Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Bernhard Fink und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Siegfried D***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch die Anwaltskanzlei Thiele GmbH, Linz, wegen Abgabe einer Willenserklärung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 9. Oktober 2020, GZ 2 R 141/20b-24, mit dem das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 1. Juli 2020, GZ 29 Cg 34/18w-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Darin, dass das Berufungsgericht das Klagebegehren – anders als das Erstgericht (aber unter Verweis auf den Einwand der Beklagten) – mit einer bisher gerichtlich nicht erörterten Rechtsansicht abwies, liegt keine Überraschungsentscheidung:
[2] Der Kläger begehrt von der Beklagten – gestützt auf ein für eine Teilfläche der von ihr verkauften Grundstücke vereinbartes Wiederkaufsrecht – in die lastenfreie Abschreibung dieser (in einer Urkunde farblich markierten) Teilfläche einzuwilligen. Trotz des von der Beklagten schon in der Klagebeantwortung erhobenen (und in der mündlichen Streitverhandlung wiederholten) Einwands, die Klage sei unschlüssig, weil das Begehren, in die Abschreibung der umstrittenen Flächen einzuwilligen, zu keiner Eigentumseinverleibung des Klägers führen könne, blieb der Kläger ausdrücklich dabei, dass „gegenständlich nicht der Antrag auf Einverleibung [seines] Eigentums gestellt wurde, sondern das Klagebegehren auf Einwilligung in die lastenfreie Abschreibung bestimmter Grundstücksteile“ gerichtet sei.
[3] Es bedarf aber keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen, gegen das der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat; die andere Partei hat ihren Prozessstandpunkt dann selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen (RIS-Justiz RS0122365 [T4]).
[4] Schließlich ist auch die Relevanz der unterbliebenen Erörterung für die Entscheidung nicht erkennbar, ergibt sich doch aus der Revision, dass der Kläger sein Begehren nicht verändert hätte; er legt auch nicht dar, welches zusätzliche (rechtserhebliche) Vorbringen er erstattet hätte.
[5] 2. Auch noch in der Revision beharrt der Kläger auf dem Standpunkt, es müsse ihm zustehen, bloß die Verpflichtung der Beklagten, in die lastenfreie Abschreibung einer – in einer bestimmten Urkunde (die aber kein Teilungsplan ist) dargestellten – Teilfläche von Grundstücken einzuwilligen. Das Berufungsgericht hat ihm dazu unter Hinweis auf höchstgerichtliche Judikatur (3 Ob 86/11k; 5 Ob 96/18f) bereits erläutert, dass es dann, wenn er die Einwilligung in die grundbücherliche Einverleibung seines Eigentumsrechts an den umstrittenen Liegenschaftsteilen nicht begehrt hatte, eines Vorbringens dazu bedurft hätte, warum die (bloße) Abschreibung eines Teils der Liegenschaft wirtschaftlich notwendig sei; für eine auf Abschreibung ohne Änderung der Eigentumsverhältnisse gerichtete Klage reiche die – hier im Übrigen bestrittene – Absicht des Eigentümers, die davon betroffenen Liegenschaftsteile zu veräußern, nicht aus.
[6] Die vom Revisionswerber zitierte Entscheidung zu 1 Ob 296/54 (= SZ 27/111) spricht – anders als er meint – nicht für seine Auffassung, die wirtschaftliche Notwendigkeit einer Teilung der Grundstücke sei [für den Eigentümer] dadurch gegeben, dass er das Bestehen seines Wiederkaufsrechts behauptet habe. Darin wurde vielmehr im Gegenteil ausgesprochen, dass die Absicht, den Verkauf eines Teils einer Liegenschaft durchzuführen, noch keinen Anlass bietet, die Teilung eines Grundbuchskörpers vorzunehmen, solange nicht um eine Eintragung, die die Teilung zur Voraussetzung hat, eingeschritten wird. Ebenso lässt sich der Entscheidung zu 5 Ob 100/90 nur entnehmen, dass die Teilung eines Grundbuchskörpers in mehrere kleinere (nur) zulässig ist, wenn Änderungen in den Eigentumsverhältnissen oder in der Belastung eintreten, die eine Abtretung notwendig machen, oder wenn zumindest durch das wirtschaftliche Interesse des Eigentümers die Abschreibung gerechtfertigt ist. Dazu, inwiefern hier ein solches wirtschaftliches Interesse der sich gegen die Klage zur Wehr setzenden Beklagten gegeben sein sollte, wenn die Klage nicht auf Übertragung des Eigentums an dieser Teilfläche an den Kläger gerichtet ist (vgl RS0066232; RS0017870; zur Unzulässigkeit der Teilung ohne Eigentümerwechsel oder wirtschaftliche Notwendigkeit des Eigentümers s auch Rassi, Grundbuchsrecht3 Rz 6.4 f), hat der Kläger im Verfahren erster Instanz keine Behauptungen aufgestellt. Er vermag dies auch in der Revision nicht darzulegen und tritt insbesondere der Argumentation des Berufungsgerichts, er sei nicht berechtigt, den gesetzlich unerwünschten Effekt einer Zerlegung eines Grundbuchskörpers ohne Eigentümerwechsel und gegen den Willen des Eigentümers herbeizuführen, nicht ernsthaft entgegen. Wenn er ausführt, es stünde ihm „offen, allenfalls eine weitere Klage“ (auf Eigentumsübertragung) zu erheben, gesteht er gerade zu, dass der vom Berufungsgericht als unerwünscht qualifizierte Effekt auch bestehen bleiben könnte.
[7] 3. Die außerordentliche Revision, in der der Kläger insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage ausführt, ist demnach zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Textnummer
E130532European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00222.20H.1221.000Im RIS seit
04.02.2021Zuletzt aktualisiert am
04.02.2021