Entscheidungsdatum
01.12.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W240 2153026-1/55E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2017, Zl. 1049100801-140323824, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge auch BF) stellte am 24.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Die Erstbefragung fand am 25.12.2014 statt, die Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde) wurde am 26.04.2016 durchgeführt.
2. Der BF wurde am XXXX 2016 wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. 2. 7. 8. Fall, 27 Abs. 2a SMG, §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. 2. 8. Fall, 27 Abs. 4 Z 1 SMG, §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG, § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon zwei Monate unbedingt, verurteilt.
3. Mit Verfahrensanordnung vom 16.02.2017 wurde dem BF der Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet wegen § 2 Abs. 3 AsylG 2005 mitgeteilt.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.03.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkte I. und II.). Es wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Ein befristetes Einreiseverbot in der Dauer von sieben Jahren wurde erlassen (Spruchpunkt IV.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt V.). Der BF habe sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 09.11.2016 verloren (Spruchpunkt VI.).
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der BF seine Fluchtgründe, wonach sein Vater von den Taliban bedroht und schwer verletzt worden sei und er nun dasselbe für ihn fürchte, nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem BF auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Er könne nach Nangarhar zurück und ebenfalls eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif und Herat in Anspruch nehmen. Der BF verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, welches einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde. Sein Aufenthalt stelle eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, er sei im Bundesgebiet straffällig geworden und rechtskräftig verurteilt worden.
4. Der BF erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde. Er brachte im Wesentlichen vor, dass der Bescheid inhaltlich rechtswidrig und rechtswidrig infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften sei, da sie den Bescheid nicht zur Genüge begründet habe. Die belangte Behörde hätte Ermittlungen zur Findung des wahren Sachverhalts durchführen müssen und wäre sodann auf das Ergebnis gekommen, dass Nangarhar eine der instabilsten Provinzen in Afghanistan sei. Deswegen sei zumindest der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen.
5. Der BF wurde am XXXX .2018 wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 5 Z 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon sechs unbedingt, verurteilt.
6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.04.2019 eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit eines Vertreters des BFA durch. Der BF verwies darauf, dass er eine österreichische Lebensgefährtin seit Anfang des Jahres 2017 habe und diese sei die Mutter des 2018 in Österreich geborenen Sohnes des BF. Befragt, warum diese nicht zur Verhandlung erschienen war, gab der BF an, dass es dem gemeinsamen Sohn nicht gut gehe, daher sei die Lebensgefährtin nicht erschienen. Auf Nachfrage gab der BF an, er habe seit der Geburt seines Sohnes keine Suchtmittel mehr konsumiert.
7. Es wurde anlässlich der Verhandlung eine Geburtsurkunde vorgelegt, wonach der BF mit seiner österreichischen Lebensgefährtin XXXX einen gemeinsamen Sohn XXXX , habe, welcher XXXX , geboren wurde.
8. Ebenfalls in der Verhandlung wurde ein Schreiben der Lebensgefährtin des BF vorgelegt, in welchem sie vorbrachte, dass sie seit zwei Jahren und sieben Monaten in einer Beziehung mit dem BF sei und mit ihm einen gemeinsamen Sohn habe. Sie wünsche sich, dass der BF mit seinem Sohn in Österreich bleiben könne.
9. Die belangte Behörde gab dazu eine Stellungnahme am 04.04.2019 ab, in welcher sie vorbrachte, dass der behauptete Fluchtgrund des BF hinsichtlich der Verfolgung durch die Taliban aufgrund seiner Widersprüche nicht glaubhaft sei. Es drohe ihm keine alsyrelevante Verfolgungsgefahr und auch die Voraussetzungen für die Erteilung des subsidiären Schutzes lägen nicht vor. Der BF stelle eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, erschwerend komme hinzu, dass er mehrmals straffällig geworden sei und mehrere Anzeigen (10!) gegen ihn vorlägen. Es liege kein derart schützenswertes Privatleben des BF vor, dies vor allem deshalb, weil selbst die Geburt des eigenen Kindes den BF nicht davon abhalten habe können, weitere strafbare Handlungen zu begehen, neuerlich zu verurteilt zu werden, während er seine väterlichen Pflichten verletzend in Kauf genommen habe, seine Freundin und seinen Sohn vorsätzlich zurückzulassen, um seine neuerliche Haftstrafe anzutreten.
10. In der Stellungnahme vom 04.11.2019 brachte der BF im Wesentlichen vor, dass ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan eine asylrechtlich relevante Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie drohe, vor welcher ihm der afghanische Staat keinen Schutz bieten könne/wolle. Weitere aktualisierte Kurzinformationen und Berichte wurden in das Verfahren eingebracht. Für den BF bestehe keine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative in Afghanistan, weil er keine tragfähigen familiären Anknüpfungspunkte in den afghanischen Großstädten habe, über keine Schul- oder Berufsausbildung verfüge und als Rückkehrer aus dem westlichen Ausland am Arbeitsmarkt diskriminiert werden würde.
11. In der Stellungnahme vom 25.11.2019 äußerte sich der BF insbesondere zu seinem Familienleben. Er führe mit seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn ein intensives Familienleben und verbringe jeden Tag mit ihnen bzw. übernachte er auch mehrmals die Woche bei seiner Lebensgefährtin.
12. Neben den zahlreichen gegen den BF erhobenen Anzeigen wurde der BF am XXXX .2020 wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. 2. 8. Fall, 27 Abs. 4 Z 1 SMG und §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten verurteilt. Am 04.11.2020 wurde der BF aus dem Gefängnis entlassen.
13. Die Mutter des in Österreich lebenden Sohnes des BF wurde vom BVwG aufgefordert über die Obsorge, den Kindsunterhalt und die Beziehung zum BF schriftlich binnen einer eingeräumten Frist Auskunft zu erteiltn. Mit Schreiben vom 09.11.2020, eingelangt beim BVwG am 12.11.2020, gab die Kindsmutter dem BVwG bekannt, dass diese seit dem 18. Lebensjahr mit der alleinigen Obsorge des Sohnes des BF betraut sei. Vor dem Zeitpunkt des Erlangens der Volljährigkeit der Kindsmutter sei die Kinder- und Jugendhilfe mit der Obsorge bevollmächtigt, die konkrete Pflege und Erziehung des Sohnes sei von der Kindsmutter besorgt worden. Eine Regelung für das Besuchsrecht des BF sei bis dato nicht zustande gekommen. Der BF habe sich nicht um den Sohn gekümmert, es bestehe schon seit längerer Zeit kein Kontakt und es sei kein Unterhalt des BF bezahlt worden.
14. Dem BF wurden im Rahmen des Parteiengehörs über seine ausgewiesene Vertretung am 05.11.2020 die aktuelle Kurznformation zum LIB zu Afghanistan vom 21.07.2020 sowie der mit September 2020 datierte Report von EASO: Afghanistan Security Situation übermittelt und ihm dazu eine Frist für eine Stellungnahme von einer Woche ab Erhalt des Schreibens eingeräumt. Weiters wurde er aufgefordert darzulegen, wie sich der Kontakt zu seinem in Österreich lebenden Sohn gestaltet, ob zu anderen in Österreich aufhältigen Personen ein besonderes Beziehungs- oder Abhängigkeitsverhältnis besteht, ob er Unterlagen über seine aktuelle Situation vorlegen will und es wurde dafür ebenfalls eine Frist für eine Woche ab Erhalt des Schreibens eingeräumt. Das BVwG belehrte darüber, dass eine Entscheidung aufgrund des Akteninhaltes ergeht, sollte keine Stellungnahme beim BVwG einlangen binnen der eingeräumten Frist. Es langte bis dato keine Stellungnahme beim BVwG ein.
15. Auf Nachfrage, teilte ein österreichisches Landesgericht dem BVwG am 12.11.2020 mit, dass der BF wegen § 207 Abs. 1 StGB, wegen einer geschlechtlichen Handlung an einer unmündlichen Person, angeklagt ist und für den XXXX .2020 eine Hauptverhandlung anberaumt wurde. Mit Urteil vom XXXX .2020 des österreichischen Landesgerichts wurde der Beschwerdeführer freigesprochen, als Grund des Freispruchs wurde angeführt, dass kein Schuldbeweis erfolgen konnte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der BF führt den Namen XXXX . Er ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Paschtunen an. Er ist sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Pashtu. Er spricht zudem Dari. Er ist ledig und hat mit seiner Lebensgefährtin einen gemeinsamen Sohn.
Der BF wurde in der Provinz Nangarhar, im Distrikt XXXX geboren und wuchs dort gemeinsam mit seinen Eltern und seinen vier Geschwistern auf. Der BF besuchte keine Schule, unterstützte seinen Vater jedoch gelegentlich in der eigenen Landwirtschaft.
Der BF hat mit seiner Familie in Afghanistan keinen Kontakt mehr, allerdings pflegt er Kontakt zu einigen afghanischen Freunden.
Der BF ist nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Der Vater des BF wurde nicht von den Taliban entführt, bedroht oder schwer verletzt. Er hat von diesen keine Drohbriefe erhalten.
1.2.2. Der BF hatte nie persönlichen Kontakt zu den Taliban und wurde/wird von diesen weder verfolgt noch bedroht. Er wurde/wird nicht von den Taliban gesucht.
Der BF hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.
1.2.3. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohen dem BF individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem BF auch keine Zwangsrekrutierung durch die Taliban.
1.3. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:
Der BF reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und hält sich zumindest seit 24.12.2014 durchgehend in Österreich auf. Mit Verfahrensanordnung vom 16.02.2017 wurde dem BF der Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet wegen
§ 2 Abs. 3 AsylG 2005 mitgeteilt.
Der BF besucht Deutschkurse auf dem Niveau A1.
Der BF lebt von der Grundversorgung, er ist am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert und geht keiner Erwerbstätigkeit nach.
Er engagiert sich nicht ehrenamtlich und ist kein aktives Mitglied in einem Verein.
Der BF hat keine nachhaltigen Bekanntschaften mit österreichischen Staatsangehörigen. Der BF verfügt über keine Verwandten in Österreich.
Der BF hat mit einer österreichischen Staatsangehörigen einen gemeinsamen Sohn, welcher nun ca. zwei Jahre alt ist und ebenfalls die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt. Sie leben in keinem gemeinsamen Haushalt, die Obsorge hat die Kindsmutter alleine, der BF pflegt zu seinem Kind keinen regelmäßigen aufrechten Kontakt, hat nie Unterhalt gezahlt und ist eine enge Bindung zu seinem Kind nicht erkennbar.
Im Strafregisterauszug des BF scheinen aktuell folgende drei Verurteilungen auf:
1.) Der BF wurde mit Urteil eines Landesgerichts am XXXX 2016 wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. 2. 7. 8. Fall, 27 Abs. 2a SMG, §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. 2. 8. Fall, 27 Abs. 4 Z 1 SMG, §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG, § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon zwei Monate unbedingt, verurteilt.
Im Urteil war festgestellt worden, dass der BF vorschriftswidrig Suchtgift erworben, besessen und an einem allgemein zugänglichen Ort öffentlich einem anderen gegen Entgelt angeboten und überlassen, nämlich, im Zeitraum XXXX 2016 bis XXXX 2016 an eine namentlich benannte Person in Österreich insgesamt 30 Gramm Cannabiskraut zum Grammpreis von
EUR 10,-- verkauft, am XXXX .2016 zwei unbekannten jungen Burschen Cannabiskraut zum Grammpreis von EUR 10,-- zum Kauf angeboten, an eine namentlich bezeichnete Person 2 Gramm Cannabiskraut um EUR 20,-- verkauft; sowie Suchtgift – nicht ausschließlich zum persönlichen Gebrauch – erworben und bis zur polizeilichen Sicherstellung besessen, nämlich am XXXX .2016 drei Klemmsäcken mit jeweils ca. zwei Gramm Cannabiskraut zum Weiterverkauf; sowie Suchtgift ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, nämlich im Zeitraum XXXX 2014 bis zu seiner Verhaftung am XXXX 2016 wöchentlich 1 Gramm Cannabiskraut bis zum Eigenkonsum, wobei am XXXX 2016 in Österreich 0,6 g Tabak-Cannabiskraut-Gemisch polizeilich sichergestellt wurden. Der BF hat weiters Anfang XXXX 2016 in Österreich vorschriftswidrig Suchtgift erworben, besessen und anderen überlassen, wobei er durch eine Straftat nach § 27 Abs. 1 Z. 1 SMG auch einer Minderjährigen den Gebrauch von Suchtgift ermöglichte und selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als die Minderjährige ist, indem er eine geringe Menge Cannabiskraut an die am XXXX geborene, somit minderjährige namentlich bezeichnete Dame unentgeltlich überließ. Es wurde festgestellt, dass der BF hierdurch die Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 1. , 2., 7., und 8. Fall, Abs 2a SMG; zu B.) das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Ab s1 Z 1 1. und 2. Fall SMG; zu C.) die Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs 2 SMG zu D.) Das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgift nach § 27 Abs. 1 Z. 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs. 4 Z. 1 SMG begangen hatte
Es wurde festgehalten, dass der BF hierfür unter Anwendung der §§ 28, 36 StGB, 19 JGG nach § 27 Abs 4 Z 1 SMG bestraft wird, nämlich zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten. Gemäß § 43a Abs 1 StGB wird ein Teil der verhängten Strafe im Ausmaß von sieben Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Gemäß § 256 Abs 1 StPO (§ 46 Abs 1 StGB, 17, 19 JGG) wird der Verurteilte mit XXXX 2016 unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen.
2.) Der BF wurde am XXXX 2018 von einem österreichischen Landesgericht wegen
§§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 5 Z 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon sechs Monate unbedingt, verurteilt.
Im Urteil wurde festgehalten, dass der BF mit anderen am XXXX 2018 in Österreich im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter in verabredeter Verbindung eine namentlich benannte Person vorsätzlich am Körper verletzt (§ 83 Abs 1 StGB) indem eine Person ihn mit einem Holzstock schlug und der BF sowie fünf andere in weiterer Folge gemeinsam auf diese Person einschlugen und eintraten, wodurch diese Person Schürfwunden am Rücken, Abschürfungen an beiden Knien, Schürfwunden am rechten Oberarm sowie an den Unterarmen, Kratzer am linken Knie, an der Stirn und der linken Schläfe sowie eine aufgeschlagene Lippe erlitt. Es haben hiedurch der BF sowie fünf andere namentlich benannte Täter I. das Verbrechen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 5 Z 2 StGB, begangen. Der BF wurde hiefür nach dem § 84 Abs 5 StGB unter Bedachtnahme auf § 19 Abs 1 JGG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon gemäß den §§ 43 Abs 1, 43a Abs 3 StGB 6 Monate unbedingt, 12 Monate bedingt, Probezeit 3 Jahre, verurteilt. Durch die festgestellten Tathandlungen wird der BF und fünf namentlich benannante Täter zu I. das Verbrechen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 5 Z 2 StGB verurteilt. Beim BF war als mildernd das Alter unter 21 Jahren zu werten, als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe und die Tatbegehung in der Probezeit;
3.) Am XXXX .2020 wurde der BF wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. 2. 8. Fall, 27 Abs. 4 Z 1 SMG und
§§ 27 Abs. 1 Z 1 1. 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten verurteilt.
Im Urteil wurde ausgeführt, dass der BF in Österreich vorschriftswidrig Suchtgift erworben, besessen und anderen überlassen hat, wobei er Minderjährigen den Gebrauch von Suchtgift ermöglichte und selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als die Minderjährigen ist, indem er am XXXX 2019 jeweils eine unbekannte Menge Cannabiskraut unentgeltlich an die am XXXX 2004 geborene namentlich benannte Person und die am XXXX geborene namentlich benannte Person überließ. Der BF ist in Österreich zumindest XXXX 2016 (ausgenommen den Tatzeitraum der Haftzeit sowie die Tatzeiträume zu zahlreichen anderen bezeichenten Strafverfahren in Österreich, bis zuletzt am XXXX 2019 eine unbekannte Menge Cannabiskraut erworben und bis zum Eigenkonsum besessen; sohin vorschriftswidrig Suchtgift erworben und besessen, wobei er die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat. Der BF hat zumindest am XXXX 2019 in einem bezeichneten Ort in Österreich vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabis (Wirkstoff: THC) erworben und besessen, wobei er diese Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat. Der BF hat hiedurch die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 1., 2. und 8. Fall, Abs 4 Z 1 SMG, und die Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG begangen. Gemäß § 28 Abs 1 StGB und § 27 Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten verurteilt. Als mildernede Strafbemessungsgründe wurde kein Umstand im Urteil angeführt, als erschwerdend wurden zwei einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffen von mehreren Vergehen, und die Voraussetzungen des § 39 StGB im Urteil genannt. Ein Vorgehen nach den §§ 35, 37 SMG ist nicht möglich, weil die Einstellung des Verfahrens weniger als eine Verurteilung geeignet erscheint, den BF von solchen Straftaten abzuhalten, und zwaraufgrund seines belasteten strafrechtlichen Vorlebens. Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wurde vom Widerruf einer gewährten bedingten Strafnachsicht bzw bedingten Entlassung abgesehen, jedoch hinsichtlich die Probezeit betreffende ein anderes Urteil auf fünf Jahre verlängert.
Schließlich war der BF wegen § 207 Abs. 1 StGB, wegen einer geschlechtlichen Handlung an einer unmündlichen Person, angeklagt worden. Mit Urteil vom XXXX .2020 des österreichischen Landesgerichts wurde der Beschwerdeführer freigesprochen, als Grund des Freispruchs wurde angeführt, dass kein Schuldbeweis erfolgen konnte.
Zu den rechtskräftigen Verurteilungen in der Beschwerdeverhandlung befragt, ergab sich für die erkennende Richterin klar der Eindruck, dass der BF überhaupt keine Reue bzw. Einsicht zeigt und vielmehr unglaubhafte Rechtsfertigungsversuche und Ausreden behauptete. Auf Vorhalt der Verurteilung eines österreichischen Landesgerichts im XXXX 2016, wonach er über einen Zeitraum von XXXX 2016 bis XXXX 2016 auch an Minderjährige Suchtgift verkauft habe und eine Menge besessen habe, die nicht nur für den persönlichen Gebraucht gedient hat, behauptete der BF er habe nur für den Eigenbedarf Drogen gekauft. Auf Nachfrage behauptete der BF weiters, sein Vertreter habe ihm geraten, die Strafe zu akzeptieren, damit er nicht länger inhaftiert werde. Auf Vorhalt der vorzitierten Verurteilung vom XXXX 2018 durch ein österreichischen Landesgericht wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 5 Z 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon sechs Monate unbedingt, behauptete der BF, er habe nichts gemacht und man hätte die Videoaufnahme der Tat anschauen sollen, dies sei jedoch nicht erfolgt. Aus diesem Verhalten ergibt sich, dass der BF nicht bereit ist, Veranwortung für seine Taten zu übernehmen.
1.4. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Herkunftsprovinz Nangarhar aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.
Dem BF, der die Landessprache Paschtu spricht, ist es allerdings zumutbar, nach Herat oder Mazar-e Sharif zurückzukehren. Zwar verfügt der BF über keine Ortskenntnisse in Bezug auf diese Städte, doch ist er jung, gesund, arbeitsfähig und anpassungsfähig, womit er in der Lage ist, mit der städtischen Kultur bekannt zu werden. Der BF kann einer regelmäßigen Arbeit in Herat oder Mazar-e Sharif nachgehen.
Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in Herat oder Mazar-e Sharif kann der BF grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Herat oder Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.
Der BF kann bei einer Rückkehr diverse Unterstützungsleistungen staatlicher und nichtstaatlicher Natur in Anspruch nehmen.
Es ist dem BF möglich, nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in Herat oder Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.
Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung außerhalb der Heimatprovinz, insbesondere in der Stadt Mazar-e Sharif oder Herat, besteht für den Beschwerdeführer als alleinstehenden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine konkrete Gefahr, einen Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit zu erleiden und liefe der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen. Er befindet sich nicht in regelmäßiger medizinischer Behandlung und gehört aufgrund seiner Gesundheit und des jungen Alters nicht zur Risikogruppe eines schweren Verlaufs einer Corona-Infektion.
Es ist davon auszugehen, dass seine Familie und sein Onkel mütterlicherseits nach wie vor in Afghanistan leben. Der Familie des BF gehört ein Haus samt landwirtschaftlicher Grundstücke, wo der BF vor seiner Ausreise auch in der Landwirtschaft tätig war. Die Familie des BF, jedenfalls aber der Onkel des BF, können ihn bei einer Rückkehr nachhaltig finanziell untersützen. Soziale Anknüpfungspunkte sind durch seine Freunde ebenfalls gegeben.
Der BF kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.
Zu Afghanistan wird Folgendes verfahrensbezogen festgestellt:
Länderspezifische Anmerkungen
COVID-19:
Stand 21.7.2020
Das genaue Ausmaß der COVID-19-Krise in Afghanistan ist unbekannt. Die hier gesammelten Informationen sollen die Lage zu COVID-19 in Afghanistan zum Zeitpunkt der Berichtserstellung wiedergeben. Diese Informationen werden in regelmäßigen Abständen aktualisiert.
Aktueller Stand der COVID-19 Krise in Afghanistan
Berichten zufolge, haben sich in Afghanistan mehr als 35.000 Menschen mit COVID-19 angesteckt (WHO 20.7.2020; vgl. JHU 20.7.2020, OCHA 16.7.2020), mehr als 1.280 sind daran gestorben. Aufgrund der begrenzten Ressourcen des öffentlichen Gesundheitswesens und der begrenzten Testkapazitäten sowie des Fehlens eines nationalen Sterberegisters werden bestätigte Fälle von und Todesfälle durch COVID-19 in Afghanistan wahrscheinlich insgesamt zu wenig gemeldet (OCHA 16.7.2020; vgl. DS 19.7.2020). 10 Prozent der insgesamt bestätigten COVID-19-Fälle entfallen auf das Gesundheitspersonal. Kabul ist hinsichtlich der bestätigten Fälle nach wie vor der am stärksten betroffene Teil des Landes, gefolgt von den Provinzen Herat, Balkh, Nangarhar und Kandahar (OCHA 15.7.2020). Beamte in der Provinz Herat sagten, dass der Strom afghanischer Flüchtlinge, die aus dem Iran zurückkehren, und die Nachlässigkeit der Menschen, die Gesundheitsrichtlinien zu befolgen, die Möglichkeit einer neuen Welle des Virus erhöht haben, und dass diese in einigen Gebieten bereits begonnen hätte (TN 14.7.2020). Am 18.7.2020 wurde mit 60 neuen COVID-19 Fällen der niedrigste tägliche Anstieg seit drei Monaten verzeichnet – wobei an diesem Tag landesweit nur 194 Tests durchgeführt wurden (AnA 18.7.2020).
Krankenhäuser und Kliniken berichten weiterhin über Probleme bei der Aufrechterhaltung oder Erweiterung der Kapazität ihrer Einrichtungen zur Behandlung von Patienten mit COVID-19. Diese Herausforderungen stehen im Zusammenhang mit der Bereitstellung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA), Testkits und medizinischem Material sowie mit der begrenzten Anzahl geschulter Mitarbeiter - noch verschärft durch die Zahl des erkrankten Gesundheitspersonals. Es besteht nach wie vor ein dringender Bedarf an mehr Laborequipment sowie an der Stärkung der personellen Kapazitäten und der operativen Unterstützung (OCHA 16.7.2020, vgl. BBC-News 30.6.2020).
Maßnahmen der afghanischen Regierung und internationale Hilfe
Die landesweiten Sperrmaßnahmen der Regierung Afghanistans bleiben in Kraft. Universitäten und Schulen bleiben weiterhin geschlossen (OCHA 8.7.2020; vgl. RA KBL 16.7.2020). Die Regierung Afghanistans gab am 6.6.2020 bekannt, dass sie die landesweite Abriegelung um drei weitere Monate verlängern und neue Gesundheitsrichtlinien für die Bürger herausgeben werde. Darüber hinaus hat die Regierung die Schließung von Schulen um weitere drei Monate bis Ende August verlängert (OCHA 8.7.2020).
Berichten zufolge werden die Vorgaben der Regierung nicht befolgt, und die Durchsetzung war nachsichtig (OCHA 16.7.2020, vgl. TN 12.7.2020). Die Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus unterscheiden sich weiterhin von Provinz zu Provinz, in denen die lokalen Behörden über die Umsetzung der Maßnahmen entscheiden. Zwar behindern die Sperrmaßnahmen der Provinzen weiterhin periodisch die Bewegung der humanitären Helfer, doch hat sich die Situation in den letzten Wochen deutlich verbessert, und es wurden weniger Behinderungen gemeldet (OCHA 15.7.2020).
Einwohner Kabuls und eine Reihe von Ärzten stellten am 18.7.2020 die Art und Weise in Frage, wie das afghanische Gesundheitsministerium (MoPH) mit der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie im Land umgegangen ist, und sagten, das Gesundheitsministerium habe es trotz massiver internationaler Gelder versäumt, richtig auf die Pandemie zu reagieren (TN 18.7.2020). Es gibt Berichte wonach die Bürger angeben, dass sie ihr Vertrauen in öffentliche Krankenhäuser verloren haben und niemand mehr in öffentliche Krankenhäuser geht, um Tests oder Behandlungen durchzuführen (TN 12.7.2020).
Beamte des afghanischen Gesundheitsministeriums erklärten, dass die Zahl der aktiven Fälle von COVID-19 in den Städten zurückgegangen ist, die Pandemie in den Dörfern und in den abgelegenen Regionen des Landes jedoch zunimmt. Der Gesundheitsminister gab an, dass 500 Beatmungsgeräte aus Deutschland angekauft wurden und 106 davon in den Provinzen verteilt werden würden (TN 18.7.2020).
Am Samstag den 18.7.2020 kündete die afghanische Regierung den Start des Dastarkhan-e-Milli-Programms als Teil ihrer Bemühungen an, Haushalten inmitten der COVID-19-Pandemie zu helfen, die sich in wirtschaftlicher Not befinden. Auf der Grundlage des Programms will die Regierung in der ersten Phase 86 Millionen Dollar und dann in der zweiten Phase 158 Millionen Dollar bereitstellen, um Menschen im ganzen Land mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Die erste Phase soll über 1,7 Millionen Familien in 13.000 Dörfern in 34 Provinzen des Landes abdecken (TN 18.7.2020; vgl. Mangalorean 19.7.2020).
Die Weltbank genehmigte am 15.7.2020 einen Zuschuss in Höhe von 200 Millionen US-Dollar, um Afghanistan dabei zu unterstützen, die Auswirkungen von COVID-19 zu mildern und gefährdeten Menschen und Unternehmen Hilfe zu leisten (WB 10.7.2020; vgl. AN 10.7.2020).
Auszugsweise Lage in den Provinzen Afghanistans
Dieselben Maßnahmen – nämlich Einschränkungen und Begrenzungen der täglichen Aktivitäten, des Geschäftslebens und des gesellschaftlichen Lebens – werden in allen folgend angeführten Provinzen durchgeführt. Die Regierung hat eine Reihe verbindlicher gesundheitlicher und sozialer Distanzierungsmaßnahmen eingeführt, wie z.B. das obligatorische Tragen von Gesichtsmasken an öffentlichen Orten, das Einhalten eines Sicherheitsabstandes von zwei Metern in der Öffentlichkeit und ein Verbot von Versammlungen mit mehr als zehn Personen. Öffentliche und touristische Plätze, Parks, Sportanlagen, Schulen, Universitäten und Bildungseinrichtungen sind geschlossen; die Dienstzeiten im privaten und öffentlichen Sektor sind auf 6 Stunden pro Tag beschränkt und die Beschäftigten werden in zwei ungerade und gerade Tagesschichten eingeteilt (RA KBL 16.7.2020; vgl. OCHA 8.7.2020).
Die meisten Hotels, Teehäuser und ähnliche Orte sind aufgrund der COVID-19 Maßnahmen geschlossen, es sei denn, sie wurden geheim und unbemerkt von staatlichen Stellen geöffnet (RA KBL 16.7.2020; vgl. OCHA 8.7.2020).
In der Provinz Kabul gibt es zwei öffentliche Krankenhäuser die COVID-19 Patienten behandeln mit 200 bzw. 100 Betten. Aufgrund der hohen Anzahl von COVID-19-Fällen im Land und der unzureichenden Kapazität der öffentlichen Krankenhäuser hat die Regierung kürzlich auch privaten Krankenhäusern die Behandlung von COVID-19-Patienten gestattet. Kabul sieht sich aufgrund von Regen- und Schneemangel, einer boomenden Bevölkerung und verschwenderischem Wasserverbrauch mit Wasserknappheit konfrontiert. Außerdem leben immer noch rund 12 Prozent der Menschen in Kabul unter der Armutsgrenze, was bedeutet, dass oftmals ein erschwerter Zugang zu Wasser besteht (RA KBL 16.7.2020; WHO o.D).
In der Provinz Balkh gibt es ein Krankenhaus, welches COVID-19 Patienten behandelt und über 200 Betten verfügt. Es gibt Berichte, dass die Bewohner einiger Distrikte der Provinz mit Wasserknappheit zu kämpfen hatten. Darüber hinaus hatten die Menschen in einigen Distrikten Schwierigkeiten mit dem Zugang zu ausreichender Nahrung, insbesondere im Zuge der COVID-19-Pandemie (RA KBL 16.7.2020).
In der Provinz Herat gibt es zwei Krankenhäuser die COVID-19 Patienten behandeln. Ein staatliches öffentliches Krankenhaus mit 100 Betten, das vor kurzem speziell für COVID-19-Patienten gebaut wurde (RA KBL 16.7.2020; vgl. TN 19.3.2020) und ein Krankenhaus mit 300 Betten, das von einem örtlichen Geschäftsmann in einem umgebauten Hotel zur Behandlung von COVID-19-Patienten eingerichtet wurde (RA KBL 16.7.2020; vgl. TN 4.5.2020). Es gibt Berichte, dass 47,6 Prozent der Menschen in Herat unter der Armutsgrenze leben, was bedeutet, dass oft ein erschwerter Zugang zu sauberem Trinkwasser und Nahrung haben, insbesondere im Zuge der Quarantäne aufgrund von COVID-19, durch die die meisten Tagelöhner arbeitslos blieben (RA KBL 16.7.2020; vgl. UNICEF 19.4.2020).
In der Provinz Daikundi gibt es ein Krankenhaus für COVID-19-Patienten mit 50 Betten. Es gibt jedoch keine Auswertungsmöglichkeiten für COVID-19-Tests – es werden Proben entnommen und zur Laboruntersuchung nach Kabul gebracht. Es dauert Tage, bis ihre Ergebnisse von Kabul nach Daikundi gebracht werden. Es gibt Berichte, dass 90 Prozent der Menschen in Daikundi unter der Armutsgrenze leben und dass etwa 60 Prozent der Menschen in der Provinz stark von Ernährungsunsicherheit betroffen sind (RA KBL 16.7.2020).
In der Provinz Samangan gibt es ebenso ein Krankenhaus für COVID-19-Patienten mit 50 Betten. Wie auch in der Provinz Daikundi müssen Proben nach Kabul zur Testung geschickt werden. Eine unzureichende Wasserversorgung ist eine der größten Herausforderungen für die Bevölkerung. Nur 20 Prozent der Haushalte haben Zugang zu sauberem Trinkwasser (RA KBL 16.7.2020).
Wirtschaftliche Lage in Afghanistan
Verschiedene COVID-19-Modelle zeigen, dass der Höhepunkt des COVID-19-Ausbruchs in Afghanistan zwischen Ende Juli und Anfang August erwartet wird, was schwerwiegende Auswirkungen auf die Wirtschaft Afghanistans und das Wohlergehen der Bevölkerung haben wird (OCHA 16.7.2020). Es herrscht weiterhin Besorgnis seitens humanitärer Helfer, über die Auswirkungen ausgedehnter Sperrmaßnahmen auf die am stärksten gefährdeten Menschen – insbesondere auf Menschen mit Behinderungen und Familien – die auf Gelegenheitsarbeit angewiesen sind und denen alternative Einkommensquellen fehlen (OCHA 15.7.2020). Der Marktbeobachtung des World Food Programme (WFP) zufolge ist der durchschnittliche Weizenmehlpreis zwischen dem 14. März und dem 15. Juli um 12 Prozent gestiegen, während die Kosten für Hülsenfrüchte, Zucker, Speiseöl und Reis (minderwertige Qualität) im gleichen Zeitraum um 20 – 31 Prozent gestiegen sind (WFP 15.7.2020, OCHA 15.7.2020). Einem Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO (FAO) und des Ministeriums für Landwirtschaft, Bewässerung und Viehzucht (MAIL) zufolge sind über 20 Prozent der befragten Bauern nicht in der Lage, ihre nächste Ernte anzubauen, wobei der fehlende Zugang zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und die COVID-19-Beschränkungen als Schlüsselfaktoren genannt werden. Darüber hinaus sind die meisten Weizen-, Obst-, Gemüse- und Milchverarbeitungsbetriebe derzeit nur teilweise oder gar nicht ausgelastet, wobei die COVID-19-Beschränkungen als ein Hauptgrund für die Reduzierung der Betriebe genannt werden. Die große Mehrheit der Händler berichtete von gestiegenen Preisen für Weizen, frische Lebensmittel, Schafe/Ziegen, Rinder und Transport im Vergleich zur gleichen Zeit des Vorjahres. Frischwarenhändler auf Provinz- und nationaler Ebene sahen sich im Vergleich zu Händlern auf Distriktebene mit mehr Einschränkungen konfrontiert, während die große Mehrheit der Händler laut dem Bericht von teilweisen Marktschließungen aufgrund von COVID-19 berichtete (FAO 16.4.2020; vgl. OCHA 16.7.2020; vgl. WB 10.7.2020).
Am 19.7.2020 erfolgte die erste Lieferung afghanischer Waren in zwei Lastwagen nach Indien, nachdem Pakistan die Wiederaufnahme afghanischer Exporte nach Indien angekündigt hatte um den Transithandel zu erleichtern. Am 12.7.2020 öffnete Pakistan auch die Grenzübergänge Angor Ada und Dand-e-Patan in den Provinzen Paktia und Paktika für afghanische Waren, fast zwei Wochen nachdem es die Grenzübergänge Spin Boldak, Torkham und Ghulam Khan geöffnet hatte (TN 20.7.2020).
Einreise und Bewegungsfreiheit
Die Türkei hat, nachdem internationale Flüge ab 11.6.2020 wieder nach und nach aufgenommen wurden, am 19.7.2020 wegen der COVID-19-Pandemie Flüge in den Iran und nach Afghanistan bis auf weiteres ausgesetzt, wie das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur mitteilte (TN 20.7.2020; vgl. AnA 19.7.2020, DS 19.7.2020).
Bestimmte öffentliche Verkehrsmittel wie Busse, die mehr als vier Passagiere befördern, dürfen nicht verkehren. Obwohl sich die Regierung nicht dazu geäußert hat, die Reisebeschränkungen für die Bürger aufzuheben, um die Ausbreitung von COVID-19 zu verhindern, hat sich der Verkehr in den Städten wieder normalisiert, und Restaurants und Parks sind wieder geöffnet (TN 12.7.2020).
Quellen:
- AnA – Andolu Agency (19.7.2020): Turkey suspends Iran and Afghanistan flights, https://www.aa.com.tr/en/middle-east/turkey-suspends-iran-and-afghanistan-flights-/1915627, Zugriff 20.7.2020
- AnA – Andolu Agency (18.7.2020): Afghanistan: Virus cases hit low as testing declines, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/afghanistan-virus-cases-hit-low-as-testing-declines/1914895, Zugriff 20.7.2020
- Arab News (10.7.2020): Coronavirus-hit Afghanistan gets $200 million World Bank grant, https://www.arabnews.com/node/1702656/world, Zugriff 20.7.2020
- BBC – News (30.6.2020): Coronavirus overwhelms hospitals in war-ravaged Afghanistan, https://www.bbc.com/news/world-asia-53198785, Zugriff 20.7.2020
- DS – Daily Sabah (19.7.2020): Turkey suspends flights to Iran, Afghanistan amid COVID-19 outbreak, https://www.dailysabah.com/business/transportation/turkey-suspends-flights-to-iran-afghanistan-amid-covid-19-outbreak, Zugriff 20.7.2020
- FAO - Food and Agriculture Organization of the United Nations (16.7.2020): Afghanistan Revised humanitarian response Coronavirus disease 2019 (COVID-19) May–December 2020, https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-revised-humanitarian-response-coronavirus-disease-2019-covid-19-may, Zugriff 20.7.2020
- JHU - John Hopkins Universität (20.7.2020): COVID-19 Dashboard by the Center for Systems Science and Engineering (CSSE) at Johns Hopkins University (JHU), https://coronavirus.jhu.edu/map.html, Zugriff 20.7.2020
- Mangalorean (19.7.2020): Afghanistan launches new COVID-19 relief package, https://www.mangalorean.com/afghanistan-launches-new-covid-19-relief-package/, Zugriff 20.7.2020
- OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (16.7.2020): Strategic Situation Report COVID-19, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Afghanistan%20-%20Strategic%20Situation%20Report%20-%20COVID-19%2C%20No.%2062%20%2816%20July%202020%29.pdf, Zugriff 20.7.2020
- OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (15.7.2020): COVID-19 Multi-Sectoral Response Operational Situation Report, 15 July 2020, https://www.humanitarianresponse.info/sites/www.humanitarianresponse.info/files/documents/files/operational_sitrep_covid-19_15_july_2020.pdf, Zugriff 20.7.2020
- OCHA – United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (8.7.2020): Afghanistan: COVID-19 Multi-Sectoral Response Operational Situation Report, 8 July 2020, https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-covid-19-multi-sectoral-response-operational-situation-report-8-july, Zugriff 20.7.2020
- PT – Pakistan Today (17.9.2020): Trade with Afghanistan increased 25pc despite Covid-19, NA told, https://profit.pakistantoday.com.pk/2020/07/17/trade-with-afghanistan-increased-25pc-despite-covid-19-na-told/, Zugriff 20.7.2020
- RA KBL – Rechtsanwalt in Kabul (16.7.2020): Antwortschreiben, per Mail
- TN – Tolonews (19.7.2020): Afghan Goods Enter India Through Wagah Border, https://tolonews.com/business/afghan-goods-enter-india-through-wagah-border, Zugriff 20.7.2020
- TN – Tolonews (18.7.2020a): Afghan Govt Launches New COVID-19 Relief Package, https://tolonews.com/afghanistan/afghan-govt-launches-new-covid-19-relief-package, Zugriff 20.7.2020
- TN – Tolonews (18.7.2020b): Health Ministry’s COVID-19 Strategy Questioned, https://tolonews.com/health/health-ministry%E2%80%99s-covid-19-strategy-questioned, Zugriff 20.7.2020
- TN – Tolonews (12.7.2020): Afghanistan Faces Catastrophe if Health Measures Not Heeded: AIMA, https://tolonews.com/health/afghanistan-faces-catastrophe-if-health-measures-not-heeded-aima, Zugriff 20.7.2020
- TN – Tolonews (14.7.2020): Herat Health Dept Warns of Second Wave of COVID-19, https://tolonews.com/afghanistan/herat-health-dept-warns-second-wave-covid-19, Zugriff 20.7.2020
- TN – Tolonews (20.7.2020): Turkey Suspends Flights to Afghanistan and Iran, https://tolonews.com/business/turkey-suspends-flights-afghanistan-and-iran, Zugriff 20.7.2020
- TN – Tolo News (5.4.2020): 300-Bed Hospital Opened for COVID-19 Patients in Herat, https://tolonews.com/health/300-bed-hospital-opened-covid-19-patients-herat, Zugriff 20.7.2020
- TN – Tolo News (19.3.2020): Govt Builds 100-Bed Hospital in Herat for COVID-19 Patients, https://tolonews.com/health/govt-builds-100-bed-hospital-herat-covid-19-patients, Zugriff 20.7.2020
- WB – World Bank (10.7.2020): World Bank: $200 Million for Afghanistan to Protect People, Support Businesses Amid COVID-19, https://reliefweb.int/report/afghanistan/world-bank-200-million-afghanistan-protect-people-support-businesses-amid-covid, Zugriff 20.7.2020
- WFP – World Food Programme (15.7.2020): Afghanistan: Countrywide Weekly Market Price Bulletin, Issue 9 (Covering 2nd week of July 2020), https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-countrywide-weekly-market-price-bulletin-issue-9-covering-2nd-week, Zugriff 15.7.2020
- WFP – World Food Programme (5.2020): WFP Afghanistan Country Brief May 2020, https://docs.wfp.org/api/documents/WFP-0000116792/download/, Zugriff 20.7.2020
- WHO – World Health Organization (20.7.2020): Coronavirus disease (COVID-19) Dashboard, https://covid19.who.int/?gclid=EAIaIQobChMIjryr5qHb6gIVkakYCh3mbwOQEAAYASABEgIpyPD_BwE, Zugriff 20.7.2020
- WHO – World Health Organization (o.D.): Afghanistan - Hospital and laboratory services http://www.emro.who.int/afg/programmes/hospital-and-laboratory-services.html, Zugriff 20.7.2020
- UNICEF (19.4.2020): Female-headed households bear the brunt of Covid-19 as livelihood gaps increase, https://www.unicef.org/afghanistan/stories/female-headed-households-bear-brunt-covid-19-livelihood-gaps-increase, Zugriff 20.7.2020
Stand 29.6.2020
Das genaue Ausmaß der COVID-19-Krise in Afghanistan ist unbekannt. Die hier gesammelten Informationen sollen die Lage zu COVID-19 in Afghanistan zum Zeitpunkt der Berichtserstellung wiedergeben. Diese Informationen werden in regelmäßigen Abständen aktualisiert.
Berichten zufolge, haben sich mehr als 30.000 Menschen in Afghanistan mit COVID-19 angesteckt (WP 25.5.2020; vgl. JHU 26.6.2020), mehr als 670 sind daran gestorben. Dem Gesundheitsministerium zufolge, liegen die tatsächlichen Zahlen viel höher; auch bestünde dem Ministerium zufolge die Möglichkeit, dass in den kommenden Monaten landesweit bis zu 26 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert werden könnten, womit die Zahl der Todesopfer 100.000 übersteigen könnte. Die COVID-19 Testraten sind extrem niedrig in Afghanistan: weniger als 0,2% der Bevölkerung – rund 64.900 Menschen von geschätzten 37,6 Millionen Einwohnern – wurden bis jetzt auf COVID-19 getestet (WP 25.6.2020).
In vier der 34 Provinzen Afghanistans – Nangahar, Ghazni, Logar und Kunduz – hat sich unter den Sicherheitskräften COVID-19 ausgebreitet. In manchen Einheiten wird eine Infektionsrate von 60-90% vermutet. Dadurch steht weniger Personal bei Operationen und/oder zur Aufnahme des Dienstes auf Außenposten zur Verfügung (WP 25.6.2020).
In Afghanistan sind landesweit derzeit Mobilität, soziale und geschäftliche Aktivitäten sowie Regierungsdienste eingeschränkt. In den größeren Städten wie z.B. Kabul, Kandahar, Mazar-e Sharif, Jalalabad, Parwan usw. wird auf diese Maßnahmen stärker geachtet und dementsprechend kontrolliert. Verboten sind zudem auch Großveranstaltungen – Regierungsveranstaltungen, Hochzeitsfeiern, Sportveranstaltungen – bei denen mehr als zehn Personen zusammenkommen würden (RA KBL 19.6.2020). In der Öffentlichkeit ist die Bevölkerung verpflichtet einen Nasen-Mund-Schutz zu tragen (AJ 8.6.2020).
Wirksame Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung von COVID-19 scheinen derzeit auf keiner Ebene möglich zu sein: der afghanischen Regierung zufolge, lebt 52% der Bevölkerung in Armut, während 45% in Ernährungsunsicherheit lebt (AF 24.6.2020). Dem Lockdown folge zu leisten, "social distancing" zu betreiben und zuhause zu bleiben ist daher für viele keine Option, da viele Afghan/innen arbeiten müssen, um ihre Familien versorgen zu können (AJ 8.6.2020).
Gesellschaftliche Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19 Auswirkungen
In Kabul, hat sich aus der COVID-19-Krise heraus ein "Solidaritätsprogramm" entwickelt, welches später in anderen Provinzen repliziert wurde. Eine afghanische Tageszeitung rief Hausbesitzer dazu auf, jenen ihrer Mieter/innen, die Miete zu reduzieren oder zu erlassen, die aufgrund der Ausgangsbeschränkungen nicht arbeiten konnten. Viele Hausbesitzer folgten dem Aufruf (AF 24.6.2020).
Bei der Spendenaktion „Kocha Ba Kocha“ kamen junge Freiwillige zusammen, um auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zu reagieren, indem sie Spenden für bedürftige Familien sammelten und ihnen kostenlos Nahrungsmittel zur Verfügung stellten. In einem weiteren Fall startete eine Privatbank eine Spendenkampagne, durch die 10.000 Haushalte in Kabul und andere Provinzen monatlich mit Lebensmitteln versorgt wurden. Außerdem initiierte die afghanische Regierung das sogenannte „kostenlose Brot“-Programm; bei dem bedürftige Familien – ausgewählt durch Gemeindeälteste – rund einen Monat lang mit kostenlosem Brot versorgt werden (AF 24.6.2020). In dem mehrphasigen Projekt, erhält täglich jede Person innerhalb einer Familie zwei Stück des traditionellen Brots, von einer Bäckerei in der Nähe ihres Wohnortes (TN 15.6.2020). Die Regierung kündigte kürzlich an, das Programm um einen weiteren Monat zu verlängern (AF 24.6.2020; vgl. TN 15.6.2020). Beispielsweise beklagten sich bedürftige Familien in der Provinz Jawzjan über Korruption im Rahmen dieses Projektes (TN 20.5.2020).
Weitere Maßnahmen der afghanischen Regierung
Schulen und Universitäten sind nach aktuellem Stand bis September 2020 geschlossen (AJ 8.6.2020; vgl. RA KBL 19.6.2020). Über Fernlernprogramme, via Internet, Radio und Fernsehen soll der traditionelle Unterricht im Klassenzimmer vorerst weiterhin ersetzen werden (AJ 8.6.2020). Fernlehre funktioniert jedoch nur bei wenigen Studierenden. Zum Einen können sich viele Familien weder Internet noch die dafür benötigten Geräte leisten und zum Anderem schränkt eine hohe Analphabetenzahl unter den Eltern in Afghanistan diese dabei ein, ihren Kindern beim Lernen behilflich sein zu können (HRW 18.6.2020).
Die großen Reisebeschränkungen wurden mittlerweile aufgehoben; die Bevölkerung kann nun in alle Provinzen reisen(RA KBL 19.6.2020). Afghanistan hat mit 24.6.2020 den internationalen Flugverkehr mit einem Turkish Airlines-Flug von Kabul nach Istanbul wieder aufgenommen; wobei der Flugplan aufgrund von Restriktionen auf vier Flüge pro Woche beschränkt wird (AnA 24.6.2020). Emirates, eine staatliche Fluglinie der Vereinigten Arabischen Emirate, hat mit 25.6.2020 Flüge zwischen Afghanistan und Dubai wieder aufgenommen (AnA 24.6.2020; vgl. GN 9.6.2020). Zwei afghanische Fluggesellschaften Ariana Airlines und der lokale private Betreiber Kam Air haben ebenso Flüge ins Ausland wieder aufgenommen (AnA 24.6.2020). Bei Reisen mit dem Flugzeug sind grundlegende COVID-19-Schutzmaßnahmen erforderlich (RA KBL 19.6.2020). Wird hingegen die Reise mit dem Auto angetreten, so sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Zwischen den Städten Afghanistans verkehren Busse. Grundlegende Schutzmaßnahmen nach COVID-19 werden von der Regierung zwar empfohlen – manchmal werden diese nicht vollständig umgesetzt (RA KBL 19.6.2020).
Seit 1.1.2020 beträgt die Anzahl zurückgekehrter Personen aus dem Iran und Pakistan: 339.742; 337.871 Personen aus dem Iran (247.082 spontane Rückkehrer/innen und 90.789 wurden abgeschoben) und 1.871 Personen aus Pakistan (1.805 spontane Rückkehrer/innen und 66 Personen wurden abgeschoben) (UNHCR 20.6.2020).
Situation in der Grenzregion und Rückkehr aus Pakistan
Die Grenze zu Pakistan war fast drei Monate lang aufgrund der COVID-19-Pandemie gesperrt. Mit 22.6.2020 erhielt Pakistan an drei Grenzübergängen erste Exporte aus Afghanistan: frisches Obst und Gemüse wurde über die Grenzübergänge Torkham, Chaman und Ghulam Khan nach Pakistan exportiert. Im Hinblick auf COVID-19 wurden Standardarbeitsanweisungen (SOPs – standard operating procedures) für den grenzüberschreitenden Handel angewandt (XI 23.6.2020). Der bilaterale Handel soll an sechs Tagen der Woche betrieben werden, während an Samstagen diese Grenzübergänge für Fußgänger reserviert sind (XI 23.6.2020; vgl. UNHCR 20.6.2020); in der Praxis wurde der Fußgängerverkehr jedoch häufiger zugelassen (UNHCR 20.6.2020).
Pakistanischen Behörden zufolge waren die zwei Grenzübergänge Torkham und Chaman auf Ansuchen Afghanistans und aus humanitären Gründen bereits früher für den Transithandel sowie Exporte nach Afghanistan geöffnet worden (XI 23.6.2020).
Situation in der Grenzregion und Rückkehr aus dem Iran
Die Anzahl aus dem Iran abgeschobener Afghanen ist im Vergleich zum Monat Mai stark gestiegen. Berichten zufolge haben die Lockerungen der Mobilitätsmaßnahmen dazu geführt, dass viele Afghanen mithilfe von Schmugglern in den Iran ausreisen. UNHCR zufolge, gaben Interviewpartner/innen an, kürzlich in den Iran eingereist zu sein, aber von der Polizei verhaftet und sofort nach Afghanistan abgeschoben worden zu sein (UNHCR 20.6.2020).
Quellen:
AF - Asia Foundation (24.6.2020): Afghanistan’s Covid-19 Bargain, https://asiafoundation.org/2020/06/24/afghanistans-covid-19-bargain/, Zugriff 26.6.2020
AJ - al-Jazeera (8.6.2020): Afghan schools, universities to remain closed until September, https://www.aljazeera.com/news/2020/06/afghan-schools-universities-remain-closed-september-200608062711582.html, Zugriff 26.6.2020
AnA – Andolu Agency (24.6.2020): Afghanistan resumes international flights amid COVID-19, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/afghanistan-resumes-international-flights-amid-covid-19/1888176, Zugriff 26.6.2020
GN – Gulf News (9.6.2020): COVID-19: Emirates to resume regular passenger flights to Kabul from June 25, https://gulfnews.com/uae/covid-19-emirates-to-resume-regular-passenger-flights-to-kabul-from-june-25-1.71950323, Zugriff 26.6.2020
HRW - Human Rights Watch (18.6.2020): School Closures Hurt Even More in Afghanistan, https://www.hrw.org/news/2020/06/18/school-closures-hurt-even-more-afghanistan, Zugriff 26.6.2020
JHU -John Hopkins Universität (26.6.2020): COVID-19 Dashboard by the Center for Systems Science and Engineering (CSSE) at Johns Hopkins University (JHU), https://coronavirus.jhu.edu/map.html, Zugriff 26.6.2020
RA KBL – Rechtsanwalt in Kabul (19.6.2020): Antwortschreiben per Mail, liegt bei der Staatendokumentation auf.
TN – Tolonews (15.6.2020): Govt Will Resume Bread Distribution: Palace, https://tolonews.com/afghanistan/govt-will-resume-bread-distribution-palace, Zugriff 29.6.2020
TN – Tolonews (15.6.2020): Poor Claim ‘Unjust’ Bread Distribution in Jawzjan, https://tolonews.com/afghanistan/poor-claim-%E2%80%98unjust%E2%80%99-bread-distribution-jawzjan, Zugriff 29.6.2020
UNHCR – (20.6.2020): Border Monitoring Update COVID-19 Response 14-20 June 2020, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/77302, Zugriff 26.6.2020
WHO – World Health Organization (25.3.2020): Coronavirus disease 2019 (COVID-19) Situation Report –65, https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/situation-reports/20200325-sitrep-65-covid-19.pdf?sfvrsn=2b74edd8_2, Zugriff 16.4.2020
WP - Washington Post (25.6.2020): Coronavirus sweeps through Afghanistan’s security forces, https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghanistan-coronavirus-security-forces-military/2020/06/24/0063c828-b4e2-11ea-9a1d-d3db1cbe07ce_story.html, Zugriff 26.6.2020
XI – Xinhua (23.6.2020): Pakistan receives 1st Afghan export since COVID-19 pandemic, http://www.xinhuanet.com/english/2020-06/23/c_139159139.htm, Zugriff 26.6.2020
Stand: 18.5.2020
Das genaue Ausmaß der COVID-19-Krise in Afghanistan ist unbekannt. Die hier gesammelten Informationen sollen die Lage zu COVID-19 in Afghanistan zum Zeitpunkt der Berichtserstellung wiedergeben. Diese Informationen werden in regelmäßigen Abständen aktualisiert.
In 30 der 34 Provinzen Afghanistans wurden mittlerweile COVID-19-Fälle registriert (NYT 22.4.2020). Nachbarländer von Afghanistan, wie China, Iran und Pakistan, zählen zu jenen Ländern, die von COVID-19 besonders betroffen waren bzw. nach wie vor sind. Dennoch ist die Anzahl, der mit COVID-19 infizierten Personen relativ niedrig (AnA 21.4.2020). COVID-19 Verdachtsfälle können in Afghanistan aufgrund von Kapazitätsproblem bei Tests nicht überprüft werden – was von afghanischer Seite bestätigt wird (DW 22.4.2020; vgl. QA 16.4.2020; NYT 22.4.2020; ARZ KBL 7.5.2020). Auch wird die Dunkelziffer von afghanischen Beamten höher geschätzt (WP 20.4.2020). In Afghanistan können derzeit täglich 500 bis 700 Personen getestet werden. Diese Kapazitäten sollen in den kommenden Wochen auf 2.000 Personen täglich erhöht werden (WP 20.4.2020). Die Regierung bemüht sich noch weitere Testkits zu besorgen – was Angesicht der derzeitigen Nachfrage weltweit, eine Herausforderung ist (DW 22.4.2020).
Landesweit können – mit Hilfe der Vereinten Nationen – in acht Einrichtungen COVID-19-Testungen durchgeführt werden (WP 20.4.2020). Auch haben begrenzte Laborkapazitäten und -ausrüstung einige Einrichtungen dazu gezwungen Testungen vorübergehend einzustellen (WP 20.4.2020). Unter anderem können COVID-19-Verdachtsfälle in Einrichtungen folgender Provinzen überprüft werden: Kabul, Herat, Nangarhar (TN 30.3.2020) und Kandahar. COVID-19 Proben aus angrenzenden Provinzen wie Helmand, Uruzgan und Zabul werden ebenso an die Einrichtung in Kandahar übermittelt (TN 7.4.2020a).
Jahrzehntelange Konflikte in Afghanistan machen das Land anfällig für den Ausbruch von Krankheiten: nach wie vor ist Polio dort endemisch (als eines von drei Ländern weltweit) (WP 20.4.2020) außerdem ist das Gesundheitssystem fragil (AnA 21.4.2020; vgl. QA 16.4.2020; ARZ KBL 7.5.2020). Beispielsweise mangelt es an adäquaten Medikamenten für Patient/innen, die an COVID-19 erkrankt sind. Jedoch sind die wenigen Medikamente, die hierfür zur Verfügung stehen, kostenfrei (ARZ KBL 7.5.2020). Der landesweite Mangel an COVID-19-Testkits sowie an Isolations- und Behandlungseinrichtungen verdeutlichen diese Herausforderung (AnA 21.4.2020; vgl. ARZ KBL 7.5.2020). Landesweit stehen 10.400 Krankenhausbetten (BBC 9.4.2020) und 300 Beatmungsgeräte zur Verfügung (TN 8.4.2020; vgl. DW 22.4.2020; QA 16.4.2020). 300 weitere Beatmungsgeräte plant die afghanische Regierung zu besorgen. Weiters mangelt es an geschultem Personal, um diese medizinischen Geräte in Afghanistan zu bedienen und zu warten (DW 22.4.2020; vgl. ARZ KBL 7.5.2020). Engpässe bestehen bei den PPE (personal protective equipment), persönlichen Schutzausrüstungen für medizinisches Personal; außerdem wird mehr fachliches Personal benötigt, um Patient/innen auf den Intensivstationen zu betreuen (ARZ KBL 7.5.2020).
Aufgrund der Nähe zum Iran gilt die Stadt Herat als der COVID-19-Hotspot Afghanistans (DW 22.4.2020; vgl. NYT 22.4.2020); dort wurde nämlich die höchste Anzahl bestätigter COVID-19-Fälle registriert (TN 7.4.2020b; vgl. DW 22.4.2020). Auch hat sich dort die Anzahl positiver Fälle unter dem Gesundheitspersonal verstärkt. Mitarbeiter/innen des Gesundheitswesens berichten von fehlender Schutzausrüstung – die Provinzdirektion bestätigte dies und erklärtes mit langwierigen Beschaffungsprozessen (TN 7.4.2020b). Betten, Schutzausrüstungen, Beatmungsgeräte und Medikamente wurden bereits bestellt – jedoch ist unklar, wann die Krankenhäuser diese Dinge tatsächlich erhalten werden (NYT 22.4.2020). Die Provinz Herat verfügt über drei Gesundheitseinrichtungen für COVID-19-Patient/innen. Zwei davon wurden erst vor kurzem errichtet; diese sind für Patient/innen mit leichten Symptomen bzw. Verdachtsfällen des COVID-19 bestimmt. Patient/innen mit schweren Symptomen hingegen, werden in das Regionalkrankenhaus von Herat, welches einige Kilometer vom Zentrum der Provinz entfernt liegt, eingeliefert (TN 7.4.2020b). In Hokerat wird die Anzahl der Beatmungsgeräte auf nur 10 bis 12 Stück geschätzt (BBC 9.4.2020; vgl. TN 8.4.2020).
Beispiele für Maßnahmen der afghanischen Regierung
Eine Reihe afghanischer Städte wurde abgesperrt (WP 20.4.2020), wie z.B. Kabul, Herat und Kandahar (TG 1.4.2020a). Zusätzlich wurde der öffentliche und kommerzielle Verkehr zwischen den Provinzen gestoppt (WP 20.4.2020). Beispielsweise dürfen sich in der Stadt Kabul nur noch medizinisches Personal, Bäcker, Journalist/innen, (Nahrungsmittel)Verkäufer/innen und Beschäftigte im Telekommunikationsbereich bewegen. Der Kabuler Bürgermeister warnte vor "harten Maßnahmen" der Regierung, die ergriffen werden, sollten sich die Einwohner/innen in Kabul nicht an die Anordnungen halten, unnötige Bewegungen innerhalb der Stadt zu stoppen. Die Sicherheitskräfte sind beauftragt zu handeln, um die Beschränkung umzusetzen (TN 9.4.2020a).
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