Entscheidungsdatum
24.11.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W283 2232494-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX StA. Serbien, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor KLAMMER, gegen die Festnahme und Anhaltung von 15.05.2020 bis 16.05.2020 zur Zahl 1171442106/200397935 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und Z 2 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
III. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Über den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 14.05.2018 ein für die Dauer von 4 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG verhängt.
Der Beschwerdeführer war von 22.09.2017 bis 04.09.2018 mit Hauptwohnsitz an einer Adresse in Österreich behördlich gemeldet.
Der Bescheid des Bundesamtes wurde durch Hinterlegung am 24.08.2018 zugestellt. Nach Ablauf der Abholfrist wurde dieser Bescheid dem Bundesamt mit dem Vermerk „nicht behoben“ zurückgestellt.
Das Bundesamt erlangte am 13.05.2020 von der Eheschließung des Beschwerdeführers am 09.05.2020 in Österreich Kenntnis.
Am 14.05.2020 erließ das Bundesamt einen Festnahmeauftrag zur Anordnung der Abschiebung, aufgrund des Vorliegens des Aufenthaltsverbotes, welches unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist.
Gegen den Beschwerdeführer wurde am 15.05.2020, um 16:00 Uhr die Festnahme nach dem BFA-VG durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Landespolizeidirektion ausgesprochen.
Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge am 16.05.2020, ab 10:00 Uhr durch das Bundesamt im Beisein eines Dolmetsch einvernommen.
Am 16.05.2020, um 11:35 Uhr wurde der Beschwerdeführer aus der Anhaltung entlassen.
Die fristgerecht erhobene Beschwerde moniert, dass der Beschwerdeführer ohne Vorwarnung, Ladung und ohne des Bestehens eines Aufenthaltsverbotes, da die Zustellung nicht bewirkt worden war, festgenommen und „einen Tag lang (in Schubhaft)“ angehalten wurde. Der Beschwerdeführer gab an, keine Kenntnis vom Aufenthaltsverbot gehabt zu haben und führte aus, dass der Bescheid des Bundesamtes bisher noch nicht rechtswirksam zugestellt worden sei. Eine Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot und ein Antrag auf Wiedereinsetzung wurden bereits eingebracht.
Ein Beschwerde- bzw. Wiedereinsetzungsverfahren hinsichtlich des Bescheides über das Aufenthaltsverbot ist beim Bundesverwaltungsgericht anhängig (G307 2232675).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Es wurde fristgerecht eine Beschwerde hinsichtlich der Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers „einen Tag lang“ eingebracht.
Nachdem keine Schubhaft verhängt wurde (siehe dazu W283 2232494-2) ist die Beschwerde dahingehend zu verstehen, dass sie sich gegen die Anhaltung des Beschwerdeführers aufgrund der Festnahme bezieht. Die Bezeichnung „einen Tag lang“ ist als Beschwerde gegen die gesamte Anhaltedauer, daher von 15.05.2020, um 16:00 Uhr bis zur Entlassung des Beschwerdeführers am 16.05.2020, um 11:35 Uhr zu werten.
1. Feststellungen:
Über den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.05.2018 ein für die Dauer von 4 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG verhängt (AS 25 ff).
Der Beschwerdeführer war von 22.09.2017 bis 04.09.2018 mit Hauptwohnsitz an einer Adresse in Österreich behördlich gemeldet (Melderegister).
Der Bescheid des Bundesamtes wurde durch Hinterlegung am 24.08.2018 zugestellt (AS 41). Nach Ablauf der Abholfrist wurde dieser Bescheid dem Bundesamt mit dem Vermerk „nicht behoben“ zurückgestellt (AS 45 f).
Das Bundesamt erlangte am 13.05.2020 von der Eheschließung des Beschwerdeführers am 09.05.2020 in Österreich Kenntnis (AS 47 f).
Am 14.05.2020 erließ das Bundesamt einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG zur Anordnung der Abschiebung. Gegen den Beschwerdeführer sollte ein Auftrag zur Abschiebung, aufgrund des Vorliegens des Aufenthaltsverbotes, welches unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, erlassen werden (AS 52 ff).
Gegen den Beschwerdeführer wurde am 15.05.2020, um 16:00 Uhr die Festnahme gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Landespolizeidirektion ausgesprochen (AS 76 ff).
Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge am 16.05.2020, ab 10:00 Uhr durch das Bundesamt im Beisein eines Dolmetsch einvernommen (AS 79 ff).
Am 16.05.2020, um 11:35 Uhr wurde der Beschwerdeführer aus der Anhaltung aufgrund der Festnahme entlassen (OZ 8).
Der Beschwerdeführer ist seit 20.05.2020 in Österreich mit Hauptwohnsitz behördlich gemeldet (Melderegister).
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres und das Zentrale Melderegister.
Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und unbeanstandeten Aktenlage fest.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A) Spruchpunkt I. – Festnahme am 15.05.2020, um 16:00 Uhr und Anhaltung bis 16.05.2020, um 11:35 Uhr
3.1.1. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:
§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.
3.1.2. Der mit „Festnahmeauftrag“ betitelte § 34 des BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:
§ 34. (1) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn dieser
1.
Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt, oder
2.
sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides anordnen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vorliegen und
1.
der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, nicht Folge geleistet hat oder
2.
der Aufenthalt des Fremden nicht festgestellt werden konnte.
(3) Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,
1.
wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt;
2.
wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist;
3.
wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll oder
4.
wenn eine aufgrund eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG erlassene Vollstreckungsverfügung nicht vollzogen werden konnte oder der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2b FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat.
(4) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Asylwerbers anordnen, wenn er sich dem Verfahren entzogen hat (§ 24 Abs. 1 AsylG 2005).
(5) Der Festnahmeauftrag ergeht in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden.
(6) In den Fällen der Abs. 1 bis 4 ist dem Beteiligten auf sein Verlangen sogleich oder binnen der nächsten 24 Stunden eine Durchschrift des Festnahmeauftrages zuzustellen.
(7) Die Anhaltung eines Fremden, gegen den ein Festnahmeauftrag erlassen wurde, ist dem Bundesamt unverzüglich anzuzeigen. Dieses hat mitzuteilen, ob der Fremde in eine Erstaufnahmestelle oder Regionaldirektion vorzuführen ist.
(8) Ein Festnahmeauftrag ist zu widerrufen, wenn
1.
das Verfahren zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten eingestellt wurde und die Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig ist (§ 24 Abs. 2 AsylG 2005) oder
2.
der Asylwerber aus eigenem dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht seinen Aufenthaltsort bekannt gibt und nicht auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er werde sich wieder dem Verfahren entziehen.
(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2015)
(9) Das Bundesamt hat die Erlassung und den Widerruf eines Festnahmeauftrags den Landespolizeidirektionen bekannt zu geben.
3.1.3. Der mit „Festnahme“ betitelte § 40 des BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:
§ 40. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,
1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,
2. wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder
3. der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn
1. dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist,
2. gegen diesen eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde,
3. gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde,
4. gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde oder
5. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.
(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt.
(4) Das Bundesamt ist ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.
(5) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 einen Antrag auf internationalen Schutz, kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 gelten dabei sinngemäß.
(6) Während der Zulässigkeit der Sicherung der Zurückweisung im Flughafenverfahren sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, zu verhindern, dass ein zurückgewiesener Asylwerber in das Bundesgebiet einreist, soweit es ihm nicht gestattet ist.
3.1.4. Subsumtion
Gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG kann gegen einen Fremden ein Festnahmeauftrag erlassen werden, wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll.
Am 14.05.2020 erließ das Bundesamt einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG zur Anordnung der Abschiebung. Gegen den Beschwerdeführer sollte ein Auftrag zur Abschiebung, aufgrund des Vorliegens des Aufenthaltsverbotes, welches unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, erlassen werden. Der Tatbestand für das Vorliegen des § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG war daher gegeben und erfolgte die Erlassung des Festnahmeauftrages durch das Bundesamt zu Recht. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Festnahmeauftrages lagen für das Bundesamt aufgrund der aufrechten behördlichen Meldung des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides über das Aufenthaltsverbot und den im Akt aufliegenden Rückschein über die Dokumentation der Zustellung des Bescheides durch Hinterlegung, keine Hinweise vor, die auf die Unrechtmäßigkeit bzw. Fehlerhaftigkeit der Bescheidzustellung hindeuteten. Davon unabhängig ist auch der Ausgang eines diesbezüglich geführten Wiedereinsetzungsverfahrens und Beschwerdeverfahrens nicht für die gegenständliche Beurteilung relevant.
Gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG sind Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht.
Da gegen den Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Festnahme am 15.05.2020, um 16:00 Uhr ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG bestanden hat, waren die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auch ermächtigt, den Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen. Die Festnahme am 15.05.2020, um 16:00 Uhr durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Landespolizeidirektion erfolgte daher gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG zu Recht.
Die zulässige Anhaltedauer gemäß § 35 Abs. 5 BFA-VG von 72 Stunden wurde gegenständlich nicht überschritten, da der Beschwerdeführer bereits am 16.05.2020, um 11:35 Uhr aus der Anhaltung entlassen wurde. Die Anhaltedauer war auch verhältnismäßig, da bereits am 16.05.2020, ab 10:00 Uhr der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetsch niederschriftlich einvernommen wurde.
In der gegenständlichen Beschwerde wurde moniert, dass die Festnahme und Anhaltung ohne „Vorwarnung oder Ladung“ erfolgt sei. Eine „Vorwarnung oder Ladung“ sind mangels gesetzlicher Grundlage nicht vorgesehen und ging das Beschwerdevorbringen daher ins Leere.
In der gegenständlichen Beschwerde wurde zudem moniert, dass die Festnahme und Anhaltung ohne das Bestehen eines Aufenthaltsverbotes erfolgt seien. Aufgrund der Aktenlage konnte das Bundesamt wie dargelegt, zum Zeitpunkt der Erlassung des Festnahmeauftrages begründet von der Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes ausgehen. Der Ausgang des zwischenzeitlich angestrengten Wiedereinsetzungsverfahrens ist daher für die gegenständliche Entscheidung nicht von Belang.
Dass die Festnahme auch deshalb unrechtmäßig sei, weil der Beschwerdeführer sich nie dem laufenden Verfahren entzogen habe, nicht vom Bundesamt geladen worden sei und ihm keine Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise gewährt wurde, ist ebenfalls mangels rechtlicher Grundlage nicht von Relevanz.
Nachdem die Tatbestandsmerkmale des § 40 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG vorliegen, waren die Festnahme und die Anhaltung rechtmäßig. Da keine Umstände vorgebracht wurden, aus welchen sich eine Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung ergeben und auch von Amts keine derartigen Gründe festgestellt wurden, war die Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und Z 2 BFA-VG als unbegründet abzuweisen.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchteil A) Spruchpunkte II. und III. – Kostenentscheidung
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Nach Abs. 4 gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Sowohl das Bundesamt als auch der Beschwerdeführer beantragten Kostenersatz.
Da die Beschwerde abgewiesen wurde, ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Dem Beschwerdeführer gebührt daher kein Kostenersatz. Dem Bundesamt gebührt als obsiegender Partei Kostenersatz.
Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 VwG-AufwErsV wie folgt festgesetzt:
1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei € 737,60
2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei € 922,-
3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 57,40
4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 368,80
5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 461,00
6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) € 553,20
7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) € 276,60
Eine mündliche Verhandlung fand nicht statt. Somit gebührt dem Bundesamt der Ersatz von Schriftsatzaufwand iHv € 426,20.
Zu Spruchteil A) Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Anhaltung Aufenthaltsverbot Befehls- und Zwangsgewalt Festnahme Festnahmeauftrag Kostentragung MaßnahmenbeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W283.2232494.1.00Im RIS seit
05.02.2021Zuletzt aktualisiert am
05.02.2021