Entscheidungsdatum
29.10.2020Norm
BBG §40Spruch
W141 2235595-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie den fachkundigen Laienrichter Robert ARTHOFER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX ,
geb. am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 09.03.2020, XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf „Ausstellung eines Behindertenpasses“, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin hat am 02.09.2019 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.
2. Am 09.01.2020, eingelangt am 13.01.2020, hat die Beschwerdeführerin Befunde vor bzw. nach der Spondylodese Operation (Versteifungsoperation mit Cage) am 25.11.2019 vorgelegt und beantragte erneut die Ausstellung eines Behindertenpass mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.
1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 20.02.2020, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 30 vH bewertet wurde.
1.2. Mit, bei der belangten Behörde am 03.03.2020 eingelangten, Schreiben brachte die Beschwerdeführerin eine schriftliche Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme ein. Unter Vorlage eines Befundkonvoluts wurde von der Beschwerdeführerin ausführlich zu den im Sachverständigengutachten festgestellten Leiden einzeln Stellung genommen. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin die Richtigstellung des Grades ihrer Behinderung sowie die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass beantrage.
1.3. Zur Überprüfung der schriftlichen Stellungnahme und der neu vorgelegten Befunde wurde von der belangten Behörde eine schriftliche Stellungnahme derselben Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der Aktenlage, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung weiterhin mit 30 vH bewertet wurde. Eine Änderung der getroffenen Gesamteinschätzung wurde nicht vorgeschlagen, da die relevanten objektivierbaren Gesundheitsschädigungen und Funktionseinschränkungen in der Beurteilung nach dem BBG entsprechend berücksichtigt und bewertet worden wären.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 09.03.2020 hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH festgestellt.
Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass ein ärztliches Sachverständigengutachten sowie eine ergänzende Stellungnahme eingeholt worden wären.
In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG.
3. Gegen diesen Bescheid vom 09.03.2020 wurde von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 07.07.2020, eingelangt am 09.07.2020, Beschwerde eingebracht.
Unter Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass zum übermittelten Bescheid vom 09.03.2020 des Sozialministeriumservice, die Beschwerdeführerin aufgrund der COVID-19 Maßnahmen per E-Mail vom 13.04.2020 Fristerstreckung beantragt habe. Darüber hinaus brachte die Beschwerdeführerin abermalig ihre bereits in der Beschwerde gemachten Angaben vor und führte ausführlich erklärend aus, weshalb die im Gutachten getroffenen Einstufungen ihrer Leiden nicht korrekt nach der Einschätzungsverordnung eingestuft worden wären.
4. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 11.08.2020, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung 40 vH betrage.
5. Mit Bescheid vom 27.08.2020 hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH festgestellt.
Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass ein Grad der Behinderung von 40 vH vorliegen würde.
In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG.
6. Mit E-Mail vom 14.09.2020 beantragte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde eine Fristerstreckung bis 24.09.2020, da sie noch Untersuchungstermine hätte bzw Befunde betreffend ihre Erkrankung an Borreliose noch nicht vorlegen könne.
7. Mit Schreiben eingelangt am 24.09.2020 hat die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt und vorgebracht, dass sie gegen den übermittelten Bescheid vom 27.08.2020 aufgrund der beantragten Fristerstreckung (MRT Untersuchungen Borreliosewerte vom 14.09.2020 per E-Mail) Beschwerde erhebe. Die Beschwerdeführerin nahm abermals ausführlich zu ihren Leiden Stellung.
8. Am 30.09.2020 ist der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
9. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.10.2020 erging ein Verspätungsvorhalt an die Beschwerdeführerin. Darin wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass sich die gegenständliche Beschwerde gegen den Bescheid datiert mit 09.03.2020 nach der vorliegenden Aktenlage als verspätet darstelle, da der angefochtene Bescheid am 11.03.2020 abgefertigt und an das Zustellorgan übergeben wurde. Gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz gelte die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan und somit am 16.03.2020 als bewirkt. Die gemäß § 46 BBG sechswöchige Beschwerdefrist habe mit Ablauf des 27.04.2020. geendet.
Unter Anwendung von § 1 Abs. 1 Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz (COVID-19-VwBG), wonach alle Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (16.03.2020) falle, sowie Fristen, die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen wären, bis zum Ablauf des 30.04.2020 unterbrochen wären und mit 01.05.2020 neu zu laufen beginnen würden, ergebe sich das Ende der sechswöchigen Beschwerdefrist mit Ablauf des 12.06.2020.
Demnach wäre die eingebrachte Beschwerde vom 08.07.2020 nach der Aktenlage verspätet eingebracht worden und daher als verspätet zurückzuweisen. Der Beschwerdeführerin wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Es wurde ihr weiters zur Kenntnis gebracht, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.
10. In der Folge wurde von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 14.10.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am 16.10.2020 eingelangt, eine schriftliche Stellungnahme vorgebracht. Sie führte unter anderem aus, dass sie mit E-Mail vom 17.04.2020 die belangte Behörde über die Absage des Untersuchungstermins informierte und um Fristerstreckung ersucht habe. Hinsichtlich der versäumten bzw verspäteten Frist wäre ihr kein Verschulden vorwerfbar.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus.
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin brachte am 02.09.2019 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.
Die belangte Behörde wies diesen Antrag mit Bescheid vom 09.03.2020,
OB: 22150739900052, ab und stellte fest, dass der Grad der Behinderung 30 v.H. beträgt.
Die belangte Behörde fertigte diesen Bescheid am 11.03.2020 an die Beschwerdeführerin ohne Zustellnachweis ab. Der Bescheid gilt somit am 16.03.2020 als bewirkt, dh als an die Beschwerdeführerin zugestellt.
Die sechswöchige Beschwerdefrist endete daher mit Ablauf des 27.04.2020.
Aufgrund des Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz (COVID-19-VwBG), wonach alle Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (16.03.2020) fallen, sowie Fristen, die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30.04.2020 unterbrochen sind und mit 01.05.2020 neu zu laufen beginnen, war das Ende der sechswöchigen Beschwerdefrist mit Ablauf des 12.06.2020.
Die Beschwerdeführerin brachte am 09.07.2020 Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.03.2020 ein.
Mit Schreiben vom 07.10.2020 erging seitens des Bundesverwaltungsgerichts ein Verspätungsvorhalt an die Beschwerdeführerin.
Die Beschwerdeführerin wäre in der Lage gewesen, die Beschwerde fristgerecht einzubringen.
Die Beschwerde vom 08.07.2020 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 09.03.2020 ist verspätet.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der oben festgestellte und für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt.
Die Feststellungen zu Zeitpunkt der Antragstellung, Bescheiderlassung, Beschwerdeeinbringung und der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt beruhen auf dem vorliegenden Akteninhalt und werden von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, dass ihr im Hinblick auf die Versäumung der Beschwerdefrist aufgrund diverser Arzttermine sowie einer zweiwöchigen Antibiotikatherapie während der Zeit des „Lockdowns“ und ihrer seit Jahren bestehenden Knieschmerzen sowie Lähmungen der Finger kein Verschulden vorgeworfen werden kann, ist auszuführen, dass damit die Beschwerdeführerin keinen Grund nachgewiesen hat, der sie an der Erhebung einer fristgerechten Beschwerde gehindert hätte.
Die Beschwerde ist demnach verspätet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 14. Abs. 1 VwGVG Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
(Anm.: Abs. 3 aufgehoben durch Art. 5 Z 11, BGBl. I Nr. 138/2017)
Gemäß § 15. Abs. 1 VwGVG Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.
(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde
1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;
2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.
Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.
(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.
Vorliegend ist die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 09.03.2020 am 09.07.2020 bei der belangten Behörde eingelangt. Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, endete die Frist zur Erhebung einer Beschwerde am 12.06.2020.
Es steht der belangten Behörde grundsätzlich gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG iVm § 46 BBG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von 12 Wochen mittels Beschwerdevorentscheidung aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Beschwerdevorentscheidung vom 27.08.2020 außerhalb der zwölfwöchigen Frist erlassen wurde.
Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ist zwar mit Ablauf der Frist am 24.07.2020 untergegangen. Dennoch erübrigt sich eine Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung, da die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).
Gegenstand des Verfahrens des Bundesverwaltungsgerichtes ist die Beschwerde vom 09.07.2020 gegen den Ausgangsbescheid der belangten Behörde vom 09.03.2020. Dieser ist Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht (VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.
Zu A)
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.
Gemäß § 46 BBB beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Im vorliegenden Fall wurde der angefochtene Bescheid vom 09.03.2020 am 11.03.2020 von der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin abgefertigt. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte ohne Zustellnachweis.
Gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz (ZustellG) gilt eine Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt.
Die Beschwerdeführerin erstattete kein Vorbringen, welches diese rechtswirksame Zustellung in Frage stellen oder bestreiten würde. Ausgehend davon, dass gemäß § 26 Abs. 2 ZustG die Zustellung am 3. Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan als bewirkt gilt, endete im Beschwerdefall die sechswöchige Beschwerdefrist jedenfalls mit Ablauf des 26.04.2020.
Aufgrund des Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz (COVID-19-VwBG), wonach alle Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (16.03.2020) fallen, sowie Fristen, die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30.04.2020 unterbrochen sind und mit 01.05.2020 neu zu laufen beginnen, war das Ende der sechswöchigen Beschwerdefrist mit Ablauf des 12.06.2020.
Die Beschwerdeführerin brachte am 09.07.2020 Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.03.2020 ein.
Demzufolge erweist sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin, die bei der belangten Behörde am 09.07.2020 einlangte, als verspätet eingebracht.
Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerdeführerin diesen Umstand entsprechend der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch ausdrücklich vorgehalten (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.08.2013, 2013/16/0050). Wie oben bereits ausgeführt wurde die verspätete Einbringung von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
Die von ihr ins Treffen geführten Gründe, aus denen ihr die Verspätung nicht vorgeworfen werden könne, waren, wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, nicht ausreichend um feststellen zu können, dass die Beschwerdeführerin durch sie an der Einbringung einer fristgerechten Beschwerde gehindert wurde. Auch dass die belangte Behörde die Verspätung nicht aufgegriffen, sondern in der Sache entschieden hat, kann an der Verspätung und an der Pflicht diese amtswegig wahrzunehmen nichts ändern.
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).
Die Beschwerde war daher spruchgemäß als verspätet zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die aktuelle Verfahrensrechtslage knüpft im Bereich des § 13 AVG erkennbar an das bisherige Verfahrensrecht an.
Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 AVG ab. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W141.2235595.1.00Im RIS seit
04.02.2021Zuletzt aktualisiert am
04.02.2021