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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. April 1995, Zl. 4.337.947/10-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "Jugosl. Föderation", der am 24. April 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 27. April 1992 den Asylantrag gestellt hat, hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 29. April 1992 zu seinen Fluchtgründen folgendes angegeben:
Er gehöre der albanischen Nationalität an und stamme aus dem Kosovo. Als Mitglied der von "den Serben" nicht anerkannten LDK-Partei (Demokratische Partei der Albaner im Kosovo) habe er im Juni 1989 an einer verbotenen Demonstration teilgenommen. Deshalb sei er festgenommen und vom Kreisgericht Pec zu einer 60-tägigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, welche er im Juli und August 1989 verbüßt habe. Am 18. April 1992 sei ihm ein Einberufungsbefehl zur "Serbischen Bundesarmee" zugestellt worden, wonach er sich am 20. April 1992 zu melden gehabt hätte. Da er nicht in "diesem sinnlosen Krieg kämpfen und dann womöglich auf Kroaten und Bosnier schießen" habe wollen, sei er nach Österreich geflohen. Er wolle nicht mehr in seine Heimat zurückkehren, sondern in Österreich mit seiner Familie eine neue Existenz aufbauen. Bei einer Rückkehr würde er "mit Sicherheit in den Krieg an die vorderste Front geschickt werden".
Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich hat mit Bescheid vom 11. Mai 1992 festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei. Mit Bescheid vom 22. März 1993 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 93/01/0389, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes
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infolge der Aufhebung des Wortes "offenkundig" im § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94 - auf. Im fortgesetzten Verfahren wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 1. April 1995 die
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vom Beschwerdeführer ergänzte - Berufung neuerlich ab.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht. Allerdings kann eine darauf zurückzuführende Furcht vor Verfolgung dann asylrechtlich relevant sein, wenn die Einberufung bzw. unterschiedliche Behandlung während des Militärdienstes aus einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt a Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) genannten Gründen erfolgt wäre oder aus solchen Gründen schärfere Sanktionen drohten (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Juni 1994, Zl. 93/01/0377, Slg. Nr. 14089/A). Der Beschwerdeführer hat nach dem oben wiedergegebenen Inhalt seiner Vernehmung im erstinstanzlichen Verfahren einen Zusammenhang zwischen seiner Einberufung und derartigen Gründen nicht hergestellt. Der Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Demonstrationsteilnahme im Jahre 1989 fehlt es - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - am zeitlichen Konex zu der erst im Jahre 1992 erfolgten Flucht. Aus dieser Verurteilung kann mangels jeglichen Anhaltspunktes im erstinstanzlichen Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht geschlossen werden, daß der Beschwerdeführer wegen seiner politischen Gesinnung einberufen worden sei bzw. eine nachteilige Behandlung während des Militärdienstes oder strengere Bestrafung wegen Desertion oder Refraktion zu erwarten habe, zumal er die Strafe bereits im Jahre 1989 verbüßt hat und kein Hinweis darauf besteht, daß er sich danach bis zur Zustellung des Einberufungsbefehles in einer den Behörden bekannt gewordenen Weise politisch betätigt hat oder irgendwelchen behördlichen Repressionen ausgesetzt war. Ein derartiger Zusammenhang ist auch aus dem bloßen Umstand, daß der Beschwerdeführer der albanischen Minderheit im Kosovo angehört, nicht erkennbar (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1996, Zl. 95/01/0076). Daran ändert auch die in der Beschwerde vorgebrachte "explosive Lage" im Kosovo nichts.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit seinem Vorbringen in der Berufungsergänzung auseinanderzusetzen, verkennt er, daß die belangte Behörde als Berufungsbehörde gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen hatte. Da der Beschwerdeführer weder in der Berufung noch in deren Ergänzung eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens geltend gemacht hat und nach der Aktenlage weder eine solche noch ein anderer in § 20 Abs. 2 AsylG 1991 genannter Grund vorliegt, bestand für die belangte Behörde nach dieser Gesetzesstelle keine Verpflichtung, das Ermittlungsverfahren zu ergänzen oder zu wiederholen.
Da sich somit die Beschwerde mangels Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers als unbegründet erweist, war sie schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, weshalb eine Auseinandersetzung damit, ob die belangte Behörde zu Recht zusätzlich vom Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 Gebrauch gemacht hat, entbehrlich war.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995010113.X00Im RIS seit
20.11.2000