TE Lvwg Erkenntnis 2021/1/12 LVwG-2020/25/2728-3

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Veröffentlicht am 12.01.2021
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Entscheidungsdatum

12.01.2021

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §2 Abs4 Z10

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geb xx.xx.xxxx, wohnhaft Adresse 1, **** Z, vom 07.12.2020 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.11.2020, Zl ***, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Im bekämpften Straferkenntnis wird Herrn A folgender Sachverhalt angelastet und Strafe über ihn verhängt:

„Der Beschuldigte, Herr AA, geb. am xx.xx.xxxx, wohnhaft in **** Z, Adresse 1, hat zumindest im Zeitraum 09.06.2020 bis zum 15.09.2020 (Zeitpunkt der Kontrolle) das Gastgewerbe in der Betriebsart „Almwirtschaft, gern. § 111 Abs. 1 Zif. 2 GewO 1994, hinsichtlich der Verabreichung von Speisen eingeschränkt auf Imbisse und bäuerliche Spezialitäten“ am Standort BB selbständig, regelmäßig und in der Absicht ausgeübt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, obwohl er dafür keine Gewerbeberechtigung besitzt.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 366 Abs. 1 Zif. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994)

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird folgende Strafe verhängt:

Strafe in Euro  Ersatzfreiheitsstrafe   Strafbestimmung:

300,00   28 Stunden    § 366 Abs. 1 Zif. 1 Gew01994

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen.

Weiters hat der Beschuldigte gemäß § 64 Abs. 2 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10% v.H. der verhängten Strafe jedoch mindestens € 10,00 pro Übertretung), das sind € 20,00 zu bezahlen, sowie gemäß § 54 d des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 die Kosten eines allfälligen Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe zu ersetzen.

Der zu entrichtende Betrag setzt sich daher wie folgt zusammen:

Strafe:    € 300,00

Verfahrenskosten:   € 30,00

insgesamt:    € 330,00“

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher Herr A ausführt, dass er seit 2016 aktiver Landwirt im Nebenerwerb und seit 01.05.2010 im Haupterwerb sei. Als bäuerliches Nebengewerbe gelte der Almausschank und habe er diesen in einem solchen Rahmen betrieben, weshalb er kein Gastgewerbe habe anmelden müssen. Er habe vor 20 Jahren die Konzessionsprüfung für das Gastgewerbe abgelegt, weshalb eine Anmeldung für ihn kein Problem gewesen wäre. Nach § 2 Gewerbeordnung sei von der Anwendung dieses Gesetzes das Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft ausgenommen, worunter auch das Verabreichen und Ausschenken selbsterzeugter Produkte sowie von in ortsüblichen, in Flaschen abgefüllten Getränken im Rahmen der Almbewirtschaftung falle. Unter selbsterzeugten Produkten verstehe man sowohl selbsterzeugte Speisen als auch Getränke; das Produkt müsse nicht auf der Alm erzeugt werden. Er beantrage Bescheidaufhebung.

In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer darüber hinausgehend Folgendes an:

„Ich betreibe in Z, Adresse 1, einen Land- und Forstwirtschaftsbetrieb im Vollerwerb. Ich muss anführen, dass ich als Forstwirt als Dienstleister tätig bin. Ich betreibe ca. 7 ha in Z (samt dazu gepachteten Flächen); es handelt sich dabei um landwirtschaftliche Flächen. Wald besitze ich ca. 1 ha. Von mir werden im Tal Äpfel angebaut und ansonsten sind es Weiden für mein Vieh. Da es sich um relativ steile Flächen handelt, kommt der Anbau von Korn oder Kartoffeln nicht in Betracht. Ich halte Rinder und Ziegen, durchschnittlich ca. 4 Großvieheinheiten. Zurzeit habe ich 5 Ziegen, 3 Mutterkühe und ein Kalb. Das Fleisch, welches „nachwächst“ wird jedes Jahr geschlachtet und kommt von der Metzgerei dann wieder zu mir zurück. Weiters übe ich auch die Jagd aus und dieses Fleisch wird auch bei mir betrieblich verwertet. Darunter fallen hauptsächlich Hirsch, Reh, Stein- und Gamswild. Im Jahr 2020 erlegte ich im Rahmen meiner Jagd 9 Stück Wild. An land- und forstwirtschaftlichen Maschinen verfüge ich über einen alten Schlepper und einen Balkenmäher, für die Forstwirtschaft verfüge ich über einen Seilkran und einen LKW. Von dem Fleisch, welches ich schlachten lasse, bekomme ich dieses in Form von Fleisch als auch in Form von Würsten vom Metzger wieder zurück. Die Äpfel werden im Herbst tiefgefroren und dann hauptsächlich für die Produktion von Apfelstrudel verwendet. Die dafür nicht verwendbaren Teile werden als Schnaps gebrannt. Aus der Milch meiner Kühe werden Käse und Butter hergestellt. Im vergangenen Sommer produzierte ich auf diese Art etwas über 2,5 t Käse und etwas über 1 t Butter. Diese Produktionsmenge ist nur möglich unter Heranziehung der Milch des Alm Viehs auf der BB. Vergangenen Sommer wurden auf der BB 80 Schafe, meine 5 Ziegen und etwas über 60 Stück Rinder gealpt. Anfangs waren davon ca. 30 Stück Melkkühe. Im Jahr 2019 erwirtschaftete ich aus der Landwirtschaft - in diesem Jahr im Nebenerwerbbetrieb – ca. Euro 10.000,00 bis 12.000,00 Gewinn. Im vergangenen Jahr wird es deutlich mehr gewesen sein, es gibt dafür jedoch noch keine Abrechnung. Als ich im Sommer auf der BB war (Saison laut Pachtvertrag 01.05.-15.10.) hat sich mein Sohn um die im Tal verbliebenen Mutterkühe gekümmert. Auf der BB erzielte ich im vergangen Jahr einen Umsatz von insgesamt ca. Euro 60.000,00, wie groß der davon verbliebene Gewinn ist, kann ich noch nicht sagen, da noch nicht abgerechnet ist. Ich würde einmal annehmen, dass es zwischen Euro 20.000,00 und Euro 30.000,00 waren. Wenn ich gefragt werde, welchen Umsatz bzw Ertrag ich davon aus der Bewirtschaftung der Jausenstation erzielte, so kann ich dies mangels Abrechnung heute nicht genau sagen, es stehen auch noch die Förderungen für die Flächenbewirtschaftung auf der Alm für das vergangene Jahr aus. Ich schätze jedoch, dass die Bewirtschaftung der Jausenstation etwa 30-40 % der gesamten Almbewirtschaftung ausgemacht hat.

Das Brot für die verabreichten Jausen wurde zugekauft. Der Speck und der Käse für Knödel, Suppen und Toast stammen aus Eigenproduktion, ebenso wie die Würste und das Fleisch für das Gulasch. Die ausgeschenkte Milch, die Molke und das Joghurt stammten auch von der eigenproduzierten Milch. Das Stieleis wurde zugekauft. Der Topfen und die Äpfel für die Strudel stammen aus der eigenen Produktion, Mehl und Backpulver mussten zugekauft werden.

Die Alm ist über eine Forststraße erschlossen, die sich in einem eher desolaten Zustand befindet. Sie ist aber mit einem Geländewagen erreichbar. Am Fußweg ist die BB von der Bergstation der CC in ca. 50 Gehminuten erreichbar. Vom Tal in X aus, würde man ca. 2-2 ½ Stunden gehen.

Ich bewirtschaftete die Jausenstation zusammen mit meiner Frau und meiner Tochter. Ich hatte auch insgesamt drei Aushilfen angestellt, die jeweils zu unterschiedlichen Zeiten gearbeitet haben. Es war immer nur eine Aushilfe gleichzeitig auf der Alm. Die erste Aushilfe wird mich im Monat ca. Euro 1.300,00 gekostet haben, die zweite ebenso, die dritte war dann etwas billiger. Sämtliche ausgeschenkten Getränke stammten aus Flaschen; es gibt auf der Alm keine Schankanlage oder dergleichen.“

II.      Sachverhalt:

AA betreibt in Z, Adresse 1, einen Land- und Forstwirtschaftsbetrieb im Vollerwerb. Dafür bewirtschaftet er ca 7 ha landwirtschaftliche Flächen. Dort werden Äpfel angebaut, ansonsten handelt es sich um Weiden für sein Vieh. Er hält Rinder und Ziegen. Das nachgewachsene Vieh lässt er jedes Jahr in einem Schlachtbetrieb schlachten und bekommt von der Metzgerei das Fleisch bzw dieses bereits als Würste verarbeitet wieder zurück. Überdies übt AA die Jagd aus und hat dabei im Jahr 2020 9 Stück Wild erlegt. Die Äpfel werden im Herbst tiefgefroren und dann hauptsächlich für die Produktion von Apfelstrudel auf der von ihm gepachteten BB für die Produktion von Apfelstrudel verwendet. Die nicht verwertbaren Teile der Äpfel werden als Schnaps gebrannt. Von der Milch der Kühe werden auch Käse und Butter hergestellt. Im Sommer 2020 wurden auf der BB 80 Schafe, 5 Ziegen und etwas über 60 Rinder gealpt, wovon ca die Häfte Melkkühe waren. Auf der BB erwirtschaftete der Pächter im Jahr 2020 einen Umsatz von insgesamt ca 60.000 Euro. Davon entfielen etwa 30 bis 40 Prozent auf die Bewirtschaftung der Jausenstation.

AA bewirtschaftete im Jahr 2020 die Jausenstation zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter; zusätzlich war jeweils eine Aushilfe angestellt, die ihn im Monat ca Euro 1.300,00 gekostet hat. Es handelte sich um 3 verschiedene Personen, die zu unterschiedlichen Zeiten dort arbeiteten.

Am 15.09.2020 wurden den Gästen auf der Jausenstation folgende Speisen angeboten: Brettljause, Speckbrot, Käsebrot, Gulaschsuppe mit 2 Knödeln (Speck- oder Käseknödel), Paznauner Brennsuppe mit Käse, Frankfurter mit Senf und Brot, Hauswurst mit Senf und Brot, Hirschwurst mit Senf und Brot, Paznauner Bauerntoast, Apfel- oder Topfenstrudel, hausgemachte Kuchen, hausgemachtes Joghurt und verschiedene Stieleis. An Getränken wurden angeboten Frischmilch bzw Buttermilch, frische Fruchtmolke, Mineralwasser, Limonade, Apfel- oder Johannisbeersaft, Schiwasser, Kaffee, Cappuccino, Tee (mit Rum), Kakao. Weiters wurden verschiedene Biersorten, Radler und Wein angeboten sowie verschiedene Schnäpse. Sämtliche ausgeschenkten Getränke stammten aus Flaschen, auf der Alm gibt es keine Schankanlage oder dergleichen.

Das Brot für die verabreichten Jausen wurde zugekauft, der Speck und der Käse für Knödel, Suppen und Toast stammten aus Eigenproduktion, ebenso wie die Würste und das Fleisch für das Gulasch. Die ausgeschenkte Milch, die Molke und das Joghurt stammten auch von der eigenproduzierten Milch. Das Stieleis wurde zugekauft. Der Topfen und die Äpfel für die Strudel stammten aus eigener Produktion, Mehl und Backpulver wurden zugekauft.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Akten der Bezirkshauptmannschaft Y und des Landesverwaltungsgerichts Tirol und dabei insbesondere wiederum aus der Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Seine Angaben erschienen logisch und schlüssig, sie stehen im Einklang mit dem Akteninhalt, weshalb für das Verwaltungsgericht kein Grund bestanden hat, deren Wahrheitsgehalt in Zweifel zu ziehen.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 maßgeblich:

§ 2. (1) Dieses Bundesgesetz ist – unbeschadet weiterer ausdrücklich angeordneter Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften – auf die in den nachfolgenden Bestimmungen angeführten Tätigkeiten nicht anzuwenden:

         1.       die Land- und Forstwirtschaft (Abs. 2 und 3);

         2.       die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft (Abs. 4);

(4) Unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs. 1 Z 2) sind zu verstehen:

         1.       die Verarbeitung und Bearbeitung überwiegend des eigenen Naturproduktes unter der Voraussetzung, daß der Charakter des jeweiligen Betriebes als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gewahrt bleibt; die Be- und Verarbeitung kann auch durch einen befugten Gewerbetreibenden im Lohnverfahren erfolgen; der Wert der allenfalls mitverarbeiteten Erzeugnisse muß gegenüber dem Wert des bearbeiteten oder verarbeiteten Naturproduktes untergeordnet sein;

10.      die Verabreichung und das Ausschenken selbsterzeugter Produkte sowie von ortsüblichen, in Flaschen abgefüllten Getränken im Rahmen der Almbewirtschaftung.“

V.       Erwägungen:

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde vor, dass der von ihm durchgeführte Ausschank die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 4 Z 10 GewO erfüllen würde.

Aus § 2 Abs 4 Z 10 GewO geht hervor, dass unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs 1 oder 2) die Verabreichung und das Ausschenken selbsterzeugter Produkte sowie von ortsüblichen, in Flaschen abgefüllten Getränken im Rahmen der Almbewirtschaftung, zu verstehen sind.

Nebengewerbe sind Gewerbe, die vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung deshalb ausgenommen sind, weil sie in einem engen Zusammenhang mit der Land- und Forstwirtschaft stehen, wobei sich die Unterordnung der Nebengewerbe unter die Land- und Forstwirtschaft aus der Bezeichnung „Nebengewerbe“ ergibt. Die Nebentätigkeit muss mit einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb organisatorisch verflochten und diesem untergeordnet sein. Die Qualifikation des Nebengewerbes erfordert das Bestehen eines landwirtschaftlichen Hauptbetriebes bzw setzt das Bestehen eines land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetriebes voraus. Für den Begriff eines landwirtschaftlichen Nebengewerbes ist es klar charakteristisch, dass dieses untrennbar mit einem landwirtschaftlichen Unternehmen verbunden ist und ohne dessen Betrieb nicht gedacht werden kann.

Bei der Ver- und Bearbeitung von Naturprodukten kommt es als erstes Tatbestandsmerkmal eines – hier in Rede stehenden – bäuerlichen Nebengewerbes darauf an, dass die Naturprodukte überwiegend aus eigener Erzeugung stammen. Hierzu bedarf es einer vergleichenden Gegenüberstellung der jeweils ausgeübten Tätigkeit der Erzeugung des Naturproduktes und der Tätigkeit der Ver- und Bearbeitung. Bei einem solchen Vergleich ist in jedem Einzelfall auf alle wirtschaftlichen Elemente der betreffenden Tätigkeit, insbesondere auf Ausmaß der Wertschöpfung, Höhe des Ertrages und der Kosten und den Aufwand an Arbeitskräften und Arbeitszeit Bedacht zu nehmen. Dieser Vergleich ist nur auf „das Naturprodukt“ abzustellen, das in der einen Wirtschaftsphase den Gegenstand der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugungstätigkeit und in der anderen Wirtschaftsphase den Gegenstand der Ver- bzw Bearbeitung bildet. Nach § 2 Abs 4 Z 1 GewO 1994 dürfen daher nur untergeordnete und somit „nicht hauptsächlich“ fremde, das heißt auch zugekaufte, Naturprodukte verarbeitet werden, wobei sich das zulässige Verhältnis zwischen „eigenem Naturprodukt“ und „mitverarbeiteten Erzeugnissen“ aus einem darauf Bezug habenden Wertvergleich im Sinne des letzten Satzteils des § 2 Abs 4 Z 1 ergibt.

Die Zulässigkeit der Verarbeitung und Bearbeitung des eigenen Naturproduktes ist an folgende Voraussetzungen geknüpft:

1.   Der Charakter des jeweiligen Betriebes als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb muss gewahrt bleiben;

2.   Der Wert der allenfalls mit verarbeiteten Erzeugnisse muss gegenüber dem Wert des bearbeiteten oder verarbeiteten Naturproduktes ungeordnet sein.

Der Typus eines Nebengewerbes nach § 2 Abs 4 Z 1 GewO findet dort seine absolute Grenze, wo die Ausübung der betreffenden Tätigkeiten dem Erscheinungsbild eines Betriebes entspricht, wie er in Ansehung der jeweils in Frage stehenden Tätigkeiten von einem Gewerbetreibenden losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft geführt wird (VwGH 26.05.1998, 98/04/0016). Unter Verarbeitung und Bearbeitung überwiegend des eigenen Naturprodukts kann grundsätzlich auch die Herstellung von Backwaren fallen.

Die Befugnis gemäß § 2 Abs 4 Z 10 GewO bezieht sich auf die in der Tourismuswirtschaft übliche Bewirtung von Gästen bzw Wanderern auf Almen in Gebirgsregionen. Sie berechtigt zur Verabreichung und zum Ausschenken selbsterzeugter Produkte, also von Speisen und Getränken, die in der betreffenden Almwirtschaft bzw im allenfalls dazugehörenden landwirtschaftlichen Betrieb in Tallage erzeugt werden, wie zB Milch und Milchprodukte, Tee, Kaffee, Suppen, Eiergerichte usw. Diese Gesetzesstelle berechtigt ferner zum Ausschenken „von ortsüblichen, in Flaschen abgefüllten Getränken“, also zB von Bier, Limonaden, Fruchtsäften; diese Getränke müssen keine selbsterzeugten Produkte sein. Ortsüblich sind Getränke, die in der jeweiligen Region, in der eine Almwirtschaft gelegen ist, üblicherweise ausgeschenkt werden. Die Befugnis gemäß Abs 4 Z 10 gilt nur im Rahmen der Almbewirtschaftung, also als Nebengewerbe zur in den Sommermonaten in den Gebirgsregionen üblichen Bewirtschaftung von Hochweiden in der Form des Haltens von Nutztieren (zB Kühe, Schafe, Pferde).

Der Beschwerdeführer hat unter Bezugnahme auf die am Kontrolltag vorhandene Speisekarte glaubhaft und nachvollziehbar dargetan, dass die angebotenen Speisen wertmäßig überwiegend aus eigenen Naturprodukten der von ihm betriebenen Landwirtschaft hergestellt wurden und der Wert der mitverarbeiteten und zugekauften Erzeugnisse untergeordnet war. Er hat somit selbsterzeugte Produkte verabreicht bzw die ausgeschenkten Getränke waren davor in Flaschen abgefüllt. Die von ihm ausgeschenkten Getränke sind ortsüblich für Almen in Tirol. Damit ist in diesem konkreten Fall die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 4 Z 10 GewO vorgelegen und war deshalb die Gewerbeordnung auf diese Tätigkeit nicht anzuwenden, weshalb der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen im Recht ist, dass er zur Tatzeit im Tatzeitraum ein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft ausgeübt hat, weshalb dafür keine Anmeldung eines Gastgewerbes erforderlich war.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Nebengewerbe Almbewirtschaftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2020.25.2728.3

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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