TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/27 W198 2219158-1

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Veröffentlicht am 27.11.2020
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Entscheidungsdatum

27.11.2020

Norm

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W198 2219158-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Josef HERMANN und Mag. Dr. Kurt SCHEBESTA als Beisitzer in der Beschwerdesache von XXXX , XXXX , gegen den Bescheid (Beschwerdevorentscheidung) des Arbeitsmarktservice Wiener Neustadt vom 03.05.2019, GZ: XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.11.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Bei der am 01.02.2019 vor dem Arbeitsmarktservice Wiener Neustadt (im Folgenden: AMS) wegen Nichtannahme bzw. Nichtzustandekommen einer sonst sich bietenden Beschäftigung als Hilfsarbeiter beim Dienstgeber XXXX ab 08.01.2019 mit einer Entlohnung von brutto laut Kollektivvertrag zugewiesenen Beschäftigung aufgenommenen Niederschrift gab XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) im Wesentlichen zu Protokoll, dass er von 08.01. bis 31.01.2019 bei seiner kranken Mutter im Ausland gewesen sei. Als er den Brief (Einladungsschreiben) bekommen habe, habe er gleich gemeldet, dass er nicht da sei. Er habe dies beim Portier gemeldet, dass er ins Ausland fahre. Am 07.01.2019 habe er den Auslandsaufenthalt noch einmal gemeldet. Er habe den Auslandsaufenthalt auch telefonisch gemeldet, an welchem Tag dies gewesen sei, wisse er nicht mehr.

2. Mit Bescheid des AMS vom 06.03.2019 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für den Zeitraum 08.01.2019 bis 18.02.2019 verloren hat. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten das Zustandekommen einer zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung als Hilfsarbeiter vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin führte er aus, dass er am 06.12.2018 aufgrund der Erkrankung seiner Mutter ein Flugticket in die Türkei gekauft habe. Am 20.12.2018 habe er einen Brief vom AMS bekommen, woraufhin er direkt zum AMS gegangen sei. Er habe der Dame am Informationsschalter gesagt, dass er am 08.01.2019 in die Türkei fliegen werde. Die Dame habe daraufhin mit dem Berater des Beschwerdeführers telefoniert und ihm die Situation erklärt. Eine Woche später sei er wieder beim AMS gewesen, weil sein Anspruch auf Notstandshilfe am 07.01.2019 zu Ende gegangen sei und habe er der Dame gesagt, dass er schon jetzt seinen Anspruch verlängern wolle, weil er am 08.01.2019 in die Türkei fliege. Die Dame habe ihn zu Frau XXXX geschickt, welche ihm einen Antrag gegeben habe und sei ihm schlussendlich, nachdem er wiederum gesagt habe, dass er ab 08.01.2019 nicht da sei, ein Termin für den 07.01.2019 zur Antragsrückgabe gegeben worden, welchen der Beschwerdeführer auch eingehalten hat. Der Beschwerdeführer sei dann für drei Wochen vom AMS abgemeldet worden und habe er sich bei der Kasse einen Urlaubskrankenschein geholt. Abschließend wolle er anmerken, dass er noch bislang keinen einzigen Termin versäumt habe und auch diesmal das AMS rechtzeitig verständigt habe.

5. Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS als belangte Behörde gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG eine mit 03.05.2019 datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht zur Jobbörse am 08.01.2019 erschienen sei. Er habe dadurch eine Vereitelungshandlung gesetzt.

6. Mit Schreiben vom 15.05.2019 stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Antrag auf Vorlage.

7. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 22.05.2019 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 03.11.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, ein Dolmetscher für die Sprache Türkisch sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer bezog zuletzt seit 01.10.2012 Arbeitslosengeld; seit 21.09.2014 stand er im Notstandshilfebezug.

Laut der zwischen dem AMS und dem Beschwerdeführer abgeschlossenen Betreuungsvereinbarung vom 28.11.2018 wird der Beschwerdeführer vom AMS bei der Suche nach einer Stelle als Hilfsarbeiter bzw. Produktionsarbeiter unterstützt. Der Beschwerdeführer hat sich verpflichtet, sich auf Stellenangebote, die ihm das AMS zuweist, umgehend zu bewerben und innerhalb von acht Tagen dem AMS über die Bewerbung Rückmeldung zu geben. In der Betreuungsvereinbarung wurde der Beschwerdeführer auf seine Meldepflichten hinsichtlich Krankenstand, Auslandsaufenthalt, Arbeitsantritt und dergleichen hingewiesen.

Am 19.12.2018 wurde dem Beschwerdeführer ein Einladungsscheiben zu einer am 08.01.2019 stattfindenden Jobbörse beim sozialökonomischen Verein XXXX als Transitarbeitskraft postalisch übermittelt. Der Beschwerdeführer hat dieses Einladungsschreiben am 20.12.2018 erhalten.

Der Beschwerdeführer ist am 08.01.2019 nicht zur Jobbörse erschienen, weil er von 08.01.2019 bis 31.01.2019 in der Türkei bei seiner kranken Mutter aufhältig war. Er hat die Flüge bereits am 06.12.2018 gebucht.

Der Beschwerdeführer hat seinen Auslandsaufenthalt ab 08.01.2019 dem AMS erst am 07.01.2019 im Zuge einer Antragstellung auf Notstandshilfe gemeldet.

Die Beschäftigung als Transitarbeitskraft wäre dem Beschwerdeführer objektiv zumutbar gewesen. Er wäre daher verpflichtet gewesen, sich in geeigneter Weise auf den zugewiesenen zumutbaren Vermittlungsvorschlag zu bewerben.

Festgestellt wird weiters, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten das Zustandekommen einer vom AMS angebotenen, kollektivvertraglichen Beschäftigung kausal vereitelt hat. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer wurde während seines Leistungsbezuges vom AMS über die Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG informiert.

2. Beweiswürdigung:

Das mit 19.12.2018 datierte Einladungsschreiben zur Jobbörse am 08.01.2019 liegt im Akt ein. Der Beschwerdeführer führte selbst aus, dass er dieses Einladungsschreiben am 20.12.2018 erhalten hat.

Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer am 08.01.2019 nicht zur Jobbörse erschienen ist.

Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer von 08.01.2019 bis 31.01.2019 im Ausland war und ergibt sich dies auch aus den vorliegenden Flugbuchungen vom 06.12.2018.

Zu der Feststellung, wonach der Beschwerdeführer dem AMS den Auslandsaufenthalt erst am 07.01.2019 gemeldet hat, ist beweiswürdigend wie folgt auszuführen:

Ein Aktenvermerk des AMS vom 09.01.2019 lautet: „Kunde meldet bei Antragsabgabe am 07.01.2019 in der SZ, dass er mit 08.01.2019 ins Ausland fährt.“ Es findet sich kein Hinweis in der Dokumentation des AMS, dass der Beschwerdeführer seinen Auslandsaufenthalt schon vor dem 07.01.2019 gemeldet hätte.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er dem AMS seinen Auslandsaufenthalt unmittelbar nach Erhalt des Einladungsschreibens mitgeteilt habe, kann nicht gefolgt werden, dies aus folgenden Erwägungen:

Zunächst ist zu bemerken, dass der Beschwerdeführer in der Niederschrift vor dem AMS am 01.02.2019 angab, den Auslandsaufenthalt gleich gemeldet zu haben, nachdem er das Einladungsschreiben erhalten habe. Am 07.01.2019 habe er den Auslandsaufenthalt schließlich erneut gemeldet. In der Beschwerde und in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht steigerte er sein Vorbringen dahingehend, dass er vor dem 07.01.2019 zweimal beim AMS gewesen sei um seinen Auslandsaufenthalt bekanntzugeben.

Der Beschwerdeführer gab in der Beschwerde und in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass er am 20. oder 21.12.2018 beim AMS gewesen sei und dass er nach dieser ersten Vorsprache eine Woche später erneut beim AMS gewesen sei um seinen Auslandsaufenthalt bekanntzugeben. Der Beschwerdeführer konnte jedoch weder hinsichtlich der ersten noch hinsichtlich der zweiten Vorsprache konkrete Ausführungen tätigen. Zur zweiten Vorsprache gab er lediglich unsubstanziiert an: „Wochentag kann ich nicht nennen, Uhrzeit war Vormittag.“

Es findet sich kein Eintrag im Datensatz des AMS, dass der Beschwerdeführer am 20. oder 21.12.2018 dem AMS den Auslandsaufenthalt bekanntgegeben hat. Sehr wohl findet sich jedoch ein Eintrag, dass der Beschwerdeführer am 18.12.2018 – also noch vor Erhalt des Einladungsschreibens – wegen einer anderen Sache (Übergabe einer Protokollarklage) beim AMS war. Auch findet sich der Eintrag, dass der Beschwerdeführer am 07.01.2019 beim AMS war. Es erscheint unlogisch und nicht nachvollziehbar, dass sich gerade über die beiden behaupteten Vorsprachen des Beschwerdeführers beim AMS (am 20. oder 21.12.2018 und eine Woche später), im Zuge derer er angeblich den Auslandsaufenthalt gemeldet habe, kein Eintrag in der Dokumentation des AMS findet.

Festzuhalten ist zudem, dass der Beschwerdeführer bereits am 06.12.2018 seinen Flug in die Türkei mit Hinflug am 08.01.2019 und mit Rückflug am 31.01.2019 gebucht hat und ist nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer diese Flugbuchungen nicht bereits anlässlich seiner angeblichen beiden Vorsprachen beim AMS am 20. oder 21.12.2018 und eine Woche später vorgelegt hat, sondern dies erst mit der Beschwerde getan hat. Auf entsprechenden Vorhalt in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht führte der Beschwerdeführer aus, dass er die Buchungsbestätigung bei seinen Vorsprachen ohnehin mitgehabt habe, aber er habe sie seiner Beraterin nicht geben können. Dieses Vorbringen ist als Schutzbehauptung zu werten, zumal es nicht nachvollziehbar erscheint, dass die vom Beschwerdeführer am 18.12.2018 übergebene Protokollarklage in den Datensatz aufgenommen wurde, die Flugbuchungen, welche am 20. oder 21.12.2018 und eine Woche später angeblich vorgelegt wurden, hingegen nicht.

Weiters findet sich ein Widerspruch in den Ausführungen des Beschwerdeführers, zumal er in der Niederschrift vor dem AMS am 01.02.2019 angab, dass er dem AMS den Auslandsaufenthalt auch telefonisch gemeldet. Eine telefonische Meldung wurde in weiterer Folge des Verfahrens hingegen nicht mehr vorgebracht.

Zudem ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sein Vorbringen dahingehend steigerte, dass er erstmals ausführte, dass er dem AMS seinen Auslandsaufenthalt am 04.01.2019 gemeldet habe. Dieses Datum wurde im gesamten bisherigen Verfahren zuvor nicht genannt.

In einer Gesamtschau kann daher den Angaben des Beschwerdeführers, wonach er bereits am 20. oder 21.12.2018 beim AMS seinen Auslandsaufenthalt gemeldet habe und er nach dieser ersten Vorsprache eine Woche später erneut beim AMS gewesen sei um den Auslandsaufenthalt zu melden, nicht gefolgt werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dem AMS den Auslandsaufenthalt erst am 07.01.2019 gemeldet hat.

Selbst unter Wahrstellung des Vorbringens des Beschwerdeführers, wonach er am 20. oder 21.12.2018 und eine Woche später dem AMS seinen Auslandsaufenthalt gemeldet hätte, ist zu bemerken, dass die Meldung dennoch jedenfalls verspätet erfolgt wäre, zumal er bereits am 06.12.2018 den Flug gebucht hat. Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst zu, dass er einen Fehler gemacht habe, indem er die Flugbuchung nicht sofort gemeldet habe.

Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer die Stelle als Transitarbeitskraft zumutbar gewesen wäre und wurde die Zumutbarkeit der Stelle auch im gesamten Verfahren nicht bestritten. In einer Gesamtschau ist sohin davon auszugehen, dass die dem Beschwerdeführer angebotene und folglich ordnungsgemäß zugewiesene Beschäftigung nicht evident unzumutbar war.

Der Beschwerdeführer hat dadurch, dass er nicht zur Jobbörse erschienen ist, seinen Unwillen, die angebotene Beschäftigung anzutreten, deutlich zum Ausdruck gebracht und hat er sich in Bezug auf die konkret angebotene Beschäftigung nicht arbeitswillig gezeigt.

Abschließend ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer somit kein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln entfaltet hat und es ist der belangten Behörde zu folgen, dass der Beschwerdeführer das Zustandekommen einer zumutbaren, kollektivvertraglich entlohnten Beschäftigung vereitelt hat und Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen nicht vorliegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS Wiener Neustadt.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, dh bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein. (vgl. zB VwGH 19.09.2007, 2006/08/0157, mwN und jüngst VwGH 08.09.2014, Zl. 2013/08/0005).

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht.

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin. (vgl. VwGH 18.11.2009, Zl. 2009/08/0228; 26.10.2010, Zl. 2008/08/0244 sowie jüngst VwGH 15.10.2015, Zl. Ro 2014/08/0042)

Während § 9 AlVG den Begriff der Arbeitswilligkeit definiert und Kriterien für die Bestimmung der Zumutbarkeit einer durch das Arbeitsmarktservice bzw. einen von diesem beauftragten Arbeitsvermittler vermittelten Beschäftigung bzw. Nach(Um)schulung oder Wiedereingliederungsmaßnahme enthält, sanktioniert § 10 AlVG durch befristeten Leistungsausschluss das Verhalten desjenigen, der die Beendigung des Zustandes der Arbeitslosigkeit schuldhaft zu vereiteln sucht. Wenn ein Arbeitsloser somit eine zumutbare Beschäftigung im Sinne des § 9 AlVG nicht annimmt bzw. die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, so führt dies gemäß § 10 AlVG zum temporären Verlust des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe.

Der Beschwerdeführer wurde seitens des AMS über die Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG informiert.

Die dem Beschwerdeführer zugewiesene Beschäftigung war zumutbar im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen, zumal die zugewiesene Beschäftigung sämtlichen Bestimmungen gemäß § 9 Abs. 2 AlVG entsprochen hat.

Den Feststellungen folgend wurde dem Beschwerdeführer am 19.12.2018 ein Einladungsscheiben zu einer am 08.01.2019 stattfindenden Jobbörse beim sozialökonomischen Verein XXXX als Transitarbeitskraft postalisch übermittelt. Wie festgestellt, ist der Beschwerdeführer zu der Jobbörse am 08.01.2019 nicht erschienen. Im Vergleich zu einem ernsthaft um eine Stelle bemühten Arbeitslosen kann nicht bezweifelt werden, dass der Beschwerdeführer dadurch, dass er an der Jobbörse nicht teilnahm, mangelndes Interesse an einer tatsächlichen Beschäftigungsaufnahme zum Ausdruck brachte.

Wenn die belangte Behörde daher bei Würdigung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers von einer Vereitelung im Sinn des § 10 Abs. 1 AIVG ausgegangen ist, ist dem nicht entgegenzutreten.

Die Verhängung der Sperrfrist erfolgt auch aus dem Grund, weil der Beschwerdeführer kein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln entfaltet hat. Dadurch, dass der Beschwerdeführer an der Jobbörse nicht teilgenommen hat, hat er eine Vereitelungshandlung iSd § 10 AlVG gesetzt.

In einer Gesamtschau ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf diese Stelle nicht arbeitswillig war.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er an der Jobbörse nicht teilnehmen konnte, weil er sich im Ausland befunden hat, ist auf die Feststellungen und die beweiswürdigenden Ausführungen zu verweisen, wonach der Beschwerdeführer dem AMS diesen Auslandsaufenthalt verspätet gemeldet hat. Hätte er dem AMS rechtzeitig den Auslandsaufenthalt bekannt gegeben, wäre ihm das Einladungsschreiben zur Jobbörse am 08.01.2019 gar nicht übermittelt worden, sodass er keine Vereitelungshandlung setzten hätte können.

Zur Kausalität ist auszuführen, dass hierbei nicht Voraussetzung ist, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre (vgl. VwGH 20.9.2006, Zl. 2005/08/0106). Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 15.10.2014, Zl. Ro 2014/08/0042), was im gegenständlichen Fall als gegeben anzusehen ist. Es ist auch bedingter Vorsatz im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung gegeben, zumal es dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein muss, dass die Nichtteilnahme an der Jobbörse zu keinem Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses führt; jedenfalls hat der Beschwerdeführer durch sein Verhalten das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zumindest in Kauf genommen.

Bei dieser Sachlage konnte die belangte Behörde als Ergebnis ihrer nachvollziehbaren Begründung zu Recht die Erfüllung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht bejahen.

Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG liegen nicht vor. Ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potentiellen Schaden, der durch seine Nichteinstellung entstanden ist, ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden oder auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann (vgl. dazu VwGH 26.11.2008, Zl. 2006/08/0242). Darüber hinaus berücksichtigungswürdig sind Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss von Bezug der Leistungen den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter trifft als dies sonst ganz allgemein der Fall ist. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an. Weder der festgestellte Sachverhalt noch der vorgelegte Verwaltungsakt (insbesondere auch die Beschwerde/der Vorlageantrag des Beschwerdeführers) bieten Anhaltspunkte für das Vorliegen von Nachsichtsgründen im Sinn des § 10 Abs. 3 AIVG.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum AlVG. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Anspruchsverlust Auslandsaufenthalt gesteigertes Vorbringen Kausalität Meldepflicht Notstandshilfe Vereitelung zumutbare Beschäftigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W198.2219158.1.00

Im RIS seit

05.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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