TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/1 W198 2218013-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.12.2020
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Entscheidungsdatum

01.12.2020

Norm

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W198 2218013-2/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Josef HERMANN sowie KommR Johann FIGL als Beisitzer in der Beschwerdesache von XXXX , vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Ingo RIß, gegen den Bescheid (Beschwerdevorentscheidung) des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 12.03.2019, GZ: XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 10.11.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. In der am 28.09.2018 mit XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) verbindlich abgeschlossenen Betreuungsvereinbarung wurde seitens des AMS mit dem Beschwerdeführer vereinbart, dass er selbständige Bewerbungsaktivitäten setzt (zwei Eigenbewerbungen pro Woche dokumentiert in den Eigenbewerbungslisten).

2. Bei der am 18.12.2018 vor dem AMS aufgenommenen Niederschrift gab der Beschwerdeführer nach Belehrung über die Rechtsfolgen nach § 10 AlVG an, dass er nicht bereit bzw. in der Lage sei, die vereinbarten Nachweise seiner Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung vorzulegen, da er keine vorlegen könne.

3. Mit Bescheid des AMS vom 21.12.2018 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für den Zeitraum 18.12.2018 bis 28.01.2019 verloren hat. Der angeführte Zeitraum verlängert sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde. Eine Nachsicht wurde nicht erteilt. Begründend wurde ausgeführt, dass mit dem Beschwerdeführer am 28.09.2018 vereinbart worden sei, Nachweise über Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung vorzulegen. Der Beschwerdeführer könne für den Zeitraum November und Dezember keine einzige Bewerbung nachweisen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.12.2018 fristgerecht Beschwerde. Darin führte er aus, dass er am 18.12.2018 keinen Termin bei seiner Beraterin, sondern nur einen Termin zur Antragsrückgabe gehabt habe und habe er daher klarerweise keine Bewerbungen mitgehabt, woraufhin er gesperrt worden sei. Aufgrund dessen habe er nach dem 18.12.2018 20 Bewerbungen vorgelegt, welche ihm am 21.12.2018 jedoch einfach zurückgesendet worden seien.

5. Am 15.02.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem AMS niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass er keine Bewerbungsliste führe, sondern alles auf einem Stick gespeichert habe. Auf diesem Stick seien im Zeitraum Oktober/November 2018 vier Bewerbungen ersichtlich. Im Oktober/November 2018 habe er sich sonst nicht beworben. Die Begründung im angefochtenen Bescheid, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum November/Dezember 2018 keine einzige Bewerbung nachgewiesen habe, sei unrichtig. Er habe sich im November bei der Firma XXXX beworben; sonst habe er sich nicht beworben, weil er im November/Dezember 2018 krank gewesen sei. Abschließend führte der Beschwerdeführer aus, dass er in psychiatrischer Behandlung sei.

6. Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS als belangte Behörde gemäß
§ 14 VwGVG iVm § 56 AlVG eine mit 12.03.2019 datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass das AMS dem Beschwerdeführer am 28.09.2018 aufgetragen habe, pro Woche mindestens zwei Bewerbungen zu tätigen. Der Beschwerdeführer sei diesem Auftrag nicht nachgekommen.

7. Mit Schreiben vom 25.03.2019 stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Antrag auf Vorlage.

8. In einer mit 28.03.2019 datierten Ergänzung zum Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer aus, dass er seit 2013 wegen einer Depression in Behandlung sei. Er bekomme vom AMS keine Unterstützung bei der Arbeitssuche und habe im vergangenen Jahr lediglich vier oder fünf Vermittlungsvorschläge erhalten. Seine Eigeninitiative sei bislang leider erfolglos geblieben. Die Vielzahl der erfolglosen Bewerbungen habe zu einer depressiven Entwicklung geführt. Jede Absage habe dazu geführt, dass seine Motivation weiter abgesackt sei. Die vom AMS geforderte Eigeninitiative berücksichtige die psychische Verfassung des Beschwerdeführers nicht und würde er sich wünschen, dass er vom AMS mehr Unterstützung bei der Arbeitssuche erhalte. Außerdem habe die belangte Behörde außer Acht gelassen, dass der Beschwerdeführer im November und Dezember wiederholt krank gewesen sei. Bei Würdigung seines Gesamtverhaltens unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustandes sei die Sperre daher zu Unrecht erfolgt.

9. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 24.05.2019 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

10. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 10.11.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht zuletzt seit 23.09.2014 durchgängig – unterbrochen lediglich durch Krankengeldbezüge - im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Am Freitag, 28.09.2018, wurde mit dem Beschwerdeführer eine Betreuungsvereinbarung aufgenommen, in welcher festgehalten wurde, dass das AMS den Beschwerdeführer bei der Suche nach einer Stelle als Bürokaufmann bzw. Telefonist unterstützt. Zudem wurde in der Betreuungsvereinbarung mit dem Beschwerdeführer vereinbart, dass er selbständige Bewerbungsaktivitäten setzt (zwei Eigenbewerbungen pro Woche dokumentiert in den Eigenbewerbungslisten). Er wurde für den Fall der mangelnden Eigeninitiative zur Erlangung einer Beschäftigung auf die Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG hingewiesen.

In der Betreuungsvereinbarung vom 28.09.2018 wurde zudem festgehalten, dass der Beschwerdeführer gesundheitliche Einschränkungen hat, welche bei der Stellensuche berücksichtigt werden.

Von 15.11.2018 bis 22.11.2018 (8 Tage) und von 10.12.2018 bis 17.12.2018 (8 Tage), sohin insgesamt 16 Tage, war der Beschwerdeführer im Krankenstand. Vom 28.09.2018 bis 15.11.2018 sowie ab 18.12.2018, sohin insgesamt neun Wochen, war der Beschwerdeführer gesund.

Nach Ende seines Krankenstandes, am Dienstag, 18.12.2018, hat der Beschwerdeführer vor dem AMS vorgesprochen.

Im Zeitraum 28.09.2018 bis 18.12.2018 hat der Beschwerdeführer vier Bewerbungen in Eigeninitiative gemacht. Er hat sich am 09.10.2018 bei der XXXX GmbH und bei XXXX Rechtsanwälte, am 14.10.2018 beim XXXX und am 14.11.2018 bei der XXXX beworben. Der Beschwerdeführer hätte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 18 Bewerbungen in Eigeninitiative glaubhaft machen müssen (dazu wird detailliert in der rechtlichen Beurteilung ausgeführt werden).

2. Beweiswürdigung:

Aus dem Akteninhalt geht unzweifelhaft hervor, dass der Beschwerdeführer seitens des AMS am 28.09.2018 aufgefordert wurde, wöchentlich zwei Bewerbungen glaubhaft zu machen. Die entsprechende Betreuungsvereinbarung vom 28.09.2018 liegt im Akt ein.

Es ist unstrittig, dass im Zeitraum 28.09.2018 bis 18.12.2018 zwei Krankenstände vom 15.11.2018 bis 22.11.2018 (8 Tage) und 10.12.2018 bis 17.12.2018 (8 Tage) vorliegen. Im Dachverband der Sozialversicherung sind die Tage des Krankengeldbezuges (18.11.2018 bis 22.11.2018 und 13.12.2018 bis 17.12.2018) ersichtlich.

In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (Verhandlungsschrift Seite 7), wurde außer Streit gestellt, dass der Beschwerdeführer im verfahrensrelevanten Zeitraum insgesamt neun Wochen gesund war.

Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum 28.09.2018 bis 18.12.2018 lediglich – die in den Feststellungen angeführten - vier Bewerbungen in Eigeninitiative gemacht hat. So bestätigte er in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht dezidiert, dass er in diesem Zeitraum nur vier Bewerbungen getätigt hat. Zudem gab er an, dass er, nachdem er Anfang Dezember 2018 eine Absage von der XXXX bekommen habe, seine Bewerbungsaktivitäten eingestellt habe. In einer Gesamtschau bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zu wenige Bewerbungen in Eigeninitiative gemacht hat. So gab er wörtlich an: „Es war so, dass ich nur vier Bewerbungen oder drei im Oktober geschrieben habe, das stimmt. Das waren zu wenig.“

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS Wien Esteplatz.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 AlVG (auf die Notstandshilfe sinngemäß anwendbar gemäß § 38 AlVG) sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszwecks, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst rasch wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten.

Ein Anspruchsverlust nach § 10 Abs. 1 AlVG tritt unter anderem dann ein, wenn die arbeitslose Person nach Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen. Anders als bei der Verweigerung oder Vereitelung einer zugewiesenen Beschäftigung kommt es beim Nachweis ausreichender eigener Anstrengungen jedoch nicht notwendigerweise auf eine einzelne konkrete Bewerbung an, sondern es ist das Gesamtverhalten des Arbeitslosen zu würdigen (VwGH 24.04.2014, 2013/08/0070).

Da § 10 Abs. 1 Z 4 AlVG vorsieht, dass der Arbeitslose aufgefordert werden kann, ausreichende Anstrengungen nachzuweisen, trifft den Arbeitslosen insoweit eine spezifische Mitwirkungspflicht (VwGH 19.01.2011, 2008/08/0020).

Die Sanktionierung mangelnder Eigeninitiative verlangt gemäß § 9 Abs. 1 AlVG, dass der Arbeitslose durch die regionale Geschäftsstelle zu einer solchen aufgefordert wurde, wobei die vorgegebene Zahl von Bewerbungen, die Nachweiserbringung und die Rückgabemodalitäten niederschriftlich oder im Betreuungsplan festzuhalten sind (Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz, 13. Lfg (April 2017), § 10, Rz 279). Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang nicht nur Art und Ausmaß, sondern auch die Ernsthaftigkeit der unternommenen Anstrengungen (VwGH 19.10.2001, 99/02/0155).

Zum Ausmaß der zu erwartenden Eigeninitiative führen die EB zur RV der Beschäftigungssicherungsnovelle 1993 (BGBl 1993/502) aus: „Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass eine Bewerbung pro Woche sicher das Minimum an zu erwartende Anstrengung darstellt. In jenen konkreten Fällen, in denen nach Auffassung des Beraters vom Arbeitslosen nicht die entsprechenden Eigeninitiativen zur Erlangung einer Beschäftigung gesetzt werden, soll das Arbeitsmarktservice den Arbeitslosen auffordern, eine bestimmte Zeit eine vorgegebene Zahl von Bewerbungen anhand von Unterlagen nachzuweisen. Bei dieser Maßnahme ist jedoch nicht an eine schematische Vorgangsweise gedacht, vielmehr wird bei der Festsetzung der Zahl der Bewerbungen auf das Alter, den Gesundheitszustand, die Bildung und Ausbildung des Arbeitslosen entsprechend Bedacht zu nehmen sein.“

Beispielsweise führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.04.1996, Zl. 94/08/0069 aus, dass der Auftrag, aufgrund von Eigeninitiative zwei Vorstellungen bzw. Bewerbungen innerhalb von drei Wochen nachweislich vorzuweisen, gerechtfertigt ist.

Das Nichteinhalten einer in dieser Weise vorgeschriebenen Zahl von Bewerbungen muss nicht in jedem Fall bereits eine Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG darstellen. Es ist nämlich vielmehr eine Gesamtbeurteilung des Verhaltens des Arbeitslosen vorzunehmen. Er muss glaubhaft machen, dass er ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung gemacht hat. Wie weit diese Anstrengungen unter den konkreten Verhältnissen vor dem Hintergrund des - ebenfalls darzustellen - Umfelds auf den konkret infrage kommenden Teil des Arbeitsmarktes und nach den persönlichen Verhältnissen (Stand, Alter, Ausbildung) des Arbeitslosen ausreichend waren oder nicht hat die Behörde unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des Arbeitslosen zu beurteilen und eine Würdigung der glaubhaft gemachten Anstrengungen in die Bescheidbegründung aufzunehmen. Dabei ist nicht nach Art und Ausmaß, sondern auch die Ernsthaftigkeit der Anstrengung von Bedeutung (VwGH 08.09.2019 98,96/08/0241). So kann etwa die Vorlage von drei Bewerbungen anstelle von vereinbarten fünf ausreichen, wenn die Anstrengungen insgesamt ausreichend erscheinen. Weiters hat die Behörde im Rahmen der Gesamtbeurteilung auch auf das von ihr darzustellende Umfeld auf den konkret infrage kommenden Teil des Arbeitsmarktes Bedacht zu nehmen. Von vornherein aussichtslose Bewerbungen zu verlangen, ist nicht zulässig. (vgl. Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz Praxiskommentar, § 9, RZ 222).

Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer am 28.09.2018 seitens des AMS aufgetragen, mindestens zwei eigene Aktivbewerbungen pro Woche zu tätigen.

Gegenständlich beläuft sich der Beobachtungszeitraum von Freitag, 28.09.2018, bis Dienstag, 18.12.2018 (sohin 82 Kalendertage ergibt 11,71 Wochen ergibt 11 Kalenderwochen). In diesem Zeitraum 28.09.2018 bis 18.12.2018 (11 Wochen) liegen zwei Krankenstände vor, nämlich vom 15.11.2018 bis 22.11.2018 (8 Tage) und vom 10.12.2018 bis 17.12.2018 (8 Tage), sohin insgesamt 16 Tage. Werden vom gesamten Beobachtungszeitraum (28.09.2018 bis 18.12.2018 = 82 Tage) 16 Tage Krankenstand abgezogen, so bleiben 66 Tage übrig, welche neun Kalenderwochen an endgültigem Beobachtungszeitraum ergeben. Da mit dem Beschwerdeführer zwei Bewerbungen in Eigeninitiative pro Kalenderwoche vereinbart wurden, hätte er insgesamt 18 Bewerbungen in dem übrig gebliebenen Beobachtungszeitraum erbringen müssen.

Wie festgestellt, hat der Beschwerdeführer im Beobachtungszeitraum lediglich vier Bewerbungen gemacht.

Dem Beschwerdeführer ist daher die Glaubhaftmachung einer ausreichenden Anzahl an Bewerbungen bzw. seiner Eigeninitiative zur Erlangung einer Beschäftigung nicht gelungen. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie eine Zahl von bloß vier Bewerbungen in einem neunwöchigen Zeitraum als nicht ausreichenden Nachweis von Anstrengungen des Beschwerdeführers zur Erlangung einer Beschäftigung beurteilt hat.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er seit 2013 wegen einer Depression in Behandlung sei, ist wie folgt auszuführen: Dieses Vorbringen ist zwar aufgrund der Vorlage eines diesbezüglichen Befundes vom 19.03.2019 glaubhaft, allerdings ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im verfahrensrelevanten Zeitraum arbeitsfähig war. Dies hat er in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst außer Streit gestellt. Zwei Bewerbungen pro Woche zu tätigen war dem Beschwerdeführer zumutbar.

Zum weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach die Betreuung des Beschwerdeführers durch das AMS mangelhaft gewesen sei, zumal ihm fast keine Stellenvorschläge vom AMS zugesandt worden seien, ist auszuführen, dass das AMS in der Betreuungsvereinbarung auf die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers insofern Bedacht genommen hat, als es ihm keine Stellenvorschläge gemacht hat, sondern ihm vielmehr die Möglichkeit geboten hat, eigeninitiativ tätig zu werden, damit der er selbständig beurteilen kann, für welche Tätigkeiten er sich noch in der Lage fühlt um ihm hier den Druck von vorgeschriebenen Stellenvorschlägen herauszunehmen.

Zum Verweis des Rechtsvertreters in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auf die Entscheidung des VwGH zu Zl. 2008/08/0020 ist wie folgt zu bemerken: In dieser Entscheidung wurde in einem ähnlich gelagerten Fall ausgeführt, dass es beim Nachweis ausreichender eigener Anstrengungen nicht notwendigerweise auf eine einzelne konkrete Bewerbung ankommt, sondern es ist das Gesamtverhalten des Arbeitslosen zu würdigen. Im gegenständlichen Fall macht gerade das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers (von 18 erforderlichen Bewerbungen nur vier gemacht) deutlich, dass er keine ausreichenden Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung gesetzt hat (vgl. VwGH vom 22.12.2010, 2007/08/0128).

Der Beschwerdeführer hat daher den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 4 AlVG erfüllt.

Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG liegen nicht vor. Ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potentiellen Schaden, der durch seine Nichteinstellung entstanden ist, ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden oder auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann (vgl. dazu VwGH 26.11.2008, Zl. 2006/08/0242). Darüber hinaus berücksichtigungswürdig sind Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss von Bezug der Leistungen den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter trifft als dies sonst ganz allgemein der Fall ist. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an. Weder der festgestellte Sachverhalt noch der vorgelegte Verwaltungsakt (insbesondere auch die Beschwerde/der Vorlageantrag des Beschwerdeführers) bieten Anhaltspunkte für das Vorliegen von Nachsichtgründen im Sinn des § 10 Abs. 3 AIVG.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum AlVG. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Bewerbung Mitwirkungspflicht Nachweismangel Notstandshilfe Vereitelung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W198.2218013.2.00

Im RIS seit

05.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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