Entscheidungsdatum
14.10.2020Norm
AsylG 2005 §55Spruch
L526 2139081-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2020, Zahl: XXXX , zu Recht erkannt:
A.) Die Beschwerde wird gemäß §§ 55, 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: „BF“), ein georgischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 30.11.2015 gemeinsam mit seiner miteingereisten Familie (Ehefrau und Sohn) einen Antrag auf internationalen Schutz.
I.2. Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Polizeiinspektion am 29.11.2015 gab der BF an, den im Spruch genannten Namen zu führen und Staatsangehöriger Georgiens zu sein. Er sei der georgischen Volksgruppe und dem christlich orthodoxen Glauben zugehörig.
Im Hinblick auf den Reiseweg brachte der BF zusammengefasst vor, Georgien legal von XXXX aus mit dem Flugzeug nach Istanbul verlassen zu haben und von dort direkt nach Wien geflogen zu sein. Die Reisepässe hätten sie in Schwechat einem dort wartenden Bekannten des BF ausgehändigt.
Zu den Gründen seiner Ausreise befragt, führte der BF an, er sei in Georgien Berufssoldat gewesen. Er hätte nach Syrien in den Krieg entsandt werden sollen. Er habe ein Problem mit der Militärpolizei, weil er dies verweigert hätte. Er habe nicht in den Krieg ziehen wollen und sei daher mit seiner Familie nach Österreich geflohen.
I.3. Am 08.07.2016 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, im Beisein einer Dolmetscherin für die georgische Sprache niederschriftlich vor der zur Entscheidung berufenen Organwalterin einvernommen.
Eingangs bestätigte der BF, bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht zu haben und dass alles korrekt protokolliert worden sei. Er bestätigte auch, der georgischen Sprache mächtig zu sein und die anwesende Dolmetscherin gut zu verstehen.
Zum Ausreisegrund befragt, gab der BF zusammengefasst an, radikale Angehörige der Volksgruppe der Kisten, darunter ein Nachbar aus seinem Heimatdorf XXXX , hätten ihn zwangsrekrutieren wollen. Er sei auf Urlaub in seinem Heimatdorf gewesen und sei von zwei Kisten aufgefordert worden, in ein Auto zu steigen und anschließend zu einem nahegelegenen Wald gebracht worden. Dort habe man ihm gesagt, dass ein Kämpfer namens XXXX ihm ausrichten ließe, er solle nach Syrien zum Kämpfen kommen. Sie würden Leute rekrutieren und nach Syrien schicken. Dann habe man ihn wieder zu Hause abgesetzt. Er habe die Leute nicht mehr kontaktiert, die zwei Personen hätten ihn aber an seiner Wohnadresse in XXXX aufgesucht. Es seien wieder die selben zwei wie in seinem Heimatdorf gewesen, nämlich der ihm bekannte XXXX und ein Mann mit langem Bart und russischem Akzent. Die zwei Männer hätten ihn mit dem Auto ans XXXX Meer gebracht. Während der Fahrt habe der mit dem langen Bart eine Waffe unter dem Beifahrersitz hervorgeholt und ihm gesagt, er müsse nach Syrien fahren, da gebe es nichts zu überlegen. Er solle ihnen Dokumente geben, damit sie die Reise vorbereiten können. Wenn er nicht nach Syrien fahre, müsse er 30.000 Dollar zahlen. Als er gesagt habe, dass er das Geld nicht habe, sei er abermals mit der Waffe bedroht worden. Es sei ihm schließlich gelungen, die Leute zu vertrösten, indem er angab, er habe die Dokumente nicht mit, da er gerade auf einer Schulung gewesen sei. Mitte Dezember sei er mit der Schulung fertig. Man habe ihn dann mit der Drohung, wenn er zur Polizei gehe, werde er Frau und Kind nicht mehr wiedersehen, entlassen. Anschließend habe er sich mit seiner Frau besprochen und sie hätten beschlossen, ins Ausland zu gehen. Nach ihrer Ausreise seien diese Leute zu seinem Bruder gekommen, der ihnen erzählt habe, dass er nach Deutschland gegangen wäre. Auch die Militärpolizei habe nach ihm gesucht; vermutlich drohe ihm eine Strafe für seine Absenz.
Auf welcher Seite er in Syrien hätte kämpfen sollen, konnte der BF nicht angeben. Zu den Personen befragt, gab der BF an, dass es sich bei XXXX um eine Person handle, dessen Vater noch in seinem Heimatdorf lebe. XXXX sei der Vorgesetzte des XXXX kämpfe aktuell in Syrien. Dieser habe XXXX geschickt. Er habe einen USB-Stick mit Interviews, die das Problem mit Zwangsrekrutierungen zum Thema haben. Der Name von XXXX werde auch in einem Interview erwähnt. Auf XXXX sei in Amerika ein hohes Kopfgeld ausgesetzt.
Zu Details der Bedrohung mit der Waffe befragt, gab der BF an, dass es in einem Auto gewesen sei, in dem das Lenkrad auf der rechten Seite gewesen sei. Unter dem Sitz habe der Bedroher die Waffe hervorgeholt. Er sei hinten gesessen, neben auf dem Beifahrersitz sei XXXX gesessen. Er habe sich zu ihm hinten umgedreht, ihn mit der linken Hand am Kragen gepackt und ihn mit der rechten habe er ihm die Pistole am Hals angesetzt.
Der BF merkte im Laufe seiner Einvernahme noch an, dass er womöglich eine Bestrafung wegen Desertion vom Militär erhalten würde.
Anlässlich dieser Einvernahme legte der BF für sich und seine Familie Abschlusszeugnisse, ein Aufnahmezertifikat für das Militär, Personalausweise, eine Zutrittskarte, einen Militärausweis, eine Heiratsurkunde und einen Befundbericht in georgischer Sprache vor.
I.4. Am 27.09.2019 langte eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation über die „Rekrutierung für den Bürgerkrieg in Syrien – Volksgruppe der Kisten“ bei der Behörde ein. Zusammengefasst haben Recherchen des Verbindungsbeamten vor Ort ergeben, dass das Dorf XXXX zur Zeit der Anfrage nur von Personen georgischer Nationalität und nicht von Minderheiten bewohnt wurde. Berichtet wurde ferner, dass im Jahr 2015 vier Personen wegen des Anwerbens von Personen für eine terroristische Vereinigung festgenommen wurden. Die Anwerbungen haben den Berichten zufolge ethnische Kisten im Pankisi-Tal, wo ein Jamaat gegründet wurde, stattgefunden. Das Heimatdorf des BF sei nicht dort situiert.
I.5. Die Anträge des BF und seiner Familie auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden der bB (belangte Behörde) vom 06.10.2016 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF und seine Familie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt III) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage.
Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen des BF in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu zusammengefasst aus, dass der BF und seine Ehegattin ein gesteigertes und widersprüchliches Vorbingen erstattet hätten. Zudem sei das Vorbringen nicht mit den Rechercheergebnissen des Verbindungsbeamten vor Ort in Einklang zu bringen.
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen sei. Ebenso sei in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die BF ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergebe. Ebenso sei davon auszugehen, dass in Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar.
Des Weiteren sei den BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen. Schließlich wurde ausgeführt, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
I.6. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2016 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt und er ferner mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom selben Tag gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG darüber informiert, dass er und seine Familie verpflichtet seien, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.
I.7. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
I.8. Die Beschwerdevorlage langte am 08.11.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Das Beschwerdeverfahren wurde zunächst der Gerichtsabteilung L515, sodann der Gerichtsabteilung L523 und an 23.10.2018 schließlich der Abteilung L526 des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.
I.9. Zur Vorbereitung der für den 04.11.2019 anberaumten mündlichen Verhandlung wurden dem BF und seiner Familie mit Note des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.10.2019 aktuelle Länderdokumentationsunterlagen zur allgemeinen Lage in Georgien übermittelt und die Möglichkeit eingeräumt, bis eine Woche vor der mündlichen Verhandlung eine schriftliche Stellung dazu abzugeben. Innerhalb der eingeräumten Frist langte keine Stellungnahme ein.
I.10. Am 04.11.2019 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des BF und seiner Familie und einer gerichtlich beeideten Dolmetscherin für die georgische Sprache durchgeführt. Der BF erschienen zu dieser Verhandlung mit dem gewillkürten Vertreter.
Im Verlauf dieser Verhandlung wurde dem BF und seiner Ehegattin Gelegenheit gegeben, neuerlich ihre Ausreisemotivation darzulegen, vor allem die im bisherigen Verfahren aufgetretenen Widersprüche auszuräumen und Ungereimtheiten aufzuklären und wurden Fragen zur Integration erörtert. Ferner wurde die aktuelle Lageentwicklung im Herkunftsstaat anhand der im Vorfeld übermittelten Länderdokumentationsunterlagen sowie die im Bescheid der bB abgebildete Anfragebeantwortung erörtert.
Vom BF wurden folgende Dokumente übergeben, zu welchen er auch eine Stellungnahme abgab:
? Artikel vom 05.10.2016 „Das Pankisi-Tal wehrt sich“
? Abhandlung des Berlin Information Center for Transatlantic Security „Die Pankisi-Schlucht und die russisch-georgischen Beziehungen“ aus November 2002
I.11. Mit Erkenntnis vom 14.11.2019 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des BF sowie die der Ehegattin und des Sohnes mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 3 FPG 2005 mit 6 Monaten ab Rechtskraft der angefochtenen Bescheide neu festgesetzt wird.
I.11.1. Begründend wurde u.a. festgehalten, dass es dem BF und seiner Ehefrau nicht gelungen ist, ein asylrelevantes Vorbringen glaubwürdig und in sich schlüssig darzulegen und eine zur Gewährung von internationalem Schutz führende Gefährdung im Rückkehrfall glaubhaft zu machen. Insbesondere haben Ermittlungen vor Ort ergeben, dass das Fluchtvorbringen nicht den Tatsachen entsprochen hat und traten auch Widersprüche und Unstimmigkeiten im Vorbringen auf. Festgestellt wurde, dass die Ehegattin des BF unter einer Sehbeeinträchtigung leidet, Erkrankungen, die Relevanz iSv Art. 3 EMRK entfalten würden, konnten jedoch nicht festgestellt werden. Die Familie habe in Georgien noch ein familiäres Netzwerk und verfüge auch noch über eine Wohnung im Elternhaus des BF. In XXXX – wo der BF mit seiner Familie vor der Ausreise lebte – lebt auch eine Schwester mit ihrer Familie. Zudem wurde festgehalten, dass der BF und seine Ehegattin in der mündlichen Verhandlung auch zugegeben haben, Diebstähle begangen und dafür eine Geldstrafe bezahlt zu haben.
I.11.2. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Rückkehrentscheidung insbesondere aus (die Entscheidung bezog sich auf den BF und seine Ehegattin sowie den gemeinsamen Sohn, welche mit Beschwerdeführer (BF) bezeichnet wurden, der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren wird als „BF1“ bezeichnet):
Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der seitens gesetzlichen Vorgaben im Lichte der Judikatur Folgendes:
- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:
Die BF sind den bereits genannten Zeitraum in Österreich aufhältig. Sie reisten mit einem erschlichenen Visum in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren.
Ihren Aussagen war zu entnehmen, dass ihr Zielland Österreich war und war aus ihren Aussagen auch zu schließen, dass sie mit der Absicht nach Österreich reisten, um sich hier niederzulassen. Laut Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) muss von der Auslandsvertretungsbehörde u.a. Folgendes festgestellt werden: die Plausibilität und Nachvollziehbarkeit des Reisezwecks nach Österreich sowie die Bereitschaft des Visumsinhabers, vor Gültigkeitsablauf des Visums den Schengenraum wieder zu verlassen. Die erwachsenen BF gaben im Verfahren an, einen Schlepper bezahlt zu haben, der die Reise organisierte und sich ihrer Reisepässe in Schwechat entledigt zu haben. Da man, wenn man als Tourist einreisen möchte, auch das Vorhandensein einer Unterkunft nachweisen müsse, hätten sie auch eine gebucht, wo sie auch eine oder zwei Nächte verbracht hätten, und seien dann erst zum „Lager“ gefahren. Aus ihren Aussagen ist erschließbar, dass die BF im Rahmen des Ermittlungsverfahrens die Vertretungsbehörden über ihre tatsächlichen Absichten täuschten bzw. verschleierten, um ein Visum zu erlangen, indem sie ihre Niederlassungsabsicht und den Unwillen, den Schengenraum wieder zu verlassen, verschwiegen und dieses Visum widmungswidrig einsetzten, indem sie nicht in Reise- sondern in Niederlassungsabsicht in das Bundesgebiet einreisten. Dieses Verhalten hätte einen Visa-Versagungsgrund gem. Art. 32 des oben genannte Visakodex dargestellt, wenn er der Behörde bekannt geworden wäre. Die Einreise und der Aufenthalt vor der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz durch die BF stellen sich daher als rechtswidrig dar, weil sie vom ausgestellten Visum nicht abgedeckt waren.
Hätten die BF ihren unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.
Mit negativem Abschluss des Asylverfahrens lebt auch die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts, sowie die Strafbarkeit der rechtswidrigen Einreise wieder auf (vgl. § 120 Abs. 1 iVm Abs. 7 FPG), bzw. kommt die Strafbarkeit gem. § 120 Abs. 1a leg. cit. im Falle der unterlassenen Ausreise innerhalb der festgesetzten Frist hinzu. Dieser Umstand stellt einen Sachverhalt mit hohem sozialen Unwert dar, was sich insbesondere auch in den vergleichsweise hohen Strafdrohungen zeigt, woraus abzuleiten ist, dass der Gesetzgeber bereits durch diese generalpräventiv wirkende Strafdrohung Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes als einen äußerst erstrebenswerten Umstand im Rahmen der öffentlichen Ordnung betrachtet.
Auch wenn im Rahmen dieses Faktums entsprechend der aktuellen Judikatur zu berücksichtigen ist, dass eine Antragstellung vom Ausland aus nicht möglich und daher – de facto in den überwiegenden Fällen – eine solche erst nach illegaler Einreise möglich ist, muss auch darauf hingewiesen werden, dass die handlungsfähigen BF die rechtswidrige Einreise sichtlich in Umgehungsabsicht von fremden- und niederlassungsrechtlichen Vorschriften zur Stellung eines sichtlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutzes vornahmen und die Behörden wiederholt täuschten, was wiederum sehr wohl fremdenrechtlichen Interessen, im Sinne eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung berührt.
Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Ar. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10 (Beschwerdeführerin wurde 1992 geboren, war zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich minderjährig, hatte zumindest am Anfang ihres Aufenthaltes in Österreich keinen Einfluss auf das bzw. die Asylverfahren, entzog sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Alter der mündigen Minderjährigkeit und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge), U613/10 (Beschwerdeführerin wurde 1962 geboren, war während des gesamten Verfahrens handlungsfähig und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge) und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua (minderjährige Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens, welche auf den Verlauf des Verfahrens bzw. der Verfahren keinen Einfluss hatten). In diesen Verfahren stellte der VfGH in Bezug auf die 1962 geborene Beschwerdeführerin im vollen Umfang und in Bezug auf die 1992 geborene Beschwerdeführerin (Tochter der 1962 geborenen Beschwerdeführerin) in einem gewissen eingeschränkten Umfang fest, dass sich diese das Verhalten, welches zum langen Aufenthalt in Österreich führten, zurechnen lassen müssen und es daher nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geltend machen kann. Obwohl die minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens [Privatlebens]
Die BF verfügen über normale soziale Kontakte im Inland. Sie haben Kontakt mit Personen in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld und besuchen Veranstaltungen, wie etwa kirchliche Feste. Verwandte des BF1 wohnen in Deutschland. Du diesen pflegt BF1 aber selten Kontakt.
- die Schutzwürdigkeit des Familienlebens [Privatlebens]
Die BF begründeten ihr Privat- bzw. Familienleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der BF zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt. Es ist auch festzuhalten, dass die BF nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihnen frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: „Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK“, ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es den BF –so wie jedem anderen Fremden auch – frei, sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.
Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einen unbegründeten Antrag fußenden Asylverfahrens im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällten, beim Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier bei weitem nicht vorliegt (vgl. hier etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).
- Grad der Integration
Einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren kommt ohne dem Dazutreten weiterer maßgeblicher Umstände nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zu (VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2016/19/0031 mwN). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, Zl. 2007/10/0479, davon aus, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte.
Die BF sind – in Bezug auf ihr Lebensalter – erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig. Sie haben sich einen Freundeskreis aufgebaut und Qualifizierungsmaßnahmen zum Erwerb der deutschen Sprache unternommen. Die BF sprechen die deutsche Sprache etwa auf dem Niveau A2.
In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die – hier bei weitem nicht vorhandenen – Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).
BF1 leistet geringfügig entlohnte Arbeiten für eine Person, die BF1 nunmehr eine Einstellung in einem Betrieb für landwirtschaftliche Erzeugnisse zusagte und die für diesen Betrieb auch zeichnete. Abgaben werden in Form von Dienstleistungschecks abgeführt.
Zur vorgelegten Einstellungszusage ist zunächst festzuhalten, dass diese lediglich eine einseitige, sichtlich nicht einklagbare Willenserklärung darstellt. Selbst wenn man davon ausginge, dass eine rechtsverbindliche Zusage bestünde, BF1 im Falle des Erhaltes eines Bleiberechts auf Dauer einzustellen, ist festzuhalten, dass entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einer bloßen Arbeitsplatzzusage für den hypothetischen Fall eines legalen Aufenthalts in der Zukunft keine entscheidende Bedeutung zukommen kann (vgl. VwGH 21.1.2010, 2009/18/0523; 29.6.2010, 2010/18/0195; 17.12.2010, 2010/18/0385; 22.02.2011, 2010/18/0323).
In Bezug auf die hier anzustellende Einschätzung, ob im Falle des Erhaltes eines Bleiberechts auch von einer tatsächlichen Einstellung des BF auszugehen ist, ist auch zu beachten, dass ein Antrag des Unternehmens, in dessen Namen die nunmehr vorgelegte Einstellungszusage ausgestellt wurde, an das Arbeitsmarktservice aus dem Jahr 2018 auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung abgewiesen wurde. Dies wurde in dem in der mündlichen Verhandlung eingesehenen Bescheid damit begründet, dass ein vom Unternehmen zu befüllendes Formular nicht retourniert und von Seiten des Unternehmens auch einer Aufforderung zur Stellungnahme nicht nachgekommen worden sei (Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung, S. 20). Belege oder Hinweise dafür, dass das Unternehmen nunmehr tatsächlich die Absicht hegt, BF1 für die angebotene Tätigkeit als ländlicher Arbeiter und zu dem genannten Gehalt einzustellen – etwa in Form eines Vorvertrages – wurden nicht angeboten. Dass BF1 im Haushalt und im Garten jener Person entgeltliche Arbeit leistet, die die Einstellungszusage unterzeichnete, vermag daran nichts zu ändern. Zudem sei noch bemerkt, dass aus der vorgelegten Zusage auch nicht erkennbar ist, ob die zeichnende Person das Unternehmen nach außen vertreten bzw. Entscheidungen im Personalbereich treffen darf, zumal das Schreiben keinen Hinweis auf die Funktion dieser Person bietet. Im Übrigen ist aus dem Schreiben auch nicht ersichtlich, ob die zeichnende Person als Vertreter des Unternehmens fungiert, worauf das Logo und die Stampiglie hinweisen, oder als Privatperson, zumal in dem Schreiben auch bestätigt wird, dass BF1 im Privathaushalt der zeichnenden Person gearbeitet hat.
Insgesamt kommt das Gericht zum Schluss, dass die vorgelegte Einstellungszusage nicht als zuverlässiger Beleg dafür betrachtet werden kann, dass BF1 seine Stelle als ländlicher Arbeiter mit der in diesem Schreiben genannten Gehalt auch tatsächlich erhalten bzw. diese antreten wird.
Die BF haben auch sonst keine überragenden Bemühungen zur Herstellung ihrer Selbsterhaltungsfähigkeit belegen können. Außer der aktuellen und einer früheren Absichtserklärung des zuvor genannten Unternehmens wurde noch belegt, dass sich BF1 noch im Stadtamt einer Stadtgemeinde beworben und darauf die Antwort erhalten hat, dass er sich noch einmal bewerben könne, falls im Jahr 2019 keine Einstellung erfolgt. Neuerliche Bewerbungen oder anderweitige Bemühungen, eine legale Arbeit zu erhalten, sind nicht aktenkundig.
Die im Verfahren vorgelegten Empfehlungsschreiben dokumentieren, dass sich die BF im Rahmen ihres Aufenthaltes eine gewisse soziale Vernetzung im Bundesgebiet aufbauten, eine außergewöhnliche Integration ist hieraus jedoch nicht entnehmbar.
Die BF haben in einem „SOMA Markt“ gearbeitet, den Angaben des BF1 zufolge seien dies sechs Monate gewesen. Sie sind weder in einem Verein, noch in einer sonstigen Organisation Mitglied. Anderweitige maßgebliche Integrationsaspekte in sozialer oder gesellschaftlicher Hinsicht sind im Verfahren nicht zu Tage getreten.
Für eine nachhaltige Integration in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, beruflicher und sozialer Hinsicht sind die nicht verkannten privaten Anknüpfungspunkte – vor allem in Zusammenhang mit dem unsicheren und unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus der BF – auf jeden Fall zu wenig. Werte wie Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft etc., wie sie den BF in Empfehlungsschreiben bescheinigt werden, sind nicht als Zeichen besonderer Integration anzusehen und werden gerade für Personen, die sich in Österreich auf Dauer niederlassen wollen, vom erkennenden Gericht als selbstverständlich vorausgesetzt.
In diesem Zusammenhang ist auch auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach selbst die Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029).
Soweit die BF über private Bindungen in Österreich verfügen, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass diese zwar durch eine Rückkehr gelockert werden, es deutet jedoch nichts darauf hin, dass sie hierdurch gezwungen wären, den Kontakt zu jenen Personen, die ihnen in Österreich nahestehen, gänzlich abzubrechen. Auch hier steht es ihnen frei, die Kontakte anderweitig (telefonisch, elektronisch, brieflich, durch Urlaubsaufenthalte etc.) aufrecht zu erhalten.
- Bindungen zum Herkunftsstaat
Die BF verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Georgien, wurden dort sozialisiert, gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennen sich zum dortigen Mehrheitsglauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Georgien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- und/oder Bekanntenkreises der BF existieren, da nichts darauf hindeutet, dass diese vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den BF im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.
Zum minderjährigen BF ist festzustellen, dass schon aufgrund seines geringeren Alters und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu bewerten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein. In die Überlegungen hat jedoch einzufließen, dass BF3 dennoch im Herkunftsstaat geboren wurde und vor allem über seine Eltern die Kultur und Sprache ihres Herkunftsstaates auch über den Zeitpunkt der Ausreise hinaus vermittelt bekam. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband zumindest noch teilweise zumindest mit den Eltern in der Sprache des Herkunftsstaates kommuniziert wird und somit dieser „Vermittlungseffekt“ bis in die Gegenwart nachwirkt. Ebenso befindet sich BF3 in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: „Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK“, ÖJZ 2007/74 mwN).
- strafrechtliche Unbescholtenheit
Im Hinblick auf BF2 findet sich kein Eintrag im österreichischen Strafregister. Allerdings ist ein Diebstahlsversuch aktenkundig und hat sie das auch zugegeben. Ins Gewicht fällt auch eine rechtskräftige Verurteilung des BF1 wegen versuchten Diebstahls durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt). Selbst wenn die begangenen Taten schon eine gewisse Zeit zurückliegt – sie wurde im Jahr 2015 begangen – und es beim Versuch geblieben ist, so stellt das Verhalten des BF2 dennoch eine Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen dar (z. B. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).
- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts
Wie bereits erörtert, reisten die BF mit einem erschlichenen Visum in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und verletzte die BF hierdurch das hoch einzuschätzende Öffentliche Interesse an einem geordneten Vollzug des Fremden- und Niederlassungsrecht.
Soweit der minderjährigen BF hierbei keinen Einfluss auf das Verhalten ihrer Eltern hatten, wird auf die bereits getroffenen Ausführungen hinsichtlich der objektiven Zurechenbarkeit des Verhaltens der Eltern hingewiesen, welche hier sinngemäß gelten. Auf das Wiederaufleben der Strafbarkeit der seinerzeitigen Einreise und die hierzu bereits angestellten Überlegungen wird an dieser Stelle nochmals verweisen.
- die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren
Den volljährigen BF musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass die BF die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten. In Bezug auf die minderjährigen BF wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.
- mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer
Es ist im Rahmen einer Gesamtschau zwar festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des Asylverfahrens beim Vorhandensein entsprechender Ressourcen denkbar ist, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens der BF, sowie ihrem Verhalten im Verfahren davon auszugehen, dass kein Sachverhalt vorliegt, welcher die zeitliche Komponente im Lichte der Erkenntnisse des VfGH B 950-954/10-08 bzw. B1565/10, in den Vordergrund treten ließe, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen der BF auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vgl. auch bei Vorliegen weitaus engeren Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
-Auswirkung der allgemeinen Lage in Georgien auf die BF
Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die BF im Falle einer Rückkehr vorfindet, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK – anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.
Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der der Republik Georgien ist zu berücksichtigen, dass – wie bereits mehrfach erwähnt- gem. § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat gilt und ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.
- weitere Erwägungen
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).
Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).
Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.
Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privat- und/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich –abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Ausweisung des Fremden bedarf.
Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Der Rechtsprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art „Handreichung des Staates“ - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.
Wenn man – wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.
In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.
Der GH führte weiters –wiederum auf seine Vorjudikatur verweisend- aus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.
Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:
Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist. Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.
Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.
Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die Rechtsposition der BF im Hinblick auf einen weiteren Verbleib in Österreich unter dem Gesichtspunkt ihres Privatlebens als schwach gestaltet und dieser die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüberstehen. Auch wenn die BF über soziale Kontakte verfügen und die deutsche Sprache in einem gewissen Ausmaß erlernten, stehen dem die unberechtigte Antragstellung, die unrechtmäßige Einreise und der erst kurze Aufenthalt im Bundesgebiet entgegen, währenddessen sich die BF – insbesondere nach Erhalt des angefochtenen Bescheides – der Ungewissheit ihres weiteren Verbleibes im Bundesgebiet bewusst gewesen sein mussten. Ferner ließen die BF auch kein besonderes Engagement bei der Herstellung ihrer Selbsterhaltungsfähigkeit erkennen und ist auch der sonstige Grad der Integration nicht als ausgeprägt einzuordnen. Von einer nachhaltigen und außergewöhnlichen Integration, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung im Sinne oben zitierter Judikatur ausnahmsweise überwiegen würden, kann im Falle der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht gesprochen werden.
Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip [„no one can profit from his own wrongdoing“], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).
Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten anhand des Art. 8 Abs. 2 EMRK sowie nach Maßgabe der im Sinne des § 9 BFA-VG angeführten Kriterien gelangt das Bundesverwaltungsgericht somit – wie bereits die belangte Behörde – zu dem Ergebnis, dass die individuellen Interessen der BF im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht so ausgeprägt sind, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in den Beschwerden nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
Im Rahmen der Umsetzung der Rückkehrentscheidung ist darauf zu achten, dass die Obsorge des minderjährigen BF nicht verunmöglicht wird.
I.12. Gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.11.2019 wurde vom BF Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, welcher mit Beschluss vom 21.01.2020 die Behandlung der Beschwerde ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Der Verfassungsgerichthof führt im Beschluss zur Zahl E 4617-4619/2019-5 vom 21.01.2020 folgendes aus:
[…]
Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 17.340/2004 ausgeführt hat, darf eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht verfügt werden, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens des Betroffenen verletzt würde. Bei der Beurteilung nach Art. 8 EMRK ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. die in VfSlg. 18.223/2007 und 18.224/2007 wiedergegebene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte).
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit der Frage der Gefährdung der be-schwerdeführenden Partei in ihren Rechten auseinandergesetzt. Ihm kann unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht entgegengetreten werden, wenn es auf Grund der Umstände des vorliegenden Falles davon ausgeht, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art. 8 EMRK überwiegt (vgl. VfSlg. 19.086/2010).
[…]
Eine Entscheidung des VwGH ist noch nicht ergangen.
I.13. Aus dem Eintritt der Rechtskraft bzw. der Zustellung der Erkenntnisse vom 14.11.2019 ergab sich für den BF und seine Familienangehörige eine Frist für die freiwillige Ausreise bis zum 14.5.2020.
I.14. Am 19.03.2020 stellte der BF beim BFA einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 Abs 1 AsylG.
Im Hinblick auf die Frage im Antragsformular nach eigenen Mitteln zu Sicherung des Lebensunterhalts führte der BF an, er habe 200 EUR aus einer Beschäftigung als private Haushaltshilfe und sei eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vorhanden, welche jedoch nicht näher spezifiziert wurde. Im Hinblick auf allfällige Angaben zur Integration gab der BF an, er habe eine Beschäftigungszusage vom 01.09.2019; in der Rubrik „Deutschkenntnisse“ wies der BF auf ein A2 Zertifikat vom 24.08.2017 und einen B1 Kurs hin. Am 14.05.2020 sei die B1 Prüfung. In Georgien hätte er eine Ausbildung zum „Assistenten des Juristen“ 2008 gemacht.
Vorgelegt wurden:
Einstellungszusage vom 11.03.2020 von XXXX , 2 Dienstleistungsschecks vom September und Oktober 2019, Schreiben Diakonie – Auskunft über Asylverfahren, Meldezettel, Bestätigungen über Krankenversicherung für grundversorgte Personen, Geburtsurkunde des jüngsten Sohnes in Österreich, Mietvertrag, Ehrenamtscard 2017 und 2018 bezüglich freiwilliger Arbeit im Soma Markt, Unterstützungsschreiben von Nachbarin vom Dezember 2018, Unterstützungsschreiben von Nachbarin vom Jänner 2019, Unterstützungsschreiben Vermieter undatiert, Unterstützungsschreiben Nachbarn von 29.12.2018 sowie ein undatiertes, Anmeldebestätigung Deutschkurs B1 vom Jänner 2020 betreffend Kurs 03/04 2020, Prüfungsanmeldung B1 vom 06.03.2020, Kursbestätigung des bfi von 2017, ÖSD A2 Zertifikat aus 2017, Teilnahmebestätigung ÖIF vom Juli 2019 betreffend Informationsveranstaltungsbesuch, Teilnahmebestätigung Werte und Orientierungskurs vom Jänner 2019, Bescheid der Universität Wien vom 26.02.2018 über die Zulassung zum Bachelorstudium Soziologie unter den im Bescheid aufgelisteten Bedingungen (Absolvierung von Ergänzungsprüfungen in Deutsch, Englisch und Mathematik).
I.15. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 01.04.2020 wies die bB den Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 58 Abs 10 AsylG zurück.
Die bB legte der Entscheidung den Verwaltungsakt, den Akt betreffend dem abgewiesenen Antrag auf internationalen Schutz, Länderfeststellungen sowie insbesondere nachstehende Beweismittel zugrunde:
? Antragsformular vom 19.03.2020
? Einstellungszusage der Firma „ XXXX “ als Staplerfahrer vom 11.03.2020
? Zwei Dienstleistungsschecks in der Höhe von 100€ am 16.10.2019 und 100€ am 02.12.2019 vom die Einstellungszusage Unterschreibenden
? Auskunft der Diakonie über das Asylverfahren der Familie vom 10.02.2020
? Österreichischer Führerschein Nr. XXXX – ausgestellt am XXXX .2019 – Klasse AM / B
? Staplerschein vom XXXX 2020
? Deutschkurszertifikat A2 vom 28.08.2017
? Georgischer Reisepass Nr. XXXX – ausgestellt am XXXX
? Geburtsurkunde in Kopie mitsamt Übersetzung vom 05.10.1989
? Mietvertrag
? Konvolut von Empfehlungsschreiben
? Diplom des Techn. Colleges/Zweig: Juristische Assistenz
Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensgangs stellte die belangte Behörde insbesondere das Privat-und Familienleben des BF zum Zeitpunkt des Vorverfahrens (Antrag auf internationalen Schutz samt ausgesprochener Rückkehrentscheidung) dem Privat-und Familienleben des BF zum aktuellen Zeitpunkt gegenüber.
Es wurden die bereits im Verfahrensgang wiedergegebenen Ausführungen diesbezüglich in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.11.2019 festgehalten und auf die Entscheidung des VfGH vom 21.01.2020 hingewiesen.
Zum Privat- und Familienleben zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung wurde unter Berücksichtigung des Akteninhalts, den vorgebrachten Beweismitteln und des Antragsformulars vom 19.03.2020 festgestellt:
„Im Laufe Ihres nun gegenständlichen Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründend des Art. 8 EMRK hat sich folgendes ergeben.
Im Rahmen Ihres Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art. 8 EMRK ergaben sich keine maßgeblichen Sachverhaltsänderungen, sodass Ihnen nun ein Aufenthaltstitel gem. § 55 AsylG zu erteilen wäre.
Sie brachten darüber hinaus auch nahezu keine neuerlichen Unterlagen oder Beweismittel in Vorlage. Der Großteil der von Ihnen vorgebrachten Beweismittel wurde bereits im Erkenntnis des BVwG und im Beschluss des VfGH berücksichtigt und gewürdigt.
Es wird daher festgestellt, dass Sie kein derart neues Vorbringen erstatten, welches maßgeblich von dem bereits vom Bundesverwaltungsgericht beurteilten Sachverhalt abweicht und eine gänzlich andere Bewertung erfordern würde. Ihre Lebenssituation hat sich im Großen und Ganzen insbesondere in Hinblick auf Ihr Privat- und Familienleben nicht verändert.
Die Geburt Ihres Sohnes XXXX am XXXX konnte ebenfalls nichts an Ihrer derzeitigen Situation ändern, zumal Ihr Sohn genauso wie Sie von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen.“
Subsumierend hielt die belangte Behörde fest, dass im Fall des BF keine Sachverhaltsänderung eingetreten sei. So liege zwischen dem Zeitpunkt der jetzigen Bescheiderlassung und der Rückkehrentscheidung nur ein sehr kurzer Zeitraum, sodass sich der Inlandsaufenthalt des BF nicht wesentlich verlängert oder verändert habe.
Rechtlich wurde insbesondere ausgeführt, dass eine maßgebliche Sachverhaltsänderung nicht eingetreten ist.
Da der BF den gegenständlichen Antrag nur ca. fünf Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht bei der Behörde einbrachte und keine wesentliche Begründung bzw. Sachverhaltsänderung dargelegt worden sei, sei für die erkennende Behörde im Sinne der Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht nicht von einer relevanten Änderung des Sachverhaltes auszugehen.
Eine entscheidungserhebliche Beurteilung komme grundsätzlich nur mehr für jene Umstände in Betracht, die nach rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens durch das Bundesverwalt