Entscheidungsdatum
24.11.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
W282 2236048-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2020, Zl. XXXX , wegen Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Verfahren hinsichtlich der Aufenthaltsbewilligung „Student“
Am XXXX .2019 stellte der Beschwerdeführer („BF“) einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung „Student“ gem. § 64 Abs. 2 NAG.
Mit Bescheid des Landes Steiermark vom XXXX 2019 wurde dieser Antrag abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe eindeutig ergeben, dass betreffend den BF ein entsprechender Studienerfolg im Ausmaß von jährlich 16 ECTS-Punkten nicht gegeben sei und der Eindruck bestehe, dass nicht beabsichtigt sei, ernsthaft ein Studium zu absolvieren. Für das absolvierte Studienjahr vom 01.10.2018 bis 30.09.2019 habe der BF lediglich 7 ECTS-Punkte bzw. 5 Semesterwochenstunden vorweisen können. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass gem. § 64 Abs. 3 NAG eine Erwerbstätigkeit das Erfordernis des Studiums als ausschließlichen Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen darf, der BF jedoch seit 01.10.2017 laut Versicherungsbestätigung selbstständig sei.
Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 05.03.2020 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen, wobei auch das Landesverwaltungsgericht zum Ergebnis kam, dass kein ernsthafter Studienerfolg vom BF zu erwarten sei.
2. Gegenständliches Verfahren
Am 12.08.2020 stellte der BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005.
Am 03.09.2020 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen.
Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes vom 17.09.2020 wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 12.08.2020 gem. § 55 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gem. § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) sowie gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gem. § 55 Abs.1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise des BF mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seinen von Amts wegen beigegeben Rechtsberater mit Schriftsatz vom 07.10.2020 fristgerecht in vollem Umfang Beschwerde. Es wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG 2005 vom stattgegeben wird, in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die gegen den BF gefällte Rückkehrentscheidung bzw. die Feststellung der Abschiebung des BF nach Kosovo aufgehoben wird, sowie in eventu den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben und zur neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen. Die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde jedoch nicht beantragt.
Am 14.10.2020 wurde die Beschwerde inklusive der mit ihr in Bezug stehenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Der BF reiste am 05.11.2020 nach Abmeldung seines Wohnsitzes im Bundesgebiet im Rahmen der unterstützten freiwilligen Ausreise in sein Heimatland zurück. Der Verein Menschenrechte Österreich legte die ihm erteilte Vollmacht als Rechtsberatungsorganisation gemäß § 52 BFA-VG mit Wirkung zum 18.11.2020 zurück, da kein Kontakt mit dem BF mehr bestehe und dieser über die in der erteilten Vollmacht angegeben Kontaktdaten nicht mehr erreichbar sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Der BF führt ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo, er ist gesund und erwerbsfähig.
Der BF hält sich seit dem Jahr 2013 mit einer Aufenthaltsbewilligung „Student“ in Österreich auf, Verlängerungsanträgen gem. § 64 Abs. 2 NAG sind in der Vergangenheit mehrfach stattgegeben worden. Der letzte Verlängerungsantrag des BF vom XXXX .2019 ist jedoch mit Bescheid des Landes Steiermark vom XXXX .2019 mit der Begründung abgewiesen worden, dass er einen entsprechenden Studienerfolg im Ausmaß von jährlich 16 ECTS-Punkten nicht vorweisen könne. Für das absolvierte Studienjahr vom 01.10.2018 bis 30.09.2019 habe der BF lediglich 7 ECTS-Punkte bzw. 5 Semesterwochenstunden vorweisen können. Zudem ist im Bescheid darauf hingewiesen worden, dass gem. § 64 Abs. 3 NAG eine Erwerbstätigkeit das Erfordernis des Studiums als ausschließlichen Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen darf, der BF jedoch seit 01.10.2017 laut Versicherungsbestätigung selbstständig sei. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 05.03.2020 ist die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden.
Der BF verfügt in Österreich über weitschichtige familiäre Anknüpfungspunkte in Form der Cousine seiner Mutter, die er gelegentlich besucht. Der BF unterhält eine Beziehung zu einer schwedischen Staatsbürgerin, die von ihm schwanger ist, allerdings noch in Schweden lebt. Im Kosovo leben die Mutter des BF sowie sein verheirateter Bruder mit dessen zwei minderjährigen Kindern. Die anderen Geschwister des BF leben in der Schweiz und finanzieren den Lebensunterhalt seiner Mutter.
Der BF ist während seines Studiums mehrfach geringfügig beschäftigt und ehrenamtlich tätig gewesen, allerdings vom 31.10.2017 bis 30.09.2019, somit beinahe zwei Jahre, auch als gewerblich selbstständiger Erwerbstätiger tätig gewesen. Zu Gunsten des BF liegen mehrere Empfehlungsschreiben vor. Der BF war im April 2020 einmalig bei „Team Österreich“ des Roten Kreuzes/Radiosenders Ö3 sowie von März bis Mai 2020 im Ausmaß von ca. 10-15 Stunden die Woche bei einem Projekt der Caritas ehrenamtlich tätig. Weiters liegt ein bedingter Arbeitsvorvertag für den BF als Küchenhilfe vor.
Der BF leidet weder an die Schwelle des Art. 2 bzw. 3 EMRK erreichenden Krankheiten, die eine Rückkehr nach Kosovo unzulässig machen würden, noch an spezifischen Vorerkrankungen in Bezug auf das Corona-Virus und gehört keiner diesbezüglich bekannten vulnerablen Gruppe an.
Der BF meldete sich im Oktober 2020 für die freiwillige Ausreise beim Verein Menschenrechte Österreich an und reiste am 05.11.2020 auf dem Luftweg in den Kosovo aus. Zuvor meldete der BF seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet ab, er ist seit diesem Datum ohne Meldeadresse im Bundesgebiet. Der Verein Menschenrechte Österreich legte die ihm erteilte Vollmacht als Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG am 18.11.2020 zurück. Darin führte der VMÖ aus, es könne kein Kontakt mit dem BF hergestellt werden und sei dieser nicht mehr erreichbar, weiters sei keine Adresse des BF bekannt.
Eine postalische Abgabestelle des BF konnte nicht festgestellt werden, ebenso wenig sind dem BVwG andere Kontaktdaten des BF bekannt.
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kosovo
Dem BF droht im Falle einer Rückkehr nach Kosovo weder asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) noch eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK.
Der Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Kosovo
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Kosovo vom 11.05.2020:
Sicherheitslage
Ethische Spannungen konzentrieren sich im Wesentlichen auf die Beziehungen zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit. Zu differenzieren sind dabei die Beziehungen zu den im Norden in einem zusammenhängenen Gebiet lebenden Serben und jenen Serben, die im restlichen Kosovo in kleineren versprengten Gemeinden wohnen. Letztere unterhalten relativ gute Beziehungen zu den kosovo-albanischen Autoritäten und beteiligen sich an der gesellschaftspolitischen Ausgestaltung im Rahmen der kosovarischen Institutionen. Ganz anders ist hingegen die Situation im Nordkosovo. Die hier lebenden Serben weigern sich, die Unabhängigkeit des Kosovo und zum Teil die Institutionen des neu geschaffenen Staates anzuerkennen. Dementsprechend schwierig gestaltet sich die Zusammenarbeit. Besonders problematisch sind speziell Fragen der Grenze zwischen dem Kosovo und Serbien, zumal diese von den im Norden lebenden Serben nicht anerkannt wird (GIZ 9.2018a). Somit bleibt die Lage im Norden des Kosovo (Gemeinden Zubin Potok, Leposavic, Zvecan und Nord-Mitrovica) angespannt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es auch künftig zu isolierten sicherheitsrelevanten Vorkommnissen kommt, die die allgemeine Bewegungsfreiheit einschränken (AA 2.5.2020).
Mit der Ausnahme des Nordkosovo gilt die Sicherheitslage allgemein als entspannt. Allerdings kann es zu punktuellen Spannungen kommen (GIZ 9.2018a).
In Pristina und anderen Städten des Landes kann es gelegentlich zu Demonstrationen und damit zu einer Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit kommen. In allen anderen Landesteilen Kosovos ist die Lage grundsätzlich ruhig und stabil. Teilweise gewalttätige Protestaktionen der Opposition gegen die Regierung haben sich seit dem ersten Halbjahr 2016 nicht mehr ereignet, das Potential für solche Proteste besteht aber weiterhin (AA 2.5.2020).
Eine Studie des angesehenen Kosovo Center for Security Studies zum Sicherheitsgefühl der Kosovaren aus dem Jahr 2018 ergab, dass sich 85,5% der Befragten in ihrem Zuhause (Wohnung, Haus), 78,8% in ihrer Stadt und 52,4% im Kosovo sicher fühlten. Albanische und nicht-serbische Minderheitenangehörige fühlen sich im Kosovo sicherer als Serben (KCSS 7.2019).
Grundversorgung
Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Das Warenangebot entspricht in der Auswahl (nicht immer in der Qualität) westeuropäischen Standards. Die Sozialhilfe bewegt sich auf niedrigem Niveau. Sozialleistungen reichen zur Befriedigung der Grundbedürfnisse kaum aus. Das wirtschaftliche Überleben sichert in der Regel zum einen der Zusammenhalt der Familien, zum anderen die im Kosovo ausgeprägte zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft. Im Jahr 2017 erhielten 26.111 Familien bzw. 106.649 Personen Sozialhilfe (AA 21.3.2019).
Obwohl das Wirtschaftswachstum des Kosovo in den letzten zehn Jahren besser war als das seiner Nachbarn und weitgehend integrativ, reichte es nicht aus, um genügend formelle Arbeitsplätze, insbesondere für Frauen und Jugendliche, bereitzustellen oder die hohen Arbeitslosenquoten deutlich zu senken. Das Wachstumsmodell stützt sich in hohem Maße auf Überweisungen, um den Binnenkonsum anzukurbeln, hat sich aber in jüngster Zeit auf ein stärker investitions- und exportgetriebenes Wachstum verlagert (WB o.D.).
Die kosovarische Wirtschaft wuchs in der Zeit nach der globalen Finanzkrise beständig über dem Durchschnitt des Westbalkans, wenn auch von einer niedrigen Basis aus. Das Pro-Kopf-BIP stieg von 1.088 US-Dollar im Jahr 2000 auf 4.458 US-Dollar im Jahr 2019. Trotz dieses Anstiegs des Pro-Kopf-Einkommens in den letzten 20 Jahren ist das Kosovo gemessen am Pro-Kopf-BIP nach wie vor das drittteuerste Land in Europa. Das jährliche Wachstum wird auf vier Prozent geschätzt, angetrieben durch den Konsum, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich, und durch Dienstleistungsexporte. Das Leistungsbilanzdefizit fiel von 7,6% des BIP im Jahr 2018 auf 5,5% im Jahr 2019, da sich das Importwachstum verlangsamte. Die Erwerbsbeteiligung ist mit durchschnittlich 40,5% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter im Jahr 2019 nach wie vor chronisch niedrig. Die Arbeitslosenquote sank um 3,9 Prozentpunkte auf 25,7%. Die Staatsverschuldung ist gering, hat aber in den letzten Jahren rasch zugenommen. Die öffentliche und staatlich garantierte Verschuldung wird für Ende 2019 auf 17,7% des BIP geschätzt und ist damit die niedrigste auf dem Westbalkan, was dem Land Raum für die Aufnahme von Krediten zu Vorzugsbedingungen für produktive Investitionen mit einer hohen Rendite bietet. Der von den Banken dominierte Finanzsektor im Kosovo ist gesund und solide. Sowohl Kredite als auch Einlagen nahmen weiter zu (WB 2020).
Die kosovarische Wirtschaft leidet an einer unzureichenden Infrastruktur. Während es in den letzten Jahren zwar deutliche Verbesserungen hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur, v.a. beim Ausbau des Autobahnnetzes gegeben, hat, stellt die instabile Energieversorgung weiterhin ein schwerwiegendes Entwicklungsproblem dar. Problematisch ist auch die politische Instabilität mit häufigen Regierungswechseln und fehlender entwicklungsorientierter Wirtschaftspolitik. Das Wirtschaftssystem weist klare Charakteristika politischer Patronage auf, mit der Dominanz des öffentlichen Sektors. Dazu gehören einerseits die öffentliche Verwaltung, in der - basierend auf einer parteipolitisch motivierten Personalpolitik - extrem hohe Gehälter bezahlt werden, und andererseits ineffiziente, politisch kontrollierte öffentliche Unternehmen bei gleichzeitig schleppend voranschreitender Privatisierung. Hinzu kommt ein schwacher Rechtsstaat mit einer schwachen und politisierten Justiz und Polizei, teils kriegsbedingt noch immer unklaren Eigentumsverhältnissen, der mangelnden auch wirtschaftlichen Kontrolle über Teile des kosovarischen Territoriums, in erster Linie der vier mehrheitlich serbisch bewohnten Gemeinden im Norden, sowie das Problem grassierender, systematischer Korruption (GIZ 3.2020c). Vor diesem Hintergrund blüht weiterhin ein substantieller informeller Wirtschaftssektor, welcher marktwirtschaftliche Regeln unterläuft, Arbeiterrechte und den Sozialstaat aushöhlt. Die EU-Kommission schätzte 2019 den Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttosozialprodukt auf 30%. Das extreme Handelsbilanzdefizit macht Kosovo in hohem Maße von ausländischer Hilfe und Überweisungen abhängig. Der Anteil der informellen Wirtschaftsleistung ist immens – schätzungsweise zwischen 27% und 45%. Weitere Probleme sind die unzureichende Infrastruktur (Energie, Wasser und Verkehr), ungelöste rechtliche Verhältnisse, mangelnde Transparenz, Korruption, Kriminalität, etc. (GIZ 3.2020c).
Kosovos Arbeitslosenquote belief sich laut nationalem Statistikamt im Jahr 2019 auf 25,70% (gegenüber 29,60% im Jahr 2018). Dies ist der geringste Wert, der seit zwanzig Jahren gemessen wurde (CEIC 2.4.2020; vgl. WB 2020). Trotzdem bleibt die Arbeitslosigkeit mit einer Zahl von ca. 130.000 Unbeschäftigten Ende 2019 eines der zentralen Probleme. Der Arbeitsmarkt im Kosovo ist geprägt durch eine niedrige Erwerbsbeteiligung (Beschäftigungsqoute Ende 2019: 30,7%), ein hohes Maß an langfristiger Arbeitslosigkeit (über 70% aller Arbeitslosen) und Jugendarbeitslosigkeit (Jugendarbeitslosigkeitsquote 2019, Q4: 49,1%) sowie durch erhebliche Genderdisparitäten (Frauenbeschäftigungsquote 2016, Q4: 22,4%, gegenüber einer Männerbeschäftigungsquote von 60,2%). Im Kosovo existiert allerdings ein sehr ausgedehnter informeller, nicht von der Statistik erfasster Sektor, welcher z. B. einen Großteil der Frauen umfasst, die in Subsistenzwirtschaften Leistungen im Agrarsektor erbringen. Folgen der Informalität sind Einnahmeeinbußen bei den Sozialabgaben sowie ein Mangel an sozialer und arbeitsrechtlicher Absicherung der Arbeitnehmer. Eine staatliche Arbeitslosenversicherung existiert im Kosovo nicht. Jährlich drängen ungefähr 36.000 junge Arbeitssuchende neu auf den Arbeitsmarkt, von denen nur ein geringer Teil absorbiert werden kann. Für die überwiegende Mehrheit bleibt daher eine der folgenden Optionen: (weiterführende) Aus- und Weiterbildung, Studium, Arbeitslosigkeit, informelle Beschäftigung oder Migration. Etwa ein Drittel aller jungen Kosovaren geht weder einer Schulbildung, Ausbildung oder Beschäftigung nach. Die Arbeitgeber bemängeln, dass der Ausbildungsstand der jungen Kosovaren nicht den Bedürfnissen der Unternehmen nach qualifizierten Arbeitskräfte entspricht. Hieraus resultiert das Paradoxon der Gleichzeitigkeit von hoher Arbeitslosigkeit und unbesetzter Arbeitsstellen. Ein weiteres Problem ist, dass die ökonomischen und sozialen Statistikdaten immer noch unvollständig und Teils von mangelnder Qualität sind, was sowohl die Bewertung der effektiven Wirtschaftsentwicklung beeinträchtigt als auch die wirtschafts- und sozialpolitische Planung (GIZ 3.2020c).
Etwa 18% der kosovarischen Bevölkerung leben in absoluter Armut (täglich verfügbares Einkommen geringer als € 1,72) und 5,2% in extremer Armut (€ 1,20). Obwohl die einzelnen Studien und Armutsberichte nicht direkt vergleichbar sind, gibt es Hinweise dafür, dass sich das Ausmaß der Armut im Kosovo in den letzten zehn Jahren leicht reduziert hat. Armutsgefährdung korreliert stark mit Ethnizität (insbesondere die Gruppen der RAE (Roma, Ashkali, Ägypter) – Minderheiten sind von Armut überproportional stark betroffen), Alter (Kinder), Bildung (Geringqualifizierte), Geographie und Haushaltsgröße (große Familien, sowie Familien mit weiblichem Haushaltsvorstand). Der Lebensstandard ist im Kosovo sehr ungleich verteilt, mit Unterschieden in der durchschnittlichen Lebenserwartung von bis zu 10 Jahren zwischen einzelnen Gemeinden. Ein konsistentes geographisches Muster lässt sich jedoch nicht feststellen. Ein bedeutender Teil der Gesellschaft ist als mehrdimensional arm zu bezeichnen: Neben dem Mangel an pekuniären Ressourcen ist der Zugang zu sozialer Infrastruktur bzw. die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse, wie z. B. fließendes Wasser, für viele Menschen begrenzt. Der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel und der Ausgaben für Wohnraum an den gesamten Konsumausgaben eines Haushalts liegt im Kosovo im Durchschnitt bei 73%, die Ausgaben für Bildung und Gesundheit entsprechen 4% der gesamten Konsumausgaben. Der Human Development Index für Kosovo liegt laut dem Human Development Report Kosovo 2016 bei 0.741 (2015), was eine deutliche Steigerung gegenüber 2011 (0.713) bedeutet, jedoch einen der niedrigsten Werte in der Region darstellt (GIZ 3.2020b).
Sozialbeihilfen
Die Leistungsgewährung von staatlichen Sozialhilfeleistungen für bedürftige Personen erfolgt auf Grundlage des Gesetzes No. 2003/15. Jede Gemeinde verfügt über ein Zentrum für Soziales. Angehörige der Minderheiten werden zusätzlich von den in jeder Gemeinde eingerichteten Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (Municipal Office for Communities and Return, MOCR) betreut. Die Freizügigkeit wird für Sozialhilfeempfänger nicht eingeschränkt. Für den weiteren Sozialhilfebezug ist in der Kommune des neuen Wohnortes ein entsprechender Antrag zu stellen. Die Sozialhilfe bewegt sich auf niedrigem Niveau. Sozialleistungen reichen zur Befriedigung der Grundbedürfnisse kaum aus. Das wirtschaftliche Überleben sichert in der Regel zum einen der Zusammenhalt der Familien, zum anderen die in Kosovo ausgeprägte zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft. Im Jahr 2017 erhielten 26.111 Familien bzw. 106.649 Personen Sozialhilfe (AA 21.3.2019).
Das Gesetz über die soziale Grundsicherung umfasst zwei Kategorien von Leistungsempfängern. Kategorie I definiert Familien als Leistungsempfänger, in denen alle Familienmitglieder temporär oder dauerhaft dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, z.B. Kinder bis 14 Jahre, Jugendliche bis 18 Jahren, sofern diese in das Bildungssystem integriert sind, Alleinerziehende mit mindestens einem Kind unter 15 Jahren, Personen mit schwerer und dauerhafter Behinderungen über 18 Jahre, ältere Personen über 65 Jahre. Kategorie II umfasst jene Familien, in denen mindestens ein Familienmitglied dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und in denen mindestens ein Kind jünger als 5 Jahre bzw. ein/e Waise jünger als 15 Jahre versorgt wird. Die Leistungen aus beiden Kategorien sind an strenge Bedürftigkeitsprüfungen gebunden. Die monatliche Unterstützungsleistung variiert von € 50 für eine einzelne Person bis zu maximal € 150 für eine Familie mit sieben oder mehr Mitgliedern, was einer Lohnersatzquote von 11.2% (Einzelperson) entspricht. 2018 empfingen ca. 25.300 Familien mit ca. 103.409 Familienmitgliedern Sozialhilfe, ein Bevölkerungsanteil von 6%. Die Gesamtaufwendungen sind mit ca. € 32.9 Mio. bzw. einem Anteil von 0.5% des BIPs gering. Im Kosovo gibt es zwei spezielle Institutionen, die sich auf die Versorgung von Erwachsene mit psychischen Erkrankungen (in Shtime) bzw. auf die Versorgung älterer Menschen (in Prishtina) spezialisiert haben. Daneben wurden jüngst fünf kommunale Einrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung sowie Einrichtungen für ältere Menschen eröffnet. Die Institutionen in Shtime und Prishtina wurden in der Vergangenheit wiederholt mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht (GIZ 3.2020b).
Medizinische Versorgung
Die mangels eines öffentlichen Krankenversicherungssystems weiterhin staatlich finanzierte medizinische Grundversorgung der Bevölkerung ist auf drei Ebenen organisiert: Die erste Ebene umfasst die hausärztliche Grundversorgung, insgesamt 422 Praxen und regionale Gesundheitszentren (GIZ 3.2020b; vgl. AA 21.3.2019). In letzteren werden Patienten durch Ärzte für Allgemeinmedizin sowie durch weitere Fachärzte, wie Ärzte für Pädiatrie, Dermatologie, Ophthalmologen, Gynäkologen und Zahnärzte behandelt. Zur Beseitigung des Personalmangels wurde im Jahr 2017 das Personal der primären Erstversorgung umfangreich aufgestockt. Die ambulante Grundversorgung durch Allgemeinmediziner und andere Fachärzte sowie medizinisches Assistenzpersonal erfolgt in sogenannten Familien-Gesundheitszentren. Diese Gesundheitszentren werden in Verantwortung der jeweiligen Gemeinden betrieben; die Finanzierung der erforderlichen Sachmittel erfolgt durch die Gemeinden, jene der Personalkosten aus staatlichen Mitteln des Gesundheitsministeriums (AA 21.3.2019).
Die staatliche sekundäre Versorgung beinhaltet die ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung in den Regionalkrankenhäusern in Ferizaj/Urosevac, Gjakova/Djakovica, Gjilan/Gnjilane, Mitrovica-Nord und -Süd, Peja/Pec, Prizren und Vushtrri/Vucitrn (GIZ 3.2020b; vgl. AA 21.3.2019). Die tertiäre Gesundheitsversorgung wird durch die Universitätsklinik Pristina sowie staatliche Institute gewährleistet, die umfassende, auch komplexe medizinische Dienstleistungen anbieten. Gleichzeitig ist die Universitätsklinik für die sekundäre Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung der Region Pristina zuständig und wird dementsprechend stark frequentiert. Die Bettenkapazität zur stationären Behandlung von Patienten in den Krankenhäusern ist ausreichend (AA 21.3.2019).
Die Zahl der lizenzierten privaten Krankenhäuser in Kosovo belief sich 2019 auf 23. Die Nachfrage nach (lebenswichtigen) Medikamenten kann, trotz Verbesserungen in den letzten Jahren, nicht vollständig befriedigt werden, was einen Nährboden für die Entwicklung schwarzer und grauer Märkte bietet. Kosovo und Albanien besitzen die höchste Rate an intra-Krankenhaus-Infektionen im europäischen Vergleich, was insbesondere auf hygienische Probleme zurückzuführen ist. Die medizinische Infrastruktur im Kosovo bleibt trotz erheblicher Investitionen lückenhaft. Zusammen mit dem Mangel an medizinischem Fachwissen führt dies zum Problem, dass bestimmte Krankheiten (z. B. Leukämie, Nierenversagen) im Kosovo nicht behandelt werden können. Ein effizientes Informationsverarbeitungssystem fehlt gänzlich. Die Doppelfunktion von medizinischem Personal, welches gleichzeitig in öffentlichen und privaten Institutionen beschäftigt ist, führt zu substantiellen Interessenkonflikten. Entscheidungen über die Budgetverteilung scheinen zuweilen klar politisch motiviert zu sein und sind kaum evidenzbasiert. Schließlich erschweren die finanziellen Barrieren den Zugang zum Gesundheitssystem, was gravierende Ungleichheiten zur Folge hat. Wohlhabende Patienten fragen in zunehmendem Maße Leistungen privater Anbieter nach und/oder nutzen das Angebot (privater) medizinischer Akteure im Ausland (GIZ 3.2020b).
Bereits im Dezember 2012 wurde ein Gesetz zur Reform des Gesundheitssystems verabschiedet, im April 2014 ergänzend das Gesetz über die Krankenversicherung. Das Krankenversicherungsgesetz sieht eine staatliche, für alle kosovarischen Bürger obligatorische Krankenversicherung vor. Viele Einzelheiten sind aber nach wie vor ungeklärt. Die Implementierung der Krankenversicherung wird deshalb immer wieder verschoben. Eine sofortige Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung nach Einführung des öffentlichen Krankenversicherungssystems wird derzeit als nicht realistisch eingestuft (AA 21.3.2019).
Als Folgen der andauernden Unterfinanzierung der Budgets sind staatlich finanzierte Basismedikamente der Essential Drug List sowie Zytostatika zur Behandlung von Tumorerkrankungen für berechtigte Empfänger nur selten kostenlos erhältlich. In der Realität können staatlicherseits Basis-Medikamente der Essential Drug List nicht regelmäßig und im benötigten Umfang zur Verfügung gestellt werden. Deshalb haben es insbesondere Neuerkrankte schwer, in den Genuss eines kostenlosen Bezugs staatlich finanzierter Medikamente zu kommen. Für Betroffene bleibt in einer solchen Situation nur die Möglichkeit, benötigte Medikamente privat finanziert zu beschaffen. Patienten erhalten vom behandelnden Arzt eine Liste mit benötigten Medikamenten und Verbrauchsmaterialien, die der Patient bzw. ein ihn betreuender Verwandter in einer der vielen Apotheken privat kaufen muss. Lediglich Medikamente für die Behandlung von an TBC oder AIDS erkrankten Patienten gehören wie Insulin zu den regelmäßig kostenlos vom Gesundheitsministerium zur Verfügung gestellten Medikamenten (AA 21.3.2019).
Trotz kontinuierlicher Verbesserungen der meisten Gesundheitsindikatoren bleibt die Gesundheitssituation insgesamt alarmierend. Die Säuglings- und Müttersterblichkeit gehört jeweils zu den höchsten in ganz Europa. Die Immunisierungsrate hat sich jüngst auf über 90% erhöht, bleibt allerdings niedrig unter den RAE-Minderheiten. Das Ausmaß der Umweltverschmutzung sowie der Umgang mit suchtgefährdenden Substanzen, insbesondere Tabak, stellen ein enormes Risiko für die Gesundheit der kosovarischen Bevölkerung dar (GIZ 3.2020b). In Ermangelung einer universellen Gesundheitsversorgung sind Gemeinschaften von Roma und Ashkali, aufgrund ihrer schwierigen sozio-ökonomischen Lage, besonderen Schwierigkeiten beim Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen ausgesetzt. Nur der Zugang zu sehr grundlegenden Dienstleistungen ist kostenlos (EC 29.5.2019).
Rückkehr
Die meisten europäischen Staaten haben mit Kosovo bilaterale Rückübernahmeabkommen abgeschlossen (AA 21.3.2019). Diese Rückübernahmeabkommen werden problemlos implementiert. Asylanträge kosovarischer Bürger in der EU sinken seit 2015, dementsprechend sinken auch die Rückführungen. Die Zahl der aus den EU-Staaten in den Kosovo zurückgeführten Personen ist von 18.789 im Jahr 2015, 11.030 im Jahr 2016 und 4.509 im Jahr 2017 auf 2.395 im Jahr 2018 gefallen (1.668 zwangsweise und 727 freiwillig). Im Jahr 2017 betrug die Rückkehrrate der in der EU aufhältigen kosovarischen Bürger, die seitens der Gastländer zum Verlassen des Territoriums angehalten wurden, in den Kosovo 85,9% (EC 29.5.2019).
Das kosovarische Innenministerium prüft vor seiner Zustimmung zu einer Rückführung aus Drittstaaten anhand von Dokumenten, bestehenden Registereinträgen und/oder Zeugenaussagen die Herkunft einer Person aus Kosovo und das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 32 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes für die kosovarische Staatsangehörigkeit. Daher ist davon auszugehen, dass in Rückführungsfällen die formellen Voraussetzungen für die Registrierung als „Resident of Kosovo“ erfüllt werden. Probleme entstehen für Eltern bei der Registrierung von im Ausland geborenen Kindern, wenn lediglich Geburtsanzeigen vorgelegt werden können, weil Standesämter mangels fehlender Identitätsdokumente der Eltern keine Geburtsurkunden ausstellen können. Seit Mai 2010 hat die kosovarische Regierung Strategien für die Reintegration von Rückkehrern verabschiedet (AA 21.3.2019).
Geleitet wird der gesamte Reintegrationsprozess von der Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern im kosovarischen Innenministerium. Für diese Abteilung arbeiten u.a. sechs sogenannte Regionalkoordinatoren, die dezentral in den größeren Gemeinden des Kosovo (auch Nord-Mitrovica) tätig sind und als Ansprechpartner für die in jeder Gemeinde eingerichteten Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (Municipal Office for Communities and Return, MOCR) fungieren sollen sowie auch Mitglieder der kommunalen Ausschüsse für Reintegration (Municipal Committees for Reintegration, MCR) sind. Zu den Aufgaben der Regionalkoordinatoren gehört auch ein Monitoring der MOCR und der MCR. Zudem können sie im Bereich der Wohnraumbeschaffung eigenständig tätig werden. Die erste Kontaktaufnahme zu den Rückkehrern findet bereits unmittelbar nach deren Ankunft in einem eigenen Büro der „Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern“ [DRRP - Department for Reintegration of Repatriated Persons] im Flughafen Pristina statt. Falls erforderlich, werden Transport in die Heimatgemeinde oder eine befristete Unterkunft in einer Einrichtung in Pristina angeboten sowie Ansprechpartner in den Kommunen benannt. Im Bedarfsfall können individuelle medizinische Versorgungsmöglichkeiten über die Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern in Zusammenarbeit mit den kosovarischen Behörden organisiert werden (AA 21.3.2019).
2. Beweiswürdigung
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Die Feststellungen hinsichtlich des Namens des BF, seines Geburtsdatums und seiner Staatsangehörigkeit werden anhand der im Verwaltungsakt einliegenden Kopie seines Reisepasses getroffen.
Die Feststellungen bezüglich des Verfahrens hinsichtlich seiner Aufenthaltsbewilligung „Student“ gründen sich auf den unzweifelhaften Akteninhalt des Verwaltungsaktes des Bundesamtes
Die Feststellungen hinsichtlich der familiären Anknüpfungspunkte des BF sowohl in Österreich als auch im Kosovo bzw. in der Schweiz sowie der Beziehung mit seiner schwedischen Freundin erfolgen anhand seiner eigenen Angaben im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 03.09.2020.
Die Feststellungen hinsichtlich der beruflichen bzw. ehrenamtlichen Tätigkeiten des BF ergeben sich einerseits aus dem eingeholten Versicherungsdatenauszug, andererseits aus den zahlreichen vorgelegten Bestätigungen bzw. Empfehlungsschreiben sowie den eigenen Angaben des BF im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 03.09.2020.
Die Feststellung, dass der BF weder an die Schwelle des Art. 2 bzw. 3 EMRK erreichenden Krankheiten, die eine Rückkehr nach Kosovo unzulässig machen würden, noch an spezifischen Vorerkrankungen in Bezug auf das Corona-Virus leidet, kann anhand des Umstandes getroffen werden, dass sich im gesamten Verfahren weder gegenteilige Anzeichen ergeben haben noch derartige Anzeichen vorgebracht worden sind.
Die Feststellung hinsichtlich der strafrechtlichen Unbescholtenheit des BF gründet sich auf den eingeholten Strafregisterauszug vom 14.10.2020.
Dass, der BF am 05.11.2020 in seinem Heimatland im Wege der freiwilligen Ausreise zurückgereist ist ergibt sich aus der Mitteilung des Bundesamtes (OZ 4) und der diesbezüglichen Ausreisebestätigung (OZ 11).
Die Feststellungen zur und zu den Umständen der Zurücklegung der Vollmacht durch die Rechtsberatungsorganisation, der der BF Vollmacht erteilt hatte, ergibt sich aus deren Schreiben vom 18.11.2020 (OZ 13).
2.2. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Kosovo.
Die Feststellung, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Kosovo weder asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) noch eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK droht, erfolgen einerseits anhand seiner eigenen Angaben im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 03.09.2020, andererseits aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Kosovo sowie dem Umstand, dass Kosovo als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV) angesehen wird.
Zudem sind anhand des Länderinformationsblattes keine Anzeichen erkennbar, dass die Grundversorgung bzw. medizinische Versorgung im Kosovo generell nicht gegeben wäre oder sich der BF in einer schlechteren Situation als die übrige Bevölkerung befindet. Der BF hat bis zu seiner Ausreise im Kosovo gelebt, weshalb ihm jedenfalls zugemutet werden kann, wieder in diesem Staat zu leben, zumal sich der BF seines nicht dauerhaften Aufenthaltsstatus als Student bewusst sein musste und er immer noch über familiäre Anknüpfungspunkt im Kosovo verfügt. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der am 05.11.2020 freiwillig in sein Heimatland zurückgereist ist, wodurch allein dem Vorbringen, er habe dort keine Unterkunft der Boden entzogen ist.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu A)
3.1. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides
Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)) erreicht wird.
Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 leg.cit. vor, ist gem. § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gem. § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gem. § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG)) verfügen, unzulässig wäre.
Gem. § 10 Abs. 3 AsylG 2005 sowie gem. § 52 Abs. 3 FPG ist die Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. §§ 55-57 FPG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung gem. § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Für den Fall des BF ergibt sich daraus Folgendes:
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Unter Volljährigen reicht das rechtliche Band der Blutsverwandtschaft allein nicht, um ein Familienleben iSd Art 8 MRK zu begründen. Hier wird auf das tatsächliche Bestehen eines effektiven Familienlebens abgestellt, darüber hinaus müssen zusätzliche Merkmale einer Abhängigkeit gegeben sein, die über die sonst üblichen Beziehungen hinausgehen. Vgl. ua. EGMR 30.11.1999 (Baghli gegen Frankreich) Ziff 35; EGMR Ezzouhdi (FN 9) Ziff 34; EGMR 10.07.2003 (Benhebba gegen Frankreich); EGMR 17.01.2006 (Aoulmi gegen Frankreich).
Da der BF nach eigenen Angaben in Österreich lediglich über familiäre Anknüpfungspunkte in Form der Cousine seiner Mutter verfügt, die er gelegentlich besucht, und seine schwangere Freundin in Schweden lebt, ist ein Eingriff in das Rechts des BF auf Familienleben in Österreich iSd Art. 8 EMRK von Anfang an auszuschließen.
Der BF ist seit dem Jahr 2013 in Österreich aufhältig und hat in diesem Land studiert bzw. gearbeitet, weshalb von einem schützenswerten Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK ausgegangen werden kann. Daher ist zu prüfen, ob ein Eingriff in dieses Privatleben eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind (Art. 8 Abs. 2 EMRK).
Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60.654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff.).
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (Hinweis E 23. Juni 2015, Ra 2015/22/0026 und 0027). Andererseits können auch unbeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden (vgl. dazu VwGH 23.01.2020, Ra 2019/21/0378).
Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer notwendig ist.
Daher ist zu prüfen, ob der Eingriff in das Recht des BF auf Achtung des Privat- und Familienlebens im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verfolgt. Es ist eine individuelle Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, um festzustellen, ob der Eingriff durch die Rückkehrentscheidung auch als verhältnismäßig angesehen werden kann.
Der BF ist im Jahr 2013 mit einer Aufenthaltsbewilligung „Student“ gem. § 64 NAG eingereist und hält sich seither im Bundesgebiet auf. Verlängerungsanträgen gem. § 64 Abs. 2 NAG sind in der Vergangenheit mehrfach stattgegeben worden. Der letzte Verlängerungsantrag des BF vom XXXX .2019 ist jedoch mit Bescheid des Landes Steiermark vom XXXX .2019 mit der Begründung abgewiesen worden, dass er einen entsprechenden Studienerfolg im Ausmaß von jährlich 16 ECTS-Punkten nicht vorweisen könne. Für das absolvierte Studienjahr vom 01.10.2018 bis 30.09.2019 habe der BF lediglich 7 ECTS-Punkte bzw. 5 Semesterwochenstunden vorweisen können. Zudem ist darauf hingewiesen worden, dass gem. § 64 Abs. 3 NAG eine Erwerbstätigkeit das Erfordernis des Studiums als ausschließlichen Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen darf, der BF jedoch seit 01.10.2017 laut Versicherungsbestätigung selbstständig sei. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 05.03.2020 ist die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0016 hinsichtlich § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG 2014 zu berücksichtigen ist, dass dem Fremden von Anfang bewusst sein musste, dass ihm die erteilten Aufenthaltsbewilligungen (Student danach Aufenthaltskarte gemäß § 54 Abs. 1 NAG 2005) nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht vermitteln konnten und sein weiterer Verbleib immer von einem entsprechenden Studienerfolg abhängen wird.
Es wird zwar nicht verkannt, dass der BF regelmäßig während seines Studiums erwerbstätig bzw. ehrenamtlich tätig gewesen ist, allerdings kann nach VwGH 19.06.2012, 2009/18/0501 die berufliche Integration des Fremden nicht entscheidend zu seinen Gunsten ausschlagen, wenn der Fremde bislang nur im Besitz eines Aufenthaltstitels für Studierende gewesen ist und gemäß § 64 Abs. 2 NAG 2005 die in diesem Rahmen ausgeübte Erwerbstätigkeit das Erfordernis des Studiums als ausschließlicher Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen darf.
Letztlich ist auch festzuhalten, dass die ehrenamtliche Tätigkeit des BF erst just zu einem Zeitpunkt (März 2020) begann, als dem BF die weitere Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung „Student“ bereits rechtkräftig vom LVwG Steiermark am 05.03.2020 abgewiesen worden war. Es erscheint dem BVwG daher plausibel, dass der BF hierbei vor allem die Absicht hatte, rasch seinen Integrationsstatus im Hinblick auf § 9 BFA-VG für die folgende Antragstellung nach § 55 AsylG 2005 beim Bundesamt zu verbessern. Es ist im Hinblick auf vergleichbare Beschwerdeverfahren bei Abweisung von Anträgen nach § 55 AsylG 2005 als gerichtsnotorisch festzuhalten, dass kosovarische Staatsbürger, die mehrere Jahre aufgrund von Aufenthaltsbewilligungen nach den §§ 63, 64 NAG im Bundegebiet verbracht haben, iaR sehr gut über die ausschlaggebenden Integrationskriterien für die Antragstellung nach § 55 AsylG 2005 informiert sind. Generell sind aber Integrationsschritte, die bereits im Zustand eines unrechtmäßigen Aufenthalts nach Ablauf bzw. Nicht-Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung in Anbetracht einer drohenden aufenthaltsbeenden Maßnahme gesetzt werden, nicht mehr als maßgeblich authentische Integrationsbemühungen anzurechnen.
Auch ist der Umstand, dass der BF fast zwei Jahre von 31.10.2017 bis 30.09.2019 als gewerblich selbstständig Erwerbstätiger tätig gewesen ist, nicht zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Viel mehr wird durch dieses Verhalten sowie unter Beachtung der äußert niedrigen Anzahl an absolvierten ECTS-Punkten im Studienjahr vom 01.10.2018 bis 30.09.2019 der Eindruck erweckt, dass der BF zumindest ab diesem Zeitpunkt einen anderen Aufenthaltszweck als das Studium beabsichtigt hat bzw. die Erreichung einer Aufenthaltsverfestigung beabsichtigt hat.
Im diesem Zusammenhang hat auch der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass von einem unabwendbaren oder unvorhersehbaren Hinderungsgrund iSd § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG 2005 nur die Rede sein kann, wenn der Hinderungsgrund nicht dauerhaft ist (vgl. VwGH 25.4.2019, Ra 2019/22/0075). Weiters fallen nach VwGH 10.12.2019, Ra 2019/22/0093 nach der zu § 64 Abs. 3 NAG 2005, idF vor BGBl. I Nr. 56/2018, ergangenen Rechtsprechung des VwGH, die aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung auf die Rechtslage, BGBl. I Nr. 56/2018, übertragbar ist, weder psychische Belastungen durch die Erkrankung eines Familienmitglieds (vgl. VwGH 6.7.2010, 2010/22/0090) noch familiär bedingte Abwesenheiten (vgl. VwGH 20.1.2011, 2009/22/0077) unter den Tatbestand des § 64 Abs. 3 (nunmehr Abs. 2) NAG 2005. Wenn der BF daher argumentiert, er habe deswegen so wenig ECTS-Punkte absolviert, weil er seine schwedische Freundin kennengerlernt habe, ist dieser Umstand auch im ggst. Verfahren so wie auch schon im Verfahren vor dem LVwG Steiermark nach der zitierten Judikatur nicht weiter zu berücksichtigen.
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Insbesondere soll das Umgehen der fremdenrechtlichen Bestimmungen verhindert werden.
In diesem Zusammenhang ist auf die durchaus strengen Bestimmungen des § 64 NAG hinzuwiesen, denn gem. Abs. 5 leg.cit. ist die Änderung des Aufenthaltszwecks als Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung „Student“ gem. Abs. 4 leg.cit. im Rahmen eines Zweckänderungsverfahrens (§ 26 NAG) oder eines Verfahrens gem. § 24 Abs. 4 NAG nur in den Fällen der §§ 41, 42, 43c oder § 47 Abs. 2 NAG zulässig. Diese Bestimmungen zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber eine Aufenthaltsverfestigung von Fremden, die über eine Aufenthaltsbewilligung „Student“ verfügen, verhindern will, sofern sie ihr Studium nicht abschließen oder aber zumindest nachhaltig und erfolgreich betreiben.
Der Umstand, dass der BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, Zl. 2002/18/0112).
Es ist anhand dieser Umstände davon auszugehen, dass die Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet, auch aufgrund der Tatsache, dass nur eine Eingriff in das Privatleben des BF vorliegt, insgesamt nur aufgrund der Aufenthaltsdauer von sieben Jahren zumindest moderates Gewicht haben aber dennoch gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten.
Eine Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gem. § 55 AsylG 2005 scheint daher nicht geboten, weshalb gem. § 10 Abs. 3 AsylG 2005 und § 52 Abs. 3 FPG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung zu erlassen war.
Die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides waren daher im Ergebnis nicht zu beanstanden und war die Beschwerde hiergegen gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Kosovo ist gegeben, da nach den Feststellungen keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde und es beim Kosovo darüber hinaus um einen sicheren Herkunftsstaat handelt. Weiters ist festzuhalten, dass der BF am 05.11.2020 freiwillig in sein Heimatland zurückgereist ist, was ebenfalls klar gegen seine Gefährdung durch die Rückkehr in den Kosovo spricht.
Zudem ist eine spezielle Gefährdung des BF im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK hinsichtlich der COVID-19-Pandemie nicht ersichtlich. Er fällt weder in die Risikogruppen der älteren Personen noch in jene der Personen mit spezifischen relevanten physischen Vorerkrankungen, sodass auch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass er bei einer Rückkehr nach Kosovo eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus zu gewärtigen hätte. Zudem ist anhand des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation über Kosovo erkennbar, dass die medizinische Versorgung der Bevölkerung gewährleistet ist.
Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war daher im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden und war die Beschwerde auch hiergegen gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht gem. § 55 Abs. 1a FPG nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gem. § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise gem. § 55 Abs. 3 FPG einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.
Der BF führte weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Beschwerdeverfahren besondere Umstände in Hinblick auf einen Regelungsbedarf seiner persönlichen Verhältnisse ins Treffen, die dem Ausspruch einer Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides entgegenstünden. Solche sind auch nicht amtswegig hervorgetreten.
Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides war somit im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden und war die Beschwerde auch gegen diesen Spruchpunkt gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Beschwerdeverhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der BF hat in der Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind im gegenständlichen Fall erfüllt, zumal in der Beschwerde der Beurteilung durch den angefochtenen Bescheid auch nichts Konkretes entgegengehalt