TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/12 95/09/0212

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Veröffentlicht am 12.06.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
67 Versorgungsrecht;

Norm

AVG §66 Abs4;
KOVG 1957 §4 Abs1;
KOVG 1957 §52;
KOVG 1957 §78;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des J in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. Mai 1995, Zl. OB. 116-285894-009, betreffend Neubemessung der Beschädigtenrente nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1923 geborene Beschwerdeführer bezieht auf Grund des Bescheides der Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 12. November 1992 eine Beschädigtengrundrente nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (KOVG 1957) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 von Hundert. Mit diesem Bescheid wurden folgende Gesundheitsschädigungen als Dienstbeschädigungen (§ 4 KOVG 1957) anerkannt:

"1. Reaktionslose Narben im Bereich der rechten Hand und rechten Gesäßhälfte.

2. Eingeheilte Metallstecksplitter im Weichteilbereich der rechten Hand mit rezidivierenden Entzündungserscheinungen und Kraftherabsetzung der rechten Hand.

3. Traumatische Deformierung des Köpfchens des Os metacarpale

III der rechten Hand (Gebrauchshand).

4. Verletzungsnarben an der rechten Ferse."

Des weiteren änderte diese Behörde mit dem genannten Bescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 86 Abs. 1 KOVG 1957 ihren Bescheid vom 6. Oktober 1977 dahin ab, daß die "Granatsplitterverletzung der rechten Ferse" mit der Bezeichnung "Verletzungsnarben an der rechten Ferse" als Dienstbeschädigung anerkannt wird.

Mit Eingabe vom 13. September 1993 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Neubemessung seiner Beschädigtenrente, da im Zustand der anerkannten Dienstbeschädigung eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten sei.

Mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. Mai 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß nach dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten gegenüber dem ärztlichen Vergleichsbefund keine maßgebende Änderung im Leidenszustand der anerkannten Dienstbeschädigung eingetreten sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er machte darin in allgemein gehaltenen Ausführungen seine Unzufriedenheit mit dem Ergebnis des erstinstanzlichen Verfahrens geltend.

Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren ein ärztliches Sachverständigengutachten (des Facharztes für Chirurgie Dr. K) ein. In diesem Gutachten kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, daß sich der medizinische Befund im "DB-bedingten Leidenszustand" nicht geändert habe. Zu den anläßlich der Begutachtung vom Beschwerdeführer geltend gemachten Erfrierungen und dem diesbezüglich vorgelegten ärztlichen Attest vom 4. Oktober 1994 (des praktischen Arztes Dr. R) führte dieser Sachverständige aus, daß hinsichtlich von Erfrierungen bzw. erfrierungsbedingten Durchblutungsstörungen keinerlei Hinweise in Vorgutachten bestünden und insoweit auch sämtliche Brückenbelege fehlten.

Mit Schreiben vom 26. Jänner 1995 räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit ein, zu dem Ergebnis der ärztlichen Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.

Der Beschwerdeführer nahm daraufhin mit einer am 8. Februar 1995 eingelangten Eingabe zu dem ärztlichen Sachverständigengutachten Stellung. Er wies darin unter anderem auf eine 1943 erlittene "Erfrierung beider Hände und Füße" hin (die übrigen Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend nicht den medizinischen Bereich).

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 16. Mai 1995 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhaltes und des Verwaltungsgeschehens - soweit dies für die Behandlung der Beschwerde noch von Relevanz ist - aus, die Voraussetzungen für die Neubemessung der Grundrente (im Sinne von § 52 KOVG 1957) seien nicht gegeben, da im erhobenen Befund gegenüber dem Vergleichsbefund keine maßgebliche Änderung eingetreten sei und auch die beruflichen Verhältnisse unverändert geblieben seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Neubemessung der ihm zuerkannten Grundrente gemäß § 52 KOVG 1957 verletzt. Er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht ausschließlich geltend, daß die belangte Behörde sich mit seinem Vorbringen betreffend "Erfrierungen beider Hände und Füße" nicht auseinandergesetzt habe. Er habe dazu anläßlich seiner Untersuchung ein ärztliches Attest Dris. R vom 4. Oktober 1994 vorgelegt. Die von ihm behaupteten Erfrierungen hätten in das medizinische Sachverständigengutachten einbezogen werden müssen. Aus § 93 Abs. 2 KOVG 1957 sei zu folgern, daß er neue Umstände und Beweise in der Berufungsschrift angeben dürfe. Der angefochtene Bescheid leide daher an einem wesentlichen Verfahrensmangel, weil eine Begutachtung und Feststellung seiner Erfrierungen zu einer Neubemessung seiner Rente geführt hätte.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Der Beschwerdeführer hat mit seiner Eingabe vom 13. September 1993 einen Antrag auf Neubemessung seiner ihm zuerkannten Beschädigtenrente mit der Begründung gestellt, daß im Zustand der anerkannten Dienstbeschädigung eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten sei.

Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Neubemessung der Beschädigtenrente nach § 52 Abs. 2 KOVG 1957 hatte die Behörde von den als Dienstbeschädigung (in Vorbescheiden) anerkannten Gesundheitsschädigungen auszugehen und zu prüfen, ob eine für die Höhe der Leistung maßgebende Veränderung gegenüber dem der letzten rechtskräftigen Rentenbemessung zugrundeliegenden Befund eingetreten ist. Die im Beschwerdefall erfolgte Beurteilung der belangten Behörde, daß hinsichtlich der anerkannten Dienstbeschädigungen keine derartige Veränderung eingetreten ist, wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Daß er im erstinstanzlichen Verfahren eine Dienstbeschädigung infolge "Erfrierungen beider Hände und Füße" behauptet habe, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Die Behörde erster Instanz hat mit ihrem im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde bekämpften Bescheid jedenfalls nicht über einen derartigen Leidenszustand abgesprochen. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid somit ausschließlich deshalb für rechtswidrig, weil die belangte Behörde über einen von ihm erstmals im Berufungsverfahren vorgebrachten Leidenszustand nicht abgesprochen bzw. diese behauptete Gesundheitsschädigung nicht als weitere Dienstbeschädigung in die Neubemessung seiner Beschädigtenrente einbezogen habe. Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer jedoch die Rechtslage.

Über einen erst im Berufungsverfahren geltend gemachten Leidenszustand infolge einer kriegskausalen Schädigung (Anerkennung einer weiteren Dienstbeschädigung) hat nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insoweit etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. März 1991, Zl. 89/09/0008, vom 28. November 1991, Zl. 91/09/0126, sowie vom 18. Februar 1993, Zl. 92/09/0313, u.v.a.) nicht die Berufungsbehörde abzusprechen, weil § 78 KOVG 1957 ausdrücklich festlegt, daß über die Anerkennung als Dienstbeschädigung (§ 4) sowie über die nach diesem Bundesgesetz gebührenden Versorgungsleistungen (§ 6) in erster Instanz die Bundesämter für Soziales und Behindertenwesen (bis 30. Juni 1994 unter der Bezeichnung Landesinvalidenämter; vergleiche insoweit das Bundesgesetz über die Bundesämter für Soziales und Behindertenwesen Art. 33 in BGBl. Nr. 314/1994) zu entscheiden haben. "Sache" des Berufungsverfahrens ist ausschließlich die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat.

Es war daher (nach dem im Beschwerdefall aktenkundigen Verfahrensverlauf) nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Anerkennung einer erstmals im Berufungsverfahren vorgebrachten Dienstbeschädigung, über die von der zuständigen Behörde erster Instanz noch nicht abgesprochen worden war, nicht in das bei ihr anhängige Berufungsverfahren einbezogen hat. Die in dieser Hinsicht in der Beschwerde behauptete Ergänzungsbedürftigkeit bzw. Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt demnach nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens Allgemein Ursächlicher Zusammenhang und Wahrscheinlichkeit Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995090212.X00

Im RIS seit

27.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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