Entscheidungsdatum
27.11.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W153 1403378-3/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.05.2020, Zl. 780794502-190602843, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 5 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der damals minderjährige Beschwerdeführer (BF) reiste gemeinsam mit seiner Mutter illegal nach Österreich ein. Die Mutter des BF stellte für ihn als gesetzliche Vertreterin am 31.08.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 24.04.2009 wurde dem Asylantrag des BF stattgegeben und ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Dem BF wurde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein Konventionsreisepass mit der Gültigkeit vom 21.05.2014 bis 20.05.2019 ausgestellt.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der BF wegen § 142 Abs. 1 StGB und § 84 Abs. 4 und 5 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit und Anordnung der Bewährungshilfe verurteilt (Jugendstraftat).
Der BF wurde am XXXX bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen.
Am 14.06.2019 stellte der BF den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses.
Mit Schreiben des BFA vom 23.10.2019 wurde dem BF das Ergebnis der Beweisaufnahme über die beabsichtigte Abweisung seines Antrages auf Ausstellung eines Konventionspasses zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme dazu eingeräumt.
In seiner Stellungnahme vom 08.11.2019 brachte der BF zusammengefasst vor, dass ihm die verübten Delikte sehr leidtun würden und er auf diese nicht stolz sei. Er habe deswegen sieben Monate in Haft verbracht und sei im Februar 2018 aufgrund guter Führung bedingt entlassen worden. Seitdem halte er sich an die Regeln und Gesetze in Österreich, halte die Termine der Bewährungshilfe und eines Anti-Gewalt-Trainings ein. Er absolviere eine Facharbeiterintensivausbildung, beziehe derzeit Leistungen vom AMS und lebe bei seinen Eltern.
Mit angefochtenem Bescheid des BFA vom 19.05.2020 wurde der Antrag des BF auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 FPG iVm Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2001/95/EU abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass aufgrund der Verurteilung des BF hervorgehe, dass er nicht gewillt sei, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Laut Ansicht der Behörde gehe vom BF eine die öffentliche Sicherheit gefährdende allgemeine Gefahr aus, da bei seiner Verurteilung das Zusammenkommen von drei Verbrechen bestehe und sich dies erschwerend auswirke. Im Falle der Ausstellung eines Konventionsreisepasses werde von der Behörde befürchtet, dass der BF die in Österreich begangene Straftat auch im Ausland verüben könnte und dadurch das Ansehen Österreichs im Ausland schädigen könnte. Daher sei auch eine gewisse Gefährdung der inneren und äußeren Sicherheit durch den Aufenthalt des BF im Ausland (iSd § 92 Abs. 1 Z 5 FPG) gegeben.
Dagegen erhob der BF am 16.06.2020 Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass er bis zu seiner Verurteilung im Jahr 2017 unbescholten gewesen sei und sich seit der Verurteilung auch wohlverhalten habe. Auch sei er nach sieben Monaten bedingt aus der Haft entlassen worden und sei damit ersichtlich, dass nach der damaligen Prognoseentscheidung die Verbüßung der gesamten Strafe nicht für notwendig erachtet worden sei, um den BF von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. Die Behörde hätte dies bei der Prognoseentscheidung berücksichtigen müssen. Der BF sehe sein Fehlverhalten ein, bereue seine Taten und werde ein solches Verhalten in Zukunft nicht mehr setzen. Der BF sei derzeit in Betreuung bei der Bewährungshilfe und besuche ein Anti-Gewalt-Training. Die Behörde habe es bei der Prognoseentscheidung unterlassen, diesem Wohlverhalten maßgebliche Bedeutung zuzumessen. Der Beschwerde war ein Sozialbereicht der Vereins Neustart beigelegt.
Die gegenständliche Beschwerde langte samt Verwaltungsakt am 18.06.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Schreiben vom 22.06.2020 übermittelte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die mit 22.11.2019 datierte Mitteilung über die Einstellung des Aberkennungsverfahrens. Nach Ansicht der Behörde seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z 4 iVm § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG für die Aberkennung des Status des Asylberechtigen nicht erfüllt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist ein Staatsangehöriger Afghanistans und ihm wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 24.04.2009 in Österreich Asyl gewährt.
Dem BF wurde durch das BFA ein Konventionsreisepass mit Gültigkeit vom 21.05.2014 bis 20.05.2019 ausgestellt. Am 14.06.2019 stellte der BF den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses.
Der BF wurde mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wegen § 142 Abs. 1 StGB (Verbrechen des Raubes) und § 84 Abs. 4 und 5 Z 1 StGB (Verbrechen der schweren Körperverletzung) zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit und Anordnung der Bewährungshilfe verurteilt (Jugendstraftat).
Aus dem diesbezüglichen Strafurteil geht hervor, dass der BF seinem Opfer XXXX Dadurch habe er das Verbrechen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 und Abs. 5 Z 1 StGB begangen.
Weiters ist dem Strafurteil zu entnehmen, dass der BF XXXX Dadurch habe er die Verbrechen des Raubes nach §§ 142 Abs. 1 StGB begangen.
Als mildernd wurde der bisher ordentliche Lebenswandel, das Geständnis und die schwierige Erziehungssituation des BF und als erschwerend das Zusammenkommen von drei Verbrechen gewertet.
Der BF befand sich von XXXX .2017 bis XXXX .2018 in (zunächst Untersuchungs- und in weiterer Folge) Strafhaft und wurde am XXXX .2018 bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen.
Der durch das BFA durchgeführten und im Akt aufliegenden Abfrage des kriminalpolizeilichen Aktenindexes kann entnommen werden, dass ein gegen den BF geführtes Ermittlungsverfahren wegen § 27 SMG am 16.01.2017 wegen Geringfügigkeit eingestellt wurde. Der durch das BFA durchgeführten und im Akt aufliegenden Abfrage in der Personeninformation des BMI kann entnommen werden, dass gegen den BF im April 2017 ein Waffenverbot verhängt wurde.
Der BF ist derzeit bei seinen Eltern wohnhaft, absolviert eine Facharbeiterintensivausbildung, bezieht Geldleistungen vom AMS und finanzielle Unterstützung seiner Eltern.
2. Beweiswürdigung:
Die obigen Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich, sowie das im Akt einliegende Strafurteil, wie durch die Einholung aktueller Auszüge aus dem Zentralen Fremdenregister und dem Zentralen Melderegister.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetztes 2005 (FPG) lauten auszugsweise wie folgt:
„Konventionsreisepässe
§ 94. (1) Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.
(2) Konventionsreisepässe können darüber hinaus Fremden, denen in einem anderen Staat der Status des Asylberechtigten gewährt wurde, auf Antrag ausgestellt werden, wenn sie kein gültiges Reisedokument besitzen und ohne Umgehung der Grenzübertrittskontrolle eingereist sind.
(3) Das Bundesamt hat bei Ausübung des ihm in Abs. 2 eingeräumten Ermessens einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, andererseits auf sicherheitspolizeiliche Belange sowie
auf eine mögliche Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat Bedacht zu nehmen.
(4) Konventionsreisepässe werden nach dem Muster des Annexes zur Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ausgestellt.
(5) §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.“
„Versagung eines Fremdenpasses
§ 92. (1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
1.
der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;
2.
der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;
3.
der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;
4.
der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;
5.
durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
(1a) Die Versagungsgründe des § 14 Abs. 1 Z 3 lit d, e und Z 5 Passgesetz 1992 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Reisepasses der Fremdenpass tritt.
(2) Die Ausstellung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn der Fremde unentschuldigt einer Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, in der diese Folge angekündigt ist, nicht Folge leistet oder an der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht mitwirkt.
(3) Liegen den Tatsachen die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992.“
Der für die Beurteilung in diesem Zusammenhang wesentliche Begriff der "Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit" wird im genannten Gesetz nicht näher bestimmt. Welcher Inhalt ihm zukommt, ergibt sich insbesondere aus § 16 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, der den sicherheitspolizeilichen Gefahrbegriff definiert (so auch VwGH 24.03.1998, Zl. 96/18/0475; VwGH 04.05.1983, Zl. 83/01/0029).
„Allgemeine Gefahr; gefährlicher Angriff; Gefahrenerforschung
§ 16. (1) Eine allgemeine Gefahr besteht
1.
bei einem gefährlichen Angriff (Abs. 2 und 3)
oder
2.
sobald sich drei oder mehr Menschen mit dem Vorsatz verbinden, fortgesetzt gerichtlich strafbare Handlungen zu begehen (kriminelle Verbindung).
(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Verlangen eines Verletzten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand
1.
nach dem Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, ausgenommen die Tatbestände nach den §§ 278, 278a und 278b StGB, oder
2.
nach dem Verbotsgesetz, StGBl. Nr. 13/1945, oder
3.
nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, oder
4.
nach dem Suchtmittelgesetz (SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, ausgenommen der Erwerb oder Besitz von Suchtmitteln zum ausschließlich persönlichen Gebrauch (§§ 27 Abs. 2, 30 Abs. 2 SMG), oder
5.
nach dem Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 (ADBG 2007), BGBl. I Nr. 30, oder
6.
nach dem Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz (NPSG), BGBl. I Nr. 146/2011,
handelt.
(3) Ein gefährlicher Angriff ist auch ein Verhalten, das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Bedrohung (Abs. 2) vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird.
(4) Gefahrenerforschung ist die Feststellung einer Gefahrenquelle und des für die Abwehr einer Gefahr sonst maßgeblichen Sachverhaltes.“
Damit ist klargestellt, dass Delikte nach dem StGB, mit Ausnahme der §§ 278, 278a und 278b StGB eine "allgemeine Gefahr" gemäß § 16 Abs. 1 SPG begründen.
Die Versagungsgründe des § 92 Abs. 1 iVm § 94 Abs. 5 FPG sind vor dem Hintergrund des Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Folgenden: Statusrichtlinie) zu lesen. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, Reiseausweise - wie im Anhang zur Genfer Flüchtlingskonvention vorgesehen - für Reisen außerhalb ihres Gebietes ausstellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen (vgl. VwGH 16.05.2013, 2013/21/0003 sowie 05.05.2015, Ro 2014/22/0031).
Hinsichtlich dieser Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit der Republik Österreich wird in der Judikatur ein besonderes Gefahrenpotential - insbesondere bereits erfolgte Verurteilungen - sowie eine negative Prognoseentscheidung für das weitere Verhalten der Antragsteller verlangt (vgl. VwGH vom 16.05.2013, 2013/21/0003).
Der Versagungsgrund des § 92 Abs. 1 FPG setzt nicht voraus, dass der Fremde tatsächlich schon einmal ein Reisedokument für den verpönten Zweck benutzt hat (VwGH vom 07.07.2009, 2007/18/0243; VwGH vom 26.02.2015, Ra 2014/22/0133).
Nach dem Wortlaut der Bestimmung ("... ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen ...") ist der Behörde kein Ermessen eingeräumt, das ein Absehen von der Versagung erlaubt (VwGH vom 17.02.2006, 2006/18/0030; vom 24.09.2009, 2009/18/0155). Auf die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen des Fremden ist im Falle des Vorliegens eines Versagungsgrundes keine Rücksicht zu nehmen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 92 FPG, K7).
Die Versagung eines Konventionsreisepasses stellt eine vorbeugende Sicherungsmaßnahme zur Abwendung künftiger Straftaten dar. Bei der Prüfung der Frage, ob die vom Gesetz geforderte Annahme gerechtfertigt ist (Zukunftsprognose), ist festzustellen, ob Tatsachen vorliegen, die diese Annahme rechtfertigten (VwGH vom 05.07.2012, 2010/21/0345 mit Verweis auf VwGH vom 24.06.2010, 2009/21/0084).
Die Unmöglichkeit, die eigene Identität (im Bundesgebiet) durch einen Konventionsreisepass nachweisen zu können, ist bei Vorliegen eines Versagungsgrundes in Kauf zu nehmen (VwGH 22.10.2009, 2008/21/0570).
Voraussetzung für die Passversagung ist in den angeführten Fällen jeweils eine durch die Behörde unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des Fremden zu treffende Prognoseentscheidung. Dabei liegt keine Bindung an die einem allenfalls vorangegangenen gerichtlichen Verfahren getroffenen Erwägungen vor [...] (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 92 FPG, K6).
Die in der Haft verbrachte Zeit kann für die Berechnung des Zeitraumes eines behaupteten Wohlverhaltens außer Betracht zu bleiben (VwGH vom 18.09.2001, 2001/18/0169), zudem ist nur jener Zeitraum zu berücksichtigen, in dem sich jemand in Freiheit befunden hat und aus eigenem Antrieb wohlverhalten hat (VwGH vom 26.05.2003, 2003/18/0021).
Ein Konventionsreisepass ist zur Darlegung der Flüchtlingseigenschaft bzw. zur legalen Arbeitsaufnahme des Fremden in Österreich nicht erforderlich. Bei der Versagung ist - ebenso wie bei dessen Entziehung - auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen (vgl. VwGH vom 20.12.2013, 2013/21/0055; VwGH vom 4. 6. 2009, 2006/18/0204; VwGH vom 24. 1. 2012, 2008/18/0504).
In der Beschwerde bleibt unbestritten, dass der BF die im angefochtenen Bescheid festgestellten Straftaten begangen hat und deshalb in der dort festgestellten Weise rechtskräftig verurteilt worden ist. Den Ausführungen in der Beschwerde, dass sich daraus, keine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit Österreichs ableiten lässt, konnte im Ergebnis nicht gefolgt werden.
Der BF weist eine strafrechtliche Verurteilung aus dem Jahre 2017 auf. Es handelt sich dabei um eine Verurteilung wegen drei Verbrechen.
So wurde der BF einerseits wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB verurteilt, da er am 15.05.2017 mit Gewalt bzw. durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben dem Opfer eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz abgenötigt hat, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, indem er das Opfer von hinten am linken Oberarm packte und sagte, „Ich schlag dich, wenn du nicht sofort dein Handy rausrückst“, woraufhin das Opfer sein Mobiltelefon im Wert von EUR 499,- hergab und der BF damit die Flucht ergriff.
Weiters wurde er wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB verurteilt, da er am XXXX 2017 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem abgesondert verfolgten Mittäter, mit Gewalt bzw. durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, dem Opfer eine fremde bewegliche Sache, mit dem Vorsatz abgenötigt hat, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem der BF das Opfer am Arm packte und aufforderte, das Mobiltelefon im Wert von circa EUR 700,- herauszugeben, sonst würde ihm Selbiges wie im April 2017 passieren, wobei er sich dabei auf den og. Vorfall bezog, während sich der abgesondert verfolgte Mittäter zur Verstärkung der Drohkulisse neben das Opfer stelle und das Mobiltelefon an sich nahm.
Überdies wurde der BF wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 und Abs. 5 Z 1 StGB verurteilt, da er am 22.07.2017 dem Opfer eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung, also eine an sich schwere Verletzung zugefügt hat, indem er mit einem Messer in den linken Arm des Genannten stach, wobei dieses eine tiefreichende mehrere Zentimeter und breit klaffende Wunde an der Streckung der Kleinfingerseite des linken Unterarms, der mit einer Durchtrennung des kleinfingerseitigen Handgelenkstreckmuskels und des Streckmuskels des Kleinfinger einhergegangen ist, erlitt.
Aus diesen Verurteilungen ist ersichtlich, dass der BF über einen Zeitraum von rund zwei Monaten wiederholt strafbare Handlungen beging, dies auch teilweise unter Verwendung einer Waffe, fallgegenständlich ein Messer. Ein derartiges Verhalten indiziert schlüssigerweise eine Wiederholungsgefahr bzw. Gefahr, dass der BF durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden würde und zudem zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung einer Ausstellung eines Konventionsreisepasses entgegenstehen. Im Hinblick auf das Fehlverhalten des BF und unter Berücksichtigung, dass die Straftaten in einem sehr engen zeitlichen Abstand stehen, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, die festgestellten Tatsachen rechtfertigen die Annahme des § 92 Abs. 1 Z 5 FPG.
Soweit in der Beschwerde im Wesentlichen bemängelt wird, dass die belangte Behörde im Rahmen einer Prognosebeurteilung die Berücksichtigung unterlassen habe, dass es bei einer einmaligen Verurteilung geblieben sei, der BF sein Fehlverhalten einsehe und seine Taten bereue und sich der BF seit der Verurteilung wohlverhalten habe, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Das BFA hat eine Zukunftsprognose erstellt bzw. ist auf die konkreten, den BF betreffenden Umstände eingegangen. Der BF hat in der Beschwerde keine Umstände aufgezeigt hat, die nach den obigen Ausführungen geeignet wären, einen anderslautenden Bescheid herbeizuführen. Auch kann die in der Haft verbrachte Zeit für die Berechnung des Zeitraumes eines behaupteten Wohlverhaltens außer Betracht bleiben und ist zudem nur jener Zeitraum zu berücksichtigen, in dem sich jemand in Freiheit befunden hat und aus eigenem Antrieb wohlverhalten hat. Der BF wurde erst im Februar 2018 bedingt aus der Haft entlassen und befindet sich somit seit zwei Jahren und neun Monaten in Freiheit. Der seit der Begehung der Straftaten verstrichene Zeitraum reicht jedenfalls nicht aus, um die vom BF ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Straftaten als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen.
Im Ergebnis ist somit der Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 92 Abs. 1 Z 5 FPG erfüllt sei, beizutreten und sind - im Sinne des Art. 25 Abs. 1 Statusrichtlinie - zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die der Ausstellung eines Konventionsreisepasses entgegenstehen, zu bejahen.
Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes folgendermaßen zusammengefasst wurden (vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11, betreffend die inhaltsgleiche Bestimmung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005): „Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.“
Auch unter Berücksichtigung der vom VwGH immer wieder postulierten Wichtigkeit (jüngst wieder VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0200) der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, stellt sich der vorliegende Fall nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes als eindeutiger Fall dar, in dem bei Berücksichtigung aller zu Gunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten wäre, wenn sich das Verwaltungsgericht – im vorliegenden Fall erneut - von ihm einen persönlichen Eindruck verschaffen würde (VwGH 29.06.2017, Ra 2017/21/0068, Rn. 12).
Da für das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben sind und sich insbesondere aus der Beschwerde kein Hinweis auf die Notwendigkeit ergab, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem BF nochmals zu erörtern, wurde von einer Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Konventionsreisepass Körperverletzung Prognose Raub Reisedokument strafrechtliche Verurteilung Versagung Konventionsreisepass Versagungsgrund ZukunftsprognoseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W153.1403378.3.00Im RIS seit
05.02.2021Zuletzt aktualisiert am
05.02.2021