TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/27 W282 2236747-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.11.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.11.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §53 Abs2 Z6

Spruch


W282 2236747-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX . geb. XXXX , StA.: Serbien, vertreten durch RA Dr. Thomas König, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom XXXX .2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)       

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid abgeändert, dass dessen Spruchpunkt VI. zu lauten hat:

„Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 und Abs. 2 Z 6 FPG wird gegen Sie ein auf die Dauer von 2 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige Serbiens, wurde am 02.07.2020 von Beamten der Landespolizeidirektion Wien (LPD Wien), Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, ebendort einer Identitätsfeststellung unterzogen, nachdem die Beamten bei einer Amtshandlung zur Überprüfung des Verdachts einer Aufenthaltsehe die BF in der diesbezüglichen Wohnung antrafen. Die Wohnung an der die Wohnsitzüberprüfung stattfand, war jene des Ex-Gatten der BF. Nach mehrmaligem Klopfen öffnete eine dritte Person die Tür, und gab über Befragen an, eine „Kundin“ der BF zu sein, da die BF hier ein Nagestudio betreibe. Sie habe 15€ für neue Kunstnägel bezahlt. Die Beamten nahmen wahr, dass die BF in der Wohnung einen Arbeitsplatz für ihr Nagelstudio eingerichtet hatte und fertigten Lichtbilder an. Nach einer Kontrolle des ebenfalls anwesenden mj. Sohnes der BF, der ebenfalls serbischere Staatsbürger ist, wurden die Reisepässe der BF und des Sohnes sichergestellt. Die Kontrolle der Einreisestempel im Reisepass der BF ergab eine erhebliche Überschreitung des erlaubten visumfreien Aufenthalts von 90 Tagen.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt), Regionaldirektion Wien, leitete in diesem Zusammenhang ein Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ein. Der BF wurde am 14.07.2020 ein schriftliches Parteiengehör übermittelt. Die BF ließ in Folge noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheids durch den Verein Menschenrechte Österreich am 16.07.2020 anfragen, wann ihr Reisepass für die freiwillige Ausreise abgeholt werden könne und reiste in Folge nach Serbien aus. Die nunmehr rechtsfreundlich BF erstattete durch ihren Rechtsvertreter am 03.08.2020 eine Stellungnahme, in der pauschal vorgebracht wird, die visafreie Zeit sei nicht überschritten worden, die BF und ihr Sohn seien lediglich zu Besuch in Wien gewesen. Beide seien auch schon nach Serbien zurückgereist, es seien ausreichend Unterhaltsmittel vorhanden. Es sei keiner illegalen Beschäftigung nachgegangen worden, die Behörde verwende „Standardformulare die nicht auf den Einzelfall angewendet werden können“.

3. Gegen Ende August 2020 kehrte die BF jedoch erneut ins Bundesgebiet zurück und meldete sich mit 30.08.2020 an der Adresse ihres Ex-Mannes behördlich an.

4. Am XXXX .2020 erließ das Bundesamt zur im Spruch angegeben GZ den angefochtenen Bescheid, mit welchem der BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen iSd § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wurde (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung gegen sie erlassen wurde (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG eine Abschiebung nach Serbien für zulässig erklärt wurde (Spruchpunkt III.), einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt wurde (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise zugestanden wurde (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen wurde (Spruchpunkt VI.). In Folge reiste die BF Mitte Oktober 2020 in ihr Heimatland zurück.

5. Die BF erhob durch ihren Rechtsvertreter (RV) gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde, wobei hierin der Bescheid zur Gänze angefochten wurde. Die BF beantragte darin den Bescheid aufzuheben bzw. diesen aufzuheben und an das Bundesamt zurückzuverweisen, das Einreiseverbot zu beheben und eine mündliche Verhandlung abzuhalten. Vorgebracht wir darin lediglich, die BF „habe nicht gearbeitet“. Das Einreiseverbot als Strafe sei überhöht, da die Behörde die familiäre Situation nicht berücksichtigt hätte. Die Behörde hätte vor Erlassung „eines Aufenthaltsverbots von 3 Jahren“ die familiäre Situation prüfen müssen. Die BF stelle keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.

6. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden (vollständigen) Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 18.11.2020 vom Bundesamt vorgelegt, nachdem zuvor nur die Beschwerde elektronisch avisiert wurde. Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.11.2020, GZ. W282 2236747-1/7Z wurde die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes IV. gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

7. Über Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht an den RV, den (unklaren) Beschwerdeumfang anhand der Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides zu präzisieren, gab dieser mit Schriftsatz vom 23.11.2020 bekannt, dass lediglich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot) bekämpft werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Die volljährige BF ist Staatsangehörige Serbiens.

Sie ist ledig, gesund und erwerbsfähig; sie ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Die BF reiste im Februar 2020 in den Schengenraum ein und hielt sich durchgehend bis 16.07.2020 im Schengenraum bzw. im Bundesgebiet ohne behördliche Meldung auf. Am 16.07.2020 kehrte die BF in ihr Heimatland zurück; sie ist jedoch gegen Ende August 2020 erneut ins Bundesgebiet eingereist und meldete zum 30.08.2020 ihren Wohnsitz an der Adresse der Wohnung ihres Ex-Mannes an. Nach Ergehen des angefochtenen Bescheides ist die BF am 14.10.2020 in ihr Heimatland zurückgereist und meldete sie mit diesem Datum ihren Wohnsitz ab. Der BF wurden im Bundesgebiet niemals Aufenthaltstitel oder Visa erteilt. Der Sohn der BF hält sich in Wien, in der Wohnung seines Vaters bzw. des Ex-Gatten der BF auf.

Die BF wurde am 02.07.2020 bei der Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in Form des Betriebs eines Nagelstudios von Beamten der LPD Wien / Fremdenpolizei auf frischer Tat betreten. Eine bei der Kontrolle anwesende Kundin der BF hat ggü. den Beamten angegeben, der BF für neue Kunstnägel 15 € bezahlt zu haben. Die BF hat sich in der Wohnung ihres Ex-Gatten einen Arbeitsplatz für ihr Nagelstudio, samt den dafür erforderlichen Geräten eingerichtet. Die BF hat hierfür keine Gewerbeanmeldung nach der GewO erstattet und auch keine Sozialversicherungsmeldung erstattet.

Die BF kann den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt im Bundesgebiet aus legalen Quellen nicht nachweisen, sie ist abseits ihrer oben festgestellten ausgeübten Erwerbstätigkeit im Inland mittelos.

Der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet gefährdet die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde (insbesondere in die Meldung der LPD Wien, Abteilung Fremdenpolizei), in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz und das genannte Teilerkenntnis des BVwG. Auskünfte aus dem Strafregister (SA) und dem Zentralen Melderegister (ZMR) sowie aus dem „Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister“ und dem Hauptverband der SV-Träger wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Dass der BF im Bundesgebiet keine Aufenthaltstitel oder VISA erteilt wurden, ergibt sich aus dem Auszug des zentralen Fremdenregisters.

Die Feststellungen zur Einreise der BF sowie ihrer Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet ergeben sich aus den von der LPD Wien bei der Kontrolle am 02.07.2020 festgestellten Einreisestempeln im Reisepass der BF (AS 1f) sowie aus dem eingeholten Auszug des Zentralen Melderegisters. Auf den Bericht der LPD Wien stützen sich auch die Feststellungen zur Art und zu den Umständen der von der BF ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit in Form eines Nagelstudios. Dass die BF eine solche Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, liegt angesichts des glaubwürdigen und nachvollziehbaren Berichts der LPD Wien, samt den dort angeschlossenen Lichtbildern, auf denen der als Nagelstudio eingerichtete Arbeitsplatz der BF zweifelsfrei zu erkennen ist, auf der Hand. Weiters gab auch die anwesende Kundin der BF den Beamten Auskunft über die Preise die die BF für Kunstnägel berechnet. Dass die BF für diese Tätigkeit keine Gewerbeanmeldung erstattet hat, ergibt sich aus der Einsichtnahme in das öffentlich zugängliche Gewerbeinformationssystem Austria (GISA). Dass keine Sozialversicherungsmeldung erfolgt ist, auch wenn die Einkünfte der BF etwaig unter der Schwelle für eine Pflichtversicherung liegen, ergibt sich aus dem eingeholten Auszug des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger.

Die Beschwerde tritt diesem Faktum nur mit der in einem Satz enthaltenen Behauptung entgegen, „die BF habe nicht gearbeitet“. Diese pauschale und in keiner Weise weiter substantiierte Abstreitung stellt angesichts der Tatsache, dass die Wahrnehmungen von drei Exekutivbeamten gemacht und dokumentiert wurden, ein bloß unsubstantiiertes Bestreiten des vom Bundesamt diesbezüglich zu Grunde gelegten Sachverhalts dar. Es ergibt sich bereits aus der Aktenlage zweifelsfrei, dass dieses Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Aufenthaltsort des Sohnes der BF ergibt sich aus den Angaben ihres Ex-Gatten bei seiner Einvernahme vor der Fremdenpolizei (AS 30f), wobei dieser angab, sein Sohn lebe bei ihm in Wien, sowie aus dem im Verwaltungsakt einliegenden ZMR-Auszug des Sohnes der BF (AS 33f).

Der Umstand, dass der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit gefährdet ergibt zum einen aus der Verletzung der Vorschriften des Meldewesens, der Verletzung der visumfreien Aufenthaltsdauer bzw. der Bedingungen des Art. 6 des Schengener Grenzkodex und zum anderen aus der Tatsache, dass sie die Mittel zu ihrem Lebensunterhalt im Bundesgebiet aus legalen Quellen nicht nachweisen kann und vor allem aus der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit ohne Gewerbeanmeldung und ohne dass ihr hierfür ein entsprechender Aufenthaltstitel bzw. ein Visum mit dem Zusatz „Erwerbszeck“ ausgestellt worden wäre.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Festzuhalten ist, dass sich die Beschwerde nach der diesbezüglichen Klarstellung des RV am 23.11.2020 (OZ 8) nur gegen Spruchpunkt VI. (Einreiseverbot) des angefochtenen Bescheides richtet. Es liegt iSd § 27 VwGVG somit eine Teilanfechtung trennbarer Absprüche vor, die den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichts entsprechend beschränkt (VwGH 26. 3. 2015, Ra 2014/07/0077).

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Die BF ist aufgrund ihrer serbischen Staatsangehörigkeit demnach Fremde iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.11.2018 (Visumpflichtverordnung) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit. Der Aufenthalt darf dabei gemäß nur zu touristischen bzw. privaten Zwecken erfolgen, die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erfordert immer die Ausstellung eines entsprechenden Aufenthaltstitels oder eines Visums mit dem Zusatz „Erwerbszweck“ des jeweiligen Mitgliedsstaats.

Art. 6 Schengener Grenzkodex Abs. 4 lautet darüber hinaus wie folgt:

„(4) Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden.

Von den Mitgliedstaaten festgesetzte Richtbeträge werden der Kommission gemäß Artikel 39 übermittelt.

Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und — im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber — Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.“

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).

Zu A)

3.1 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Im gegenständlichen Fall blieb die Rückkehrentscheidung durch die Beschwerde unbekämpft, die Beschwerde richtet sich im Übrigen gegen das Einreiseverbot, in eventu gegen die Dauer dessen Befristung.

§ 53 Abs. 1 u 2 FPG lauten wie folgt:

„53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.“

§ 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG lautet auszugsweise wie folgt:

„(1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,

d) nach den Bestimmungen des § 18 oder

e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 1 und 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, und des § 5a Abs. 1 des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287.

(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind

a) in den Fällen eines arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnisses (Abs. 2 lit. b) der Vertragspartner,

b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, sofern nicht lit. d gilt, oder der Veranstalter,

c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und des § 5a Abs. 3 des Landarbeitsgesetzes 1984,

d) der ausländische Dienstleistungserbringer, dem eine EU-Entsendebestätigung nach Maßgabe des § 18 Abs. 12 auszustellen ist und

e) der Inhaber der Niederlassung, die einen unternehmensintern transferierten Arbeitnehmer (§ 2 Abs. 13) beschäftigt.“

Im gegenständlichen Fall verhängte die belangte Behörde über die BF ein auf drei Jahre befristetes Einreiseverbot und stützte sich dabei auf § 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 u. 7 FPG.

Hierzu ist grundsätzlich auszuführen, dass die belangte Behörde korrekt davon ausgeht, dass der Aufzählung jener Umstände, die bei der Bewertung einer (schwerwiegenden) Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG zu berücksichtigen sind, nur demonstrativer Charakter zukommt und diese Aufzählungen nicht taxativ zu verstehen sind. Dennoch kommt (arg. „insbesondere“ in § 53 Abs. 2 und 3 FPG) den dort angeführten Umständen bei der Abwägung der Gefährdungsprognose grds. besondere Bedeutung zu.

Das Bundesamt irrt aber in rechtlicher Hinsicht, wenn es den Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG als im ggst. Fall inhaltlich erfüllt ansieht. Zwar ergibt sich aus dem Sachverhalt bar jeden Zweifels, dass die BF eine unrechtmäßige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, da sie ihr Gewerbe nicht angemeldet hat und auch mangels eines entsprechenden Aufenthaltstitels oder eines Visums mit dem Zusatz „Erwerbszeck“, auch nie zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit (gleich auf welche Weise) berechtigt war. Es steht aber auch fest, dass die BF diese Tätigkeit in Selbständigkeit ausgeführt hat. Gemäß § 2 AuslBG fällt aber in dessen Anwendungsbereich nur die Verwendung des Ausländers in einem in einem Arbeitsverhältnis bzw. in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Selbständige Erwerbstätigkeiten sind vom AuslBG daher nicht umfasst. Da § 53 Abs. 2 Z 7 FPG aber ausdrücklich an das AuslBG anknüpft und auch eine konkrete Angabe der gegen das AuslBG verstoßenden Tätigkeit erforderlich ist, kann dieser Tatbestand unmittelbar nicht erfüllt sein (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).

Im Ergebnis ändert sich dadurch aber nichts: Der Gesetzgeber hat schon durch die Bestimmung des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG unmissverständlich klargemacht, dass ein allgemein hohes öffentliches Interesse an der Unterbindung von „Schwarzarbeit“ besteht, gleich auf welche Art von Erwerbstätigkeit diese erbracht wird. Im ggst. Fall manifestiert sich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung vor allem im folgelogischen Unterlassen der Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen an die Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) und der Hinterziehung von Lohnsteuer für die von der BF ausgeübten Erwerbstätigkeit. Auch hat die BF gegen § 24 Abs. 1 FPG verstoßen, da sie ohne im Besitz eines entsprechenden Visum D mit dem Zusatz „Erwerbszweck“ zu sein, eine selbständige Tätigkeit aufgenommen hat. Durch die unrechtmäßige Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, die ohne Gewerbeanmeldung und somit auch ohne Abführung von Lohn- und Sozialabgaben erfolgt ist, gefährdet die BF die öffentliche Ordnung nicht bloß unerheblich. Daher erscheint auch diesbezüglich unter bloß analoger Heranziehung der Wertungen des § 53. Abs. 2 Z 7 FPG auf Basis des § 53 Abs. 1 und 2 FPG fallbezogen die Verhängung eines maximal fünfjährigen Einreiseverbots gerechtfertigt. Eine andere Interpretation würde letztlich auch zu einer erheblich diskriminierenden Behandlung von unrechtmäßig erwerbstätigten Drittstaatsangehörigen untereinander im Bundesgebiet führen: Drittstaatsangehörige die in einem Arbeitsverhältnis bzw. in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis tätig sind, wären aufgrund der unmittelbaren Tatbestandserfüllung des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG mit einem bis zu fünfjährigen Einreiseverbot zu belegen, während unrechtmäßig selbständig erwerbstätige Drittstaatsangehörige, trotz Verwirklichung desselben fremdenrechtlichen „Unrechtgehalts“ nicht mit einem solchen beleget werden könnten.

Weiters hat sich das Bundesamt auch zu recht auf § 53 Abs. 3 Z 6 FPG gestützt: Die Bedeutung des Tatbestands des § 52 Abs. 2 Z 6 leg. cit. ist in der Judikatur des VwGH geklärt (ua. VwGH 19.12.2018, Ra Ra 2018/20/0309). Demnach hat „Ein Fremder [..] initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist [..]“. Wie diese Mittel zu berechnen sind ergibt sich ua. aus Art. 6 Abs. 4. Schengener Grenzkodex.

Im ggst. Fall hat die BF aber weder initiativ ein Beweisanbot hinsichtlich der Bestreitung ihrer Existenzmittel während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet erstattet, noch die vom Bundesamt angenommen Mittellosigkeit in ihrer Stellungnahme oder in der Beschwerde in irgendeiner Weise bestritten. Ebenso wenig ergibt sich aus der Einvernahme des Ex-Gatten der BF, dass er ihr Unterhalt leistet. Da die BF auch eine unrechtmäßige selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, die ganz offensichtlich der Bestreitung ihrer Existenzmittel dient, liegt somit auf der Hand, dass sie keine legalen Quellen für die Mittel ihres Lebensunterhalts hat und somit iSd § 53 Abs. 2 Z 6 FPG mittellos ist.

Weiters hat die BF gegen das MeldeG verstoßen, weil sie die verpflichtende Anmeldung ihres Wohnsitzes im Bundesgebiet von Februar 2020 bis 16.07.2020 unterlassen hat.

Zu Gunsten der BF ist - wie in der Beschwerde vorgebracht - im Hinblick auf das Privat- und Familienleben zu würdigen, dass die BF einen im Bundesgebiet bei ihrem Ex-Gatten lebenden Sohn hat. Zum Begriff des Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK ist anhand der konkreten Umstände zu prüfen, ob eine hinreichend stark ausgeprägte persönliche Nahebeziehung vorhanden ist. Dabei ist unter anderem darauf abzustellen, ob ein gemeinsamer Haushalt vorliegt, ob die die Verwandten zusammengelebt haben oder ob eine finanzielle Abhängigkeit besteht (ua. VwGH 16.11.2012, 2012/21/0065, VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423, VwGH 24.03.2011, 2008/23/1134). Im Hinblick auf die relativ kurze Aufenthaltsdauer im Inland kann von einem nach Art. 8 EMRK geschützten Familienleben (keine Abhängigkeit, kein dauerhaftes Zusammenleben) nicht gesprochen werden. Dennoch können diese Kontakte aber im Wege des ebenfalls von Art. 8 EMRK erfassten Privatleben Berücksichtigung finden. Dieses ist im Hinblick darauf, dass es sich um den Sohn der BF handelt, grundsätzlich als intensiv anzunehmen.

Bei der Abwägung der für ein Einreiseverbot in Folge zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 bzw. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 20. 12. 2011, 2011/23/0256). Weiters auf diese Prognose auf den Zeitpunkt der Ausreise des Fremden auszurichten, die im gegenständlichen Fall im Oktober 2020 erfolgte.

Im Ergebnis zeigt sich im Hinblick auf die Person der BF damit ein Charakterbild, das die Achtung der österreichischen Rechtsordnung und va. fremdenpolizeilicher, melderechtlicher und arbeitsmarktrechtlicher Bestimmungen erheblich vermissen lässt. Die BF hat hinsichtlich ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit erhebliche Anstrengungen unternommen und sich ein Nagelstudio samt entsprechender Geräte eingerichtet, wo sie auch ihre Kunden empfangen hat. Diese Umstände lassen nicht bloß auf eine Erwerbstätigkeit aufgrund vorgefundener Gelegenheit, sondern durchaus auf ein erhebliches Maß an Vorsatz der BF schließen. Auch ist nicht von einer Einsichtigkeit der BF hinsichtlich ihres Fehlverhaltens auszugehen: Nachdem die BF im Juli 2020 bereits in erheblichem Umfang den Zeitraum für den visumfreien Aufenthalt von 90 Tagen überschritten hatte, reiste sie Mitte Juli 2020 freiwillig nach Serbien zurück. Anstatt nun aber dort wieder 90 Tage ab ihrer Ausreise aus dem Schengenraum zu verbleiben, wie es nach den Bestimmungen der VO (EU) 2018/1806 vorgeschrieben wäre, reiste sie (auf nicht mehr feststellbarem Weg) schon Ende August 2020 erneut in den Schengenraum ein, wodurch ihr unrechtmäßiger Aufenthalt fortgesetzt wurde. Erst mit Ergehen des angefochtenen Bescheids verließ sie den Schengenraum erneut. Auch besteht bei einer Wiedereinreise der BF aufgrund des Mangels an sonstigen Existenzmitteln die erhebliche Gefahr einer erneuten unrechtmäßigen Beschäftigung.

Das sich daraus abzeichnende Charakterbild der vorsätzlichen und bewussten Verletzung der oben genannten Bestimmungen rechtfertigt daher aus Sicht des erkennenden Richters die Annahme, dass der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet zwar keine überaus gravierende aber auch eine nicht unerhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Der gemeinschaftsrechtliche Begriff „Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“ ist weit gefasst und schließt sämtliche Gefährdungsbereiche, also auch die gesamte Verwaltungspolizei mit ein (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 53 FPG 2005 Rz. 2)

„Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) - oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes - hat allerdings regelmäßig nur dann stattzufinden, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht. Das wird verschiedentlich dann der Fall sein, wenn der Drittstaatsangehörige "bloß" einen der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 FPG erfüllt. Ist dagegen davon auszugehen, dass es sich um einen Drittstaatsangehörigen handelt, von dessen Aufenthalt im Sinn des § 53 Abs. 3 FPG eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht, so wird in aller Regel - freilich abhängig von den sonstigen Umständen des Einzelfalles - ein längerfristiges Einreiseverbot zu verhängen sein [..]“ (VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125 mVa VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207).

Im Rahmen der oben vorgenommenen Abwägung der Gefährdungsprognose und der Interessensabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse eines geordneten Fremdenwesens, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und der Hintanhaltung von Schwarzarbeit einerseits und der privaten Interessen der BF an der Aufrechterhaltung ihres Privatlebens andererseits, ergibt sich daher, dass nach Ansicht des erkennenden Richters keine maßgebliche Verkürzung des verhängten dreijährigen Einreiseverbots erfolgen kann. Unter Einbeziehung der Tatsache, das sich mit ihrem Sohn ein Teil ihrer Kernfamilie im Bundegebiet aufhält erscheint daher bloß eine Reduzierung des Einreiseverbots auf 2 Jahre fallbezogen gerechtfertigt. Es ist davon auszugehen, dass durch das so festgesetzte Einreiseverbot die von der BF ausgehende nicht unerhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausreichend adressiert ist.

Soweit in der Beschwerde noch angesprochen wird, die „Strafe“ des Einreiseverbots sei überzogen, ist daran zu erinnern, dass es sich bei einem Einreiseverbot nicht um eine Strafmaßnahme, sondern um eine Maßnahme der fremdenrechtlichen Gefahrenabwehr zur Erfüllung ua. der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zwecke handelt (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 53 FPG 2005, Anm. 1).

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG war daher in teilweiser Stattgabe der Beschwerde zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides dieser mit der Maßgabe abzuändern, dass die Befristung des Einreiseverbots auf zwei Jahre herabgesetzt wird.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Sachverhalt wurde durch die belangte Behörde weitestgehend vollständig erhoben, ergibt sich im Übrigen widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt bzw war nur in untergeordneten Aspekten ergänzungswürdig bzw korrekturbedürftig, wobei die Ergänzungen aufgrund der Aktenlage bzw. der Angaben in der Beschwerde vorgenommen werden konnten. Der Sachverhalt weist auch die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur ebenfalls weitestgehend angeschlossen. Es lagen über die (ergänzten) Sachverhaltselemente hinaus keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Die wesentlichen Feststellungen blieben unbestritten, lediglich im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung iSd der Abstellung auf einen konkreten Tatbestand des § 53 Abs. 2 FPG und der Abwägung der Gefährdungsprognose erschien der angefochtene Bescheid ergänzungs- bzw korrekturbedürftig.

Die Bestreitung des vom Bundesamt festgestellten Sachverhalts im maßgeblichen Punkt der illegalen Erwerbstätigkeit erfolgte – wie in der Beweiswürdigung festgehalten- bloß in pauschaler und gänzlich unsubstantiierter Weise. Der familiäre Anknüpfungspunkt durch den Sohn der BF im Bundesgebiet wurde ohnehin als wahr unterstellt.

Vor diesem Hintergrund hätte die (in der Regel freilich gebotene) Verschaffung eines persönlichen Eindrucks zu keinem anderen Ergebnis der nach § 9 BFA-VG bzw. Art. 8 EMRK vorzunehmenden Interessensabwägung führen können. Selbst bei Wertung aller im Rahmen eines persönlichen Eindrucks denkbaren Umstände vollumfänglich zu Gunsten der BF, hätten diese das festgestellte Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Angesichts des unsubstantiiert bestritten Sachverhalts nicht mehr soweit überwiegen können, dass eine noch weitere Verkürzung des ohnehin bereits in seiner Befristung reduzierten Einreiseverbots geboten wäre. Es konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG somit aufgrund der Aktenlage entschieden werden (vgl. VwGH, 15.03.2016, Ra 2015/19/0302; VwGH, 12.11.2015, Ra 2015/21/0184).

Dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung war daher im Hinblick auf § 24 Abs. 4 VwGVG iVm § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht zu entsprechen, zumal hinsichtlich der notwendigen Sachverhaltsergänzung zum Sohn der BF von dessen Vorbringen in der Beschwerde ausgegangen werden konnte (vgl. VwGH 24.03.2015, Ra 2015/21/0025, VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0245).

Zu B)

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (jeweils in der Begründung zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor im Hinblick aus das bekämpfte Einreiseverbot vor.

Schlagworte

Einreiseverbot Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Meldeverstoß Mittellosigkeit Privat- und Familienleben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W282.2236747.1.01

Im RIS seit

05.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten