Entscheidungsdatum
14.10.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
L506 1407896-3/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch die Rechtsanwälte Burger-Rest, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.08.2020, GZ XXXX , XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 22.01.2019, Zl. 635758206-180805739, wurde der dem Beschwerdeführer (nachfolgend BF) zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) sowie die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den
Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Absatz 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers vierzehn Tage ab Haftentlassung betrage (Spruchpunkt VI.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
2. Mit hg. Erkenntnis vom 19.12.2019 GZ L506 1407896-2 wurde die gegen den genannten behördlichen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Anträge auf Beigabe eines unentgeltlichen Verfahrenshelfers und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig zurückgewiesen.
3. Mit Erkenntnis des VwGH vom 03.09.2020, Ra 2020/19/0036-8 wurde das angefochtene Erkenntnis im angefochtenten Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
4. Mit Bescheid des BFA vom 19.08.2020 wurde dem BF gem. § 93 Abs 1 Z1 FPG der Fremdenpass entzogen und gem. § 93 Abs. 2 FPG angeordnet, das Dokument unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.
Gem. § 13 Abs. 2 VwGVG wurde einer Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen.
5. Dagegen erhob der BF durch seinen rechtsfreudlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 21.09.2020 vollumfänglich Beschwerde.
6. Gegenständliche Beschwerde langte samt dem bezug habenden Verwaltungsakt am 12.09.2020 in der hg. Gerichtsabteilung ein.
7. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
8. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde und in das obzitierte Erkenntnis des VwGH vom 03.09.2020.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensbestimmungen
1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin
1.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.
1.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.
2. Feststellungen:
Der festgestellte Sachverhalt entspricht dem Verfahrensgang.
3. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes das Erkenntnis des VwGH vom 03.09.2020 beinhaltend.
4. Rechtliche Beurteilung:
Mit Erkenntnis vom 03.09.2020 hob der Verwaltungsgerichtshof das im Verfahrensgang genannte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Wird durch ein Erkenntnis des VwGH die angefochtene Entscheidung aufgehoben, so tritt die Rechtssache gemäß § 42 Abs. 3 VwGG in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung der aufhebenden Entscheidung befunden hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu den Rechtswirkungen aufhebender Entscheidungen in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des aufgehobenen Bescheides und seiner Aufhebung im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre, sondern auch zur Folge hat, dass allen Rechtsakten, die während der Geltung des sodann aufgehobenen Bescheides auf dessen Basis gesetzt wurden, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen wurde; solche Rechtsakte erweisen sich als rechtswidrig und gelten infolge der Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses mit diesem dann als beseitigt, wenn sie mit dem aufgehobenen Bescheid in einem unlösbaren rechtlichen Zusammenhang stehen (vgl. VwGH am 05.10.2017, Ra 2017/21/0161; Hinweis B vom 7. August 2013, 2013/06/0047, mwN; diese zur Rechtslage vor dem 1. Jänner 2014 ergangene Judikatur kann auf die geltende Rechtslage übertragen werden).
Im vorliegenden Fall wurde dem BF mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12.2019 die Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde, abgewiesen.
Das Bundesamt hat sich in seinem nunmehrigen Bescheid hinsichtlich des Entzuges des Fremdenpasses und der Anordnung an den BF, diesen bei der Behörde unverzüglich vorzulegen, ausschließlich auf die (vorläufig) rechtskräftige Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gestützt und festgehalten, dass nachträglich ein Versagungsgrund eingetreten sei.
Das in diesem Sinn als Grundlage der Entziehung des Fremdenpasses durch Bescheid der belangten Behörde vom 19.08.2020 dienende und am 21.12.2019 in Rechtskraft erwachsene hg. Erkenntnis ist durch die Aufhebung mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 42 Abs. 3 VwGG mit Wirkung "ex tunc" wieder weggefallen. Das bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen der Erlassung des Erkenntnisses des BVwG vom 19.12.2019 und seiner Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob das aufgehobene hg. Erkenntnis von Anfang an nicht erlassen worden wäre.
Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet auch, dass allen Rechtsakten und Vollzugsakten, die während der Geltung der vom Verwaltungsgerichtshof danach aufgehobenen Erkenntnisse auf deren Grundlage gesetzt worden sind, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen worden ist.
Im Ergebnis entbehrt damit ex post betrachtet die Entziehung des Fremdenpasses mit Bescheid des BFA vom 19.08.2020 einer Rechtsgrundlage und erwies sich infolge der Aufhebung des durch das BVwG abweisenden Erkenntnisses insofern als rechtswidrig.
Aus diesen Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.
Aufgrund der zeitlich unmittelbar erfolgten Entscheidung im gegenständlichen Beschwerdeverfahren war ein weiteres Eingehen auf die Frage der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde obsolet.
Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
ersatzlose Behebung ex tunc Fremdenpass Rechtsgrundlage Rechtswidrigkeit VwGHEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L506.1407896.3.00Im RIS seit
04.02.2021Zuletzt aktualisiert am
04.02.2021