TE Vwgh Beschluss 2020/12/17 Ra 2018/16/0168

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Veröffentlicht am 17.12.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
61/01 Familienlastenausgleich

Norm

B-VG Art133 Abs4
FamLAG 1967 §2 Abs2
FamLAG 1967 §2 Abs5 lita
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Mairinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Ing. Mag. M O in G, vertreten durch Dr. Christian Stocker, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Herzog-Leopold-Straße 26, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 24. Juni 2018, Zl. RV/7101528/2018, betreffend Familienbeihilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Baden Mödling), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Zur Vorgeschichte des Revisionsfalls wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. März 2018, Ra 2015/16/0058, verwiesen.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 24. Juni 2018 wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Finanzamts vom 24. August 2012, mit dem sein Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für seine Tochter ab Juni 2012 abgewiesen worden war, neuerlich ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5        In der Revision wird zur Zulässigkeit zunächst vorgebracht, das Bundesfinanzgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur gemeinsamen Wirtschaftsführung abgewichen, indem es lediglich die Betreuungsleistungen nicht jedoch die Mittelverwendung zur Tragung der laufenden Ausgaben für das Kind als rechtserheblich erachtet habe.

6        Das Bundesfinanzgericht hat im angefochtenen Erkenntnis festgestellt, dass sich die Tochter des Revisionswerbers regelmäßig im Haushalt ihrer Mutter aufgehalten habe, wo ihr ein eigenes Zimmer zur Verfügung gestanden sei und die Mutter die Wäsche der Tochter gewaschen habe. Die Familie habe, so das Bundesfinanzgericht weiter, gemeinsam Mahlzeiten eingenommen, welche zum Teil von der Mutter zubereitet worden seien. Die Tochter habe sich auch in Abwesenheit der Mutter aus dem gemeinsamen Kühlschrank bedient. Bei Bedarf habe die Tochter das Auto der Mutter verwendet, die auch die Benzinkosten getragen habe. Auch Freizeit und Urlaube seien hauptsächlich gemeinsam verbracht worden, wofür die Mutter die Kosten getragen habe.

7        Dass das Bundesfinanzgericht ausgehend von diesen Feststellungen nicht von einer einheitlichen Wirtschaftsführung im Haushalt der Mutter hätte ausgehen dürfen, zeigt die Revision mit ihrem diesbezüglichen Zulässigkeitsvorbringen nicht auf.

8        Im Übrigen steht nach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG der Anspruch auf Familienbeihilfe vorrangig jener Person zu, zu deren Haushalt das Kind gehört. In diesem Fall kommt es aber nicht darauf an, von wem die Mittel für die gemeinsame Haushaltsführung stammen. Nur wenn keiner Person ein Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG zusteht, ist entscheidend, wer die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG).

9        In der Revision wird zur Zulässigkeit weiters vorgebracht, es fehle Rechtsprechung zur Frage, wie dem Grundsatz zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit entsprochen werden könne, wenn Angehörige von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch machen würden.

10       Mit diesem Vorbringen spricht der Revisionswerber die vom Bundesfinanzgericht im konkreten Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung an.

11       Nach der ständigen Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Einer Rechtsfrage des Verfahrensrechts kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet, und setzt einen schwerwiegenden Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze voraus (vgl. VwGH 22.7.2020, Ra 2017/16/0174, mwN).

12       Dass das Bundesfinanzgericht seine Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte, zeigt die Revision - der auch hinsichtlich des Vorbringens, wonach die Tochter des Revisionswerbers und deren Mutter nicht von ihrem Entschlagungsrecht nach § 171 BAO Gebrauch hätten machen dürfen, nicht zu folgen ist - nicht auf.

13       Weiters begründet die Revision ihre Zulässigkeit mit dem Fehlen von Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ in § 2 Abs. 5 lit. a FLAG, im Fall eines volljährigen, studierenden Kindes, das neben seinem Zimmer im elterlichen Haus über eine eigene Wohnung verfügt.

14       Ob der Aufenthalt eines Kindes außerhalb der gemeinsamen Wohnung nur „vorübergehend“ im Sinne des § 2 Abs. 5 lit. a FLAG ist, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab. Damit liegt aber, abgesehen von krassen Fehlentscheidungen, eine Frage vor, die nicht über den Einzelfall hinausgeht und daher nicht grundsätzlich im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. VwGH 26.4.2018, Ra 2018/16/0040, mwN).

15       Das Bundesfinanzgericht hat sich im angefochtenen Erkenntnis ausführlich mit der Wohnsituation der Tochter des Revisionswerbers, insbesondere mit der Dauer und Häufigkeit der Aufenthalte in der Wohnung in Wien auseinander gesetzt und ist ausgehend davon zum Ergebnis gelangt, dass die vorübergehenden Aufenthalte der Tochter in Wien während des Studiums deren Zugehörigkeit zum Haushalt der Mutter nicht entgegenstehen.

16       Dass dem Bundesfinanzgericht bei dieser Beurteilung ein krasser, vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Fehler unterlaufen wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt.

17       Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 17. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018160168.L00

Im RIS seit

15.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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