Entscheidungsdatum
18.01.2021Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seine Richterin Mag. Hörzing über die Beschwerde der M G, vertreten durch Rechtsanwälte P GesbR, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. Juli 2020, GZ: 0026761/2019, wegen Übertretung des Arzneiwareneinfuhrgesetzes (AWEG)
zu Recht:
I. Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als die Höhe der verhängten Verwaltungsstrafe auf 120 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 11 Stunden) herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Die beschwerdeführende Partei hat keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Der Beitrag zum Verwaltungs-strafverfahren verringert sich auf 12 Euro.
III. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) vom 30. Juli 2020, GZ: 0026761/2019, verhängte dieser über M G (im Folgenden: Beschwerdeführerin – Bf) eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Stunden), da ihr Folgendes vorgeworfen wurde:
„Die Beschuldigte, Frau M G, geboren am xx.xx.1974, hat im Fernabsatz mit der Empfängeradresse L, A 15 und somit vom Inland aus, dem Anwendungsbereich des Arzneiwareneinfuhrgesetz (AWEG) 2010, BGBl. I. Nr. 79/2010, in der geltenden Fassung, unterliegende und unter der Position der Kombinierten Nomenklatur der EU (§ 2 Z. 1 lit. c AWEG 2010) fallende Arzneiwaren, nämlich:
1. 60 Stück Zenzole 400 (Albendazole), KN-Code 3004900000 und
2. 4 Stück Nizagara 100 (Sildenafil), KN-Code 3004900000
per Fernkommunikationsmittel bestellt, welche von N-D, C M, C aufgrund der von ihr getätigten Bestellung im Postversand – Flugverkehr durch die Österreichische Post AG am 22.03.2018 in das Bundesgebiet (Flughafen Wien Schwechat) eingeführt und vom Zollamt Wien, Zollstelle Post in 1230 Wien, Halban-Kurz-Straße 5, entdeckt wurde und hat somit zu verantworten, dass entgegen § 3 Abs. 1 Arzneiwareneinfuhrgesetz (AWEG) 2010, BGBl. I Nr. 79/2010, in der geltenden Fassung, wonach die Einfuhr oder das Verbringen von Arzneiwaren dosiert oder in Aufmachung für den Kleinverkauf nur zulässig ist, wenn vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eine Einfuhrbescheinigung ausgestellt wurde, die vorgenannte Arzneiwaren ohne Vorliegen der erforderlichen Einfuhrbescheinigung somit in das Bundesgebiet eingeführt wurden.
II. Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:
§ 3 Abs. 1 iVm. § 21 Abs. 1 Z 1 Arzneiwareneinfuhrgesetz (AWEG) 2010, BGBl. I Nr. 79/2010, idgF.
III. Strafausspruch:
Über die Beschuldigte wird folgende Geldstrafe verhängt:
€ 150,00
Im Falle der Uneinbringlichkeit wird folgende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt:
14 Stunden
Rechtsgrundlagen: § 21 Abs. 1 Z 1 AWEG 2010; §§ 16 und 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG)
IV. Kostenentscheidung:
Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens hat die Beschuldigte 10 % der verhängten Strafe, das sind € 15,00 zu leisten.
Rechtsgrundlage: §§ 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG)
V. Verfall:
Die folgenden Gegenstände werden gemäß § 21 Abs. 3 Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010, BGBl. I Nr. 79/2010, idgF, in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991, BGBl. I Nr. 52/1991 idgF, für verfallen erklärt:
1. 60 Stück Zenzole 400 (Albendazole), KN-Code 300490000 sowie
2. 4 Stück Nizagra 100 (Sildenafil), KN-Code 3004900000“
[Hervorhebungen nicht übernommen]
2. In ihrer binnen offener Frist erhobenen Beschwerde führte die Bf insbesondere aus, dass zwischenzeitig Verjährung eingetreten sei, da der gegenständliche Vorfall rund zweieinhalb Jahre her sei und bereits ein Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien ergangen sei, das seitens des Verwaltungsgerichts Wien mit Entscheidung vom 20. Februar 2020 behoben wurde. Durch die zwischenzeitige Untätigkeit sei jedenfalls Verjährung eingetreten. Darüber hinaus sei der Tatzeitraum nicht genau definiert, da allenfalls das Datum der Bestellung und nicht das Datum der Einfuhr relevant sei, weshalb mangels Konkretisierung der Tat eine Einstellung des Verfahrens geboten sei. Dem Straferkenntnis sei auch kein Tatort zu entnehmen, sodass dem Spruch nicht entnommen werden könne, ob das Magistrat der Landeshauptstadt Linz für das gegenständliche Strafverfahren zuständig sei. Im Übrigen sei durch das bereits durchgeführte Verfahren in Wien der Strafrechtsanspruch bereits konsumiert worden und widerspreche ein nochmaliges Strafverfahren dem Grundsatz „ne bis in idem“.
Weiters sei der Bf zum Zeitpunkt der Bestellung nicht bewusst gewesen, dass dieses Verhalten in Österreich nicht zulässig sei, wobei es sich um ein Nebenbereich/Nebengesetz handle, das nicht automatisch für alle normunterworfenen Bürger sofort erkennbar oder bekannt sein müsse. Darüber hinaus nehme der Internethandel in letzter Zeit immer stärker zu und würden teilweise auch Medikamente in österreichischen Medien im Rahmen des Internetversands aus dem Ausland beworben, sodass man sich als „Ottonormalverbraucher“ nicht unbedingt Gedanken darüber machen müsse, ob ein derartigen Verhalten strafbar sei und man davon ausgehen könne, dass es sich bei geringen Medikamentenlieferungen um kein strafbares Verhalten handle. Auch sei die Schuld derart gering, dass eine Ermahnung ausreichend wäre, wobei die Bf auf ihr tadelloses Vorleben und darauf, dass die Tat lange zurückliege, verweist. Abschließend wird die Einstellung des Straferkenntnisses, in eventu die Herabsetzung der Strafe, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung beantragt.
3. Die belangte Behörde übermittelte die Beschwerde mit dem Bezug habenden Verwaltungsakt an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Dieses entscheidet durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
II. Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:
1. Mit Schreiben vom 5. September 2018, GZ: 1000000/107059/2018, zeigte das Zollamt Wien beim Magistratischen Bezirksamt für den 23. Bezirk, 1230 Wien, an, dass die Einfuhr von Arzneiwaren entgegen den Bestimmungen des § 3 Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 (AWEG 2010) erfolgt sei, wobei die Bf als Empfängerin und die C, N D, als Versender genannt wurden. Es handelte sich dabei um 60 Stk. Zenzole 400 (Albendazole) und 4 Stk. Nizagara 100 (Sildenafil) mit Einfuhrort Flughafen Wien und Einfuhrzeitpunkt 22. März 2018, 12:00 Uhr [Behördenakt ON 1, Unterpunkt 1].
2. Mit Bescheid vom 5. September 2018, GZ: 100000/107059/2018, beschlagnahmte das Zollamt Wien die oben genannten 60 Stk. Zenzole 400 (Albendazole) und 4 Stk. Nizagara 100 (Sildenafil) mit der Begründung, dass die von der Bf als Empfängerin gemäß § 3 AWEG erforderliche Einfuhrbescheinigung nicht vorgelegt wurde [Behördenakt ON 1, Unterpunkt 7].
3. Der Magistrat der Stadt Wien übermittelte der Bf in der Folge eine mit 1. Oktober 2018 datierte Aufforderung zur Rechtfertigung mit einem dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entsprechenden Wortlaut [Behördenakt ON 1, Unterpunkt 8], welche der Bf am 3. Oktober 2018 persönlich zugestellt wurde [Behördenakt ON 1, Unterpunkt 9]. Die Bf äußerte sich dazu nicht.
4. Am 23. November 2018 wurde der Bf ein mit 19. November 2018 datiertes Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, GZ: MBA 15 – S 48056/18, zugestellt, mit welchem wegen eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 iVm § 21 Abs. 1 Z. 1 AWEG 2010 eine Geldstrafe in der Höhe von 210 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) über die Bf verhängt wurde. Gleichzeitig wurde der Verfall hinsichtlich der gegenständlichen Waren – 60 Stk. Zenzole 400 (Albendazole) und 4 Stk. Nizagara 100 (Sildenafil) – ausgesprochen [Behördenakt ON 1, Unterpunkt 11].
5. Die Bf erhob gegen dieses Straferkenntnis Beschwerde beim Verwaltungsgericht Wien, in welcher sie ausführte, dass sie den Sachverhalt grundsätzlich nicht bestreite, jedoch keine Strafbarkeit gegeben sei, da sie erst seit einigen Monaten in Österreich sei und ihr nicht alle Bestimmungen des österreichischen Rechts bekannt seien. Ihre Schwester, die in ihrer Heimat Georgien lebe, sei schwer krank, wobei die Ärzte in ihrer Heimat ihr zu den verfahrensgegenständlichen Medikamenten geraten hätten. Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass dies ohne Rezept oder Einfuhrgenehmigung nicht zulässig sei. Es habe sich dabei auch um äußerst kleine Mengen gehandelt, die sie auch hier in Apotheken bekommen würde und deshalb kein Handel oder dergleichen mit illegalen Medikamenten vorliege. Unter Berücksichtigung ihrer Unbescholtenheit und ihrer Ausländereigenschaft liege nur ein minderer Grad des Versehens vor und sei eine Ermahnung ausreichend [Behördenakt ON 1, Unterpunkt 17].
6. Mit Erkenntnis vom 20. Februar 2019, GZ: VGW-001/069/48/2019-5, hob das Verwaltungsgericht Wien das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 19. November 2018, GZ: MBA 15 – S 48056/18, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde auf. Begründet wurde dies damit, dass der für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Tatort der Ort sei, an dem die Bestellung abgegeben worden sei. Da sich die Bf zum Zeitpunkt der Bestellung an ihrer Wohnadresse in L befand, sei der Magistrat der Stadt Linz zuständig zur Durchführung des Strafverfahrens gewesen und der Magistrat der Stadt Wien wäre verpflichtet gewesen, das Verfahren formlos an den Magistrat der Stadt Linz abzutreten [Behördenakt ON 1, Unterpunkt 18].
7. In der Folge erging das gegenständlich angefochtene Straferkenntnis.
8. Die Bf hat mit Empfängeradresse L, A 15, im Internet 60 Stk. Zenzole 400 (Albendazole) und 4 Stk. Nizagara 100 (Sildenafil) bestellt, wobei diese von der C, N-D, I, an die Bf als Empfängerin versandt und am 22. März 2018 in Aufmachung für den Kleinverkauf in das Bundesgebiet eingeführt wurden. Vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen wurde dafür keine Einfuhrbescheinigung ausgestellt.
III. Beweiswürdigung:
1. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit der Beschwerde vorgelegten Behördenakt. Da die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde und im angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z. 3 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den in den eckigen Klammern erwähnten Beweismitteln. Die Bf hat nicht bestritten, dass sie die im angefochtenen Straferkenntnis angeführte Stückzahl an Arzneiwaren an der Empfängeradresse L, A 15, im Internet bestellt hat und dass diese am 22. März 2018 in Aufmachung für den Kleinverkauf in das Bundesgebiet eingeführt wurden, wobei vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen dafür keine Einfuhrbescheinigung ausgestellt wurde.
IV. In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:
1. Rechtsgrundlagen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Einfuhr und das Verbringen von Arzneiwaren, Blutprodukten und Produkten natürlicher Heilvorkommen (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 – AWEG 2010) lauten wie folgt:
„§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet:
1. Arzneiwaren: nachstehende Waren im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABl. Nr. L 256 vom 07. 09. 1987, S 1:
[...]
c) Waren der Position 3004 [Anm.: dies sind iSd der zitierten Verordnung Arzneiwaren (ausgenommen Erzeugnisse der Position 3002, 3005 oder 3006), die aus gemischten oder ungemischten Erzeugnissen zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken bestehen, dosiert oder in Aufmachungen für den Einzelverkauf.]
§ 3. (1) Die Einfuhr oder das Verbringen von Arzneiwaren dosiert oder in Aufmachung für den Kleinverkauf, ist, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, nur zulässig, wenn im Fall der Einfuhr eine Einfuhrbescheinigung ausgestellt wurde oder im Falle des Verbringens eine Meldung erfolgt ist.
(2) Für die Ausstellung von Einfuhrbescheinigungen und die Entgegennahme von Meldungen ist das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zuständig.
§ 21. (1) Wer
1. Arzneiwaren entgegen § 3 ohne Einfuhrbescheinigung einführt, [...]
begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3 600 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 7 260 Euro zu bestrafen.“
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Zum Vorbringen der Bf, dass bereits Verjährung eingetreten sei, da der gegenständliche Vorfall bereits rund zweieinhalb Jahre her sei und ein Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom Verwaltungsgericht Wien mit Entscheidung vom 20. Februar 2019 behoben wurde, ist Folgendes auszuführen:
Gemäß § 32 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), der nach § 38 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anwendbar ist, stellt jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Beratung, Strafverfügung u. dgl.) eine Verfolgungshandlung dar, und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war.
Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht Wien mit Erkenntnis vom 20. Februar 2019, GZ: VGW-001/069/48/2019-5) ein Straferkenntnis des Magistrats Wien vom 19. November 2018, zugestellt am 23. November 2018, betreffend den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt aufgrund dessen Unzuständigkeit behoben. In dem vom Magistrat Wien durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren wurde der Bf eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 1. Oktober 2018 mit einem dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entsprechenden Wortlaut am 3. Oktober 2018 persönlich zugestellt, was als Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs. 2 VStG zu sehen ist. Dass das daraufhin erlassene Straferkenntnis vom Verwaltungsgericht Wien wegen Unzuständigkeit behoben wurde, schadet im vorliegenden Fall nicht, da der Wortlaut des § 32 Abs. 2 VStG ausdrücklich vorsieht, dass eine Verfolgungshandlung auch dann als solche gilt, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war. Dies wurde auch seitens der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bestätigt (vgl. VwGH 96/09/0246, 18.03.1998). Aufgrund der innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist erfolgten Verfolgungshandlung ist im vorliegenden Fall keine Verjährung eingetreten.
2.2. Zum objektiven Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsstraftat:
Die Bf hat im Internet 60 Stk. Zenzole 400 (Albendazole) und 4 Stk. Nizagara 100 (Sildenafil) bestellt, wobei diese aus N-D am 22. März 2018 in das Bundesgebiet eingeführt wurden. Es handelte sich dabei um Arzneiwaren iSd § 2 Abs. 1 lit. c) Arzneiwareneinfuhrgesetz (AWEG), die der Position 3004 iSd Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABl. Nr. L 256 vom 07.09.1987, unterfallen. Bei Position 3004 handelt es sich um Arzneiwaren, die aus gemischten oder ungemischten Erzeugnissen zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken bestehen, dosiert oder in Aufmachungen für den Einzelverkauf. Deren Einfuhr ist gemäß § 3 Abs. 1 AWEG nur zulässig, wenn durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eine Einfuhrbescheinigung ausgestellt wurde, was im vorliegenden Fall nicht geschehen ist. Somit ist der objektive Tatbestand der der Bf im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfenen Verwaltungsstraftat als verwirklicht anzusehen.
Entgegen den Vorbringen in der Beschwerde ist auch die Tatzeit ausreichend festgelegt, da der Verstoß gegen § 3 Abs. 1 AWEG durch die Einfuhr der bestellten Arzneiwaren ohne Einfuhrbescheinigung des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen verwirklicht wurde, wobei das Datum der Einfuhr der verfahrensgegenständlichen Arzneiwaren in Aufmachung für den Einzelverkauf (22. März 2018) im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt wird. Auch der Tatort wird im Spruch des Straferkenntnisses angeführt.
2.3. Zum subjektiven Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsstraftat:
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1991, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten ausreicht. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Bf initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachen-vorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.
Die Bf bringt in der Beschwerde vor, dass ihr zum Zeitpunkt der Bestellung nicht bewusst gewesen sei, dass dieses Verhalten in Österreich nicht zulässig sei, wobei es sich bei dem AWEG um ein Nebengesetz handle, das nicht automatisch für alle normunterworfenen Bürger sofort erkennbar oder bekannt sein müsse. Darüber hinaus nehme der Internethandel in letzter Zeit immer stärker zu und würden teilweise auch Medikamente in österreichischen Medien im Rahmen des Internetversands aus dem Ausland beworben, sodass man sich als „Ottonormalverbraucher“ nicht unbedingt Gedanken darüber machen müsse, ob ein derartiges Verhalten strafbar sei und man davon ausgehen könne, dass es sich bei geringen Medikamentenlieferungen um kein strafbares Verhalten handle.
Hiezu ist vorweg darauf zu verweisen, dass eine Unkenntnis der Rechtslage grundsätzlich nicht geeignet ist, im vorliegenden Fall ein Verschulden der Bf auszuschließen. Dem Vorbringen, dass man sich als Verbraucher nicht unbedingt Gedanken machen müsse, ob ein derartiges Verhalten strafbar sei, da der Internethandel in letzter Zeit stark zunehme, ist entgegenzuhalten, dass gerade beim Erwerb von Medikamenten im Internet erhöhte Vorsicht geboten ist und die Bf entsprechende Recherchen zur Zulässigkeit ihres Handelns hätte anstellen müssen. Dass die von ihr gewählte Vorgangsweise mit den in Österreich in Geltung stehenden Rechtsvorschriften nicht vereinbar ist, hätte der Bf insbesondere schon aufgrund der Tatsache, dass es sich bei beiden von ihr bestellten Präparaten um rezeptpflichtige Medikamente handelt, deren Erwerb in Österreich folglich nur aufgrund eines durch einen Arzt ausgestellten Rezepts zulässig ist, auffallen müssen. Da die Bf augenscheinlich über kein Rezept verfügt hat, hat sie die Präparate auf dem gegenständlichen Weg im Internet bei der C bestellt, obwohl sie diese unter Vorlage eines entsprechenden Rezepts in einer Apotheke vor Ort hätte kaufen können. Weiters wird zum Vorbringen der Bf, dass Medikamente in österreichischen Medien teilweise im Rahmen des Internetversands aus dem Ausland beworben werden, darauf verwiesen, dass eine Recherche auf den Homepages diverser Online-Apotheken, bei welchen man von Österreich aus legal Medikamente bestellen kann, ergeben hat, dass diese die verfahrensgegenständlichen Arzneiwaren entweder gar nicht im Sortiment haben oder darauf hinweisen, dass das Präparat rezeptpflichtig ist und keine Online-Bestellmöglichkeit besteht. Die C ist darüber hinaus ein Arzneimittelhersteller und keine in Österreich bekannte bzw. in der Werbung auftretende Online-Apotheke, sodass das Argument der Bf, dass teilweise Medikamente in österreichischen Medien im Rahmen des Internetversands aus dem Ausland beworben werden, auch aus diesem Grund ins Leere geht. Die Bf hat dennoch die verfahrensgegenständlichen Arzneiwaren auf diesem in Österreich nicht legalen Weg bestellt und sich zumindest nicht ausreichend über die Voraussetzungen eines rechtlich zulässigen Erwerbs – vorliegend die Notwendigkeit einer Einfuhrbescheinigung – informiert, wobei ihr jedoch wie erwähnt alleine aufgrund des Indizes der für beide Präparate bestehenden Rezeptpflicht jedenfalls bewusst sein hätte müssen, dass die Bestellung derselben ohne Rezept bei einer Herstellerfirma in Indien möglicherweise nicht rechtskonform ist, wodurch sie zumindest weitere Nachforschungen zur Zulässigkeit der von ihr gewählten Vorgangsweise anstellen hätte müssen. Da sie dies jedoch nicht getan hat, sondern die Präparate dennoch auf dem verfahrensgegenständlichen Weg bestellt hat, ist zumindest von fahrlässigem Verhalten der Bf auszugehen und somit auch die Erfüllung der subjektiven Tatseite zu bejahen.
2.4. Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass im Verwaltungsstrafverfahren die Strafbemessung im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Strafdrohungen erfolgt, wobei innerhalb dieses gesetzlichen Strafrahmens die Strafbehörden eine Ermessensentscheidung zu treffen haben. Die Ermessensausübung der Strafbehörden wird durch § 19 VStG determiniert (VwGH 12. Dezember 2001, 2001/03/0027). Die Behörde ist verpflichtet, die Strafbemessung in nachvollziehbarer Weise zu begründen, d.h. die bei der Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit darzulegen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfbarkeit durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich ist (VwGH 17. Oktober 2008, 2005/12/0102).
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.
Seitens der belangten Behörde wurde die Unbescholtenheit der Bf sowie die lange Verfahrensdauer mildernd gewertet, Erschwerungsgründe wurden keine angeführt.
Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ist von den von der Bf unwidersprochenen Annahmen der belangten Behörde auszugehen.
Der Ausspruch einer Ermahnung kommt bereits deshalb nicht in Betracht, da die Bedeutung des durch die verletzte Rechtsvorschrift geschützten Rechtsguts nicht gering ist, weil der Erwerb von Arzneiwaren aus dem Ausland unter Umgehung der hiefür im AWEG vorgesehenen Vorgangsweise zur Einfuhr und nachfolgenden Verwendung von gefälschten oder sogar gesundheitsschädlichen Arzneiwaren führen kann. Dass seit dem Tatzeitpunkt jedoch nunmehr mittlerweile fast 3 Jahre vergangen sind, wird bei der Bemessung der Strafe, welche von der belangten Behörde unter Heranziehung zweier Milderungsgründe nicht wesentlich herabgesetzt wurde, insofern berücksichtigt, als diese mit 120 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 11 Stunden) festgesetzt wird, wobei davon auszugehen ist, dass eine Strafe in dieser Höhe die Bf in Hinkunft von der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsstraftaten abhalten wird und auch in generalpräventiver Hinsicht notwendig und angemessen ist.
Der Ausspruch über den Kostenbeitrag ist in § 52 Abs. 8 VwGVG begründet.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Arzneiwaren; Einfuhr; Verfall; Verbotsirrtum; Verfolgungshandlung; VerjährungAnmerkung
Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGOB:2021:LVwG.000441.2.KHZuletzt aktualisiert am
03.02.2021