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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §37Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision der E P in K, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 27. August 2020, KLVwG-2493/17/2019, betreffend Versetzung in den Ruhestand gemäß § 12 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bildungsdirektion für Kärnten), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin steht als Volksschuloberlehrerin aufgrund des angefochtenen Erkenntnisses in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Kärnten.
2 Mit Bescheid vom 27. September 2019 sprach die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde aus (Wiedergabe ohne die im Original vorhandenen Hervorhebungen):
„Sie (...) werden auf Grund des amtsärztlichen Gutachtens vom 13. August 2019 sowie des fachärztlichen Gutachtens vom 4. Juli 2019 und dem klinisch-psychologischem Gutachten vom 24. Februar 2019 gemäß § 12 Abs. 1 und 3 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes (LDG 1984), BGBl. Nr. 302/1984, in der geltenden Fassung wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf jenes Monats wirksam, in dem sie rechtskräftig wird.
Hinweis: Dies ist dann der Fall, wenn entweder dieser Bescheid rechtskräftig wird (die Beschwerdefrist läuft ungenutzt ab, auf eine Beschwerde wird verzichtet oder wird zurückgezogen) oder die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird.
Ihre Bezüge werden gleichzeitig mit der Ruhestandsversetzung eingestellt. Der Ihnen gebührende Ruhebezug und eine allfällige Nebengebührenzulage werden von der Besoldung bemessen und Ihnen gesondert durch Bescheid bekannt gegeben. (Hinweis: Es ist zu berücksichtigen, dass bis zur bescheidmäßigen Erledigung lediglich eine vorschussweise Auszahlung des Ruhebezuges erfolgt.)
Gemäß § 55 Abs. 3 LDG 1984 sind Sie zur Führung des Amtstitels Volksschuloberlehrerin i.R. berechtigt.
Gemäß § 42 Abs. 2 iVm § 40 Abs. 3 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984 i.d.g.F., sind Landeslehrer des Ruhestandes, die das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, verpflichtet, jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung unverzüglich zu melden.“
3 Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde sprach das Landesverwaltungsgericht Kärnten mit dem der Revisionswerberin am 1. September 2020 zugestellten angefochtenen Erkenntnis wie folgt ab:
„Die Beschwerde wird gemäß § 28 iVm § 17 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Rechtskraft dieses Erkenntnisses wirksam.“
4 Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
5 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revisionswerberin sieht die Zulässigkeit ihrer Revision zunächst darin begründet, dass sie mit dem dienstbehördlichen Bescheid mit Ablauf jenes Monats in den Ruhestand versetzt worden sei, in dem der Bescheid rechtskräftig werde. Da der Beschwerde aufschiebende Wirkung zugekommen sei, sei die Rechtskraft des Bescheids vorerst nicht eingetreten. Mit dem angefochtenen Erkenntnis sei die Beschwerde abgewiesen und weiters ausgesprochen worden, dass die Versetzung in den Ruhestand mit Rechtskraft des Erkenntnisses wirksam werde. Da die Zustellung des Erkenntnisses am 1. September 2020 erfolgt sei, würde die Ruhestandsversetzung mit (Ablauf des) 1. September 2020 wirksam werden. Diese Rechtsfolge stehe im Widerspruch zu § 12 Abs. 6 LDG 1984 und der einschlägigen Judikatur (Hinweis auf VwGH 25.8.2010, 2010/12/0088), wonach die Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des Monats wirksam werde, in dem sie rechtskräftig werde.
8 Diesem Vorbringen ist zu antworten, dass durch die Abweisung der Beschwerde das Verwaltungsgericht den Spruch des mit Beschwerde bekämpften Bescheids der vor ihm belangten Behörde übernahm und daher eine mit dem behördlichen Spruch idente Entscheidung traf (vgl. etwa VwGH 19.2.2020, Ra 2019/12/0059, unter Hinweis auf VwGH 24.1.2019, Ra 2018/09/0168, u.a.). Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht - ohne einschränkende Maßgabe - abgewiesen und daher auch der Ausspruch bestätigt, dass die Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf jenes Monats wirksam werde, in dem sie rechtskräftig wird. Der zweite Satz des Verwaltungsgerichts ist daher als bloße Verdeutlichung in Hinblick auf den Hinweis im Spruch des zur Gänze bestätigten Bescheids zu verstehen. Die Ruhestandsversetzung mit Ablauf des Monats der Rechtskraft des Erkenntnisses ergibt sich zudem nicht nur aus dem eindeutigen Wortlaut von § 12 Abs. 6 LDG 1984, sondern überdies auch aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, wonach der vor dem Verwaltungsgericht angefochtene Bescheid unverändert zu lassen wäre, zumal in diesem ausgesprochen worden sei, dass die Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf jenes Monats wirksam werde, in dem die Entscheidung rechtskräftig werde. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber der Spruch einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Zusammenhang mit dessen Begründung zu verstehen, wenn wegen der Unklarheit des Spruchs an seinem Inhalt Zweifel bestehen (siehe etwa VwGH 28.5.2019, Ra 2018/05/0195; 20.10.2015, Ra 2015/09/0039, je mwN).
9 Ferner wird zur Zulässigkeit der Revision ausgeführt, dass die korrekte Parteienbezeichnung zu den grundlegenden Anforderungen an ein Erkenntnis gehöre. Nach dem Wortlaut des angefochtenen Erkenntnisses sei die Kärntner Landesregierung belangte Behörde und damit Verfahrenspartei gewesen, obwohl ein Bescheid der Bildungsdirektion für Kärnten bekämpft worden sei. Keinesfalls könne es sich dabei um einen bloßen „Tipp- oder Rechenfehler“ handeln.
10 Entgegen der nicht näher begründeten Ansicht in der Revision kann auch eine unrichtige Namensbezeichnung eine Unrichtigkeit im Sinn des § 62 Abs. 4 AVG darstellen, wenn die Identität der Person feststeht. Offenbar auf einem Versehen beruht eine Unrichtigkeit nämlich dann, wenn sie für die Partei klar erkennbar ist und bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Erlassung des Bescheids bzw. des Erkenntnisses hätte vermieden werden können (vgl. VwGH 9.8.2017, Ra 2017/09/0028). Auch ohne Ergehen eines Berichtigungsbeschlusses ist die Entscheidung in einem solchen Fall berichtigend zu lesen (siehe etwa VwGH 2.7.2007, 2007/12/0019; 21.6.1990, 89/06/0104).
11 Weiters sieht die Revisionswerberin darin eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gelegen, inwieweit für eine als „Personalreserve“ eingesetzte Lehrkraft vor einer amtswegigen Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit zunächst ein möglicher Ersatzarbeitsplatz auszuforschen und gegebenenfalls die Zuweisung an eine andere Schule (Dienststelle) vorzunehmen sei. Solche vergleichbaren Arbeitsplätze als Lehrerin wären im Bereich der Bildungsdirektion für Kärnten vorhanden gewesen und habe auch die Sachverständige nicht ausschließen können, dass an einer weniger konfliktbelasteten Schule eine Besserung und somit keine dauernde Dienstunfähigkeit gegeben wäre.
12 Dieses Vorbringen geht vornehmlich nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, hat sich das Landesverwaltungsgericht doch mit der Frage der Verwendung der Revisionswerberin als Lehrkraft an anderen Schulen beschäftigt, diese Möglichkeit infolge ihrer Erkrankung jedoch verneint und ferner unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 29.3.2012, 2008/12/0184) festgehalten, dass eine Verwendung im Administrativdienst, die nicht in der Ausübung des Lehramts besteht, als gleichwertiger Arbeitsplatz im Sinn des § 12 Abs. 3 LDG 1984 ausscheide. Zudem rechtfertigt eine von Seiten der medizinischen Sachverständigen in den Raum gestellte bloße Möglichkeit einer relevanten Besserung des Gesundheitszustands des Beamten für sich genommen noch nicht die Verneinung der Dauerhaftigkeit einer Dienstunfähigkeit. Dauernd ist eine Dienstunfähigkeit nämlich (schon) dann, wenn sie für einen nicht absehbaren Zeitraum vorliegt (VwGH 31.7.2020, Ra 2019/12/0085, mwN).
13 Schließlich wird als zu klärende Rechtsfrage infolge Fehlens von Rechtsprechung ins Treffen geführt, ob im Fall sich in der Hauptfrage widersprechender Sachverständigengutachten die Einholung eines Obergutachtens zwingend erforderlich sei.
14 Auch damit wird eine Rechtsfrage von der Qualität des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt, liegt hiezu doch bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. So ist es dem Verwaltungsgericht bei Vorliegen einander widersprechende Gutachten gestattet, sich dem einen oder dem anderen Gutachten anzuschließen. Es hat diesfalls jedoch - im Rahmen seiner Beweiswürdigung - seine Gedankengänge darzulegen, die es veranlasst haben, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen als dem anderen. Im Fall des Vorliegens mehrerer Gutachten, die voneinander abweichende Schlussfolgerungen enthalten, ist das Verwaltungsgericht somit gehalten, sich mit den unterschiedlichen Ergebnissen der Gutachten der beteiligten Ärzte beweiswürdigend auseinanderzusetzen. Dabei ist die Schlüssigkeit eines Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (siehe zum Ganzen etwa VwGH 17.8.2020, Ra 2019/12/0084, mwN). Dass das Verwaltungsgericht insoweit von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre, wird in diesem Zusammenhang nicht dargelegt.
15 Die Revision war daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 21. Dezember 2020
Schlagworte
Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Begründung der Wertung einzelner Beweismittel Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel freie Beweiswürdigung Gutachten Beweiswürdigung der Behörde widersprechende Privatgutachten Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel SachverständigenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020120071.L00Im RIS seit
22.02.2021Zuletzt aktualisiert am
22.02.2021