TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/23 W222 2229585-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.11.2020
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Entscheidungsdatum

23.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch


W222 2229585-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Sri Lanka, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.04.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Sri Lankas, reiste am 23.02.2020 via Flug CI 63 aus Taipeh nach Wien an. Im Zuge einer Überprüfung der Identität des Beschwerdeführers am Gate wies sich dieser den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gegenüber mit seinem Reisepass aus Sri Lanka aus und legte gleichzeitig eine italienische Aufenthaltskarte vor, die sich als eine Totalfälschung erwies. Der Beschwerdeführer wurde noch am selben Tag wegen des Verdachts der Fälschung einer besonders geschützten Urkunde einvernommen und stellte im Zuge dessen einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Beschuldigteneinvernahme erklärte der BF, dass im Jahr 2019 in der Nähe seines Hauses ein Bombenanschlag auf Muslime gewesen sei. Da er selbst Muslime sei, habe er in ein sicheres Land kommen wollen. Durch Verwandte sei er auf Herrn XXXX gekommen, der ihm für 5 000 000 Sri-Lankische Rupien Dokumente für die Einreise nach Europa hätte organisieren sollen. Er habe jedoch nie Dokumente erhalten. Da Herr XXXX eine gute politische Verbindung habe, habe dieser gemeint, dass er den Beschwerdeführer misshandeln werde, wenn er das Geld zurückfordere. Herr XXXX habe dem Beschwerdeführer einen anderen Herrn vermittelt, der ihm die Dokumente für die Einreise organisiert habe.

Am 24.02.2020 fand die Erstbefragung im Asylverfahren durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt, bei der der Beschwerdeführer folgendes angab:

„Ich wollte weg von Sri Lanka um anderswo zu arbeiten. Ich gab einem Mann namens „ XXXX " ca. 500 000 Rupien, damit er mir behilflich ist. Er hielt sich aber nicht an die Abmachung, mir ein Visum für Europa zu beschaffen. Ich fragte nach 3 Monaten bei ihm nach und wollte mein Geld zurück. XXXX hatte politische Beziehungen. Er bedrohte mich mit dem Umbringen. Ich musste mein Haus mit Frau und Kind verlassen. Aus Angst um mein Leben gelang es mir mit Hilfe eines Schleppers aus meiner Heimat zu flüchten. Ich will in Österreich um internationalen Schutz ansuchen. Ich habe hiermit alle meine Gründe und die dazugehörigen Ereignisse angegeben, warum ich nach Österreich gereist bin. Ich habe sonst keine Gründe für eine Asylantragstellung in Österreich.“

Nachdem dem Beschwerdeführer die Einreise nicht gestattet wurde, wurde dieser am 29.02.2020 im Rahmen eines Flughafenverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er Folgendes an (Schreibfehler teilweise korrigiert):

[…]

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

LA: Die Dolmetscherin wurde vom Leiter der AH als Dolmetscherin für Tamilisch bestellt und beeidet. Sind Sie dieser Sprache mächtig und damit einverstanden in dieser Sprache einvernommen zu werden?

VP: Ja ich verstehe sie gut. Nachgefragt spreche ich etwas Englisch, aber wenig und Hindi, auch sehr wenig.

Anmerkung: Die LA überzeugt sich von der einwandfreien Verständigung zwischen Dolmetscherin und Verfahrenspartei.

LA: Sind Sie geistig und körperlich gesund?

VP: Ja.

LA: Stehen Sie in ärztlicher Behandlung? Nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

VP: Nein.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die an Sie gestellten Fragen wahrheitsgemäß und umfassend zu beantworten?

VP: Ja, es geht mir gut.

[…]

LA: Haben Sie im bisherigen Verfahren, insbesondere bei der polizeilichen Erstbefragung wahrheitsgemäße Angaben gemacht und wurde Ihnen diese rückübersetzt und korrekt protokolliert? Wollen Sie jetzt etwas ergänzen?

VP: Ja, ich habe wahrheitsgemäße Angaben gemacht.

LA: Können Sie inzwischen irgendwelche Dokumente / Beweismittel vorlegen?

VP: Ich habe hier meinen Reisepass, der ist echt. Befragt, ich war selbst bei der Behörde, in Colombo, und habe den Pass beantragt und noch am selben Tag erhalten.

LA: Was haben Sie für Ihre Ausreise ausgegeben?

VP: Ich habe zweimal bezahlt. Einmal war ich bei Herrn XXXX , 500.000 Rupien, und das zweite Mal 50.000 an Herrn XXXX .

Nach mehrfachen Befragungen wird nun festgestellt:

Ich habe für den ersten Schlepper 50 Lakh bezahlt. Befragt, das sind 500.000 Sri Lanka Rupien.

Der zweite Schlepper hat 5 Lakh bekommen.

LA: Was haben Sie dem ersten Schlepper gesagt, was er für Sie tun soll.

VP: Ich wollte nach Europa zum Arbeiten kommen, ich wollte von ihm eine Arbeitsbewilligung für Europa.

LA: Woher hatten Sie das Geld?

VP: Ich habe mein Vermögen, das Gold von meiner Frau, alles verkauft und ich habe Geld ausgeborgt.

LA: Wieviel haben Sie ausgeborgt und von wem?

VP: 20 Lakhs habe ich ausgeborgt. Als Darlehen, privat. Befragt von wem, das war privat. Befragt, von wem, sage ich, den Namen weiß ich nicht. Mein Schwager erledigte das.

LA: Das ist schwer zu glauben.

VP: Das ist der Mann der Schwester meiner Frau, der das organisiert hat.

LA. Und wenn es nicht zurückgezahlt wird, dann hat er wohl die Probleme? Wieso soll er das machen.

VP. Ich habe alles Vermögen verkauft und niemand würde mir Geld borgen.

LA Und das Wissen die Gläubiger, dass Sie kein Geld haben. Und wieso bekommt Ihr Schwager dann das Geld?

VP: Man muss Vermögen zeigen, um Geld zu borgen.

LA: Und Ihr Schwager hat Vermögen?

VP: Ja.

LA: Und wieso borgt dann der Ihnen nicht das Geld?

VP: Er hat kein Geld zum Ausborgen, aber er hat Geld und seine Arbeit.

LA: Was haben Sie in Sri Lanka gearbeitet?

VP: Ich hatte ein Geschäft.

LA: Was für ein Geschäft?

VP: Ich hatte ein Geschäft, wo ich alles Mögliche vom Großhandel gekauft, und für etwas mehr verkauft habe.

LA: Und wie ging das Geschäft?

VP: Nach dem Bombardement und den Problemen ist das Geschäft schlecht gelaufen.

LA: Wie war es vorher, was haben Sie da ca. verdient und wie war es danach?

VP: Ich habe ca. 3-4 Lakhs pro Monat verdient (= 300.000-400.000 Rupien). Ich habe die Sachen immer von Buddhisten gekauft und nachdem Anschlag war es nicht mehr möglich.

LA: Und was haben Sie dann gemacht?

VP: Nachher ist das Geschäft kaum gelaufen.

Befragt ich habe ca. vier Jahren. Befragt, ob ich das genauer sagen kann, es war 28.September 2017.

Befragt, ich habe eine Tochter, sie ist zweieinhalb Jahre alt.

Befragt, meine Frau arbeitet nicht. Sie hat auch vor der Ehe nicht gearbeitet. Es ist zwar normal, dass Frauen arbeiten, ihre Schwester ist Lehrerin, aber sie hat nicht gearbeitet.

Befragt aus welchem Grund, sie mag nicht. Und sie wird auch nicht gehen. Ich hatte Geld und davon haben wir gelebt. Mein Vater hat gearbeitet und hat mir Geld gegeben.

Ich habe drei Schwestern und einen Bruder. Zwei sind verheiratet und eine ist erst 15, sie geht zur Schule. Mein Bruder arbeitet zusammen mit meinem Cousin als Verkäufer.

LA: Haben Sie nicht versucht, irgendwo Arbeit zu finden, als Ihr Geschäft nicht mehr so funktioniert hat?

VP: Ich habe einmal, zweimal pro Woche auf der Straße etwas zu verkaufen versucht, habe aber nur 2000 Rupien eingenommen.

Nochmals befragt, ich habe zwar Beschäftigung gesucht, ca. 10.000 Rupien pro Monat, dafür müsste ich bis spät in die Nacht arbeiten.

Befragt, drei oder vier Stellen gesucht, überall, war dasselbe.

LA: Bitte nennen Sie Ihre Staatsangehörigkeit, Volksgruppe und Religionszugehörigkeit?

VP: Ich bin Staatsangehöriger von Sri Lanka, gehöre der Volksgruppe tamilischen Moslems an.

LA: Hatten Sie wegen Ihrer Volksgruppe oder Religionszugehörigkeit früher Probleme?

VP: Erst nach dem Bombenanschlag hatte ich Probleme. Es war 2019, ich glaube am 28.April. Danach haben die Probleme begonnen.

LA. Und früher, als Kind oder Teenager, in der Schule, etc. gab es keine Probleme.

VP: Nein. Ich ging auf die tamilische Schule. Befragt es sind ca. 15 % Muslime, und ca. 35 %Christen, der Rest sind Buddhisten.

LA: Ihr Reisepass wurde 2014 ausgestellt, warum haben Sie sich den Pass ausstellen lassen?

VP: Ich wollte in arabische Länder zum Arbeiten.

LA: Sie waren 25 Jahre alt, was habe Sie damals beruflich gemacht?

VP: Ich habe bei einem Onkel in einem Kleidergeschäft gearbeitet.

Befragt, das Gehalt war nicht ausreichend, zwischen 5000 und 10.000 Rupien.

LA: Was ist normal, ausreichend?

VP: Z.B. als Lehrerin verdient man 35.000 – 40.000. Meine Schwägerin arbeitet im Privatbereich und mein Schwager beim Staat, deshalb hat er nur 25.000 Rupien.

Befragt was mein Vater arbeitet, er ist Contractor für Bauwerke. Befragt er holt Leute, die einen Bau machen. Er arbeitet selbst, wenn es notwendig ist, er ist Supervisor. Er ist nicht ausgebildet, aber er macht das seit 40 Jahren. Er hat seinen Vater mit 14 Jahren verloren und hat die Familie ernähren müssen. Und er hat in der Branche gearbeitet und hat sich die Kenntnisse angeeignet. Als ich dort gearbeitet habe, habe ich auch als Supervisor gearbeitet.

Mein Geschäft habe ich ca. ein Jahr gehabt.

LA. Als Sie den ersten Schlepper suchten, wieso haben Sie jemanden ausgesucht, der so viel verlangt hat?

VP: Ein Arbeitsvisum kostet normalerweise 70 Lakhs, und er hat weniger verlangt.

LA: Was heißt, es kostet 70 Lakhs? Woher wussten Sie das?

VP: Ich habe nach 3-4 Monaten erfahren, dass er mich betrogen hat.

LA: Ich wiederhole meine Frage: Woher haben Sie die Kenntnisse, dass es 70 Lakhs kostet?

VP. Es wurde in meinem Dorf so geredet.

LA: Haben Sie schon früher einmal im Ausland gearbeitet?

VP. Ja, in Katar. Ich habe damals das Visum vom Mann meiner Cousins organisieren lassen. Ich habe dafür 1 Lakh bezahlt.

LA: Und wieso wollten Sie dann für 50 Lakhs ein Visum kaufen?

VP: Katar ist anders, und Europa ist anders. Es sind in Katar die Regeln sehr streng, auch wenn man nicht selbst schuld ist, können auch die anderen einen beschuldigen und die Arbeitszeiten sind auch lang.

LA: Haben Sie in Österreich irgendwelche verwandtschaftlichen oder privaten Bezugspunkte?

VP: Nein.

LA. Wieso sind Sie ausgerechnet hierhergekommen?

VP: Mein Bruder hat in Google gesucht und gesehen, es ist ein gutes Land.

LA: Sie hatten ja einen gefälschten italienischen Aufenthaltstitel bei sich, wollten Sie nicht dorthin?

VP: Ich konnte nur hierher wegen des Visums. Ich bin aus Taiwan hierhergekommen mit China Airlines.

Sie haben den Pass und die Karte angeschaut.

LA: Welche Angehörigen haben Sie noch im Heimatland?

VP: Meine Eltern, meine Geschwister, meine Frau und meine Tochter.

LA: Was machen Ihre Frau und Ihr Kind jetzt? Wovon leben sie?

VP: Sie sind derzeit in einem anderen Haus. Nochmals befragt, wo, XXXX . Sie leben bei einer Cousine meiner Frau. Die Leute von dem XXXX werden nach mir fragen, und deshalb leben sie nicht bei meiner Familie.

LA: Hatten Sie seit Ihrer Ausreise Kontakt mit Ihrer Familie?

VP: Ja, habe ich, mit meiner Frau über WhatsApp. Ich rufe zweimal täglich an.

Nochmals befragt wovon sie jetzt leben, sage ich, die Cousine bezahlt für sie.

Befragt ich habe auch Kontakt zu meinem Bruder, der gibt auch manchmal das Telefon meinen Eltern.

Befragt, was die jetzt so erzählen, sage ich, man sagte mir, ich solle nicht nach Sri Lanka kommen.

LA: Weshalb?

VP: Weil die nach mir suchen. Weil ich habe das Geld zurückverlangt und wenn ich lebe, werde ich weiter nach dem Geld fragen.

LA. Und nur weil er Angst hat, dass Sie weiter fragen, will er Sie töten? Was würde passieren, wenn Sie klagen? Und er sagt, dass er Sie nicht kennt?

VP: Die Behörden und die Regierung würden das nicht glauben?

LA: Was würden sie nicht glauben? Dass Sie das Geld gegeben haben oder?

VP: Es würde mir keiner glauben.

LA: Haben Sie im Heimatland strafbare Handlungen begangen, sind Sie vorbestraft/ verurteilt oder waren Sie schon einmal in Haft oder Gefangenschaft?

VP: Alles nein.

LA: Waren Sie in Ihrem Heimatland politisch tätig oder gehörten Sie einer politischen Partei an?

VP: Nein.

LA: Hatten Sie jemals persönlich Probleme mit den Behörden / Institutionen Ihres Heimatlandes?

VP: Nein.

Befragt, weder mein Vater, mein Bruder, noch mein Cousin waren jemals politisch in irgendeiner Weise tätig.

LA: Weshalb haben Sie Sri Lanka verlassen? Nennen Sie nun bitte detailliert die Gründe, aus denen Sie Ihr Heimatland verlassen haben, Sie haben hierzu ausreichend Zeit!

Beginnen Sie bitte damit, warum Sie ursprünglich, also bereits vor den Problemen mit XXXX das Land verlassen wollten.

VP: Nach dem Bombenanschlag war das Leben an meinem Wohnort sehr schwer geworden. Da ist keine Sicherheit. Mein Haus lag ca. drei Kilometer von dem Anschlag entfernt.

Befragt, was damals passiert ist, ich war damals in Sri Lanka. Ich weiß nicht, wer den Anschlag gemacht hat.

LA: Wieso erwähnen Sie das ausdrücklich, dass Sie damals dort waren?

VP: Ich war damals dort. Ich habe das nur gehört, aber nichts gesehen. Ich habe nicht verstanden, was das für ein Geräusch war. Nach ca. 20 Minuten habe ich gehört, dass das ein Bombenanschlag war. Freunde haben mich angerufen und mir das gesagt.

LA. Erzählen Sie bitte weiter!?

VP: Ich bin mit meinen Freunden dorthin gegangen, was passiert ist. Ich bin ganz in die Nähe gegangen, aber das war von der Polizei gesperrt. Dann bin ich wieder nach Hause gegangen.

LA. Wissen Sie, welche Uhrzeit das war?

VP: Es war am Abend, zwischen 10.00 und 12:00 Uhr. Um 10: 00 Uhr.

LA. Wieso wissen Sie das so genau? Das Sie in der Nacht in die Stadt gegangen sind?

VP: Nein, es war doch in der Früh, es war in der Früh. (AW wiederholt es öfters).

LA: Wieso nun in der Früh?

VP. Ich habe das verwechselt.

LA: War Ihr Geschäft an diesem Tag geöffnet? (Frage wird wiederholt gestellt).

VP: Nein. Befragt, es waren an diesem Tag keine Geschäftsleute da.

AW erklärt nochmals, dass er nur Waren kauft und lagert. Es kämen nicht jeden Tag Geschäftsleute zu ihm.

LA. Und nach diesen Anschlägen ist dann niemand mehr zu Ihnen gekommen?

VP: Ca. für drei Wochen ging das Geschäft weiter, dann hatte ich keinen Geschäftskontakt mehr.

Dann habe ich alles was ich hatte, verkauft, nicht für Profit.

LA Haben Sie dann erfahren, was konkret passiert ist?

VP: Ja, Freunde haben nach 15 Minuten angerufen und haben mir das gesagt.

LA: Und was konkret wurde Ihnen gesagt.

VP: Ich war drei bis vier Stunden mit meinen Freunden unterwegs.

LA: Und WAS haben Sie dann erfahren?

VP: Ich habe am nächsten Tag erfahren, dass Moslems verdächtigt sind, den Bombenanschlag durchgeführt zu haben.

LA: Was war für Sie der Grund, aus dem Sie sich ursprünglich, also bevor dem Problem mit dem Schlepper dazu entschlossen haben, das Land zu verlassen?

VP: Das Geschäft ist schlecht gelaufen, und der XXXX …

LA. Vor dem XXXX ?

VP: Nach dem Bombenanschlag hat sich meine Wirtschaftslage geändert. Ich konnte mein Geschäft nicht weiterführen.

LA: Aber Sie haben ja ein Jahr vorher auch noch kein Geschäft gehabt?

VP: Es gab keine Chancen für eine andere Arbeit. Jeder hat muslimische Leute beobachtet und sogar sind sie zu Moslems nach Hause gekommen und haben diese geschlagen. Da gibt es Videos, die wurden aufgenommen, aber es ist schon alles gelöscht. Die hat mir mein Bruder geschickt.

LA: Was sind das für Videos?

VP: Sie wurden privat aufgenommen.

LA: Und was ist bei Ihnen konkret vorgefallen? Wie sind Leute die Sie gekannt haben, zu Ihnen gewesen?

VP: Es wurden alle beobachtet.

Die Frage wird wiederholt.

VP: Es kamen 400-500 Leute zu den Moslems….

LA. Wie waren Ihre Bekannten, Geschäftspartner zu IHNEN? Nicht zu anderen, zu Ihnen?

VP: Ich ging nicht mehr aus dem Haus.

LA: Was sieht man auf den Videos?

VP: Man sieht die Nachbarhäuser, dass man Leute geschlagen hat.

LA: und wer hat die Videos aufgenommen?

VP: Ein Freund von meinem Bruder. Befragt, worauf hat er das aufgenommen?

LA: Vom Handy aus.

LA: Wo war der Freund des Bruders, während er das aufgenommen hat?

VP: Er hat das von meinem Nachbargebäude aufgenommen.

LA. Wann haben Sie den Entschluss gefasst, auszureisen?

VP: Sechs bis sieben Monate vor der Ausreise.

LA: Und wann haben Sie entdeckt, dass der XXXX Ihnen keine Unterlagen besorgen wird?

VP: Ca. drei Monate nachdem ich das Geld übergeben habe.

LA: Wann war das?

VP: Letztes Jahr 2019, den ersten Teil im August oder September. Den zweiten Teil am 28.11. und den dritten Teil am 03.Dezember.

LA: Warum haben Sie, nach August oder September und es ist nichts passiert, noch den zweiten und dritten Teil bezahlt?

VP: Ich habe nachgefragt und er sagte, er werde innerhalb von 10 Tagen alles erledigen und deshalb habe ich bezahlt.

LA. Und was haben Sie sich vorgestellt, was er machen sollte, wie er Ihnen das Arbeitsvisum besorgen sollte?

VP: Ich habe ihm sogar meinen Pass ausgefolgt, und er sollte sich um das Arbeitsvisum kümmern.

LA. Und warum haben Sie sich nicht selbst darum gekümmert?

VP. Das ist nicht möglich, er hat sich um alles gekümmert.

Ich kann nicht viel lesen und schreiben.

LA. Und Ihre Frau, die Schwägerin, die Lehrerin ist, könne auch nicht lesen und schreiben?

VP: Die Schwägerin schon.

LA: Und Sie glaubten, dass der XXXX das legal bewerkstelligen kann?

VP. Der XXXX ist ein Agent (= Schlepper) mit politischen Involvierung.

LA: Was soll ich mir darunter vorstellen?

VP: Er ist Mitglied der Moslem Congresspartei.

LA. Und wieso fürchten Sie sich vor denen?

VP: Ich habe sogar den Beweis, dass ich das Geld auf sein Konto überwiesen habe.

LA. Das ist völlig unglaubwürdig! Der Schlepper hat Ihnen seine Kontonummer gegeben?

VP: Er hat auch ein Geschäft und ich habe es so überwiesen. Er hat ein ganz großes Geschäft. Befragt was für ein Geschäft, ein Textilgeschäft.

LA. Und Sie haben das Geld auf sein Geschäftskonto überwiesen.

AW zeigt auf seinem Handy die Überweisung über 10 Lakh, als Verwendungszweck ist ein Kredit eingetragen. Datum: 28.11.2020.

LA: Wann haben Sie dann nachgefragt, als noch immer nichts geschah?

VP: Ca. am 18. oder 19. Dezember sollte ich nach Europa fliegen. Ich habe gewartet bis 28.12. und fragte, wo mein Visum ist und wieso ich noch da bin. Er sagte, wenn ich wieder frage, wird er mich umbringen.

LA: Schon bei diesem Telefonat?

VP: Ich habe am nächsten Tag wieder angerufen und er mich an diesem Tag bedroht. Er sagte, wenn er mich erledigte, dann würde ich nicht mehr fragen.

Nach zwei Tagen rief er mich an, und sagte, wenn ich mich beschweren sollte, würde er auch die Eltern bedrohen. Befragt ich habe dann mich versteckt. Ich habe auch die SIM-Karte weggeworfen.

Befragt ob ich nochmals angerufen habe, sage ich, am 28. habe ich das letzte Mal angerufen.

LA. Am 29.? Oder nicht?

VP: Am 29. hat der XXXX mich angerufen.

La. Also haben Sie ihn nur einmal angerufen? Oder wie soll ich das verstehen?

VP: Ich habe ihn am 28. dreimal angerufen.

Pause von 12:30 bis 13:00 Uhr

Um 13:00 Uhr kommt Herr GI Griemann und teilt mit, dass sich der AW selbst verletzt (sich oberflächlich mit einem Messer in den Arm geschnitten habe), der Arzt sei bereits vor Ort und der AW versorgt.

Nach Tel. mit CI Knotzer werden Beamte angefordert und die Einvernahme in Beisein von Beamten fortzusetzen, da das weitere Verhalten in der EV nicht abzuschätzen ist.

Ab 13:15 Uhr nehmen GI Georg Beck sowie Insp Nicole Mönzer an der EV teil.

LA: Also Sie haben den XXXX dreimal angerufen und er hat Sie am nächsten Tag angerufen und Sie bedroht, woraufhin Sie sich versteckt hätten. Ist das richtig?

VP: Ja.

LA: Und wo haben Sie sich versteckt?

VP: Das war bei der Cousine meiner Frau, wo sie jetzt auch ist. Das ist ca. 30 km von XXXX .

LA: Wo leben Ihr Vater, Bruder und Cousins?

VP: Sie wohnen in einem anderen Haus in XXXX . Das gehört meinem Vater.

LA: Haben diese kein Problem?

VP: Deshalb haben sie das Haus gewechselt. Das andere Haus gehört auch meinem Vater.

VP: Haben Sie sich nach der Bedrohung an die Polizei gewandt oder wegen dem Geld an ein Gericht?

VP: Nein, ich habe niemandem das bekannt gemacht. Und zwar deshalb, weil der XXXX hat mich bedroht.

LA: Ja, was will der XXXX denn nun von Ihnen? Was soll werden wollen? Sie haben nichts unternommen und außerdem gibt es keinen Beweis dafür, dass Sie ihm kein Darlehen zurückgezahlt haben.

Was würden Sie einem Gericht sagen, wenn Sie das Geld zurückfordern würden? Er ist in der besseren Position, das wäre er auch in jedem Rechtsstaat.

VP: Ich habe sonst keinen Beweis, außer dass meine Frau dabei war.

Befragt was der XXXX von mir will, sage ich, solange ich lebe, würde ich von ihm etwas fordern können.

LA: Der angebliche politische Einfluss ist lediglich eine Floskel von Ihnen. Was sollte das sein? Dass er Parteimitglied ist. Was soll das für ein politischer Einfluss sein. Zudem von einer Moslempartei.

VP: Er ist ein mächtiger Mensch von der Congresspartei, er ist „ XXXX “.

Konkret befragt er hat einen Platz in der Politik.

Nochmals befragt, ob er gewählt ist, sage ich, er hat eine höhere Position. Er hat einen Freund namens XXXX .

Befragt, ich habe den XXXX ihn ca. vor 7-8 Monaten kennen gelernt.

LA: Und seit wann wissen Sie von seiner Existenz?

VP. Seit ca. 8 Monaten.

LA: und wie hat er sich Ihnen vorgestellt? Dass er einflussreich ist und eine hohe Stellung in der Partei hat?

VP: Ich habe durch eine Angehörige meiner Frau von ihm erfahren.

LA: Haben Sie nach dem letzten Telefonat noch etwas von XXXX gehört?

VP: Ich habe keinen direkten Kontakt gehabt. Ich bin dann versteckt geblieben.

Nochmals befragt, es sind andere Leute zu meinem Haus gekommen.

LA: Hat Ihnen wer gesagt?

VP: Meine Eltern haben das gesagt? Befragt, sie wussten nicht, wer das war.

LA: Woher wussten die Eltern das?

VP: Sie waren noch dort, als das war. Sie sind dann umgesiedelt.

LA: Wurden Sie sonst jemals persönlich belangt, bedroht oder verfolgt?

VP: Nein.

LA: Haben Sie zu dem Themenbereich XXXX noch etwas zu sagen oder ins Treffen zu führen?

VP: Jemand ist gestern zu meiner Frau nach Hause gekommen, ich habe hier ein Video. Von einer Überwachungskamera.

Es ist darauf zu sehen, dass ein Motorrad vorbeifährt und eine Frau mit einem Kind auf der Straße geht. Weiters einige Pflanzen.

Befragt was ich damit sagen möchte, ist, dass meine Frau mich angerufen hat. Und gesagt hat

LA: Welche Rückkehrbefürchtungen haben Sie jetzt? Nur was den XXXX betrifft.

VP: Er wird mich umbringen. Sie haben sogar meine Frau gefunden.

LA: Das wissen Sie nicht, da niemand da war. Es fuhr jemand am Haus vorbei. Ob das das Haus war in dem Ihre Frau ist, wissen wir nicht einmal.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alle Ihre Gründe für die Antragstellung vorzubringen oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

VP: Bitte schicken Sie mich nicht zurück.

Ich werde getötet werden. Sie wissen, wie sie mich finden werden.

A: Haben Sie soweit den Inhalt der Einvernahme verstanden, oder haben Sie dazu noch irgendwelche Fragen?

VP: Ich habe alles verstanden und keine Fragen mehr.

Belehrung:

Laut den Länderfeststellungen, die sich mit dem von Ihnen genannten Anschlag auseinandersetzen, gab es diese Unruhen, bei denen ein Moslem ums Leben kam. Der Vorsitzende der größten islamischen Partei Sri Lankas (SLMC) und Minister für Stadtplanung, gab zur Diskriminierung von Muslimen an, dass es Verhaftungen von 2000 Personen gegeben habe, dass die islamische Gemeinde diese hingenommen habe und auch mit der Regierung zusammenarbeiten.

Dass es zu Diskriminierungen gegen Muslimen kommen kann, ist nachvollziehbar, auch Sie persönlich waren betroffen, durch Ihre Geschäftspartner, jedoch kann keiner Meldung entnommen werden, dass es Muslimen, die 10% der Bevölkerung Sri Lankas darstellen, nicht mehr möglich wäre, im Land zu bleiben. Es gibt keine Gruppenverfolgung und ist Ihnen und Ihrer Familie auch nichts passiert.

Sie haben bereits vor den Vorfällen im Ausland gearbeitet und geht aus Ihrer Darstellung hervor, das Sie nicht mehr in arabischen Ländern arbeiten wollen, und daher haben Sie versucht nach Europa zu gelangen.

Was die angebliche Bedrohung durch den Schlepper betrifft, so kann die Behörde keine Bedrohung erkennen. Sie haben nicht versucht, an Ihr Geld zu kommen und zudem hätten Sie aller Wahrscheinlichkeit keine Chance, und zwar in keinem Land, so wie Sie die Beweislage schildern. Zudem leben Ihre Verwandten weiterhin am Wohnort.

Es wird die Lage in Sri Lanka anhand der Länderfeststellungen erörtert:

Die Menschenrechte sind in der sri-lankischen Verfassung geschützt. Sri Lanka hat zudem zahlreiche internationale Menschenrechtsabkommen ratifiziert, darunter den Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte, den Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die Anti-Folter-Konvention (jedoch nicht das Zusatzprotokoll CAT-OP) und die Kinderrechtskonvention (AA 16.12.2017).

Es gibt eine Reihe von Ministerien und präsidentiell ernannte Gremien, die sich mit den sozialen und entwicklungspolitischen Bedürfnissen der tamilischen Minderheit befassen sollen. Die Regierung hat eine Reihe von vertrauensbildenden Maßnahmen ergriffen, um Beschwerden der tamilischen Gemeinschaft zu begegnen. Sie ersetzte auch die Militärgouverneure der nördlichen und östlichen Provinzen durch Zivilisten (USDOS 20.4.2018).

Das vom Präsidenten im Jahr 2016 eingerichtete Büro für nationale Einheit und Versöhnung koordinierte weiterhin die Versöhnungsbemühungen der Regierung. Das Büro konzentriert sich auf die Förderung der sozialen Integration zum Aufbau einer integrativen Gesellschaft, die Sicherung der Sprachrechte für alle Bürger, die Unterstützung eines Heilungsprozesses innerhalb der vom Krieg betroffenen Gemeinden durch die von der Regierung vorgeschlagene Kommission für Wahrheit, Gerechtigkeit, Versöhnung und Nichtwiederholung der Gewalt (USDOS 20.4.2018).

LA: Was sagen Sie dazu? Haben Sie wegen Ihrer Volksgruppe Probleme?

VP: Ja. Befragt, warum dann meine Angehörigen in Sri Lanka leben können, nur ich hatte die Chance, ins Ausland zu gehen.

Niemand weiß über die richtigen Probleme. Wir bekommen nicht einmal ein Haus zum Mieten, weil Moslems diesen Anschlag gemacht haben.

LA: Sie haben laut Ihrem Pass das Land verlassen, von 23.04. bis 25.04.2019 nach Thailand.

Befragt, ich wollte ein Visum holen, diese Reise war schon lange gebucht.

Nochmals befragt, was ich in Thailand gemacht habe, sage ich, ich war dort für Transit da ich nicht direkt nach Österreich fahren konnte.

LA: Das war vor einem Jahr? Ich verstehe den Zusammenhang nicht.

VP: Ich war in Thailand um Sachen für jemanden zu holen, ich war mit meinem Bruder dort.

Befragt es gab keine Probleme bei der Ein-oder Ausreise.

AW schaut ständig in seinem Handy auf den Kalender und gibt an, dass es nach seiner Rückreise war, als der Anschlag war.

Nochmals befragt, es war nachher. Am 28.04.

LA: Nachher erst?

VP: Nein, ich denke, es war vorher.

Befragt, ich war das letzte Mal 2018.

Ich war in China, im Oktober 2019. Um Dinge zu bringen. Für meinen Bruder. Das habe ich gratis gemacht.

LA: Sie waren im Heimatland – wenn auch unter schwierigen Verhältnissen - berufstätig. Es ist nicht davon ausgehen, dass Sie dies in Zukunft nicht könnten. Wollen Sie hierzu eine Stellungnahme angeben?

VP: Man wird mich töten, man hat auch schon meine Frau gefunden.

LA: Ihre wirtschaftlichen Interessen betreffend Ihrer Ausreise sind zwar glaubhaft, können aber hinsichtlich des Asylstatus nicht berücksichtig werden. Als Ergebnis der heutigen Einvernahme wird Ihnen mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, gem. § 33. Abs.1 Z. 3. AsylG, Ihren Antrag auf internationalen Schutz hier in der EAST Flughafen abzuweisen.

Eine individuelle Verfolgung vermochten Sie offensichtlich nicht glaubhaft ins Treffen zu führen bzw. haben Sie keine asylrelevante Verfolgung iVm der GFK geltend gemacht.

Aus Sicht des Bundesamtes ist nicht davon auszugehen, dass Ihnen bei einer Rückkehr nach Sri Lanka dort mit einer hohen Wahrscheinlichkeit unmenschliche Behandlung, Strafe oder der Todesstrafe drohen könnte. Möchten Sie dazu etwas sagen?

VP: Ich würde getötet von XXXX .

Anmerkung: In einem allgemeinen Rechtsgespräch wird für die VP der weitere mögliche Ablauf eines Flughafenverfahrens erörtert, d.h. Einbindung von UNHCR – Zustimmung von UNHCR - Abweisung des Antrages mit Bescheid des BFA im Flughafenverfahren – Beschwerdemöglichkeit an Bundesverwaltungsgericht – abweisendes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes – Zurückweisung der VP durch LPD - eventuell Verhängung der Schubhaft usw. - aber auch die jeweiligen Chancen für die VP im Flughafenverfahren - keine Zustimmung von UNHCR – Einreisegestattung – Weiterführung des Verfahrens im Inland – oder Stattgebung der Beschwerde durch Bundesverwaltungsgericht - Einreisegestattung - Weiterführung des Verfahrens im Inland.

VP wird in allgemeinem Rechtsgespräch auch über die Dauer der einzelnen Verfahrensschritte, die Umstände der Konfinierung, Möglichkeit der Unterstützung durch ORS, SWB des Wachzimmers, ärztliche Betreuungsmöglichkeiten, Telefonkontakte usw. – abermals in Kenntnis gesetzt.

LA: Haben Sie diese beabsichtigte Vorgehensweise verstanden?

VP: Ja.

LA: Möchten Sie nun am Ende der Befragung noch weitere Angaben machen oder irgendwelche Ergänzungen anbringen oder etwas korrigieren?

VP: Nein.

LA: Konnten Sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen?

VP: Ja.

LA an Rechtsberater (RB): Gibt es von Ihrer Seite noch offene Fragen oder Anträge?

RB: Danke nein.

LA: Haben Sie die Dolmetscherin verstanden?

VP: Ja.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.

Um 14:48 verlassen die Beamten die Einvernahme.

LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst oder die Art Ihrer Einvernahme, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

VP: Ich habe keine Einwände, alles passt.

LA. Ich habe noch Fragen zum Reisepass:

Sie sagten, die italienischen Stempel darin seien gefälscht. Wer hat das gefälscht.?

VP: XXXX .

LA: Sie haben im Reisepass noch ein gültiges Visum für China? Was hat es damit auf sich?

VP: Ja, ich habe ein Visum. Das habe ich von der Botschaft geholt.

LA: Wünschen Sie die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung?

VP: Ja, bitte.

Anmerkung: VP erhält eine Ausfertigung der Niederschrift.

LA: Bestätigen Sie nunmehr durch Ihre Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift und die erfolgte Rückübersetzung!

[…]

Nachdem das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR am 05.03.2020 die Zustimmung gem. § 33 Abs. 2 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) erteilt hatte, wurde mit Bescheid des BFA der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 iVm § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sri Lanka (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerde mit Erkenntnis vom 24.03.2020 statt und behob die Spruchpunkte ersatzlos, da dem Beschwerdeführer am 19.03.2020 die Einreise von Seiten des BFA bereits gestattet worden war, weil die zum Rücktransport nach Taipeh verpflichtete Airline ihren Flugbetrieb eingestellt habe. Daher seien die Voraussetzungen für die Anwendungen der Sonderbestimmungen für das Flughafenverfahren nicht mehr vorgelegen.

Das BFA erließ am 06.04.2020 den gegenständlichen Bescheid, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sri Lanka (Spruchpunkt II.) erneut abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Sri Lanka zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage gem. § 55 FPG zwei Wochen.

Begründend führte das BFA hinsichtlich der konkreten Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes unter anderem aus: „Sie haben aus wirtschaftlichen Gründen Ihren Herkunftsstaat verlassen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie jemals belangt, bedroht oder verfolgt wurden. […] Nachvollziehbar an der Geschichte ist jedenfalls, dass Sie als Moslem von Ihren nichtmuslimischen Geschäftspartnern nach einiger Zeit nicht mehr beliefert worden seien, und dies stellt den Kern Ihres ursprünglichen Ausreisewunsches dar. Ihre Ausführungen der nach dem Bombenanschlag folgenden Übergriffe aus Muslime, die ein Freund Ihres Bruders aus einem Nachbarhaus gefilmt hätte- wobei die Aufnahmen jedoch wieder gelöscht wurden – sind ebenfalls nachvollziehbar, jedoch gaben Sie mehrfach explizit auf Nachfragen an, dass weder Sie selbst noch irgendein Mitglied Ihrer Familie angegriffen, bedroht oder eingeschüchtert worden sei, dass im Übrigen alle Familienmitglieder nach wie vor in XXXX lebten und dass Ihr Vater, Ihre Schwägerin und Ihr Schwager auch dort arbeiten würden. Diversen Interneteinträgen ist zu entnehmen, dass es nachfolgend in Sri Lanka zwar Verhaftungen Tausender Moslems gab, auch Drohungen bzw. Diskriminierungen von Privaten gegen Muslime - so etwa wurden muslimische Geschäfte zerstört, Asylwerber aus muslimischen Ländern von Vermietern hinausgeworfen, eine Person sogar vom Mob getötet, die schon vorher bestehenden Spannungen verschärften sich, jedoch ist keiner Quelle zufolge von einer systematischen Verfolgung aller Moslems oder staatlich geduldeter Übergriffe zu lesen. […] Zieht man in Betracht, dass Sie Ihr Heimatland schon in der Vergangenheit wiederholt zu Erwerbszwecken verlassen haben, nämlich nach Katar, wo Ihre Aussage nach die Lebens- und Arbeitsbedingungen schlecht seien, so wundert es nicht, dass Sie nun, da Ihnen das gut gehende Geschäft weggebrochen ist, erneut ausreisen wollten. Insgesamt kann man aus Ihrem Vorbringen entnehmen, dass Sie Sri Lanka ursprünglich lediglich aus wirtschaftlichen Zwecken verlassen wollten. Sie kamen immer wieder auf Herrn XXXX zu sprechen, der offenbar das Zentrum Ihrer Besorgnis darstellt. Die Probleme mit ihm stehen auch im Zentrum Ihres Vorbringens. Dieser Schlepper hätte von Ihnen 5 Millionen Sri Lanka Rupien erhalten, um Ihnen eine Arbeitserlaubnis für Europa zu besorgen. Nachdem Sie das Geld in drei Tranchen überwiesen hätten, sei jedoch immer noch nichts passiert. Dann hätten Sie am 28.12.2019 nachgefragt, was nun mit den Dokumenten sei, und er habe Sie bedroht. […] Insgesamt ist aufgrund Ihrer Angaben absolut nicht glaubhaft, dass der Schlepper Sie verfolgt hätte. Zum einen sind Ihre Aussagen zu dem gesamten Sachverhalt vage und widersprüchlich. Sie machten unterschiedliche Angaben, wie oft es eine telefonische Bedrohung gegeben hätte, wie oft insgesamt angerufen wurde und wer wen angerufen hätte. Auch machten Sie divergierende Angaben (einmal in der Beschuldigteneinvernahme) dazu, womit gedroht wurde, mit Misshandlung oder dem Umbringen. Es ist schließlich kein Grund ersichtlich, warum der Schlepper irgendwelche Aktionen setzen hätte sollen, da er von Ihnen eine Menge Geld bekommen, aber keine Gegenleistung erbracht hätte (wobei nochmals darauf hinzuweisen ist, dass Sie bei der Beschuldigtenbefragung angegeben hatten, dass er Ihnen den zweiten Schlepper vermittelt hätte und daher doch eine Leistung erbracht hat, indem er Ihnen den gefälschten Aufenthaltstitel besorgte). Ihre Behauptung wäre noch nachvollziehbar, wenn Sie ihm noch Geld schulden würden, in dieser von Ihnen dargelegten Variante kann Ihrer Darstellung jedoch nicht gefolgt werden. Der Verweis auf eine politische Machtstellung des Schleppers ist als reine Floskel zu werten. Die Behauptung, der Gegner hätte eine meist nicht näher bezeichnete Machtposition inne bzw. sei einflussreich, wird standardmäßig von Asylwerbern behauptet. Diese Behauptung ist jedoch nur zu berücksichtigen, wenn gewisse Mindestinformationen darüber gegeben werden, woraus sich diese Annahme ergibt. Sie konnten hingegen mit keinem Wort erklären, welche Position der XXXX hätte, einmal sagten Sie, er sei Parteimitglied der Muslem Congress Party, später, er sei ein mächtiger Mensch (wörtlich: XXXX ) in der Partei, dann wieder, er habe einen Freund namens XXXX . Was genau er in der Partei sei oder mache, konnten Sie nicht sagen. Insgesamt machten Sie bei diesem an sich kurzen und überschaubaren Sachverhalt verschiedene Angaben, sowohl über die Anzahl der Bedrohungen als auch über deren Inhalt, und ist zum anderen der Grund für die Bedrohung völlig unverständlich. Auch ist nicht glaubhaft, dass der Schlepper, der keinen weiteren Kontrakt zu Ihnen wollte, Sie zweimal angerufen hätte, um Ihnen zu sagen, dass Sie nicht mehr anrufen sollten, andernfalls er Sie umbringen würde. Ihre Ausführungen erreichten ein derartiges Ausmaß an Unglaubwürdigkeit, welches geeignet war, die Schwelle zur offensichtlichen Tatsachenwidrigkeit zu überschreiten, und war daher beabsichtigt, Ihren Asylantrag gem. § 33 AsylG am Flughafen abzuweisen. UNHCR erteilte hiezu auch seine Zustimmung und wurde Ihnen ein entsprechender Bescheid zugestellt. In der Folge wurde Ihnen - während des laufenden Beschwerdeverfahrens - die Einreise gestattet, da die zu Ihrem Rücktransport verpflichtete Airline wegen der Corona- Krise ihren Flugbetrieb eingestellt hatte. Es war nicht davon auszugehen, dass in absehbarer Zeit eine Änderung der Lage eintreten, bzw. – für den Fall eines gänzlich negativen Ausgangs Ihres Verfahrens – die Möglichkeit einer Zurückweisung auf dem Luftweg vom Flughafen Wien-Schwechat bestehen würde. Das BVwG gab Ihrer Beschwerde in der Folge statt, da aufgrund Ihrer Einreise kein Flughafenverfahren mehr durchführbar und Ihr Verfahren daher im Inland weiterzuführen war. An der Unglaubwürdigkeit Ihres Vorbringens ändert dies jedoch nichts.“

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10.04.2020 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde wegen „Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, in Folge einer mangelhaften Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung“. Demnach habe es die belangte Behörde unterlassen, sich mit dem gesamten individuellen Vorbringen sachgerecht auseinanderzusetzen und ein adäquates Ermittlungsverfahren durchzuführen. Der Beschwerdeführer habe sich in keinerlei Widersprüche verstrickt.

Am 28.05.2020 reichte das BFA die Verständigung von der Anklageerhebung gegen den Beschwerdeführer wegen §§ 223 Abs. 2, 224 StGB nach.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Sri Lankas und wurde in XXXX , Sri Lanka geboren. Am 23.02.2020 hat der Beschwerdeführer im Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er gehört der Volksgruppen der Tamilen und der muslimischen Religionsgemeinschaft an, ist verheiratet und hat eine Tochter. Er verfügt über eine neunjährige Schulbildung, arbeitete zeitweise im Ausland und hat zuletzt ein Gebrauchtwarengeschäft in Sri Lanka betrieben. Der Beschwerdeführer spricht neben Tamil auch etwas Englisch und wenig Hindi. In Sri Lanka leben nach wie vor die Eltern und Geschwister sowie die Ehefrau und seine Tochter. Sein Bruder arbeitet ebenso wie sein Cousin als Verkäufer, sein Vater arbeitet als Contractor für Bauwerke. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Im Bundesgebiet verfügt der Beschwerdeführer über keinerlei Familienangehörige, er lebt auch nicht in einer Lebensgemeinschaft. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer die deutsche Sprache beherrscht, einer regelmäßigen Beschäftigung nachgeht, sich sozial engagiert oder hier Freunde gefunden hat.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Das Vorliegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen ist nicht bekannt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aus den von ihm genannten Gründen verlassen hat. Es konnte vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre oder ihm ein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder eine dem 6. oder 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitende Behandlung droht, und ist dies auch nicht von Amts wegen hervorgekommen.

Zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Sri Lanka wird Folgendes festgestellt:

1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen KI vom 15.5.2019: Muslim bei Anschlag getötet (Betrifft: Abschnitte 3./Sicherheitslage und 14./Religionsfreiheit)

Gut drei Wochen nach den mutmaßlich islamistischen Anschlägen auf katholische Kirchen und Luxushotels in Sri Lanka gibt es neue Spannungen zwischen Christen und Muslimen (TB 13.5.2019). Ein Muslim ist am 13.5.2019 bei gewaltsamen Unruhen von einem Mob getötet worden (DS 14.5.2019). Im Nordwesten des Inselstaates wurden am 13.5.2019 Steine auf mehrere von Muslimen geführte Geschäfte geworfen, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Die Polizei ging daraufhin gegen hunderte christliche Randalierer in mindestens sechs Städten im Westen des Landes vor (DS 13.5.2019). Die Übergriffe wurden durch Posts eines 38-jährigen muslimischen Geschäftsmanns auf Social-Media-Foren ausgelöst. Der Mann wurde verhaftet (BBC 13.5.2019). Die Regierung hat erneut Soziale Medien wie WhatsApp und Facebook blockiert (RP 13.5.2019). Der Premierminister appelliere auf Twitter, das nicht blockiert wurde, an alle Bürger, ruhig zu bleiben und sich nicht von falschen Informationen beeinflussen zu lassen (BBC 13.5.2019). Am frühen Morgen des 13.5.2019 wurden sechs Moscheen im Distrikt Kurunegala geplündert. Als sich die Ausschreitungen auf mehrere Bezirke nördlich der Hauptstadt Colombo ausweiteten, wurde erneut Ausgangssperre für das ganze Land verhängt (RP 13.5.2019).

Die Zahl der Todesopfer der Anschläge vom Ostersonntag wurde mittlerweile von den Behörden von 359 auf 257 Menschen herabgesetzt. 496 Verletzte wurden in die Krankenhäuser eingeliefert, davon waren am 2.5.2019 insgesamt noch 47 Verletzte in Behandlung und zwölf Opfer wurden auf Intensivstationen versorgt (AJ 2.5.2019). Nach Angaben der Behörden befinden sich alle Täter in Haft oder wurden getötet. Zwei „Bombenexperten“ der Gruppe sind darüber hinaus ebenso getötet worden. Zur genauen Anzahl der in Gewahrsam sitzenden Personen, geben die Behörden keine Angaben, sagte Polizeichef Wickramaratne in einer Audiobotschaft. Ein Polizeisprecher hat von 73 Verdächtigen, darunter neun Frauen, gesprochen (DS 7.5.2019). Sri Lankas Regierung macht die Islamistengruppe National Thowheeth Jama'ath (NTJ) für die Anschläge verantwortlich (SO 7.5.2019), deren Anführer Zahran Hashim, bei den Oster-Anschlägen ebenfalls als Selbstmordattentäter starb (DW 5.5.2019). Zwar reklamierte die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) die Anschläge für sich (SO 7.5.2019), belegt ist deren Urheberschaft jedoch nicht (DW 5.5.2019). Doch nimmt die Regierung an, dass die NTJ Unterstützung aus dem Ausland hatte (SO 7.5.2019). Aus Furcht vor weiteren Anschlägen haben die katholischen Kirchen in Sri Lanka ihre Sonntagsgottesdienste auch am ersten Sonntag im Mai wieder abgesagt, da sich die Sicherheitslage gemäß eines Sprechers der Erzdiözese Colombo noch nicht verbessert hat. Hintergrund sind demnach Geheimdienstwarnungen aus dem Ausland, wonach Extremisten vor Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan am Montag, erneut Attentate verüben könnten. So hat eine „sehr zuverlässige ausländische Quelle“ vor einem Angriff auf eine bedeutende Kirche gewarnt (DW 5.5.2019). Präsident Maithripala Sirisena unterrichtete am 6.5.2019 die diplomatische Gemeinschaft über den Fortschritt der Operationen der Sicherheitskräfte zur Eindämmung muslimischer terroristischer Aktivitäten und die Maßnahmen der Regierung zur raschen Wiederherstellung der Normalität im Land (CP 8.5.2019). Als Konsequenz aus der Anschlagsserie an Ostern müssen mehr als 600 Ausländer Sri Lanka verlassen. Besonders betroffen von dieser Maßnahme sind islamische Geistliche, da befürchtet werde, dass ausländische Geistliche Einheimische radikalisieren könnten (DW 5.5.2019).

Laut Information des österreichischen Außenministeriums hieß es am 15.5.2019, dass nach mehreren Explosionen am 21.4.2019 in Kirchen und Hotels an verschiedenen Orten, bei denen es zu Hunderten Todesopfern und Verletzten gekommen ist, ein hohes Sicherheitsrisiko von weiteren Anschlägen besteht (BMEIA 15.5.2019). Kommentar: Die Lage vor Ort wird weiterhin beobachtet und gegebenenfalls wird mit weiteren Kurzinformationen reagiert.

KI vom 23.4.2019: Anschläge gegen Kirchen und Hotels am 21.4.2019 (Betrifft: Abschnitte 3./Sicherheitslage und 14./Religionsfreiheit)

Eine offenbar sorgfältig geplante Attentatsserie (CT 22.4.2019) hat in Sri Lanka mindestens 310 Tote und mehr als 500 Verletzte gefordert (ZO 23.4.2019). Unter den Toten sind auch rund 40 ausländische Staatsbürger (DS 23.4.2019).

Binnen kurzer Zeit wurden am Morgen des Ostersonntags [21.4.2019] von Selbstmordattentätern sechs Sprengstoffanschläge in drei Luxus-Hotels sowie drei christlichen Kirchen in Colombo, dem nahe gelegenen Küstenort Negombo und der Ostküstenstadt Batticaloa verübt (DS 22.4.2019). Stunden später erschütterten Explosionen in Vororten von Colombo zwei Gebäude, die von Polizisten gerade durchsucht wurden. Bei einer dieser Detonationen wurden drei Polizisten getötet. Am Abend des 21.4.2019 wurde in der Nähe des Flughafens eine Rohrbombe entdeckt und entschärft. In der Nähe eines der Anschlagsorte ist am 22.4.2019 ein Sprengsatz in einem geparkten Auto in der Nähe der St.-Antonius-Kirche in der Hauptstadt Colombo gefunden worden. Bombenentschärfer haben, wie die Polizei berichtete, das Fahrzeug kontrolliert gesprengt.An einem anderen Ort der Stadt seien an einer Bushaltestelle 87 Zünder sichergestellt worden (DS 22.4.2019).

Noch hat sich niemand zu den Anschlägen bekannt (SZ 22.4.2019).Die Regierung bestätigt allerdings die Festnahme von 40 Verdächtigen (ZO 23.4.2019). Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene erklärte, dass die Täter zu einer Gruppe „religiöser Extremisten“ gehören (AFP 22.4.2019), am 22.4.2019 äußerte sich ein Regierungssprecher darüber, dass hinter den Anschlägen die Gruppe National Thowheeth Jama'ath (NTJ) stehe (BBC 22.4.2019). Bislang ist über die Gruppierung nur wenig bekannt. Im vergangenen Jahr wurde diese Organisation muslimischer Tamilen (DP 21.4.2019) beschuldigt, buddhistische Statuen geschändet zu haben (AFP 22.4.2019). Doch nehmen die Behörden nicht an, dass eine kleine Organisation wie die NTJ allein derartig verheerende, koordinierte Angriffe verüben kann. Deshalb werde geprüft, ob die Gruppe „internationale Unterstützung“ hatte, über welche anderen Verbindungen sie verfügt und wie sie zu den Sprengsätzen für die Selbstmordattentate kam (BBC 22.4.2019).

Ein Regierungssprecher informierte am 22.4.2019 darüber, dass „mehrere Warnungen ausländischer Geheimdienste vor den bevorstehenden Angriffen“ vorgelegen seien (BBC 22.4.2019). Die Sicherheitskräfte wurden mindestens zehn Tage vor der Anschlagsserie gewarnt, dass durch militante Gruppen Angriffe auf Kirchen geplant sind, jedoch wurde gemäß den Aussagen des Premierministers Ranil Wickremesinghes weder er noch sein Kabinett über die Warnung informiert (NYT 22.4.2019). Dass seine Regierung trotz der Warnungen aus Indien keine ausreichenden Schutzmaßnahmen vor einem Terroranschlag ergriff, wird auch mit dem Streit zwischen ihm und dem Präsidenten in Verbindung gebracht (ZO 22.4.2019).

Mögliche Hintergründe der Anschläge werden auch als eine Strategie internationaler Kräfte zur Spaltung der Gesellschaft und der Destabilisierung dieser im „Fadenkreuz der Großmächte und ihrer zunehmenden Konkurrenz im Indischen Ozean gesehen“ (CT 21.4.2019). Bislang allerdings gibt es keine Belege dafür, dass die National Thowheeth Jama'ath tatsächlich von globalen Dschihadisten unterstützt wird (ZO 22.4.2019).

Sri Lankas Regierung rief am Montag den Ausnahmezustand aus. Das Büro von Präsident Maithripala Sirisena teilte mit, der Ausnahmezustand mit zusätzlichen Befugnissen für die Sicherheitskräfte gelte, um der Polizei und dem Militär zu ermöglichen, „die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten“ (AFP 22.4.2019). Mit den verhängten Notstandsbestimmungen erhalten Sicherheitsbehörden auch erweiterte Befugnisse, etwa für Durchsuchungen und zur Festnahme von Personen (ZO 23.4.2019).

Laut Information des österreichischen Außenministeriums hieß es am Ostermontag, es bestehe „ein hohes Sicherheitsrisiko von weiteren Anschlägen“ (BMEIA 22.4.2019). Kommentar: Die Lage vor Ort wird weiterhin beobachtet und gegebenenfalls wird mit weiteren Kurzinformationen reagiert.

KI vom 15.2.2019: Todesstrafe (betrifft: Abschnitt 13/Todesstrafe)

Sri Lanka will im Kampf gegen die Drogenkriminalität die seit Jahrzehnten ausgesetzte Todesstrafe wieder vollstrecken (FAZ 6.2.2019; vgl. AI 11.7.2018). Der Präsident Maithripala Sirisena erklärte gegenüber dem Parlament, es sei sein Ziel, die Todesstrafe bei Drogendelikten zu vollstrecken (AFP 7.2.2019; vgl. Himal 28.9.2018). Die ersten Exekutionen sollen in zwei Monaten durch Hängen durchgeführt werden (News.com.au 15.2.2019; vgl. FAZ 6.2.2019, AFP 7.2.2019). Die Todesstrafe ist in Sri Lanka für zahlreiche Verbrechen im Strafgesetzbuch definiert (Himal 28.9.2018) und wird für Mord, Vergewaltigung und Drogendelikte häufig verhängt (AFP 7.2.2019). Seit dem Jahr 1976 werden Todesurteile nicht mehr vollstreckt, sondern in lebenslange Haftstrafen umgewandelt (FAZ 6.2.2019; vgl. AFP 7.2.2019, Himal 28.9.2018), wobei es kein offizielles Moratorium gab (Himal 28.9.2018).

Mitte Juli 2018 sprach sich der Präsident angesichts der Häufung von schweren Drogendelikten dafür aus, die Todesstrafe in besonders schweren Fällen wieder zu vollstrecken (AA 26.10.2018; vgl. Guardian 7.2.2019). Eine Liste mit den Namen von 18 wegen Drogendelikten zum Tode verurteilten Personen wurde am 13.7.2018 an das Justizministerium übermittelt (Daily Mirror 15.7.2018). Nach einem Besuch der Philippinen im Jänner 2019 bezeichnete der Staatschef den harten Anti-Drogen-Kampf seines Präsidentenkollegen Rodrigo Duterte als beispielgebend. Seit dessen Amtsantritt im Jahr 2016 tötete die philippinische Polizei mehr als 4.200 mutmaßliche Drogenkriminelle (FAZ 6.2.2019).

Gemäß Angaben des Präsidenten wurde die Finalisierung der Todesstrafenfälle wegen der Bürokratie und durch Berufungsanträge der zum Tode Verurteilen monatelang verzögert (Guardian 7.2.2019). Am 23.1.2019 veröffentlichte das Justizministerium einen Zeitplan zur Vollstreckung der Todesstrafe gegen Personen, die wegen Drogendelikten bereits zum Tode verurteilt wurden (Daily Mirror 23.1.2019). Gemäß einer Aussage der Justizministerin Thalatha Athukorale vom 5.2.2019 sind die Unterlagen zur Hinrichtung von fünf Drogenkriminellen vorbereitet. Es fehle nur noch die Unterschrift des Staatschefs (FAZ 6.2.2019). Am 11.2. wurde eine Stellenausschreibung für zwei Henker in der staatlichen Tageszeitung Daily News veröffentlicht (Guardian 14.2.2019; vgl. Presse 14.2.2019).

Der Präsident appellierte an Menschenrechtsorganisationen, den Versuch zu unterlassen, wegen der Entscheidung Druck auf ihn auszuüben (FAZ 6.2.2019; vgl. Guardian 7.2.2019). Gemäß Aussagen des Präsidenten würden zahlreiche große Nationen Exekutionen durchführen, jedoch werden kleinere Staaten wie Sri Lanka durch Menschenrechtsorganisationen in ihren Bemühungen behindert, Kriminalität unter Kontrolle zu bringen (WP 6.2.2019). Sirisena ist als Präsident unpopulär und muss sich 2020 einer schwierigen Wiederwahl stellen (Guardian 7.2.2019). In Sri Lanka waren mit Stand Dezember 2018 1.299 zum Tode verurteilte Personen inhaftiert, darunter 84 Frauen (Guardian 7.2.2019) sowie 48 Personen, die wegen Drogenvergehen zum Tode verurteilt wurden (Guardian 14.2.2019). Es wird angenommen, dass vorerst ca. 20 aufgrund von Drogendelikten verurteilte Personen zur Exekution vorgesehen sind, wobei die Berufungsverfahren in acht Fällen noch nicht abgeschlossen sind (Guardian 7.2.2019).

2. Politische Lage

Sri Lanka ist eine konstitutionelle Mehrparteienrepublik mit einer frei und direkt gewählten Regierung (USDOS 20.4.2018). Der direkt vom Volk gewählte Präsident hat eine große Machtfülle und ist gleichzeitig Staats- und Regierungschef. Der von ihm ernannte Ministerpräsident führt ein eigenes Ressort neben den zahlreichen Fachministerien. Das Einkammerparlament mit 225 Sitzen geht mittels eines modifizierten Verhältniswahlrechts aus allgemeinen, gleichen Wahlen hervor. Die unitarische Staatsverfassung weist seit Verabschiedung des 13. Verfassungszusatzes 1987 begrenzt dezentralisierende Elemente auf. Es wurden neun

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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