachbeschädigung, des Diebstahls, der dauernden Sachentziehung, der Körperverletzung sowie der versuchten Nötigung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von insgesamt 7 Monaten, davon 6 Monate bedingt, unter Setzung einer Probefrist von drei Monaten verurteilt.
Am XXXX hat der Beschwerdeführer in Wien eine Frau mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt. Ferner hat er ihre Geldbörse mit circa € 30 ,-- Bargeld mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Dabei wusste er, dass das Opfer in einem Zustand war, welcher es ihm erschwerte, sich zu schützen, nämlich alkoholisiert und unmittelbar nach einer Vergewaltigung. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX , wurde der BF aufgrund dieser strafbaren Handlungen wegen des Verbrechens der Vergewaltigung und des Vergehens des Diebstahls während einer dem Bestohlenen zugestoßenen Bedrängnis rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Als mildernd wurden das teilweise Geständnis sowie seine herabgesetzte Impulskontrolle gewertet. Als erschwerend wurden das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die einschlägige Vorstrafe und der rasche Rückfall gewertet. Aufgrund des raschen Rückfalls sowie der Erfolglosigkeit der bisherigen Resozialisierungsmaßnahmen wurde der Beschluss gefasst, hinsichtlich der Verurteilung vom XXXX im Verfahren zu XXXX die bedingte Strafnachsicht zu widerrufen.
Die Freiheitsstrafe des BF wurde am XXXX vollzogen.
II.1.1.4. Der BF leidet an einer sonstigen anhaltenden wahnhaften Störung (F22.8) und befindet sich seit XXXX in regelmäßiger Betreuung und Behandlung in einem sozialpsychiatrischen Ambulatorium. Zur Behandlung der Erkrankung nimmt er Escitalopram ACC FTBL 10 mg.
In Österreich lebt der BF in keiner Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Gemeinschaft. Er hat in Österreich keine Familienangehörigen oder sonstige nahe Verwandte.
Der Beschwerdeführer ist während seines Aufenthalts in Österreich keiner rechtmäßigen Erwerbstätigkeit nachgegangen, sondern hat seinen Lebensunterhalt aus staatlichen Mitteln bestritten und ist sohin nicht selbsterhaltungsfähig. Er hat sich in Österreich einen Bekanntenkreis aufgebaut, verfügt jedoch über keine besondere Beziehung zu einer in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Person. Eine Ausbildung oder eine sonstige Fortbildung hat er in Österreich nicht absolviert. Einer ehrenamtlichen Tätigkeit geht der Beschwerdeführer nicht nach. Ebenso wenig ist er Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation.
II.1.1.5. Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des BF und der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan, insbesondere in seiner Herkunftsprovinz Paktia, sowie in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat, kann nicht festgestellt werden, dass sich die Umstände, die zur Gewährung subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX bzw. seit der letzten Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung mit Bescheid vom XXXX wesentlich und nachhaltig verändert haben.
II.1.2. Auszug aus dem bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in das Verfahren eingebrachtem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 29.06.2018 mit letzter Kurzinformation vom 04.06.2019:
Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).
Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).
Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNA-MA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).
Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).
Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).
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Zivile Opfer
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeit-raum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer; 1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmord-anschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).
Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).
Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNA-MA 24.2.2019).
Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).
Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).
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Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers (Provinz Paktia):
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Paktia zählt zu den unruhigen Gebieten Afghanistans (Khaama Press 8.12.2017). Aufständische sind in einigen Distrikten der Provinz aktiv (Pajhwok 25.3.2018; vgl. OF 1.3.2018, Tolonews 9.1.2018, DW 4.8.2017, DZ 11.6.2017, Tolonews 13.5.2017). Paktia ist eine strategische Provinz Afghanistans und gilt als Hochburg der Taliban (RFI 17.10.2017) und des Haqqani-Netwerks (LWJ 10.8.2017); sie grenzt an Pakistan sowie auch an die Stammesgebiete unter pakistanischer Bundesverwaltung (FATA, Anm.) und gilt als Zutrittspunkt für aufständische Gruppierungen wie die Taliban, Mitglieder des Haqqani-Netzwerks oder al-Qaida (RFI 17.10.2017; vgl. AJ 18.10.2017, DW 11.6.2017). Im November 2017 erklärten sich die Dorfältesten der Provinz Paktia bereit, zwischen der afghanischen Regierung und dem Haqqani-Netzwerk zu vermitteln (Tolonews 10.11.2017).
In der östlichen Provinz Paktia leben Paschtunen-Familien traditionellerweise in einem großen Familienverband, um ihre Sicherheit, Ehre und Eigentum zu beschützen. Solche großen Familien werden besonders respektiert, nicht zuletzt, weil feindliche Parteien seltener eine Gruppe angreifen, die viele Männer und damit potenzielle Kämpfer umfasst. (IWPR 15.4.2016).
In Bezug auf Stammesdispute unterstrich der Gouverneur von Khost bei einem Besuch in Paktia die Notwendigkeit der Zusammenarbeit, um die Sicherheitslage zu verbessern und Stammesdispute zu lösen. Die Beseitigung von Stammesdisputen beider Provinzen würde die Sicherheitslage in der Region verbessern und das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung wiederherstellen. Sicherheits- und Verteidigungsbeamte, Mitglieder des Provinzrates, Stammesälteste und andere Beamte der Provinzen Khost und Paktia diskutierten über eine verbesserte Kooperation und Koordination bei der Bekämpfung von Verbrechen (Pajhwok 2.2.2017).
Es wurden zwei Angriffe in Gardez auf die afghanischen Sicherheitskräfte durch Aufständische der Provinz verübt, bei denen zahlreiche Menschen, auch Zivilisten, ums Leben gekommen bzw. verletzt worden sind (AJ 18.10.2017; vgl. RFI 17.10.2017, DZ 17.10.2017, RFI 18.6.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 60 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert […].
Im gesamten Jahr 2017 wurden 491 zivile Opfer (116 getötete Zivilisten und 375 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von gezielten Tötungen und Bodenoffensiven. Dies bedeutet eine Steigerung von 154% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Paktia
In der Provinz werden Militäroperationen durchgeführt, um gewisse Gegenden von Aufständischen zu befreien (EP 26.3.2018; vgl. TSD 25.3.2018); unter anderem in Form von Luftangriffen (TRT 28.3.2018; vgl. Xinhua 26.11.2017, RNA 17.10.2017, DW 4.8.2017, Tolonews 13.5.2017, Khaama Press 18.6.2017); dabei werden Aufständische getötet (TRT 28.3.2018; vgl. Xinhua 26.11.2017 DW 4.8.2017, Khaama Press 18.6.2017, Tolonews 13.5.2017). Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 16.3.2018; vgl. RFI 17.10.2017, DW 4.8.2017, RFI 18.6.2017).
In der Provinz befindet sich ein afghanischer Militärstützpunkt, sowie die US-amerikanische Forward Operating Base (FOB) Gardez und die ebenfalls amerikanische „Advising Platform Lightning“, wo die Task Force Southeast stationiert ist (FHS 31.8.2017; vgl. SOFN 22.6.2017, U.S. Army Mission 19.6.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Paktia
Aufständische sind in einigen Distrikten der Provinz aktiv (Pajhwok 25.3.2018; vgl. OF 1.3.2018, Tolonews 9.1.2018, DW 4.8.2017, DZ 11.6.2017, Tolonews 13.5.2017). Zu den Aufständischen zählen Mitglieder der Taliban (RFI 17.10.2017) sowie der al-Qaida (RFI 17.10.2017; vgl. AJ 18.10.2017, DW 11.6.2017). Aber auch das Haqqani-Netzwerk operiert in Paktia (DZ 11.6.2017; vgl. CRS 12.1.2017); die Provinz gilt als Geburtsort des Haqqani-Netzwerks (AJ 18.10.2017). Der Distrikt Janikhel galt Ende März 2018 als umkämpft (Tolonews 20.3.2018); Der Distrikt Janikhel hat u.a. für das Haqqani Netzwerk eine besondere Bedeutung – aufgrund seiner geographischen Lage, bietet er jenen, die den Distrikt kontrollieren, strategische Vorteile. Der Distrikt selbst grenzt an die Provinz Khost und verbindet so diese beiden Provinzen mit einem Abschnitt der Khost- Gardez-Autobahn, die ebenso durch die Provinzhauptstadt Gardez verläuft (TD 29.8.2016).
Im Zeitraum 16.7.2017 – 31.1.2018 wurden an der Grenze zur Provinz Khost IS-bezogene Vorfälle (Gefechte) gemeldet (ACLED 23.2.2018).
Sicherheitslage in der vom Bundesamt als interne Fluchtalternative geprüften Provinz Balkh:
[…]
Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).
Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).
In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Mar-mal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).
Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Balkh:
Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).
Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh:
Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).
Sicherheitslage in der vom Bundesamt als interne Fluchtalternative geprüften Provinz Herat:
Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).
Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt – speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).
Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert […].
Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Herat
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o.D.).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat
Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018; vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban- Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).
Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).
ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).
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Grundversorgung und Wirtschaft:
Im Jahr 2015 belegte Afghanistan auf dem Human Development Index (HDI) Rang 169 von 188 (UNDP 2016). Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist (IWF 8.12.2017; vgl. WB 10.4.2018). Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie hingegen reduziert werden (SCA 22.5.2018). Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (WB 10.4.2018).
Die Verbraucherpreisinflation bleibt mäßig und wurde für 2018 mit durchschnittlich 6% prognostiziert (IWF 8.12.2017). Der wirtschaftliche Aufschwung erfolgt langsam, da die andauernde Unsicherheit die privaten Investitionen und die Verbrauchernachfrage einschränkt. Während der Agrarsektor wegen der ungünstigen klimatischen Bedingungen im Jahr 2017 nur einen Anstieg von ungefähr 1.4% aufwies, wuchsen der Dienstleistungs- und Industriesektor um 3.4% bzw. 1.8%. Das Handelsbilanzdefizit stieg im ersten Halbjahr 2017, da die Exporte um 3% zurückgingen und die Importe um 8% stiegen (UN GASC 27.2.2018).
Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit:
Schätzungen zufolge leben 74,8% der Bevölkerung in ländlichen und 25,2% in städtischen Gebieten (CSO 4.2017). Für ungefähr ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle (SCA 22.5.2018; vgl. AF 14.11.2017).
In den Jahren 2016-2017 wuchs die Arbeitslosenrate, die im Zeitraum 2013-2014 bei 22,6% gelegen hatte, um 1%. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet (WB 10.4.2018). Über 40% der erwerbstätigen Bevölkerung gelten als arbeitslos oder unterbeschäftigt (SCA 22.5.2018). Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. SCA 22.5.2018). Seit 2001 wurden zwar viele neue Arbeitsplätze geschaffen, jedoch sind diese landesweit ungleich verteilt und 80% davon sind unsichere Stellen (Tagelöhner) (SCA 22.5.2018).
Ungefähr 47,3% der afghanischen Bevölkerung sind unter 15 Jahre alt, 60% unter 24 Jahre. Daher muss die Versorgung der jungen Bevölkerungsschichten seitens einer viel geringeren Zahl von Erwachsenen gewährleistet werden; eine Herausforderung, die durch den schwachen Arbeitsmarkt verschlimmert wird. Mehr als ein Dritt